14.02.2017 Oberhausen Kinderschutzbund Essen Heike Pöppinghaus, Kinderschutz-Zentrum Essen Kinder psychisch kranker Eltern- Kooperation stärkt Kinder Kinder stehen bei uns an erster Stelle. Handlungsleitend sind die UN-Kinderrechtekonvention und das Leitbild des Deutschen Kinderschutzbundes. Das gewaltfreie Aufwachsen, die Chancengleichheit und die Partizipation aller Kinder sind unsere Ziele. Schutz Unsere Angebote bilden eine Präventionskette, die vor der Geburt ansetzt und Kinder und Jugendliche bis zum Eintritt zum Erwachsenenalter schützt, begleitet und fördert. Bei Kindeswohlgefährdungen schreiten wir ein: Ein Netzwerk an Angeboten fängt Kinder auf und bietet neue Perspektiven. Bund Wir mischen uns ein. Seit 1968 engagieren wir uns vor Ort, in politischen Gremien und im Gesamtverband. Als einer der bundesweit größten Ortsverbände initiieren wir innovative Pilotprojekte und entwickeln Kinderschutz für die Zukunft. 1
Der Mensch wird am Du zum Ich. M. Buber Schriften zur Philosophie 2
Arbeit im Kontext Kinderschutz ist immer Arbeit im Spannungsfeld Kindeswohl Hilfeangebote Autonomie Prävention Kindbezug Elternwohl Schutzanforderungen Zwang Intervention Elternbezug Heike Pöppinghaus, Kinderschutz- Zentrum Essen
Psychische Erkrankungen der Eltern sind Familienerkrankungen Risiken für Kinder in frühen Jahren werden die psychischen Grundlagen für Urvertrauen und Bindungsfähigkeit (psychische Gesundheit) gelegt mit Auswirkung auf die Persönlichkeitsentwicklung. Je jünger das Kind, je länger der Zustand desto gravierender sind die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes. Je größer und länger die Belastungen für das Kind/den Jugendlichen andauern, je mehr werden bleibende Veränderungen angelegt. Prävention und frühe Kind zentrierte und familienzentrierte Interventionen sind notwendig. Dr. Kohns/ Pöppinghaus, Kinderschutz-Zentrum Essen 4
Risikofaktoren für die Eltern-Kind-Beziehung Persönliche Situation des Kindes Persönliche Situation der Eltern Familiale Situation Soziale Situation erhöhte Krankheitsanfälligkeit Behinderung Schwieriges Verhalten Ungewollte Schwangerschaft Eigene Deprivationserfahrung (eigene Erfahrung von Gewalt, Akzeptanz von Gewalt in der Erziehung Psychische Belastetheit/ Erkrankung Mangelnde Leistungsfähigkeit Sucht (Tabletten, Alkohol, Drogen etc.) Familienkonflikte, Trennung/ Scheidung Fehlender Zusammenhalt Einelternfamilien Patchworkfamilien Isolation im Wohnumfeld Fehlende Unterstützung Schwellenängste der Eltern gegenüber externen Institutionen Materielle Situation Einkommensarmut Arbeitslosigkeit Unzureichende Wohnverhältnisse Heike Pöppinghaus, Kinderschutz- Zentrum Essen
Präventionsansätze eine qualifizierte und effektive Behandlung des psychisch kranken Elternteils Psychoedukation, z. B. kindgerechte Informationen über die psychische Erkrankung des Elternteils, Warnhinweise bei Rückfällen, Erarbeiten von schriftlich fixierten Krisenplänen, Ermutigung zu einer offenen Kommunikation über die psychische Erkrankung in der Familie spezielle Hilfen, z. B. sozialpädagogische Familienhilfen oder Gruppen für Kinder psychisch oder suchtkranker Eltern Für eine effektive Prävention ist eine enge Zusammenarbeit der professionellen Helfer und Einrichtungen erforderlich! Dr. Kohns/ Pöppinghaus, Kinderschutz-Zentrum Essen 6
Präventionsansätze für junge Mütter gerade mit mehrfachen Risiken: präventive Angebote durch Geburtshelferinnen, Familienhebammen und Jugendhilfe für das Säuglings- und Kleinkindalter (0-3 Jahre): interaktionszentrierte Mutter-Kind-Angebote zur Förderung mütterlicher Feinfühligkeit, erzieherischer Kompetenz und sicherer Bindung zwischen Mutter und Kind für das Vorschul-, Grundschul- und frühe Jugendalter: evaluierte präventive, speziell für Familien mit einem psychisch kranken Elternteil entwickelte Programme für Kinder im Grundschulalter und Jugendliche: evaluierte Präventionsprogramme, die sich vorrangig an die Kinder bzw. Jugendlichen richten (z. B. KIPKEL Kinder-Psychisch-Kranker Eltern- Programm) Dr. Kohns/ Pöppinghaus, Kinderschutz-Zentrum Essen 7
