Der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt vom 1. Dezember 2005



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Transkript:

Der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt vom 1. Dezember 2005 - Zum Stand der Richtlinienverhandlungen im Rat und im Europäischen Parlament - MR Michael Findeisen Paysys Breakfast Meeting Frankfurt 20. März 2007

Ausgangslage: In der Europäischen Gemeinschaft werden jährlich ca. 231 Mrd. Transaktionen (bargeldlose Zahlungen und Barzahlungen) mit einem Volumen von 52 Billionen EUR abgewickelt. Zahlungsverkehr in der Europäischen Gemeinschaft ist jedoch nach wie vor national fragmentiert und nach Ansicht der Kommission den Binnenmarkt-Anforderungen nicht gewachsen. Der Rechtsrahmen für Zahlungsdienste basiert auf 27 verschiedenen nationalen Rechtssystemen. Dies gilt sowohl für die zivilrechtlichen Vertragsbeziehungen zwischen Zahlungsdienstleistern und Kunden als auch für das verwaltungsrechtliche Aufsichtsregime über Institute, die Zahlungsverkehrsdienstleistungen anbieten.

Folgen der Fragmentierung (aus Kommissionssicht): a) EU-weit tätige Unternehmen werden gehindert, einheitliche Kontenabstimmung durchzuführen b) Dem Einzelhandel werden insbesondere im Kreditkartengeschäft zu hohe Gebühren (bis zu 5%) in Rechnung gestellt c) Verbraucher haben keinen Zugang zu Anbietern in anderen Mitgliedsstaaten mit kostengünstigeren und schnelleren Serviceleistungen

Nationale Zahlungsverkehrssysteme stehen aus Sicht der Kommission nicht im Wettbewerb miteinander und sind nicht darauf ausgerichtet, grenzüberschreitende Zahlungen so effizient wie Inlandszahlungen abzuwickeln. Die wenigen, rein grenzüberschreitenden Zahlungssysteme leiden unter geringem Zahlungsaufkommen (auf sie entfallen nur 3% der Zahlungen insgesamt); deshalb arbeiten sie mit höheren Transaktionskosten wie konkurrierende Zahlungssysteme. Bestehende einschlägige Vorschriften für den Zahlungsverkehr haben ihren Zweck nicht erreicht (z.b. über die Verordnung (EG) Nr. 2560/2001 über grenzüberschreitende Zahlungen ) Unterschiede zwischen grenzüberschreitenden Zahlungen und Inlandszahlungen wurden nicht aufgehoben, die Preisspanne in der EU bei Transaktionen nicht reduziert. Nebeneinander von nationalen Bestimmungen und unvollständigen gemeinschaftlichen Rahmenbestimmungen führt auch zu Überschneidungen und damit zu mangelnder Rechtssicherheit.

Mit der Zahlungsverkehrsrichtlinie intendierte Ziele der Kommission: Ein einheitlicher Rechtsrahmen auf EU-Ebene soll folgende Ziele realisieren: Schaffung eines einheitlichen, modernen Zahlungsverkehrsmarkts unter Integration der nationalen Zahlungsverkehrssysteme Harmonisierter Zahlungsverkehrsmarkt soll für bessere Skaleneffekte und mehr Wettbewerb im Finanzsektor und mittelbar in der Wirtschaft insgesamt und damit zur Kostensenkung beitragen. Kommission greift die faktische Monopolstellung der Banken bei den Zahlungsdienstleistungen an und will den Markt für andere Dienstleister (Remittances Services, Anbieter im Finanztransfergeschäft) öffnen

Rationalisierung der Zahlungsinfrastruktur sowie der Zahlungsdienste - dadurch soll für Kunden mehr Auswahl ermöglicht werden Einheitlicher Rechtsrahmen soll die SEPA- Initiative (Single Euro Payment Area) des European Payment Council (EPC) der Banken ergänzen. EPC hat Industriestandards für grenzüberschreitende Zahlungsverkehrsprodukte im Überweisungsverkehr, im Kartengeschäft und im Lastschriftverfahren geschaffen und will diese Produkte bis zum Jahr 2008 anzubieten, allerdings nur für Zahlungen in Euro und innerhalb der Europäischen Union. Migration nationaler Zahlungssysteme soll für EPC ausschließlich der Markt bestimmen.

