Rheologische Eigenschaften von Mörteln und Betonen: neuartiges System für Messungen

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Rheologische Eigenschaften von Mörteln und Betonen: neuartiges System für Messungen Autor(en): Objekttyp: Winnefeld, Frank Article Zeitschrift: Tec21 Band (Jahr): 127 (2001) Heft 40: Betontechnologie PDF erstellt am: 12.11.2017 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-80217 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. Die systematische Speicherung von Teilen des elektronischen Angebots auf anderen Servern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber. Haftungsausschluss Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen. Dies gilt auch für Inhalte Dritter, die über dieses Angebot zugänglich sind. Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch http://www.e-periodica.ch

Frank Winnefeld Rheologische Eigenschaften von Mörteln und Betonen Neuartiges System für Messungen Die Verarbeitbarkeit von Mörteln und Betonen im frischen Zustand ist für die Anwendung in der Pra xis von grosser Bedeutung. Gerade bei modernen Baustoffen wie selbstverdichtenden Betonen oder Fertigmörteln reichen die herkömmlichen Prüfme thoden (z.b. Ausbreitmass, L-Box) oder subjektive Beurteilungen (wie «klebrig» oder «geschmeidig») nicht mehr zur Charakterisierung der Verarbei tungseigenschaften aus. Aus diesen Gründen sind Untersuchungen der Rheologie, des Fliess- und Deformationsverhaltens von Materie unter Einwir kung von Scherkräften, erforderlich. Rheologische Messungen liefern z.b. Aussagen zur Wirksamkeit und Kompatibilität von Zusatzmitteln, zum Verhalten von Zusatzstoffen oder Zuschlägen oder auch zu Verarbeitungseigenschaften verschiedenster Mörtelsysteme. Die grundlegenden Parameter der Rheologie [1] lassen sich mit dem Zwei-Platten-Modell veranschaulichen (Bild 1). An der oberen Platte (Fläche A) wird mit der Kraft F gezogen, die resultierende Geschwindigkeit ist vq. Zwischen der oberen Platte und der unteren unbe weglichen Platte (Abstand d) wird die Flüssigkeit ge schert. Unter der Annahme, dass die Flüssigkeit Wand haftung hat und dass sich eine laminare Schichten strömung (keine Turbulenzen) einstellt, können die Theologischen Parameter «Schubspannung» und «Scherrate» berechnet werden. Im einfachsten Fall (so genannte Newton'sche Flüssigkeiten, z. B. Wasser, Hydrauliköl) ist die Scherrate proportional zur Schub spannung. Der Proportionalitätsfaktor ist die Visko sität, die die «Zähigkeit» der Flüssigkeit oder Suspen sion beschreibt. Viele Flüssigkeiten und Suspensionen zeigen Abwei chungen von diesem Newton'schen Fliessverhalten, die zu komplizierteren Fliessgesetzen führen. Einige sind in Bild 2 dargestellt. So weisen manche Substanzen ein scherverdünnendes Verhalten (die Viskosität nimmt mit steigender Beanspruchung ab) oder ein scherver dickendes Verhalten (die Viskosität nimmt mit steigen der Beanspruchung zu) auf. Weiterhin treten häufig Fliessgrenzen auf. Die Fliessgrenze ist diejenige Schub spannung, unterhalb der sich das Material wie ein Fest körper verhält. Bei Beanspruchungen oberhalb der Fliessgrenze beginnt es dann zu fliessen, verhält sich also wie eine Flüssigkeit. Das in Bild 1 dargestellte Zwei-Platten-Modell ist für Rheometer wenig geeignet. In der Praxis werden daher koaxiale Zylinder (nach ISO 3219) oder Platte-Platte bzw. Kegel-Platte-Geometrien verwendet. Diese ermög lichen in Kombination mit modernen Rheometern mit Luftlager und Temperiereinrichtungen sehr genaue Messungen von Flüssigkeiten und Pasten. Neben der v=v(y) F, V=V x, v=0 Zwei-Platten-Modell, Definition der Viskosität, mit Schubspannung: t Scherrate: -} v0/d für das Zwei-Platten-Modell; Viskosität: r\ t/-? für Newton'sche Flüssigkeiten F/A; 14 tec21 40/2001

