Die unterschiedliche Finanzierung von Plankrankenhäusern und reinen Privatklinken Ausgangslage Berlin, 12.07.2017 Bei der Beurteilung, ob eine reine Privatklinik umsatzsteuerpflichtig ist, sollen laut dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 06.10.2016 der Anteil der Belegungstage bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde, als Unterscheidungskriterium zwischen umsatzsteuerbefreiten und umsatzsteuerpflichtigen Kliniken angewandt werden. Wir halten aufgrund der grundsätzlich unterschiedlichen Finanzierung von Krankenhäusern nach 108 SGB V und reinen Privatkliniken nach 30 GewO diesen Bezug für nicht sachgerecht. Finanzierung von Plankrankenhäusern ( 108 SGB V) Duale Finanzierung 4 KHG Betriebskosten (Krankenkassen) - Fallpauschalen ( 17b KHG) - Pflegesätze (BPflV) Investitionskosten (Bundesländer) - Einzelförderung ( 9 Abs. 1 und 2 KHG) - Pauschalförderung ( 9 Abs. 3 KHG) - Sonstige Entgelte ( 7b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2-8 KHEntgG) Im Rahmen einer dualen Finanzierung bestimmt die Art der Kosten ihre Finanzierung und wer für sie aufzukommen hat: Betriebskosten: Die laufenden Betriebskosten der Krankenhäuser werden durch gesetzliche Vorgaben nach dem Pflegesatzrecht durch sog. Pflegesätze durch die Krankenkassen als Kostenträger finanziert. Krankenhäuser erhalten leistungsgerechte Erlöse aus den Pflegesätzen ( 2 Nr. 4, 4 Nr. 2, 16 ff KHG; BPflV) sowie Vergütungen Seite 1
für vor- und nachstationäre Behandlungen ( 115a SGB V) und für ambulantes Operieren ( 115b SGBV). Investitionskosten: Die Investitionskosten von Plankrankenhäusern werden staatlich durch die Bundesländer als Kostenträger finanziert, sog. Investitionskostenförderung gemäß 8, 9 KHG. Dabei unterscheidet man zwischen der Einzel- und der Pauschalförderung. Die Einzelförderung ist dadurch gekennzeichnet, dass die Krankenhäuser für konkrete einzelne Investitionen Förderanträge stellen und nach Prüfung dieser eine konkrete Bewilligung von Fördermitteln in bestimmter Höhe erteilt wird. Einzelförderungen sind auch möglich, wenn der Krankenhausbetreiber nicht Eigentümer, sondern nur Mieter der Immobilie ist. Im Rahmen der Pauschalförderung werden den Krankenhäusern feste jährliche Pauschalbeträge zur Verfügung gestellt, über welche sie im Rahmen der Zweckbindung frei verfügen können. Finanzierung von reinen Privatkliniken ( 30 GewO) Monistische Finanzierung Betriebskosten und Investitionskosten - Keine Anwendung von KHEntgG, KHG und BPflV - Keine staatliche Förderung Freie Kalkulation und Festsetzung der Pflegesätze erforderlich Reine Privatklinken nach 30 GewO sind weder in einen Landeskrankenhausplan aufgenommen, noch haben sie Versorgungsverträge mit den Gesetzlichen Krankenkassen abgeschlossen. Aufgrund dessen erhalten sie keine Investitionszuschüsse und haben auch nicht die Möglichkeit, ihre Leistungen direkt von den gesetzlichen Krankenkassen vergütet zu bekommen. Folglich müssen die Pflegesätze in reinen Privatkliniken höher sein als dies bei Plankrankenhäusern zur bloßen Betriebskostenfinanzierung erforderlich ist. Reine Privatkliniken sind in der Regel nur für Privatpatienten und Selbstzahler zugänglich, d. h. sie schließen Behandlungsverträge nach 630 a BGB mit Patienten ab, welche selbst zur Zahlung der Vergütung verpflichtet sind. Bei der Höhe der Vergütung sind Privatkrankenhäuser - soweit es sich nicht um sogenannte Ausgründungen im Sinne von 17 Absatz 1 Satz 5 KHG handelt - an die Regelungen von KHEntgG, KHG und BPflV nicht gebunden und können die Preise für ihre Leistungen im Rahmen des Vertragsrechts des Seite 2
