Gramicidin S. DaMocles Projekt Stefanie Wolf, Daniela Steiger, Christian Merz, Sebastian Fabritz

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Transkript:

Gramicidin S DaMocles Projekt 2004 Stefanie Wolf, Daniela Steiger, Christian Merz, Sebastian Fabritz

Gramicidin S Einleitung: Gramicidin S ist ein zyklisches antimikrobielles Decapeptid. Es wurde 1944 erstmals aus Gartenerde der ehemaligen Sowjet-Union isoliert und später von Schwyzer und Sieber synthetisiert. Der Name des Peptids geht auf das bereits 1941 gefundene lineare antibiotische Peptid Gramicidin zurück, während das S von Sowjet auf den ursprünglichen Fundort verweist. Gramicidin S ist weiterhin im Immunsystem von Insekten, Amphibien und Säugetieren zu finden. Eine therapeutische Nutzung von Gramicidin S ist am Menschen nur in sehr begrenztem Maße möglich, da es stark giftig auf die roten Blutkörperchen wirkt. C 59 O 10 N 12 H 94 M = 1130 g/mol R 20, 21, 22, 36, 37, 38 S 26, 36 2

Struktur: Gramicidin S ist ein Decapeptid mit der Struktur cyclo [Val-Orn-Leu-D-Phe- Pro] 2 und somit gleichzeitiger C2-Symmetrie. In früheren Studien Mitte der 50 er Jahre wurden Hinweise auf eine α Helixstruktur gefunden, aber NMR-Studien zeigten weitgehende Übereinstimmungen mit der β Faltblattstruktur, was durch weitere spektroskopische Untersuchungen und Röntgenbeugungsmuster bewiesen wurde. 3

In diesem Molekül ist Phenylalanin in der D-Konfiguration und die seltene Aminosäure Ornithin, die eigentlich nicht als Proteinbaustein, sondern als Stoffwechselzwischenprodukt bei der Harnstoffbildung vorkommt, enthalten. Durch intramolekulare Wasserstoffbrücken und die stark dipolare Natur der Amidgruppe (wodurch die Rotationsbarriere um die relativ kurze Carbonyl- Stickstoff-Bindung recht groß wird) entsteht eine stereochemische Starrheit des Ringes. Der Ring besitzt im Inneren eine kationische Ladung, hervorgerufen durch die zwei sich gegenüberstehenden Ammoniumgruppen des Ornithins. Des weiteren besitzt der Ring hydrophobe Seitenketten des Valins, Leucins und Prolins, welche dem Gramicidin S einen amphiphilischen Charakter verleihen. Synthese: Gramicidin S wird vom Bacillus brevis (ATCC 9999) gebildet. Dem Bakterium dient es zur Regulation des Sporenwachstums und beeinflusst weiterhin dessen Hitzeresistenz. Im Gegensatz zur ribosomalen Proteinbildung wird das Gramicidin S nukleinsäure-unabhängig synthetisiert. Die Funktionen der Ribosomen, der Transfer-Ribonukleinsäuren (t-rna) und der Messenger-Ribonukleinsäuren (m-rna) werden bei ihrer Synthese von einem hochmolekularen 4

Proteinkörper, der die Strukturinformationen an seiner Oberfläche trägt, übernommen. Das vom Bacillus brevis gebildete Enzym Gramicidin S-Synthetase besteht aus zwei Einheiten, die die Synthese des Gramicidin S ermöglichen. Dabei epimerisiert die Gramicidin-Synthetase 1 (M= ca. 100.000 g/mol) mit dem Phenylalanin die erste Aminosäure der Sequenz. Die weiteren vier Aminosäuren Prolin, Valin, Ornithin und Leucin aktiviert die Gramicidin- Synthetase 2 (M= 280.000 g/mol) und polymerisiert diese zum Pentapeptid. Aus zwei dieser Pentapeptide entsteht durch eine Kopf-Schwanz- Kondensation das zyklische Gramicidin S. Gramicidin S-Synthetase-System: Start der Synthese ist eine Aktivierung der Aminosäure L-Phenylalanin auf der Gramicidin S-Synthetase 1. Das Enzym aktiviert das L-Phenylalanin und epimerisiert es zu D-Phenylalanin. Hierbei reagiert diese Aminosäure als erstes mit Adenosintriphosphat (ATP) und bildet ein Aminoacyladenylat (Phe- AMP) sowie Pyrophosphat (PP). Bei der Übertragung des Aminoacyladenylat auf die t-rna bildet sich ein Aminoacyl-t-RNA-Komplex. Im zweiten Schritt wird eine Hydroxylgruppe des terminalen Adenosins mit einer aminosäurespezifischen t-rna verestert. Bei der aktivierten Aminosäure wird zur Stabilisierung die Hydroxylgruppe des Adenosins als Thiolester gebunden. 5