1 Scherverdünnend mit Fliessgrenze Newton'sches Verhalten oberhalb einer Fliessgrenze (Bingham-Körper) Scherverdickend mit Fliessgrenze Scherverdünnend (strukturviskos, pseudoplastisch) Newton sches Verhalten Scherverdickend (dilatant) Beispiele für das Fliessverhalten von Flüssigkeiten und Suspensionen Ermittlung von Fliesskurven in einem weiten Scherra tenbereich sind auch spezielle Messungen (Kriechver such, Relaxationsversuch, Oszillationsmessungen, Zeit- und Temperaturversuch u. a.) möglich, mit denen zusätzliche Informationen über die Mikrostruktur der Fluide erhalten werden können. Besonderheiten bei der Messung von Baustoffen Zementleime, Mörtel und Betone sind näherungsweise Bingham-Körper (Bild 2), d.h. sie weisen oberhalb einer Fliessgrenze annähernd Newton'sches Verhalten auf. Im Gegensatz zu einer homogenen Flüssigkeit wie z.b. Silikonöl stellen sie ein Mehrphasen-System dar, bestehend aus Bindemittel, Zusatzstoffen, Zusatzmit teln und Zuschlägen in einer wässngen Suspension. Dies verursacht bei herkömmlichen Messsystemen Prob leme bei der Messung rheologischer Kenngrössen [2,3,4,5]: - Mörtel sondern bereits bei sehr leichten Bewegungen das Zugabewasser ab, d.h. es befindet sich ein Wasser film an der Oberfläche. Bei Messungen z.b. mit einer Zylindergeometrie wird dann nicht die ganze Probe geschert, sondern nur der Gleitfilm, es werden also zu geringe Viskositäten gemessen. Vermeiden kann man dies teilweise durch die Verwendung profilierter Mess systeme, was aber lediglich Relativmessungen ermög licht, da die Spaltbreite nicht genau definiert ist. - Für die Ermittlung rheologischer Grössen ist ein enger Messspalt erforderlich. Die Spaltbreite sollte jedoch fünf- bis zehnmal grösser sein als die maximale Partikelgrösse; es lassen sich so nur Partikelgrössen bis rund 0,1 mm (z.b. Zementleime) untersuchen. Es kön nen zwar grössere Spaltbreiten verwendet werden, dabei werden aber lediglich Relativmessungen erhalten, da die Scherrate im Messspalt nicht konstant ist. - Die Partikel können bei höheren Scherraten Turbu lenzen verursachen. Dabei nimmt der Strömungswider stand zu, wodurch eine Scherverdickung vorgetäuscht wird. - Die Baustoffsuspensionen sind scherempfindlich. Sie neigen zur Sedimentation, währenddem sie geschert werden. Dies führt zu fehlerhaften und wenig reprodu zierbaren Messwerten. - Das Probenvolumen in herkömmlichen Platte-Plat te-geometrien (etwa 1ml) bzw. Zylinder-Geometrien (etwa 10-50 ml) ist für inhomogene Systeme wie Bau stoffe relativ gering. - Ein weiteres Problem ist das Vorhandensein einer Fhessgrenze. Da sich die Schubspannung im Messspalt ändert, wird die Probe nur dort geschert, wo die Schub spannung die Fliessgrenze überschreitet. Die oben beschriebenen Probleme haben zur Entwick lung mehrerer spezieller Baustoffrheometer geführt, die meist von der Zylindergeometrie abgeleitet sind oder Rührer-ähnliche Drehkörper aufweisen. Diese eignen sich für Relativmessungen, sind jedoch im unteren Drehzahlbereich wenig empfindlich. Eine relativ neue Entwicklung speziell für Baustoffe stellt das Kugelmesssystem nach Tyrach und Müller [2,3] dar, das mit einem modernen luftgelagerten Rheometer gekoppelt werden kann (Bild 3). Das Messprin zip dieses Systems mit einer exzentrisch rotierenden Kugel beruht auf einer Verdrängungsströmung, durch die der Baustoff zwangsweise geschert wird. Die Theolo gischen Kenngrössen