Bürgerlichen Gesetzbuches frei bestimmen. Die Zahlung der Pflegesätze erfolgt dann durch die Patienten selbst, welche ihre Kosten im Anschluss von ihrer Privaten Krankenversicherung im Rahmen des Versicherungsverhältnisses zurückerstattet bekommen ( 4 Absatz 4 MB/KK). Die Leistungen von Privatkliniken unterscheiden sich im Grunde nicht von denen in anderen Krankenhäusern, doch können diese ihren Patienten spezielle Wahlleistungen anbieten: z. B die sog. Chefarztbehandlung, welche ein persönliches Gepräge zwischen Arzt und Patient aufweist. Dadurch kann die Auswahl der Therapie besonders intensiv auf den Patienten abgestimmt werden. Auch besteht die Möglichkeit der Unterbringung in Einoder Zweibettzimmern. Zugleich erfolgt in reinen Privatkliniken gemäß 13 SGB V aber auch die Behandlung gesetzlich versicherter Patienten im Rahmen des sog. Kostenerstattungsverfahrens. Da reine Privatkliniken keine Investitionszuschüsse erhalten, müssen sie notwendige Investitionen zusätzlich zu ihren Betriebskosten ausschließlich aus den Pflegesätzen refinanzieren. Seite 3
Änderungsvorschlag Aufgrund der aufgezeigten unterschiedlichen Finanzierung von Plankrankenhäusern und reinen Privatkliniken ist es nicht sachgerecht, sich bei der Frage der Umsatzsteuerfreiheit privater Kliniken an den Entgelten für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung zu orientieren. Unserer Auffassung nach sollte die Umsatzsteuerbefreiung nicht von der Art der Versicherung, sondern vom Charakter der Leistung und ihrer medizinischen Notwendigkeit abhängig sein. Denn Patienten, deren Krankenhauskosten durch die öffentlichen Beihilfeträger und die privaten Krankenversicherungen erstattet werden, werden in Kliniken mit und ohne Versorgungsvertrag unter den gleichen Bedingungen behandelt, sodass auch aus diesem Grund eine Gleichbehandlung bei der Umsatzsteuerfreiheit erforderlich ist. Auch Privatkliniken nach 30 GewO sollten daher von der Umsatzsteuerbefreiung des 4 Nr. 14 UStG erfasst werden. Seite 4
Begriffsbestimmungen: Plankrankenhaus, 108 Nr. 2 SGB V: Plankrankenhäuser im Sinne des 108 Nr. 2 SGB V sind im Krankenhausplan verzeichnete Kliniken. Die Zulassung als Plankrankenhaus erfolgt im Rahmen der von den Bundesländern wahrzunehmenden Krankenhausplanung ( 6 Abs. 1 KHG), mit deren Hilfe für einzelne Versorgungsgebiete der Bedarf an stationären Behandlungsleistungen ermittelt wird. Sodann wird anhand vorgegebener Kriterien festgelegt, welche Krankenhäuser im Einzelnen zur Befriedigung dieses Bedarfs herangezogen werden sollen. Vertragskrankenhäuser, 108 Nr. 3 SGB V: Nach 108 Nr. 3 SGB V sind auch sog. Vertragskrankenhäuser zur Leistungserbringung in der Gesetzlichen Krankenversicherung berechtigt. In diesem Fall der Zulassung schließen die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen unmittelbar einen Versorgungsvertrag mit einzelnen Krankenhausträgern ( 109 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Nach der Zielsetzung der staatlichen Krankenhausplanung, für eine bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung zu sorgen ( 1 Abs. 1 KHG), können Vertragskrankenhäuser gegenüber den Plankrankenhäusern nur noch eine ergänzende Funktion erfüllen. Privatkrankenanstalten, 30 GewO: Unter einer Privatkrankenanstalt im Sinne der Gewerbeordnung wird gemeinhin ein privat betriebenes Krankenhaus verstanden, welches vorrangig Privatpatienten und Selbstzahlern offensteht. Gemäß 30 Abs. 1 GewO bedürfen Unternehmer von Privatkrankenanstalten einer Konzession der zuständigen Behörde. Privatkrankenanstalten sind weder im Krankenhausplan geführt ( 108 Nr. 2 SGB V), noch verfügen sie über einen Versorgungsvertrag im Sinne 108 Nr. 3 SGB V. Sie sind daher zur Teilnahme an der gesetzlichen Krankenversorgung nicht berechtigt. Pflegesätze: Nach 2 Nr. 4 KHG sind Pflegesätze im Allgemeinen die Entgelte der Benutzer oder ihrer Kostenträger für stationäre und teilstationäre Leistungen eines Krankenhauses. Unter diesen Oberbegriff fallen die Entgelte des KHEntgG, die DRG-Fallpauschalen und die Entgelte nach der BPflV. Investitionskosten: Gemäß 2 Nr. 2 KHG sind Investitionskosten, die Kosten der Errichtung (Neubau, Umbau, Erweiterungsbau) von Krankenhäuser und der Anschaffung zum Krankenhaus gehörenden Wirtschaftsgütern, ausgenommen der zum Verbrauch bestimmten Güter (Verbrauchsgüter) und die Kosten der Wiederbeschaffung der Güter des zum Krankenhaus gehörenden Anlagevermögens (Anlagegüter). Seite 5