Kommission geht auf fragwürdiger empirischer Grundlage und unvollständiger Folgenabschätzung bei a) einer Standardisierung der technischen und rechtlichen Anforderungen und b) der Öffnung der nationalen Zahlungsverkehrsmärkte für neue Anbieter und der Gewährleistung gleicher Ausgangsbedingungen im Wettbewerb bei Umsetzung der Richtlinie von Einsparungen der Wirtschaft in Höhe von jährlich 50 bis 100 Mrd. EUR(!) aus. Einsparpotential liegt jedoch schwerpunktmäßig außerhalb des Zahlungsverkehrs (Rechnungsstellungskosten; e-invoicing). Kosten des Zahlungsverkehrs, die die Kommission auf 2-3% des Bruttosozialprodukts schätzt, werden primär durch die Logistik für Barzahlungen verursacht; Kommission lässt unberücksichtigt, dass nur 1% der Zahlungen (in Deutschland) grenzüberschreitend sind

Zum Stand des Richtlinienvorhabens bis 31. Dezember 2006: Verabschiedung des im Dezember 2005 vorgelegten Richtlinienvorschlags wurde von KOM im Rahmen der Lissabon-Strategie ursprünglich noch im Jahr 2006 erwartet (Nebeneffekt: Schaffung von Rechtssicherheit für die SEPA- Produkte - Vermarktung ab 2008) Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht in den Mitgliedsstaaten sollte nach KOM - Vorschlag bis Dezember 2007 erfolgen (nach Kompromiss im Rat jetzt November 2009). Die Verabschiedung der Richtlinie bietet ausreichend Rechtssicherheit für Planung der Industrie (Vorteil: es handelt sich um eine RL auf der Basis der Vollharmonisierung, die wenig Umsetzungsspielraum für MS bietet).

Behandlung im Rat unter österreichischer Präsidentschaft (Januar bis Juni 2006) hat kein tragfähiges Zwischenergebnis unter den Mitgliedsstaaten erbracht; Verhandlungsstrategie der finnischen Präsidentschaft (Juli Dezember 2006) hatte ebenfalls noch zu keinem Mandat der Mitgliedsstaaten für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament geführt; dies gilt nicht nur für den aufsichtsrechtlichen Teil des Dossiers, sondern für alle Teile des Dossiers! Federführender Ausschuss für Wirtschaft und Finanzen des Europäischen Parlaments (ECON) hat bereits am 21.September 2006 über den KOM - Vorschlag also vor dem Rat (!) entschieden. Bericht des Berichterstatters Gauzès, der lediglich mit einer Gegenstimme angenommen wird, fordert wesentliche Änderungen des Richtlinienvorschlags, die D im wesentlichen alle mittragen kann. D hat sich im Rat immer für Verhandlungen auf der Basis dieses Berichts ausgesprochen, um damit auch schneller zu einem Kompromiss mit dem Rat zu kommen.

Qualitative Änderungsvorschläge des ECON Berichterstatters vom September 2006, die von der Bundesregierung grundsätzlich begrüßt wurden, betreffen: die Anwendung der Richtlinie nur auf Zahlungsdienstleistungen in Euro oder anderen Währungen der Mitgliedsstaaten, die Anwendung der Richtlinie nur auf Zahlungsdienstleistungen, bei denen beide Dienstleister ihren Sitz in der EU haben, die Schaffung einer klaren Abgrenzung der Aktivitäten der neuen Institutskategorie Zahlungsinstitute von denjenigen, die Kreditinstituten und E-Geldinstituten aufgrund der Regelungen im Gemeinschaftsrecht vorbehalten sind. Dies betrifft in erster Linie das Halten und die Anlage von Kundengeldern, die vom Auftraggeber dem Zahlungsinstitut zum Zwecke der Weiterleitung an einen Empfänger überlassen worden sind sowie die Gewährung von Krediten und Garantien. die Schaffung eines Zulassungs- und Aufsichtsregimes für Zahlungsinstitute, das den Risken, die den von ihnen ausgeübten Aktivitäten immanent sind, gerecht wird. die Änderungsvorschläge des ECON sind mit den Rulebooks des European Payment Council (EPC) weitgehend kompatibel

Die vier Kernbestandteile des Richtlinienvorschlags der Kommission: I. Titel I legt neben einem umfangreichen Definitionenkatalog den Anwendungsbereich der Richtlinie fest: Definition von 6 Kategorien von Zahlungsdienstleistern (Kreditinstitute, E-Geldinstitute, Postscheckämter, die neue Kategorie der Zahlungsinstitute, Zentralbanken (soweit sie nicht in ihrer Zentralbankenfunktion handeln, Mitgliedsstaaten sowie regionale und lokale Behörden, soweit sie nicht in Behördenfunktion handeln Anwendungsbereich erfasst Zahlungen sowohl innerhalb der EU als auch in und aus der EU Richtlinie umfasst alle Währungen (Euro, sonstige EU- Währungen und Währungen von Drittländern Zahlungsdienste für Zahlungen über 50000 EUR sind von den zivilrechtlichen Vorschriften der Richtlinie ausgenommen

