Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen ein Leben lang und ich werde bleiben im Haus des Herrn immerdar. So endet der 23. Psalm. Mit diesem Psalm haben wir uns in der letzten Konfirmandengruppe ausführlich beschäftigt. Wir haben versucht die Gedanken nicht nur zu Papier zu bringen sondern sie auch anschaulich darzustellen. Dabei ist eine Weltkugel entstanden, die wir heute zusammen mit einem Würfel zu einer Stehle vor unserer Kirche aufstellen wollen. Der Würfel ist im letzten Jahr entstanden auf einem Konfirmandenseminar in Limburg. 2015 hat die Konfirmandengruppe etwas zum Apostolischen Glaubensbekenntnis gestaltet. Auf der Weltkugel zum 23. Psalm finden wir mehrfach das Haus des Herrn dargestellt. Es steht auf einer grünen Wiese, ist schön anzusehen und die Sonne scheint. Man kann sich vorstellen, dass es in diesem Haus Platz für eine ganze Familie hat und das es drinnen gemütlich ist. Als ich Dich, Edwin kennen gelernt habe, hast du sogar in einem Schloss gewohnt. Das hört sich jetzt vornehmer an, als es tatsächlich war. Es handelte sich um die ehemalige Pfarrwohnung im Schloss, dem Pfarrhaus in Burggräfenrode. Zu diesem Zeitpunkt war Deine Familie noch in Wolfsburg. Dort hattet ihr ein Haus aber in Wolfsburg gab es keine Arbeit mehr für Dich. Die Arbeitssuche führte Dich schließlich hierher in die Wetterau in unser Dekanat. Und da du auch für die Offene Jugendarbeit Niddatal zuständig wurdest, führte es dich auch direkt in unsere Gemeinden hier vor Ort. Das Schloss in Burggräfenrode war aber keineswegs das Haus des Herrn, wie man denken konnte. Für die ganze Familie war es zu klein. Das Haus des Herrn gab es noch nicht, es musste erst noch gebaut werden. Es gab aber schon den Weg des Herrn, und der führte Dich in den Vogelsberg in die Nähe des Niddastausees. Und dann wurde Dein Leben so richtig biblisch. So wie Abraham hast du mit Deiner Familie zunächst in Zelten auf dem Campingplatz dort gelebt,
bis Euer Haus fertig gebaut war und ihr mit der ganzen Familie einziehen konntet. Mich erinnert an das berühmte Lied von Xavier Naidoo: Dieser Weg wird kein leichter sein, er wird steinig und schwer. Und dein Weg erinnert mich an den Weg des Volkes Israel. Wie Moses und sein Volk musstet Ihr eure alte Heimat verlassen, weil die Lebensbedingungen dort zu schlecht geworden waren. Die Reise ins gelobte Land war steinig und schwer. Es mussten manche Hürden genommen werden und wie auf der Wanderung durch die Wüste musstet ihr eine Zeit lang in Zelten leben. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen ein Leben lang. Ich denke es war gut, dass Dein Weg hier dich und deine Familie hier her geführt hat. Ein gutes Stück dieses Weges habe ich mit Dir gemeinsam zurücklegen dürfen. Mit mehr als zehn Konfirmandengruppen waren wir gemeinsam unterwegs. Haben in alten Pfarrhäusern gewohnt und selbst gekocht. Ich selber habe die gemeinsamen Fahrten und auch die Unterrichtsstunden mit den Konfirmanden in guter Erinnerung und ich hoffe und glaube, dass auch die meisten der Jugendlichen, die mit uns unterwegs waren, ihre Konfirmandenzeit in guter Erinnerung behalten haben. Doch auch diese gemeinsame Zeit ist nun zu Ende gegangen. Hier auf der Erde können wir nirgendwo ewig bleiben. Alles hat seine Zeit, so schreibt es der Prediger Salomo. An einer anderen Stelle sagt er: alles ist nichtig, alles ist flüchtig. In Psalm 90 heißt es: Unser Leben fährt schnell dahin, als flögen wir davon. Wie schnell geht eine Zeitspanne von mehr als 10 Jahren vorbei. Mir kommt es so vor als ging jedes Jahrzehnt schneller vorbei als das vorige.