wie Scherrate, Schubspannung und Viskosität werden aus den Messgrössen Drehmo ment, Drehzahl und Deformationswinkel berechnet. Mit dem Kugelmesssystem ist es möglich, ohne die oben beschriebenen Nachteile Messungen an Zement suspensionen und Mörteln bis etwa 4 mm Korngrösse bei einem Probenvolumen von 500 ml durchzuführen. Bild 4 zeigt am Beispiel einer Newton'schen Flüssigkeit (Silikonöl mit Nennviskosität 5000 cst), dass mit einem V ; Kugelmesssystem nach Tyrach und Müller für ein Probenvolumen 500 ml; Kugeldurch messer: 8,12, 16 mm o 8 Drehmoment M Drehzahl n Deformationswinkel y Scherrate Y Schubspannung t Viskosität n tec21 40/2001 15

0 --Zylinder (Radienverhaltnis 1 0847) -4- Platte-Platte (Durchmesser 25 mm Messspalt 1 mm) - - Kugel (Durchmesser 12 mm) I j ^*.^^ 10 ^s*r 0.1 iju"*^^ 0.01 0.01 0.1 10 Scherrate / 1/s Fliesskurve eines Silikonöls in Abhängigkeit des ver wendeten Messsystems 5 0 -Zylinder (Radienverhaltnis 1 0847) Fliesskurve eines Zementleims (CEM I 42.5, w/z 0,35) in Abhängigkeit des verwendeten Mess systems -profilierter Zylinder (Radienverhaltnis 1 5754) - Kugel (Durchmesser 12 mm) 10 0.01 0.1 10 Scherrate / 1/s Kugelmesssystem vergleichbare Messergebnisse erhal ten werden wie mit den herkömmlichen Zylinder- bzw. Platte-Platte-Geometrien. Der doppelloganthmische Massstab verdeutlicht, dass auch bei sehr geringen Scherraten (d.h. bei geringer Beanspruchung des Mate rials), wie sie z.b. bei selbstverlaufenden Massen auftre ten, sehr genaue Messungen möglich sind. Bei hohen Scherraten weicht die Messkurve des Kugelmesssystems aufgrund von Turbulenzen nach oben ab, da das Sili konöl relativ dünnflüssig ist. Dass mit der Kugelgeometrie der Effekt des Wandglei tens vermieden werden kann, zeigt Bild 5 am Beispiel eines Zementleims, vgl. hierzu auch [2,4]. Mit Zylin dergeometrie werden deutlich geringere Schubspan nungen gemessen, was daraufhindeutet, dass in diesem Fall lediglich der Gleitfilm an der Zylinderoberfläche geschert wurde. Bei der Platte-Platte-Geometrie - in Bild 5 nicht dargestellt - findet sich derselbe Effekt. Auch die Verwendung profilierter Zylinder bzw. Platten führt zu keiner wesentlichen Verbesserung. Anwendungsbeispiel selbstverdichtender Beton Derzeit beschäftigt man sich am Institut des Autors in mehreren Forschungsarbeiten mit der Konzeptionierung von SCC (Self-compacting concrete - selbstverdichtendem Beton) unter der Verwendung von in der Schweiz eingesetzten Ausgangsstoffen [6,7]. Dazu wer den u.a. auch rheologische Messmethoden eingesetzt. Selbstverdichlendcr Beton unterscheidet sich vom her kömmlichen Beton dadurch, dass er eine hohe Fliess fähigkeit aufweist sowie sich beim Einbau selbst ver dichtet und entlüftet. Bei richtiger Anwendung sind mit diesem Beton schnellere Betonierarbeiten möglich. Diese führen auch zu einem homogeneren Material, da die Verdichtung z.b. mit einem Innenrüttler entfällt. Gegenüber herkömmlichem Beton weist ein SCC einen erhöhten Mehlkornanteil (Zement, Filier wie z.b. Steinkohlenflugasche oder Kalksteinmehl sowie Zuschlagbestandteile <125 u.m) von z.t. über 500 kg/m3 auf. Weiterhin werden moderne Hochleistungsfliessmittel auf Polycarboxylatether-Basis zur Reduktion des Zugabewassers eingesetzt. Die Wirkungsweise eines Fliessmittels lässt sich anhand einer Fliesskurve verdeutlichen (siehe Bild 6 am Bei spiel eines Zementleims mit und ohne Zusatz eines Fliessmittels). Bei gleichem W/Z-Wert wird durch das Fliessmittel die Fliessgrenze stark gesenkt, während die Viskosität nur geringfügig beeinflusst (gesenkt) wird. Die Fliessgrenze ist dabei nicht als scharfer Punkt, son dern als gewisser Bereich erkennbar. Daher sollte sie besser als «Fliesszone» bezeichnet werden. Weiterhin ist ersichtlich, dass sich für einen bestimmten Zement ver schiedene Fliessmittel auch unterschiedlich verhalten, vgl. hierzu auch [8]. Dies bedeutet, dass Zusatzmittel und Zement für den jeweiligen Anwendungszweck auf einander abzustimmen sind. Ein weiterer zentraler Bestandteil des SCC sind die Feinanteile. Durch geeignete Wahl eines Fillers - hier 16 tec21 40/2001