Kindzentrierte Interventionen Altersgemäße Information über das Krankheitsbild des erkrankten Elternteils (idealerweise Gruppenangebot mit evaluierten Programmen z. B. KIPKEL (Kinder Psychisch-Kranker Eltern)-Programm) Entwicklungsförderung für die Kinder (z. B. Frühdiagnostik, Frühförderung, psychotherapeutische Hilfen, Kinderprojekte) Ressourcenförderung, Selbstwertstärkung, Entlastung, Freizeit-, Ferien-, Nachmittags- bzw. Hausaufgabenbetreuungsangebote Patenschaftsmodelle Praktische Hilfen für die Familien (z. B. Aktivierung gesunder Verwandter, entlastende Kinderbetreuungen, sozialpädagogische Familienhilfe, Hausaufgabenhilfen, Mutter-Kind-Therapie) Entlastung des gesunden Elternteils Erstellung eines schriftlich fixierten Krisenplans mit Vertrauenspersonen als verbindlichen Ansprechpartnern Netzwerkförderung, d. h. Aktivierung sozialer und familiärer Ressourcen ( social neighbourhood ), insbesondere bei sozial eher isolierten Familien Dr. Kohns/ Pöppinghaus, Kinderschutz-Zentrum Essen 8
Elternzentrierte Interventionen Aufbau von Vertrauen und Bindung, konsequenter Abbau von Schwellenängsten und Tabus; Förderung einer transparenten und offenen Kommunikation Individuelle und konsequente eigene Behandlung einschließlich eines eigenen verlässlichen ambulanten therapeutischen Ansprechpartners Erstellung eines auch für die Kinder transparenten Krisenplans, einschließlich überbrückender Hilfen (z. B. Haushaltshilfe, Kinderbetreuung) im Falle einer stationären Behandlung eines Elternteils Hilfen bei der Gestaltung des Familienlebens, auch Angehörigen- oder Eltern-Kind-Gruppen, einschließlich entlastender Angebote für den gesunden Ehepartner Hilfen zur Erziehung Beratung und Hilfen bei sozialen, finanziellen Fragen, beruflicher Rehabilitation Paar- bzw. Eheberatung Bei Bedarf Integrationshilfen für Migranten Dr. Kohns/ Pöppinghaus, Kinderschutz-Zentrum Essen 9
Der Wunsch nach einem optimalen Vorgehen und die Interdependenz der Fehler Sicherheit viel Kontrolle Vertrauen in die Fähigkeiten der Familie Gefahr: Schnelles Eingreifen Gefahr: Nichtbemerken von Kindeswohl gefährdung Heike Pöppinghaus, Kinderschutz- Zentrum Essen
Risikokontext Gesetzlicher Auftrag Weitere Helfer und Hilfesysteme Gesellschaftlicher Auftrag Eltern Helfer Kinder Institutioneller Auftrag Öffentlichkeit Heike Pöppinghaus, Kinderschutz- Zentrum Essen
Typische Probleme im Zugang Es handelt sich in der Regel um zugewiesene, nicht-freiwillige Klienten. Es sind häufig viele andere Helfer / Fachkräfte /Institutionen beteiligt. Familien/ Eltern haben in der Regel eine andere Problemsicht als die Fachkräfte im Hilfesystem. Die augenblickliche Problematik hat in der Regel eine längere Vorgeschichte. Die Kindeswohlgefährdung stellt eine komplexe, mehrdimensionale (nicht einfache) Beeinträchtigung eines Kindes dar (und kann in körperlicher, seelischer, entwicklungsmäßiger, intellektueller, sozialer und moralischer Hinsicht beschrieben werden. Heike Pöppinghaus, Kinderschutz- Zentrum Essen
Daraus stellen sich für die Professionellen verschiedener Einrichtungen und Dienste, folgende praktische Fragen: Welche Haltung habe ich betroffenen Familien gegenüber, um die Balance zwischen Hilfe und Kontrolle, zwischen Kindeswohl und Elternrecht zu halten und auszuhalten? Welches Wissen habe ich, um die im 8a formulierten Forderungen zu kennen, zu erfüllen und um sicher und professionell handeln zu können? Welche Kenntnisse und Kompetenzen habe ich, um die Grenzen und Möglichkeiten meines Arbeitsauftrages zu übersehen und in schwierigen Fällen klar und strukturiert zu entscheiden? Welche Gegebenheiten und welche Unterstützung habe ich im Rahmen meiner Institution, um eine solch schwierige Arbeit gut bewältigen zu können? Wie muss die Vernetzung und Kooperation zwischen den vor Ort bestehenden psychosozialen Institutionen aussehen, um im Einzelfall als Verbund effektiv reagieren zu können? Heike Pöppinghaus, Kinderschutz- Zentrum Essen