akkon aspekte Chancen und Risiken des Projektes zur Entbürokratisierung in der Pflege
Entbürokratisierung der Pflegedokumentation startet im Januar 2015 (Pressemitteilung des BMG vom 18. Oktober 2014) Ob ein Dokumentationssystem bürokratisch ist oder nicht, hängt also nicht davon ab, ob jede Eintragung mit einem Kürzel abgezeichnet werden muss oder nicht, sondern davon, ob sie die wichtigen Informationen aus der Praxis für alle an der Versorgung Beteiligten enthält (Bartholomeyczik, S. 2005:144)
Projekt Praktische Anwendung des Strukturmodells- Effizienzsteigerung der Pflegedokumentation in der ambulanten und stationären Langzeitpflege Im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) In Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.v. (BAGFW) Und dem Bundesverband Privater Anbieter sozialer Dienst e.v. (bpa) Abschlussbericht Elisabeth Beikirch (Projektsteuerung) Gabriele Breloer-Simon und Friedhelm Rink (Projektkoordination) Prof. Dr. Martina Roes (Begleitevaluation) Universität Witten/Herdecke, Department für Pflegewissenschaft Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) Berlin/Witten, April 2014
Ziele: Abbau einer überbordenden Bürokratie Einführung neue Pflegedokumentation (Strukturmodell) Verschlankung der Dokumentation Unterstützung der Fachlichkeit der Pflege Fachliche und juristische Aussagen zur Dokumentation hinterfragen
Umsetzung: Start des Projekts im Januar 2015 Werbe- und Informationstour mit Staatssekretär Laumann in Frühjahr und Sommer 2015 Start Schulung der Multiplikatoren im März 2015 Im Juli 2015 haben sich über 6.800 Einrichtungen für die Teilnahme an dem Projekt registrieren lassen. Schulungen der Anwender ab August 2015
Was ändert sich in der Pflegedokumentation: Einstieg in den Pflegeprozess mithilfe der Strukturierten Informationssammlung (SIS) Maßnahmenplanung auf der Grundlage der Erkenntnisse aus der SIS Berichteblatt mit dem Fokus auf Abweichungen von regelmäßig wiederkehrenden Pflege- und Betreuungsabläufen Evaluation (mit Fokus auf Erkenntnissen aus SIS, Maßnahmenplanung und Berichteblatt)
Pflegediagnose Fallbesprechung 6. Wirkung beurteilen SIS Risiko matrix 1. Informationen sammeln 2. Probleme und Ressourcen formulieren Pflegevisite Im Kopf der Pflegeperson Abweichungen vom Maßnahmenplan werden im Pflegebericht dokumentiert. Durchführungsnachweis in der Behandlungspflege. 5. Maßnahmen durchführen und dokumentieren 4. Maßnahmen planen 3. Pflegeziele festlegen Im Kopf der Pflegeperson
Handlungsanleitung zum Strukturmodell: Element 1 Element 2 Element 3 Element 4
Element 1: Die Strukturierte Informationssammlung (SIS) Erläuterungen zur Sichtweise der pflegebedürftigen Person (1a) Erläuterungen zur professionellen Perspektive (1b) Erläuterungen zum Schritt der Verständigung (1c und 1d )
1a) werden Angaben der pflegebedürftigen Person zu Gewohnheiten und Fähigkeiten sowie ihre Hilfe- und Pflegebeschreibung im Originalton festgehalten
1b) die Pflegeperson beschreibt zu den Themenfeldern den Hilfe- und Pflegebedarf sowie die Einschätzung zu Risikopotenzialen aus ihrer Perspektive.
.durch das Ausfüllen der Risikomatrix zur fachlichen Einschätzung der individuellen Situation als erster Zugang zum Risikomanagement der pflegebedürftigen Person
Wie geht es weiter nach SIS? Die ausführende Pflegeperson durchläuft einen gedanklichen-fachlichen Prozess, der die Erkenntnisse aus der SIS einbezieht (Welche Ressourcen bestehen? Welche Problemkonstellationen sind vorhanden?, Welche Zielsetzungen sind anzustreben?). Auch wenn im Strukturmodell nicht explizit Ziele dokumentiert werden, sind sie Teil des professionellen Denkens und der Evaluation. (Handlungsanleitung Strukturmodell (Version 1.1, 2015, Seite 13)
Element 2: Die Maßnahmenplanung Die Maßnahmenplanung stellt sich in der Regel durch die Gestaltung einer (Rahmen-) Tagesstrukturierung (einschließlich der nächtlichen Versorgung) dar. Hier kann mit fixen Zeiten und variablen Zeitkorridoren gearbeitet werden. Handlungsleitend ist, ob aus fachlicher Sicht oder auf Wunsch des Bewohners bestimmte Leistungen zu einem fixen Zeitpunkt erbracht werden sollten/müssten.
Element 3: Das Berichteblatt (Verlaufsdokumentation) Die Umsetzung der Erkenntnisse aus der SIS und individueller Maßnahmenplanung verknüpft mit fachlicher Beobachtung ist ein Teil der Voraussetzung für ein zeitsparenderes und grundlegend verändertes Vorgehen im Berichteblatt. In der grundpflegerischen Versorgung mit ihren beschriebenen, routinemäßigen und wiederkehrenden Handlungen in Pflege und Betreuung (Immer-so-Routinen) konzentrieren sich die Auf-zeichnungen im Berichteblatt ausschließlich auf das Auftreten von Abweichungen.
Element 4: Die Evaluation (4a und 4b) In fachlich angemessenen Abständen, z. B. abhängig von stabilen oder instabilen Gesundheitssituationen und Pflegebedarfen, erfolgt die Reflexion und ggf. Evaluation der Pflegesituation und eine Reaktion durch entsprechende Angebote.
Aussagen: die überbordende Bürokratie ist für die Beschäftigten in der Pflege der Motivationskiller Nr. 1. (Staatssekretär Karl-Josef Laumann / http://www.patientenbeauftragter.de/index.php/entbuerokratisierungs-tour) Tagsüber ist eine Pflegekraft teilweise für 10 bis 15 Bewohner zuständig, in der Nacht auch mal für bis zu 50 Unter solchen Umständen ist gute Pflege unmöglich [ ] (Martina Nestele, Mitarbeitervertreterin einer diakonischen Einrichtung)
Aussagen: Jörg Niemöller hat ausgerechnet, dass es durch das neue System [Anmerk.: SIS] für Pflegeassistenten zehn Minuten mehr Luft gibt, für Pflegekräfte seien es täglich fünf Minuten. Klingt bescheiden, aber hochgerechnet kommen wir auf 30 Stunden in der Woche, die jetzt mehr den Bewohnern zugute kommen, erläutert Niemöller. Laumann habe den Trägern der Pflegeeinrichtungen versprochen, dass nicht im Gegenzug Personal abgebaut werde. (Westfälische Nachrichten vom 21.01.2016 / http://www.wn.de/muensterland/kreis-steinfurt/westerkappeln/2239735-weniger- Buerokratie-im-Altenheim-Mehr-Zeit-fuer-die-Pflege)