250 200 -ohne Fliessmittel -0 3 M -% Fliessmittel "A' -0 3 M -% Fliessmittel iingham-gleichung 150 Dlast Viskosität 6 2 Pa s [ 13 Pa 5 1 Pas Bingham-Fliessg % 97 Pa 50-J 21 Pa \ n., 4.1 Pas 6 2000 1500 orenze des Messbereichs erreicht 10 15 Scherrate/1/s 25 Einfluss von Fliessmitteln auf die Fliesskurve eines Zementleims (CEM I 42.5, w/z 0,355). Kugelmess system (0 12 mm) 7 Einfluss verschiedener Filier auf das Fliessverhalten von Mörtelsystemen für SCC-Vorversuche. Filler: CEM I 42.5 1:1; Bindemittel: Sand 0-1 mm 1:1 jeweils in Vol.-Teilen Wasser/Bindemittei-Wert 0,28; Kugelmesssystem (0 12 mm) c 0 500 7 - -ohne Filler --Flugasche 1 -±-Gesteinsmehl -.-Gesteinsmehl 2 20 30 Scherrate/1/s spielt die Packungsdichte der Feinanteile, d.h. speziell deren Kornverteilung, eine Rolle - lässt sich der Was seranspruch eines SCC gezielt verringern. Mittels rheo logischer Messungen lassen sich sehr gut die verschie denen Filier unterscheiden und optimieren. Bild 7 zeigt, dass sich die drei Filier im untersuchten SCC- System bei gleichem Wasser/Bindemittel-Wert (Binde mittel Zement + Filier) deutlich unterschiedlich ver halten. Die beiden Gesteinsmehle - insbesondere Gesteinsmehl 2 - zeigen eine stark verflüssigende Wir kung, während die Flugasche den gegenteiligen Effekt hat. Die spezielle Zusammensetzung eines SCC bewirkt, dass er ein zähflüssiges, «honigartiges» Fliessverhalten zeigt. In rheologischen Begriffen lässt sich das folgendermassen ausdrücken: SCC muss einerseits eine geringe Fliessgrenze aufwei sen, damit er ohne grössere äussere Einwirkung fliesst und selbstständig entlüftet. Andererseits sollte die Vis kosität dabei vergleichsweise hoch sein, damit die gro ben Zuschläge nicht sedimentieren, was insbesondere problematisch beim Umfliessen des Bewehrungsstahles ist. Neben den rheologischen Untersuchungen wurde in den Mörtelversuchen auch das Ausbreitmass ( mm Konus, ohne Schocken) und die Auslaufzeit aus dem sogenannten «V-Funnel» bestimmt. Nach [9] sind Mör telsysteme als Matrix für SCC geeignet, wenn sie ein Ausbreitmasse von etwa 240-280 mm und Auslaufzei ten von rund 6-10 s aufweisen. Es wurde nun anhand der rheologischen Messungen untersucht, inwieweit das Ausbreitmass und die Auslaufzeit mit den rheologi schen Parametern «Bingham-Fliessgrenze» und «plasti sche Viskosität» zusammenhängen. Dazu wurden die Fliesskurven im Scherratenbereich zwischen 5 s_1 und 25 s-1 anhand der Bingham-Gleichung interpoliert. In Bild 8 ist für die untersuchten Mörtel die plastische Viskosität gegen die Auslaufzeit aufgetragen. Zu erken nen ist ein annähernd linearer Zusammenhang, d.h. die Auslaufzeit aus dem V-Funnel ist der im Rheometer bestimmten Viskosität proportional. Dies ist insofern nicht verwunderlich, da es auch Viskosimeter - z.b. den Becher nach ISO 2431 - gibt, die nach demselben Prinzip, d.h. der Bestimmung der Auslaufzeit aus Kapillaren, die Viskosität bestimmen. Abgesehen von zwei Messungen zeigen die Mörtel für SCC brauchba re Auslaufzeiten, wenn ihre Viskositäten etwa im Bereich zwischen 15 und 25 Pas liegen. Es ist weiter zu berücksichtigen, dass die Bestimmung der Auslaufzeit mit einer relativ grossen Unsicherheit von etwa 1 s behaftet ist, während die Fliesskurven mit dem Kugel messsystem sehr reproduzierbar gemessen werden kön nen.[3] Etwas anders sieht der Fall bei der Auftragung der Bing ham-fliessgrenze gegen das Ausbreitmass aus, siehe Bild 9. Als allgemeiner Trend ergibt sich, dass hohe Fliessgrenzen zu geringeren Ausbreitmassen führen. Eine deutlichere - z.b. lineare - Abhängigkeit ist tec21 40/2001 17