II. Das Recht zur Erbringung von Zahlungsdienstleistungen an die Allgemeinheit (Titel II) Inhalt: Harmonisierung der Marktzugangsanforderungen für Zahlungsdienstleister. Auch für Nichtbanken sollen im Aufsichtsrecht gleiche Ausgangsbedingungen/Erlaubnisvoraussetzungen und Kriterien der laufenden Aufsicht für die EG geschaffen und damit die Märkte stärker für den Wettbewerb geöffnet werden (Allerdings sind die Aufsichtsanforderungen erheblich geringer als für Banken, die über das Girogeschäft vergleichbare Aufgaben im Zahlungsverkehr ausüben). Schaffung einer neuen Aufsichtskategorie (Zahlungsinstitute), die keine Einlagen entgegennehmen oder kein E-Geld ausgeben dürfen. Erleichterung des Übergangs von Anbietern aus der Schattenwirtschaft ( alternative remittance services ) in den formellen Finanzmarktsektor über großzügige Freistellungsvorschriften Für die Richtlinie soll erstmals im Finanzmarktaufsichtsrecht das Prinzip der Vollharmonisierung gelten.

III. Transparenz- und Informationsanforderungen (Titel III) Schaffung transparenter Vertragsbedingungen bei Zahlungsdiensten Zivilrechtliche Transparenzvorschriften für Zahlungsdienste sollen nach Auffassung der Kommission a) den Wettbewerb steigern und b) den Verbrauchern eine größere Auswahl unter den angebotenen Dienstleistungen und mehr Rechtssicherheit bieten (Möglichkeit des Konditionenvergleichs). Transparenz- und Informationsanforderungen sollen a) nicht für Zahlungen über 50.000 EUR und b) Kleinstbetragszahlungen gelten. Zahlungsdienstenutzer sollen zum Vertrag als auch zum Zahlungsvorgang alle notwendigen Informationen in ausreichendem Umfang erhalten.

IV. Rechte und Pflichten der Nutzer und Anbieter von Zahlungsdiensten (Titel IV) Festlegung einer maximal eintägigen Ausführungsfrist Festlegung von Widerrufsfristen Der vom Zahler transferierte Betrag soll dem Konto des Zahlungsempfängers in voller Höhe gutgeschrieben werden; keine Abzüge durch zwischengeschaltete Stellen Aufteilung der Gebühren zwischen Zahler und Zahlungsempfänger; jeweilige Dienstleister sollen ihre Gebühren direkt beim Zahler und Zahlungsempfänger erheben. Schaffung einer verschuldensunabhängigen Haftung des Zahlungsdienstleisters für die Ausführung einer vom Nutzer entgegengenommenen Zahlungsanweisung, wobei diese auf die ordnungsgemäße Ausführung einer Zahlung gemäß der vom Zahlungsdienstenutzer erteilten Anweisung beschränkt werden soll. Haftungsbeteiligung des Benutzers für die Zeit bis zur Meldung des Verlusts der Diebstahls eines Zahlungsverifikationsinstruments begrenzt; es sei denn Nutzer hat in betrügerischer Absicht oder grob fahrlässig gehandelt. Regelung der Rückerstattung einer Zahlung Verhinderung einer intransparenten Preisgestaltung und ungünstigen Wertstellungspraxis

Deutsche Verhandlungslinie in den Ratsverhandlungen bis 31.12.2006: Bundesregierung teilt grundsätzlich das Ziel der Kommission, einen einheitlichen Rechtsrahmen für den Zahlungsverkehr zu schaffen. Im Fokus müssen dabei wettbewerbsfördernde Rahmenbedingungen stehen. Harmonisierung im grenzüberschreitenden EU- Zahlungsverkehr ist nur zu erreichen, wenn aufsichtsrechtliche und schuldrechtliche Vorschriften, die den Zahlungsverkehr betreffen, in der EU vereinheitlicht werden. Dies schafft für Endnutzer und Zahlungsdienstleister die notwendige Rechtssicherheit und dient dem Wettbewerb. Rechtsetzungsakte sollen sich aber auf zwingend notwendige Regelungen beschränken, die zur Flankierung der EPC- Selbstregulierungsmaßnahmen (insbesondere für das Europäische Lastschriftverfahren) zwingend erforderlich sind.

