Brandenburgisches Oberlandesgericht

Ähnliche Dokumente
Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluß

Brandenburgisches Oberlandesgericht

Brandenburgisches Oberlandesgericht

Leitsatz. 29 ZPO, 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses bei Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung eines Sparbuchs

Brandenburgisches Oberlandesgericht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

3, 280, 281, 512a ZPO; 12, 14 GKG

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

OLG Dresden, 3. Zivilsenat, Beschluss vom , Az.: 3 AR 84/09

Brandenburgisches Oberlandesgericht

Justizministerialblatt

Landesarbeitsgericht München BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 16. Dezember in dem Rechtsstreit

--- kein Dokumenttitel vorhanden ---

Leitsatz. Oberlandesgericht Dresden, 3. Zivilsenat, Beschluss vom , Az.: 3 AR 73/09

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. Verkündet am: 4. März 2011 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Bundesarbeitsgericht Beschluss vom 5. September 2018 Neunter Senat - 9 AS 3/18 - ECLI:DE:BAG:2018: B.9AS3.18.0

Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. Februar 2004 (10 WF 5/04)

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 10. November in dem Rechtsstreit

In der Familiensache. Kaeber./. Siebeke

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II Z R 3 4 / 1 3. vom. 3. Juni in dem Rechtsstreit

2. Eine Aufhebung und Zurückverweisung nach 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO kommt im Verfügungsverfahren nicht in Betracht.

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

Brandenburgisches Oberlandesgericht

Brandenburgisches Oberlandesgericht

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 10. Juli in dem Rechtsstreit

Brandenburgisches Oberlandesgericht

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

10 ARf 15/00 BGB 1693; Leitsatz:

Brandenburgisches Oberlandesgericht

LANDESARBEITSGERICHT SACHSEN-ANHALT

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 93/14. vom. 29. Januar in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 20. Januar in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 5. März in dem Rechtsstreit

Brandenburgisches Oberlandesgericht

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 11. Mai in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 10. Juni in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 15. Februar in dem Rechtsstreit

Landesarbeitsgericht München

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 7. Dezember in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 6. Juni in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

Keine gerichtliche Zuständigkeitsbestimmung für Klage gegen einfache Streitgenossen

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 5. März in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 28. Oktober in dem Rechtsstreit

688 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3, 691 Abs. 1 Nr. 1, 696 Abs. 1 ZPO

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 21. August in dem Gerichtsstandsbestimmungsverfahren

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 1. März in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 14. Juli in dem Rechtsstreit

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

1.) Zuständiges Gericht ist gem. 767 Abs. 1, 802 ZPO das Prozessgericht des ersten Rechtszuges.

Im Namen des Volkes. Beschluss

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 21. Februar in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 15. März in dem Rechtsstreit

Brandenburgisches Oberlandesgericht

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 12. Dezember 2006 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom IX ZB 36/09 wie folgt entschieden:

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 13. September in dem Rechtsstreit

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

DNotI. Dokumentnummer: 8zr264_12 letzte Aktualisierung: BGH, VIII ZR 264/12. BGB 556 Abs. 3, 199 Abs. 1 Nr.

Brandenburgisches Oberlandesgericht. B e s c h l u s s. In dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 21. Dezember in der Rechtsbeschwerdesache

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 11. Juli in dem Rechtsstreit

Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen

Brandenburgisches Oberlandesgericht

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 24. Juni in dem Rechtsstreit

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Im Namen des Volkes. Urteil

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 16. Februar in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Brandenburgisches Oberlandesgericht

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 12. Mai in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 30. Januar in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 8. Juli 2009 Ermel Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 1. März in der Familiensache

Aktenzeichen: RO 9 K Sachgebiets-Nr: 600. Rechtsquellen: 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO 11 Abs. 2 AufenthG 75 Nr.