der Auslaufzeit nach 191 ii 40-0- 6 8 10 Auslaufzeit/s 12 14 16 8 Mörtelversuche SCC, Zusammenhang zwischen Vis kosität und Auslaufzeit. Kugelmesssystem (0 12 mm) 9 Mörtelversuche SCC, Zusammenhang zwischen 700 600 500 Optimaler Bereich des Ausbreitmasses nach [9] Fliessgrenze und Ausbreitmass Kugelmesssystem (0 12 mm) TO 0. S 400 5 300 200 150 200 250 Ausbreitmass / mm 300 350 jedoch nicht zu erkennen. Dies lässt sich dadurch erklären, dass das Ausbreitmass nicht nur von der Fliess grenze, sondern auch von der Viskosität abhängt. Bei geringer Viskosität neigen die Zuschläge - wie oben erwähnt - zum Sedimentieren, das Fliessverhalten ver schlechtert sich. Die rheologischen Untersuchungen im Rahmen der SCC-Optimierung werden derzeit weiter fortgeführt. Schwerpunkt ist der Einfluss verschiedener Zusatzmit tel und Filier auf das Fliessverhalten. Zusammenfassung Rheologische Messungen liefern mehr Informationen über die Verarbeitbarkeit und das Fliessverhalten von Zementleimen, Mörteln und Betonen als die Normver suche wie Ausbreitmass oder Auslaufzeit. Die speziel len bei der rheologischen Messung von Baustoffen auf tretenden Probleme, vor allem das Wandgleiten, lassen sich durch Verwendung eines Kugelmesssystems in Kombination mit einem modernen, luftgelagerten Rheometer lösen. Dadurch können Optimierungen im Labor effizient und unter Berücksichtigung vieler Para meter durchgeführt werden. Literatur [1] Mezger, T.: Das Rheologie-Handbuch. Curt R. Vmcentz Verlag, Hannover. 2000 [2] Tyrach. J.: Hiller. W. und Brunn. P O.: Rheologie und Anwendungen. 1. Tagung Bauchemie, München, 21-22 November 1997. S. 77-88. [3] Müller, M.: Tyrach, J. und Brunn. P. 0.: Rheologische Charakterisierung von Maschmenputzen. Zement-Kalk- Gips52 (1999), S. 252-258. [4] Blask. O.; Knöfel. D.; Pakusch, J. und Dreher, S.: Die rheologischen Eigenschaften von Zementleim und Fnschmörtel - Besondere Messmethoden. 2 Tagung Bauchemie. Siegen. 5.-6. März 1999, S. 62-66. [5] Saak, A. W. Jennings, H M. und Shah. S. P.: The influ ence of wall slip on yield stress and viscoelastic mea surements of cement paste. Cement and concrete research 31/2001. S. 205-212 [6] Leemann, A.: SCC - Selbstverdichtender Beton. Empa-Bencht Nr. 840334. [7] Leemann. A.: Stahlfasern mit positiven Eigenschaften - Selbstverdichtender Beton mit Fasern. Schweizer Bau wirtschaft /2001. Nr. 1, S 7. [8] Blask, 0.; Knofel. D und Sandor. M.: Der Einfluss che mischer Zusatzmittel auf die Rheologie zementgebun dener Baustoffe. 14. Internationale Baustofftagung (ibausil). Weimar. 20.-23, September 2000. Hrsg F A. Finger-Institut für Baustoffkunde der Bauhaus- Universität Weimar, Prof. Dr.-Ing. J. Stark, Band 2. S 881-889 [9] Nawa. T.; Izumi. T. und Edamatsu, Y.: State-of-the-art Report on Materials and Design of Self-compacting Concrete. International Workshop on Self-Compacting Concrete. Kochi. Japan. 23.-26. August 1998, S. 160-190. Frank Winnefeld, Dr. rer. nat., Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa), Abtei lung Beton/Bauchemie, Überlandstrasse 129, 8600 Dübendorf 18 tec21 40/2001