Keine Regulierung der Zeitpunkte für die Implementierung und Migration der SEPA-Verfahren Keine durch die Richtlinie vorgegebene Zwangsmigration (Der Zeitpunkt, ab dem die existierenden nationalen Zahlungssysteme durch die neuen SEPA- Verfahren (pan-europäische Standards für Überweisung, Lastschrift und Kartenzahlungen) ersetzt werden (Migration) soll allein von den Bedürfnissen und Optionen des Markts abhängen, die SEPA- Verfahren ausschließlich einzusetzen. Anwendung der Richtlinie nur auf Zahlungsdienstleistungen in Euro oder andere Währungen der Mitgliedsstaaten, Anwendung der Richtlinie nur auf Zahlungsdienstleistungen, bei denen beide Dienstleister ihren Sitz in der EU haben,

die Schaffung einer klaren Abgrenzung der Aktivitäten der neuen Institutskategorie Zahlungsinstitute von denjenigen, die Kreditinstituten und E-Geldinstituten aufgrund der Regelungen im Gemeinschaftsrecht vorbehalten sind. Dies betrifft in erster Linie das Halten und die Anlage von Kundengeldern, die vom Auftraggeber dem Zahlungsinstitut zum Zwecke der Weiterleitung an einen Empfänger überlassen worden sind sowie die Gewährung von Krediten und Garantien. Schaffung eines Zulassungs- und Aufsichtsregimes für Zahlungsinstitute, das den Risken, die den von ihnen ausgeübten Aktivitäten immanent sind, gerecht wird (operationelle Risiken sollen durch Anfangskapital und laufendes Eigenkapital abgepuffert werden. Außerdem muss eine insolvenzrechtliche Trennung der Vermögenswerte der Kunden und Eigenmittel sichergestellt werden - ring fencing ). Wettbewerb zwischen Anbietern von Zahlungsdienstleistungen soll dem Prinzip gleiche Risiken, gleiche Vorschriften folgen. Es darf kein ungerechtfertigtes Aufsichtsgefälle zwischen Kreditinstituten und den neu zu schaffenden Zahlungsinstituten entstehen.

Eine Solvenzaufsicht für Zahlungsinstitute ist im Interesse des Kundenschutzes und der Stabilität der Finanzmärkte unverzichtbar Die Bundesregierung trat in den Ratsverhandlungen bis Ende 2006 dafür ein, dass harmonisierte Zulassungs- und Aufsichtsvorschriften für Zahlungs-institute geschaffen werden, damit diese neben und in Konkurrenz zu Kreditinstituten - Zahlungsverkehrsdienstleistungen zukünftig reguliert am Markt anbieten können (Unternehmen, die das Kreditkartengeschäft und das Finanztransfergeschäft betreiben sowie das Lastschriftverfahren anbieten). Unternehmen, die das Finanztransfergeschäft (Remittance-Geschäft) und das Kreditkartengeschäft betreiben, sind bereits heute in Deutschland dem Kreditwesengesetz und damit einem Zulassungsverfahren und einer laufenden Aufsicht unterworfen (allerdings keine Solvenzaufsicht!).

Anders als die Kommission und eine Minderheit von Mitgliedsstaaten, darunter Großbritannien und Finnland, hält es die Bundesregierung für erforderlich, dass Zahlungsinstitute in gleicher Qualität wie Kreditinstitute beaufsichtigt werden, sofern diese im Zahlungsverkehr eine deckungsgleichen Risikosituation (Liquiditätsrisiken, operationelle Risiken) wie Banken auf-weisen. Gleiche Risiken erfordern, ein angemessenes Mindestkapital und Regelungen, die Kundengelder konkurssicher machen.

Eine angemessene Risikobewertung ergibt, dass Liquiditätsschwierigkeiten eines Zahlungsinstituts sogar Gefährdungen für das Finanzsystem eines Landes zur Folge haben können. Der Fastzusammenbruch einer Kreditkartenfirma in Südkorea im Winter 2005 zeigt, dass dieser erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft in Südkorea hatte (vgl. Financial Times vom 3.1. 2005) Gleiches gilt für die von der Kommission grundsätzlich als risikoarm eingestuften Remittance Services. In fast jedem Land der EU und in den USA ist es in diesem Servicebereich zu Konkursen gekommen. Der Konkurs der Firma Cashpoint in den USA hat unter den mehreren Tausend Kunden einen Schaden von mehreren Millionen US-Dollar zur Folge gehabt.