Die Gramicidin S-Synthetase 1 epimerisiert die als Thiolester aktivierte Aminosäure und nur das D-Phenylalanin-Zwischenprodukt wird als Substrat für die Folgereaktion verwendet. Um die Initiationsreaktion auf der Gramicidin S-Synthetase 2 zu starten, wird zunächst die Aminosäure Prolin gebunden. Die mit dem Prolin beladene Gramicidin S-Synthetase 2 reagiert im Folgeschritt mit der Gramicidin S-Synthetase 1, die mit Phenylalanin beladen ist. Dadurch wird das D-Phenylalanin als aktivierter Ester an die Synthetase 2 gebunden. Dieses aktivierte Dipeptid wird nun mit der mit Valin beladenen Gramicidin- Synthetase 2 um diese Aminosäure verlängert. Wird diese Sequenz mit den Aminosäuren Ornithin und Leucin wiederholt, so erhält man das Pentapeptid, das in einer intramolekularen Zyklisierungsreaktion die Bildung des Gramicidin S abschließt. Eine weitere Möglichkeit, Peptide herzustellen, ist die Synthese mit Hilfe eines Peptidsynthesizer. Bei der chemischen Synthese von Peptiden und Proteinen werden Aminosäuren durch die Bildung von Säureamiden durch Kondensationsreaktion schrittweise miteinander verknüpft. Da jede Aminosäure sowohl eine NH 2 - wie auch eine COOH- Gruppe besitzt, müssen 6

für einen eindeutigen Ablauf dieser Kondensationsreaktion sowohl die N- terminale Aminogruppe des ersten Reaktionspartners, dessen Carboxygruppe in Reaktion treten soll, als auch die C-terminale Carboxygruppe des anderen Reaktionspartners, dessen Aminokomponente reagieren soll, durch reversibel spaltbare Schutzgruppen blockiert werden. Die N-terminal geschützte Aminosäure wird am Carboxyterminus mittels Kupplungsreagenzien aktiviert (z.b. als Ester) und dann an das freie Aminoende der Peptidkette gekuppelt. Dieser Zyklus von Kupplung und Abspaltung wird so lange wiederholt, bis das Peptid die gewünschte Länge erreicht hat. Aufbau eines Peptidsynthesizers: Wirkung: Gramicidin S ist ein Peptid-Antibiotika, welches eine antimikrobielle Aktivität gegen grampositive und gramnegative Bakterien und verschiedene Pilze zeigt. (Erläuterung zu grampositiv, gramnegativ: H.C.J. Gram (1853-1938) entwickelte ein Differentialfärbeverfahren, nach dem man Bakterienabstriche zunächst mit Karbol-Fuchsin-Lösung färbt, mit Lugols-Lösung beizt und mit 98%-igem Alkohol behandelt. Grampositive Bakterien zeigen eine blauschwarze, gramnegative Bakterien eine rote Färbung). Wegen seiner hämolytischen Wirkung wird Gramicidin S klinisch nur in besonderen Applikationsformen verwendet. 7

Es weist eine hohe Affinität zu einer Vielzahl natürlicher und synthetischer Lipid-Doppelschichten mit unterschiedlichen Viskositäten auf. Es durchdringt nur eine Schicht der Doppelmembran und orientiert sich parallel zur Doppelschichtebene, so dass der positiv geladene Ornithin-Rest in Richtung der β-faltblattstruktur zeigt, während der hydrophobe Rest in die obere Region der Kohlenwasserstoffketten eindringt. Gramicidin S verringert das chemiosmotische Potential der Membran durch Zerstörung von Protonengradienten (z.b. bei der oxidativen Phosphorylierung) oder durch die Hemmung der Atmungsenzyme der Zellmembran des Bakteriums. Zusammen mit einem anderen Gramicidin S Molekül bildet es einen Kanal durch die Zellmembran und kann spezielle Kationen (Na +,K + ) hindurchschleusen (Ionophorese). In niedrigen Konzentrationen beeinträchtigt es die Permeabilität der Membran, hohe Konzentrationen führen zu einer Destabilisierung. Antimikrobielle Aktivität von Gramicidin S: Mikroorganismus Minimal hemmende Konzentration in µg/ml Gramnegativ A. calcoaceticus 8 E. cloacae 32 E. coli 16 K. pneumoniae 16 P. aeruginosa 32 S. maltophilia 8 Grampositiv E. faecalis 2 S. aureus 2 S. epidermidis 2 S. mitis 0,5 S. pneumoniae 1 S. pyrogenes 0,5 8

Quellen: Chemie in unserer Zeit / 14. Jahrg. 1980 / Nr. 4 / S.105-114 Journal of Biomolecular NMR, 21: 191-208, 2001 Vollhardt, Schore, Organische Chemie, 3. Auflage, Wiley VCH, 2000, S. 1299f F. Lottspeich, H. Zorbas, Bioanalytik, Spektrum akademischer Verlag Heidelberg, 1998, S. 467ff Protein-Data-Bank (www.pdb.org) 9