in vivo Das Magazin der Deutschen Krebshilfe

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Transkript:

in vivo Das Magazin der Deutschen Krebshilfe 13.11.2007 Patientengeschichte Palliativmedizin Nicht dem Leben mehr Tage geben, sondern den Tagen mehr Leben. Das will die Palliativmedizin. Sie kümmert sich um Menschen, für die es keine Heilung mehr gibt. Palliativmedizin lindert Schmerzen und nimmt vielleicht sogar die Angst vor dem Sterben. Und für die Betroffenen bedeutet das: in Würde leben bis zuletzt. Christiane Müller leidet an einem Sarkom, einem bösartigen Tumor in Knochen und Bindegewebe, der nicht mehr zu heilen ist. Die 56-Jährige hatte trotz eines hoch dosierten Morphinmedikaments rasende Schmerzen und war völlig verzweifelt. Darum wollte ihre Tochter, dass sie sich auf einer Palliativstation helfen lässt. Christiane Müller, Sarkom-Patientin: Und da habe ich gesagt: Nein, hier geh ich nicht drauf. Weil Jeder dachte: Hier ist die Endstation. Und das ist sie nicht. Meine Schmerzeinstellung hat geklappt und das war das Wichtigste. Schön, Sie zu sehen. Prof. Friedemann Nauck leitet die Palliativstation am Universitätsklinikum Göttingen. Sein Ziel ist es, die Lebensqualität der Patienten in der noch verbleibenden Zeit zu verbessern. Quälende Symptome, vor allem Schmerzen und Atemnot, zu lindern, und für das seelische Wohlergehen zu sorgen. Auf intensive medizinische Eingriffe wird verzichtet. Es gibt Patienten, die sehr spät im Verlauf der Erkrankung kommen, weil die Symptome am Lebensende so stark belastend sind, dass sie zu Hause nicht ausreichen betreut werden können. Und diese Patienten kriegen eine Schmerztherapie, Gespräche, und nicht nur die Patienten, sondern auch die Angehörigen. Und natürlich wird auch auf der Palliativstation gestorben.

Zu seinem Team gehören Ärzte und Physiotherapeuten. Aber auch ein Psychologe, eine Sozialarbeiterin und eine Seelsorgerin. Sie nehmen sich Zeit für die unheilbar kranken Patienten, um ihnen in ihrer schwierigen Lebenssituation zu helfen. Physiotherapeutin: Hallo Frau Müller. Wollen wir wieder ein bisschen Krankengymnastik machen? Christiane Müller, Sarkom-Patientin: Jawohl. Durch das tägliche Üben mit der Physiotherapeutin ist Christiane Müller wieder viel beweglicher geworden. Auch die Schmerzen sind jetzt unter Kontrolle. Und die intensiven Gespräche mit dem Psychologen haben ihr wieder Mut gemacht. Christiane Müller, Sarkom-Patientin: Das muss sein wenn man so eine Krankheit hat. Man hat Hochs, man hat Tiefs. Es geht nicht anders. Und man kann sich nicht einfach in eine Ecke setzen und sagen: Jetzt ist Schluss. Ne, das mach ich nicht. Ich kämpfe immer noch. Auf Initiative von Mildred Scheel eröffnete die Deutsche Krebshilfe 1983 die erste Palliativstation in Köln; der Startschuss für die Entwicklung palliativmedizinischen Versorgung in Deutschland. Seitdem investierte die Krebshilfe über 47 Millionen Euro in Palliativangebote, wie hier in Göttingen und in die Ausbildung der Ärzte und Pflegenden. Die Krankenschwestern Margit Kriegler und Susanne Klie auf dem Weg zu einer Patientin nach Hause. Neben der Betreuung auf der Station wird in Göttingen auch ein ambulanter Palliativdienst angeboten. Margrit Kriegler, Krankenschwester: Ein Patient, der behält immer seinen Hausarzt und seinen primären Pflegedienst und wir kommen quasi zusätzlich hinzu bei, ich sag mal, außergewöhnlichen Symptome, um eine erneute Krankenghauseinweisung zu verhindern. Das ist so unsere Basisaufgabe. Susanne Klie, Krankenschwester: Hallo.