Auch der Deutsche Bundestag und der Bundesrat halten aus diesem Grund eine Aufsicht light über Zahlungsinstitute für nicht angemessen. Eine robuste Solvenzaufsicht mit dem vom Berichterstatter vorgeschlagenen Aufsichtsinstrumentarium ist deshalb im Interesse des Schutzes der Stabilität von Zahlungssystemen für die Wirtschaft und des Vertrauens der Bürger in verlässliche Systeme für den bargeldlosen Zahlungsverkehr unverzichtbar.

Weitere Änderungsvorschläge der Bundesregierung Titel I Anwendungsbereich der Richtlinie Anstelle einer schwellenmäßigen Begrenzung (50.000 EUR) soll es für den zivilrechtlichen Teil der Richtlinie (Titel III und IV) eine Abweichungsmöglichkeit für Verträge zwischen Zahlungsdienstleistern und Unternehmern geben.

Titel III Informationspflichten Dem Zahlungsdienstenutzer sollen wichtige vertragliche Regelungen verdeutlicht werden, damit er eine vernünftige Entscheidung treffen kann. Diese Kommunikation vertraglicher Regelungen muss sich aber mindestens im Rahmen dessen halten, was das geltende Gemeinschaftsrecht an spezieller Stelle vorsieht. Diese Spezialregelungen müssen unbedingt beachtet werden, damit kein Flickenteppich unüberschaubarer europäischer Regelungen entsteht. Sie dürfen die derzeitigen rechtlichen Möglichkeiten der Vertragspartner nicht inhaltlich verkürzen. Die Beendigung eines Rahmenzahlungsvertrages sollte generell ohne Kosten für den Zahlungsdienstleistungsnutzer möglich sein.

Titel IV Rechte und Pflichten im Verhältnis zwischen Zahlungsdienstleistern und Zahlungsdienstleistungsnutzern Die Pflichtenkreise der an einer Zahlungstransaktion beteiligten Zahlungsdienstleister müssen sauber von einander getrennt werden. Dabei soll das international übliche (UNCITRAL model law on credit transfers) und in der ganzen EU etablierte und bewährte System der Überweisungsrichtlinie (RL 97/5/EG) erhalten bleiben. Der Vorschlag der KOM ( end to end liability ) wich allerdings von diesem System ab. Auch die Industriestandards des EPC bauen auf diesem bewährten Ansatz, der durch die KOM - und die finnische Präsidentschaft - aus Verbraucherschutzgründen in Frage gestellt wird, auf.

Die maximale Ausführungsfrist sollte nach Auffassung des ZKA grundsätzlich auf drei Tage festgelegt werden, wie ursprünglich auch von der Kommission vorgeschlagen. Die vorgesehene Verkürzung auf nur einen Tag (ECON-EP: zwei Tage) ist für den Zentralen Kreditausschuss nicht sachgerecht und wirkt sich aus Sicht des Zahlungsdienstenutzers letztlich kontraproduktiv aus. Es ist zu befürchten, dass die Preise für Zahlungsdienstleistungen für den Kunden im Ergebnis deutlich steigen werden. Dagegen sind die auf der anderen Seite zu erwartenden Zinsgewinne zumindest für Retailkunden - gering, zumal Guthaben auf Girokonten in aller Regel ohnehin nicht oder nicht hoch verzinst wird ( t+3 -Forderung des ZKA wurde in den Ratsverhandlungen lediglich von Österreich und Ungarn unterstützt) Konkrete Beweislastregelungen sollte diese Richtlinie nicht enthalten, um divergierende Beweisgrundsätze und eine Fragmentierung europäischen und nationalen Zivil(prozess-)rechts zu vermeiden.