Kaum haben wir einen Menschen begrüßt und willkommen geheißen und sind eine Wegstrecke mit ihm gegangen, schon verlässt er uns wieder. Denken sie an ihre eigenen Kinder. Wie schnell kommt der Tag, wo sie in den Kindergarten gehen und erst am Abend wieder nach Hause kommen. Die Einschulung, der Schulwechsel, die Konfirmation. Und dann kommt schon die Zeit in der die Kinder das Haus ihrer Eltern verlassen und ganz eigene Wege gehen. Jede Station auf dem Weg ist ein kleiner Abschied. Jeder Abschnitt des Lebens ist anders als der vorherige. Von den älteren Menschen, die ich hier im Ort kennen gelernt habe, sind einige hier geboren und haben Zeit ihres Lebens ihr Dorf nicht verlassen und leben heute noch in dem Haus, das ihre Eltern oder Großeltern einst gebaut haben. Die heutige Generation ist mobiler. Viele junge Menschen machen sich auf den Weg und wollen die ganze Welt sehen. Die Neugier und die Abenteuerlust treibt sie an. Es ist selten geworden, das einer sein ganzes Leben lang einen einzigen Beruf ausübt oder bei einer einzigen Firma angestellt ist. Viele müssen sich, so wie Du und Deine Familie, Edwin, auf eine Reise machen, ob sie wollen oder nicht. In unserer Gesellschaft gerät vieles immer mehr in Fluss. Nichts gibt mehr Halt. Es gibt keinen festen Bezugspunkt mehr an dem sich alle orientieren können. Alles ist relativ geworden. Oder wie es neudeutsch heißt: anything goes. Gerade von den jungen Menschen wird das heute nicht nur als Abenteuer und als eine Reise ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten, sondern auch als ein Defizit erlebt, das Sehnsüchte weckt. In einer Jugendstudie wurde vor Kurzem folgende interessante Beobachtung gemacht.
"Man stellte unter den Jugendlichen heute eine gewachsene Sehnsucht fest, nach Aufgehoben- und Akzeptiert sein, Geborgenheit, Halt und Orientierung." Es ist diese uralte Sehnsucht, die im 23. Psalm zum Ausdruck kommt. Der Herr ist mein Hirte, bei ihm kann ich mich aufgehoben und akzeptiert fühlen. Er führt mich auf rechter Straße: Er gibt mir Halt und Orientierung. Bei ihm fühle ich mich geborgen denn ich kann bleiben im Hause des Herrn immerdar. Diese Gewissheit ist gerade für uns wichtig, die wir unterwegs sind und manchmal in Zelten leben ohne Sicherheit und nicht wissen, wie es weitergehen wird. Viele aus Eurer Konfirmandengruppen in Bruchenbrücken, Ilbenstadt, Bönstadt und Kaichen, haben sich gerade für diesen letzten Vers des 23. Psalms entschieden. Das Haus des Herrn. Es bietet Schutz und Geborgenheit, Halt und Sicherheit, alles Dinge, die wir in unserem Erdenleben manchmal schmerzlich vermissen. Je größer aber unsere Gewissheit und unser Glaube ist, dass wir geborgen sind im Haus Gottes und dass wir in diesem Haus auch geborgen bleiben, desto eher können wir die Wege gehen, die Gott uns führt, die auch manchmal schwer und steinig sein können. Unser menschliches Leben ist immer von Abschieden gekennzeichnet. Nichts und Niemand können wir ewig an uns binden. Es sind immer nur eine Wegstrecken, die wir gemeinsam zurücklegen können. Selbst die Liebe zweier Eheleute findet ihre Grenze am Tod des Einen und dem Zurückbleiben des anderen. Deshalb gibt es diese unstillbare Sehnsucht nach dem einen das bleibt. Es ist die Güte und die Barmherzigkeit Gottes, die bleibt. Es ist das Haus des Herrn, in dem Platz ist für alle und aus dem niemand ausgeschlossen wird.
Dieses Haus Gottes verbindet uns über jeden Abschied hinaus. Es versichert uns, das wir aufgehoben sind und aufgehoben bleiben in der allumfassenden Liebe Gottes. Amen.