Leitsatz. ZPO 494a: OLG Dresden, Beschluss vom W 1018/01 - (rechtskräftig)

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES LANDESSOZIALGERICHT BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 18. Januar in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 22. November in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 11. Mai in der Familiensache

Keine Prozesskostenhilfe für InsOVerwalter, wenn die Berufung des Gegners mit Beschluss nach 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. in dem Rechtsstreit

Brandenburgisches Oberlandesgericht

Transkript:

1 AR 69/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht 31 C 54/06 Amtsgericht Brandenburg an der Havel 4 O 323/06 Landgericht Potsdam Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss In dem Rechtsstreit U B, Klägerin, - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt g e g e n Land Brandenburg, Beklagter, hat der 1. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Kahl, den Richter am Oberlandesgericht Tombrink und den Richter am Amtsgericht Dr. von Selle am 14. Dezember 2006 beschlossen: Zuständig ist das Landgericht Potsdam. Gründe I. Die Klägerin begehrt vom beklagten Land die Zahlung von 1.703,08 nebst Rechtsverfolgungskosten und Zinsen für die Reparatur der Eingangstür ihres Wohnungseigentums, die von

2 der Polizei bei Durchführung einer gerichtlich angeordneten, gegen den Sohn ihrer Mieterin gerichteten Durchsuchung aufgebrochen wurde. Das Amtsgericht Brandenburg a. d. H. hat sich auf Hilfsantrag der Klägerin - die die Klage beim Amtsgericht erhoben hat, weil sie von der Rechtmäßigkeit der Durchsuchung ausgeht - und nach Anhörung des beklagten Landes mit Beschluss vom 28. August 2006 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit unter Bezugnahme auf 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG i. V. m. Art. 34 GG, 38-42 BbgOBG, 70 BbgPolG an das Landgericht Potsdam verwiesen. Das Landgericht Potsdam hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 28. November 2006 dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Bestimmung des sachlich zuständigen Gerichts vorgelegt, weil die vom Amtsgericht Brandenburg a. d. H. zur Begründung der Zuständigkeit des Landgerichts angeführte Rechtsprechung lediglich die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs nach 13 GVG belege, sodass es bei der sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts nach 23 Nr. 1 GVG verbleibe. II. 1. Der Zuständigkeitsstreit zwischen dem Amtsgericht Brandenburg a. d. H. und dem Landgericht Potsdam ist durch das Brandenburgische Oberlandesgericht zu entscheiden, weil es das beiden Gerichten zunächst höhere Gericht ist ( 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO). 2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl das Amtsgericht Brandenburg a. d. H. als auch das Landgericht Potsdam haben sich im Sinne von 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für unzuständig erklärt, ersteres durch nach 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbaren Verweisungsbeschluss vom 28. August 2006 und letzteres durch die seine Zuständigkeit abschließend verneinende Entscheidung vom 28. November 2006, die als solche den Anforderungen genügt, die an das Merkmal rechtskräftig im Sinne von 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind, weil es insoweit allein darauf ankommt, dass eine den Parteien bekannt gemachte ausdrückliche beiderseitige Kompetenzleugnung vorliegt (vgl. BGHZ Bd. 102, S. 338, 340; Bd. 104, S. 363, 366; BGH NJW 2002, S. 3634, 3635; Senat, OLG-NL 2005, S. 16, 17; NJW 2004, S. 780; OLG-NL 2001, S. 70 und S. 214; Zöller/ Vollkommer, ZPO, 26. Aufl. 2007, 36 Rdnr. 24 f.; Baumbach/ Hartmann, ZPO, 64. Aufl. 2006, 281 Rdnr. 48; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl. 2005, 36 Rdnr. 23).