Das Dossier Zahlungsdiensterichtlinie unter DEUTSCHER PRÄSIDENTSCHAFT (Januar Juni 2007) Ziele: 1. Findung eines überfälligen Kompromisses im Rat (noch unter deutscher Präsidentschaft) und mit dem Europäischen Parlament 2. Verabschiedung der Richtlinie noch unter 2007, damit SEPA- Produkte der Industrie am 1.1.2008 eingeführt werden können (Umsetzung in den Mitgliedsstaaten ist für diesen Schritt nicht erforderlich, da es sich um Richtlinie nach dem Prinzip der Vollharmonisierung handelt

Verfahren unter deutscher Präsidentschaft Zustimmung der Botschafter der Mitgliedsstaaten am 21. März 2007 mit qualifizierter Mehrheit. Erteilung eines Mandats für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament Zustimmung des Europäischen Parlaments unter der Voraussetzung, dass 3 Ergänzungen in den Kompromisstext aufgenommen werden Einstimmige Zustimmung aller Mitgliedsstaaten im Rat (durch Finanzminister am 27. März 2007 Befassung des Europäischen Parlaments am 25. April 2007

Kompromisstext des Rates vom 27.3.2007 Titel I (Anwendungsbereich) Anders als im Vorschlag der Kommission müssen Zahlungsdienstleister des Zahlers als auch des Zahlungsempfängers in der Europäischen Gemeinschaft ansässig sein ( two legs principle ) Keine explizite Begrenzung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auf Zahlungen über 50.000 EURO Von der Richtlinie werden nur noch EURO Zahlungen und Zahlungen in sonstigen EU-Währungen erfasst

Kompromisstext des Rates vom 27.3.2007 Aufsichtsrechtliche Vorschriften (Titel II) Risikoorientiertes Aufsichtsregime über Zahlungsdienstleister akzeptiert. Aufsichtsregime besteht aus folgenden Elementen: Anforderungen an Erlaubniserteilung und laufende Aufsicht über Zahlungsinstitute grundsätzlich mit denen bei Banken vergleichbar (neu hinzugekommen: obligatorische Jahresabschlussprüfung) Anfangskapital Artikel 5 b abgestuft nach Zahlungsaktivitäten (20.000 150.000 EURO)

Laufendes Kapital zur Abdeckung operationeller Risiken Artikel 5c Richtlinie bietet 3 Berechnungsmethoden nach Wahl der Aufsichtsbehörde jedes Mitgliedsstaats an Konkursrechtliche Absicherung von Kundengeldern, primär bei hybriden Unternehmen; bei reinen Zahlungsinstituten Absicherung im Ermessen des Mitgliedsstaats Kein Europäischer Pass für Kreditgeschäft im Zusammenhang mit Zahlungsaktivitäten

Kompromisstext des Rates vom 27.3.2007 AUSNAHMEN von der laufenden Aufsicht: Freistellung von laufender Aufsicht bei kleineren Zahlungsinstituten in den Mitgliedstaaten möglich (bis 3 Mio. Zahlungsvolumen/Monat) Statt Lizenzierung nur Registrierung; jedoch kein Europäischer Pass

Kompromisstext des Rates vom 27.3.2007 Transparenz der Vertrags- und Informationspflichten (Titel III) Ausnahmetatbestände für Kleinzahlungen (30 EURO für Einzelzahlungen und 150 EURO für Speicherprodukte bis 150 EURO Verdoppelung dieser Schwellenwerte für innerstaatliche Zahlungen

Kompromisstext des Rates vom 27.3.2007 Schuldrechtliche Beziehungen zwischen Zahlungsdienstleister und Kunde: Bei der Ausführungspflicht wird generell an den Zugang des Zahlungsauftrages beim Zahlerinstitut angeknüpft (Artikel 54 I) Bei Nichtausführbarkeit muss das Zahlerinstitut den Auftrag gegenüber dem Zahlenden zurückweisen (Mitteilung im Kontoauszug reicht aus, wenn entsprechend vereinbart Länge der Ausführungsfrist gemäß Artikel 60: ( T+1 ) Ausführungspflicht des Zahlerinstituts ist mit Eingang der Zahlung beim Zahlungsempfängerinstitut erfüllt (entspricht bisheriger Rechtslage in Deutschland)

Kompromisstext des Rates vom 27.3.2007 Prinzip der verschuldensunabhängigen Haftung des Zahlerinstituts für den Zahlungserfolg (Artikel 67) Aber: Haftungsbeschränkung auf den vom Zahlerinstitut beherrschbaren Bereich (Eingang der Zahlung beim Zahlungsempfängerinstitut; somit keine end-to-end-liability ) Regressregelung im Interbankenverhältnis, um die Haftung beim Verursacher des Fhelrs ansiedeln zu können (Artikel 67a)

Kompromisstext des Rates vom 27.3.2007 enthält auch Umsetzungsfrist in nationales Recht der Mitgliedsstaaten (1. November 2009) Überprüfungsklausel (Artikel 79). Kommission muss innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie Bericht und ggf. Vorschläge für eine Überprüfung vorlegen.