Reneé Grihon, Eierstockkrebs-Patientin: Hallo Frau Klie, hallo Schwester Margrit. Das finde ich aber nett, dass Sie sich heute wieder um mich kümmern. Vor zwei Jahren wurde bei Reneé Grihon Eierstockkrebs festgestellt. Seitdem macht sich die ehemals vielseitig engagierte Französischlehrerin Sorgen wie es weitergehen soll. Heute muss ihr Port, ein implantierter Venenzugang für Medikamente, gespült werden. Daneben helfen der 56-Jährigen auch die Gespräche mit den Krankenschwestern, weil sie oft ihren eigenen Körper nicht mehr versteht. Reneé Grihon, Eierstockkrebs-Patientin: Deswegen ist es ja immer beruhigend zu hören: Ja das ist aber ganz normal, das kann ja auch sein. Weil die Ärzte vorher nicht gesagt haben, das kann ja passieren, weil sie das nicht vermutet haben und so. Und dann ist man wieder beruhigt, dass man nur etwas erlebt hat, was nicht gesagt wurde, aber völlig normal ist. Auf der Palliativstation bekommt Helga Schönebeck Besuch von ihren beiden Töchtern. Die 63-Jährige leidet an einem unheilbaren Nebenhöhlenkarzinom. Wegen unerträglicher Kopfschmerzen ist sie zur stationären Behandlung gekommen. Sonst lebt sie bei ihrer Tochter Karin, die erst durch einen Notarzteinsatz vom Palliativdienst erfuhr. Karin Weiß-Konzak, Tochter: Der fragte dann eben nach Unterstützung, ja, hab ich gefragt: Ja wie Unterstützung? Und dann hat er dann den Kontakt hier hergestellt. Ja und das ist meiner Meinung nach schon sehr wichtig, weil man etwas sicherer wird, man muss nicht ständig den Notarzt holen wenn irgendwelche Krisensituationen sind. Helga Schönebeck ist bald wieder bei ihrer Tochter zu Hause. Sie kann in ein Leben außerhalb der Klinik zurückkehren - andere dagegen nicht. In der Nacht ist eine 59-Jährige gestorben. Für sie wird ein Licht am Eingang angezündet. Wir haben junge Patientinnen wo die Kinder kommen und das Bett schmücken und Blumen ausstreuen und das sind ganz wichtige Teile, die auch in Erinnerung derer bleiben, die zurückbleiben.

Die Palliativmedizin: Sie will den Tagen mehr Leben geben. Eine ganz besonders menschliche Medizin und Lebenshilfe für unheilbar Kranke. Und zu diesem Thema begrüße ich jetzt im Studio Professor Friedemann Nauck, Direktor der Abteilung Palliativmedizin an der Universitätsmedizin in Göttingen. Außerdem ist er Inhaber einer Stiftungsprofessur der Deutschen Krebshilfe. Schön, dass Sie zu uns gekommen sind. Herzlichen Dank, dass ich kommen durfte. Professor Nauck. Würden Sie es uns noch mal mit Ihren eigenen Worten sagen. Was ist, was bedeutet Palliativmedizin für Sie? Palliativmedizin bedeutet für mich die umfassende Behandlung und Begleitung von Patienten und ihren Angehörigen mit weit fortgeschrittenen, nicht heilbaren Erkrankungen. Es bedeutet für mich, Versuch und auch die Möglichkeit, diesen Menschen Lebensqualität in der letzten Lebensphase zu geben, durch bestmögliche Linderung von Symptomen. Hier nicht nur körperlichen, sondern auch psychischen Symptomen. Nun gibt es die Palliativmedizin auf der Station, es gibt die ambulante Palliativmedizin. Wann ist welche Behandlung empfehlenswert? Der Wunsch vieler Menschen ist es, zu Hause zu bleiben. Möglichst ein Leben bis zuletzt zu Hause zu haben. Aber das geht nicht immer. Manche Patienten sind so stark symptombelastet, haben so starke Schmerzen, so starke Übelkeit, Luftnot, vielleicht auch Angst- oder Unruhezustände, die nicht ausreichend auf Allgemeinstationen oder zu Hause gelindert werden können. Und für diese Patienten ist eine vorübergehende Aufnahme auf einer Palliativstation sehr sinnvoll und hilfreich, weil wir hier im multidisziplinären Team nicht nur die medikamentöse Therapie und Behandlung einstellen, sondern eben auch den Kontakt zum Patienten und seinen Angehörigen führen, um im Endeffekt vielleicht auch ein bisschen besser die Auseinandersetzung mit Leid und Erkrankung für den Patienten zu ermöglichen.