3 3. Zuständig ist das Landgericht Potsdam. Seine Zuständigkeit folgt aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Brandenburg a. d. H. vom 28. August 2006 ( 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO). a) Die Bindungswirkung nach 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO entfällt nur ausnahmsweise, namentlich bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) oder bei objektiver Willkür, die etwa auch dann gegeben sein kann, wenn die Verweisung offenbar gesetzeswidrig oder sonst grob rechtsfehlerhaft erfolgt ist (s. BGHZ Bd. 71, S. 69, 72; Bd. 102, S. 338, 341; BGH NJW 1993, S. 1273; NJW 2002, S. 3634, 3635; BayObLG, NJW-RR 2000, S. 589; Senat, a.a.o.; Zöller/Greger, a.a.o., 281 Rdnr. 17, 17 a m.w.nw.; Baumbach/ Hartmann, a.a.o., 281 Rdnr. 39 ff. m.w.nw.; Thomas/Putzo/Reichold, a.a.o., 281 Rdnr. 12). Im Interesse an einer baldigen Klärung der Gerichtszuständigkeit und der Vermeidung von wechselseitigen (Rück-)Verweisungen zwischen Gerichten sind an die Annahme einer objektiven Willkür im Allgemeinen strenge Anforderungen zu stellen. Der Gesetzgeber hat sich für die grundsätzliche Bindungswirkung und Unanfechtbarkeit von - auch: fehlerhaften - Verweisungsbeschlüssen entschieden ( 281 Abs. 2 Satz 2 und 4 ZPO). Deshalb kann objektive Willkür nur unter bestimmten - engen - Voraussetzungen bejaht werden, und zwar dann, wenn die verfassungsrechtliche Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) eine Durchbrechung der Bindungswirkung erfordert (s. Senat, NJW 2004, S. 780). Einfache Rechtsfehler genügen daher für die Annahme der Willkür nicht (BGH NJW-RR 1992, S. 902, 903; NJW 1993, S. 1273 und S. 2810; NJW-RR 1994, S. 126; NJW 2003, S. 3201; BayObLGZ 1991, S. 387, 389; BayObLG, NJW-RR 2000, S. 589; NJW-RR 2001, S. 646, 647; Senat, ebd.; Zöller/Greger, a.a.o., 281 Rdnr. 17; Zöller/Vollkommer, a.a.o., 36 Rdnr. 28; Musielak/Foerste, ZPO, 4. Aufl. 2005, 281 Rdnr. 17). Dies gilt erst recht für im Ergebnis - noch - vertretbare Entscheidungen. Die Abweichung von einer (bisher) herrschenden Meinung oder einer (fast) einhelligen Ansicht rechtfertigt für sich allein die Annahme von objektiver Willkür nicht; entscheidend ist, ob die Verweisung im Ergebnis noch vertretbar ist (vgl. etwa BGH MDR 2002, S. 1450, 1451; NJW-RR 2002, S. 1498 f.; NJW 2003, S. 3201 f.; BayObLG NJW 2003, S. 1196, 1197; Senat, ebd.; Baumbach/Hartmann, a.a.o., 281 Rdnr. 39 m.w.nw.; vgl. auch OLG Hamburg, MDR 2002, S. 1210 f.; Zöller/Greger,

4 a.a.o., 281 Rdnr. 17; Musielak/Foerste, a.a.o., 281 Rdnr. 17; Thomas/Putzo/Reichold, a.a.o., 281 Rdnr. 12). b) Den derart zu konkretisierenden (verfassungsrechtlichen) Einschränkungen der Bindungswirkung hält der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Brandenburg a. d. H. im Ergebnis stand. aa) Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist beachtet worden. bb) Die Verweisung ist auch nicht offenbar gesetzwidrig oder sonst grob rechtsfehlerhaft erfolgt. Zwar enthalten weder der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Brandenburg a. d. H. vom 28. August 2006 noch die ihn vorbereitenden gerichtlichen Hinweise eine nachvollziehbare Begründung für die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts. Dessen sachliche Zuständigkeit lässt sich aber anderweit vertretbar begründen, sodass es bei der allein maßgeblichen objektiven Betrachtung im Ergebnis an einer willkürlichen Verweisung fehlt. (1) Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Potsdam kommt zunächst nach 8 Abs. 1 Nr. 1 BbgGerNeuOG in Betracht. Ein dahingehender Vorbehalt zu Gunsten der Landesgesetzgebung ergibt sich aus 71 Abs. 3 GVG. Nach diesen Vorschriften sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands ausschließlich zuständig für Ansprüche gegen den Staat oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts wegen Verfügungen der Verwaltungsbehörden. Hierunter fallen namentlich Entschädigungsansprüche aus Polizei- und Ordnungsrecht als spezialgesetzliche Ausprägung der allgemeinen Aufopferungsentschädigung, auf die sich die Klägerin in der Klagebegründung ausdrücklich beruft. (2) Darüber hinaus lässt sich die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Potsdam vertretbar auch auf 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG stützen. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH bilden Entschädigungsansprüche aus Amtshaftung, aus Polizei- und Ordnungsrecht und aus enteignungsgleichem Eingriff einen einheitlichen Streitgegenstand (BGH, NJW 1996, S. 3151, 3152; BGHR GG vor Art. 1/ enteignungsgleicher Eingriff/Bausperre 6); gleiches muss für Ansprüche aus enteignendem Eingriff gelten, der sich vom enteignungsgleichen Eingriff nur dadurch unterscheidet, dass dem Betroffe-

5 nen ein Sonderopfer als Nebenfolge rechtmäßigen hoheitlichen Verhaltens auferlegt wird (statt vieler Münch-Komm/Papier, BGB, 4. Aufl. 2004, 839 Rdnr. 36, mit Rechtsprechungsnachweisen). Die Einheitlichkeit des Streitgegenstands kann in diesen Fällen nicht davon abhängen, ob die klagende Partei selbst die Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs für gegeben ansieht oder nicht. Denn Streitgegenstand meint nicht den materiellrechtlichen Anspruch, sondern das prozessuale Rechtsschutzbegehren, das durch Klageantrag und Klagegrund bestimmt wird - also durch alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtungsweise zu dem durch den Klagevortrag zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den die klagende Partei zur Stützung ihres Rechtsschutzbegehrens dem Gericht unterbreitet (BGH, a.a.o.). Damit erlaubt der zur Begründung des Staatshaftungsbegehrens unterbreitete Tatsachenkomplex typischerweise auch eine - wenigstens gedankliche - Mitprüfung der Voraussetzungen des 839 BGB (Baldus/Böhr, NWVBl. 1996, 95 f.). Im Streitfall wird neben einem Anspruch aus analoger Anwendung des Polizei- und Ordnungsrechts insbesondere eine Schadensersatzverpflichtung aus enteignungsgleichem oder enteignendem Eingriff zu prüfen sein. Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff werden, wie der BGH (BGHR GG vor Art. 1/enteignungsgleicher Eingriff/Beschlagnahme 1) bereits entschieden hat, durch das StrEG (hier: 2 Abs. 2 Nr. 4) nicht verdrängt, weil sich dieses Gesetz nur auf den Beschuldigten, Angeschuldigten, Angeklagten oder in ähnlicher Weise von einer Strafverfolgungsmaßnahme Betroffenen bezieht; letzteres steht auch einer Verdrängung von Ansprüchen aus enteignendem Eingriff durch das StrEG entgegen. Die hiernach gebotene Prüfung dieser Anspruchsgrundlagen ermöglicht zugleich eine - zumindest gedankliche - Prüfung der Voraussetzungen des 839 BGB. Gestützt auf den Rechtsgedanken des 17 Abs. 2 Satz 1 GVG, wonach das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet, hat sich auch bei der Frage des zuständigen Gerichts zunehmend die Auffassung durchgesetzt, dass jedenfalls bei einem einheitlichen Sachverhalt über die konkurrierenden materiell-rechtlichen Ansprüche mitentschieden werden darf, die bei isolierter Betrachtung nicht in die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts fallen (siehe nur Zöller/ Vollkommer, a.a.o). Danach zieht die einem Staatshaftungsbegehren - im Regelfall und so auch hier (s. o.) - implizite sachliche Zuständigkeit des Landgerichts für den Amtshaftungsanspruch

6 die Zuständigkeit für konkurrierende materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen nach sich (Musielak/Wittschier, a.a.o., 71 GVG Rdnr. 7 Fn. 11; im Ergebnis ebenso - analoge Anwendung von 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG - Baldus/Böhr, a.a.o., S. 96). 4. Sonach verbleibt es bei der Zuständigkeit des angewiesenen Landgerichts Potsdam. Kahl Tombrink Dr. von Selle