Was Sie gerade gesagt haben, bedeutet aber auch, die Patienten werden vorübergehen auf einer Station aufgenommen und können dann aber auch wieder nach Hause entlassen werden. Also auch das kommt durchaus vor. Genau. Palliativstationen, so sage ich es mit vielleicht einfacheren Worten, sind keine Sterbestationen. Aber es sind Stationen, auf denen auch gestorben werden darf. Etwa 50 Prozent unserer Patienten, und das gilt für fast alle Palliativstationen in Deutschland, können nach einer Behandlungszeit wieder entlassen werden. Einige dieser Patienten werden auch wieder aufgenommen. Also es besteht auch die Möglichkeit, zurückzukommen. Nun haben Sie uns gesagt, was bedeutet die Palliativmedizin für die Patienten. Was bedeutet sie aber für die Angehörigen? Ich glaube, die Palliativmedizin für Angehörige bedeutet zunächst einmal Schreck. Palliativmedizin? Ist e schon so weit? Muss mein Mann jetzt bald sterben? Wenn sie dann aber erleben, was wir tun in der Palliativmedizin, dann bedeutet Palliativmedizin für viele Angehörige eine Oase der Ruhe, ein Stückchen selber zur Ruhe zu kommen und zu merken, dass sie als Angehörige plötzlich so wichtig sind. Die Betreuung der Angehörigen macht etwa 50 Prozent unserer Arbeit auf den Stationen aus, aber auch im ambulanten Bereich. Was heißt, dass die Angehörigen durch Ihre Arbeit entlastet werden, oder? Sie werden sicher entlastet und sie haben überhaupt die Möglichkeit, über ihre eigenen Ängste, Sorgen, Befürchtungen, aber auch Hoffnungen zu reden. Wie wird die Trauer den Angehörigen abgenommen? Wie wird eine Trauer oder ein bevorstehendes Lebensende möglicherweise von der Schrecklichkeit auch den Patienten abgenommen?

Sie sprechen ein ganz wichtiges Thema an. Trauer ist etwas, was wir nicht abnehmen können. Ich glaube, wir können Trauer und Trauerprozesse begleiten und wir haben unterschiedliche Phasen in der Trauer. Der Patient und die Angehörigen beginnen zu trauern, wenn sie die Information unheilbare Erkrankung, Krebserkrankung hören. Und das ist ein Prozess, den wir begleiten, auch immer wieder über diese Trauer zu sprechen, über Dinge, die der Patient abgeben muss, seine Selbstständigkeit, die er vielleicht zunehmend verliert. Für die Angehörigen bedeutet es aber eben auch, in der Phase nach dem Versterben des Patienten begleitet zu sein. Reden Sie direkt mit den Angehörigen und mit den Patienten über den Tod oder schauen Sie, wie sieht es aus, ist der Bedarf da, wollen sie reden? Wir gucken natürlich, was sind die Wünsche von Sterbenden. Was sind die Wünsche von Schwerkranken und Sterbenden. Und bei den Angehörigen ist es oft so, dass sie sich wirklich wünschen, auch einmal aussprechen zu dürfen: Was ist eigentlich, wenn mein Mann stirbt?, Was ist eigentlich, wenn meine Tochter das nicht überlebt? Und insofern, glaube ich, ist die Offenheit von uns im Team, im multidisziplinären Team, das ist nicht nur die Aufgabe des Arztes, sondern auch der Krankenschwester und des Psychologen, der Sozialarbeiterin, manchmal der Physiotherapeuten, die gerade auf der Station sind, um mit den Angehörigen auch über Tod und Sterben zu sprechen. Wie schaffen Sie das und wie schaffen das Ihre Mitarbeiter, mit dem Thema Tod und Trauer, das so allgegenwärtig ist auf der Station jeden Tag bei der Arbeit, wie schaffen Sie es, damit umzugehen, das wegzustecken und selber lebensfroh zu bleiben? Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir gucken, wo wir eigene Kraftquellen haben. Also was ist eigentlich das, was mir Kraft gibt in der Arbeit? Das ist oft die Familie, das ist vielleicht ein schönes Hobby, ein gutes Buch, ein Theaterstück. Aber eben auch im Team, gemeinsam zu gucken, wie wir arbeiten können, wir haben Supervisionen, in denen Probleme besprochen werden können. Aber für mich ist eigentlich das Wichtigste die Zielsetzung in unserer Arbeit, wenn unsere Zielsetzung die ist, dass wir den Menschen, die wir begleiten dürfen, die bestmögliche Lebenszeit geben können, durch gute Linderung von Schmerzen, durch gute Begleitung, dass wir nicht gegen den Tod kämpfen. Und ich glaube auch, dass Palliativmedizin nicht von Jedem

betrieben werden kann. Also man muss auch eine innere Einstellung, auch eine Haltung mitbringen, auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit, die natürlich immer wieder auch allgegenwärtig ist. Professor Nauck, ganz herzlichen Dank für das Gespräch. Ihnen alles Gute weiterhin bei der Arbeit. Gerne Frau de Buhr, vielen Dank. Liebe Zuschauer, Sie finden natürlich alle Informationen zu den Themen der Sendung und zu diesem Thema auch im Internet unter www.krebshilfe.de und in der Broschüre der Deutschen Krebshilfe mit dem Titel Palliativmedizin.