Balkenprobe aus dem Rathaus von Gödenroth (Eichenholz)

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Transkript:

Dendrochronologie Die Dendrochronologie (griech. dendron = Baum, chronos = Zeit, logos = Lehre) ist eine Datierungsmethode der Geowissenschaft, der Archäologie, der Kunstwissenschaft und der Dendroökologie, bei der die Jahresringe von Bäumen anhand ihrer unterschiedlichen Breite einer bestimmten, bekannten Wachstumszeit zugeordnet werden. Der Begriff Dendrochronologie geht auf den amerikanischen Astronomen Andrew Ellicott Douglass (1867 1962) zurück. Balkenprobe aus dem Rathaus von Gödenroth (Eichenholz) Grundlagen und Geschichte der Dendrochronologie Jahresringe aus Jahren mit guten Wachstumsbedingungen sind breiter als solche aus Jahren mit schlechten Lebensbedingungen. Da für alle Bäume einer Art in einem bestimmten Gebiet die Lebensbedingungen annähernd gleich sind, weisen alle Bäume einer Art dieser Region etwa die gleiche charakteristische Abfolge von schmalen und breiten Jahresringen auf. Schon Leonardo da Vinci vermutete, dass die Jahresringe von Bäumen die klimatischen Wachstumsumstände widerspiegeln. Ende des 19. Jahrhunderts soll Arthur Freiherr von Seckendorff-Gudent bereits das Alter von Bäumen mittels Jahresringen ermittelt haben. Der Begründer der Dendrochronologie, Andrew E. Douglass, wollte anhand der Jahresringe einen Zusammenhang zwischen dem Erdklima und dem 11-jährigen Zyklus der Sonnenflecken aufzeigen. Douglass entnahm als erster Bohrkerne aus Bäumen, um mittels der Dicke der Jahresringe Informationen über die klimatischen Wachstumsbedingungen zu erhalten. Ganz unproblematisch ist dies jedoch nicht, da noch andere Faktoren beim Zuwachs der Bäume eine Rolle spielen, wie z.b. die Nährstoffzufuhr, die Konkurrenz durch Nachbarbäume, Beschädigungen, Krankheiten und Schädlingsbefall. So

ist ihm ein anerkannter Nachweis des Zusammenhangs von Sonnenfleckenaktivitäten und Baumringdicke nie gelungen. Douglass vermaß die Dicke der Jahresringe von langlebigen Bäumen und trug die Werte in ein Diagramm ein. Er erstellte eine Datensammlung, indem er die charakteristischen Abfolgen von extrem schmalen und breiten Jahresringen (so genannten event years oder Ereignisjahren) von verschieden alten, aber sich zeitlich überlappenden Bäumen auf einer Zeitskala zur Deckung brachte. Mittels dieser Überlappungstechnik (Crossdating-Methode) konnte Douglass auch das Alter von abgestorbenen und verbauten Baumproben bestimmen. Im Jahre 1929 gelang ihm damit die Aufstellung einer 1229 Jahre langen Jahrringchronologie, die ununterbrochen von der Gegenwart bis ins Jahr 700 n. Chr. zurückreicht. Über diese Chronologie konnte er indianische Wohnstätten datieren, als er die Jahresringmuster der archäologischen Fundhölzer in den älteren Abschnitt seiner Chronologie eintrug. Den Durchbruch für die Dendrochronologie in Deutschland schaffte Dieter Eckstein Mitte der 1960er Jahre durch die erstmalige Verwendung computergestützter Auswertungsverfahren und die Datierung der Wikingersiedlung in Haitabu bei Schleswig. In der Folge gelang es ihm und anderen Forschern, lange Chronologien für die Holzarten Eiche und Kiefer zu erstellen. Die längsten Zeitreihen reichen bis in die frühe Nacheiszeit zurück. Ablauf der Analysen Hohlbohrer für Dendrochronologiebeprobung, links zwei Bohrkerne Durch die Überlagerung der Ringmuster vieler Bäume (Crossdating- Methode) entsteht eine gemittelte Baumringabfolge (Jahrringchronologie), die aufgrund der überlappenden Lebenszeiten der Bäume viele Jahrtausende abdecken kann. Bis zur Einführung der elektronischen Datenverarbeitung Mitte des 20. Jahrhunderts war die Ermittlung von zeitgleichen Wachstumsabschnitten verschiedener Bäume und die Erstellung der resultierenden Jahrringchronologien eine zeitraubende Angelegenheit. Die Proben (Baumscheiben oder Bohrkerne) wurden geglättet und mit einem Kontrastmittel, wie zum

Beispiel Kreide, präpariert. Anschließend vermaß man jeden einzelnen Jahrring mit der Lupe. Die gesamten Messwerte wurden als Zeitreihe auf Transparentfolie gezeichnet. Die Zeitreihen aller gemessenen Bäume wurden schließlich auf dem Leuchttisch jahrweise gegeneinander verschoben und auf optische Übereinstimmung hin geprüft. Ein charakteristisches Maß der Übereinstimmung war der Gleichläufigkeitswert (das ist der Prozentsatz der Kurvenintervalle im Überlappungsbereich zweier Kurven, die synchron steigen oder fallen). In der resultierenden Jahrringchronologie treten die gemeinsamen Wachstumsmuster der Bäume stärker hervor, während die individuellen Muster unterdrückt werden. Intervalle, in denen ein hoher Prozentsatz der beteiligten Einzelbäume die gleiche Tendenz (Steigen oder Fallen) aufwies, wurden als Weiserintervalle bezeichnet, denen bei weiteren Vergleichen eine hohe Bedeutung zukam. Mit zunehmender Verfügbarkeit der elektronischen Datenverarbeitung erstellt man diese Vergleiche virtuell im Rechner, wobei inzwischen auch zahlreiche statistische Parameter der Zeitreihenanalyse (etwa der Korrelationskoeffizient) erhoben werden. Derartige Jahrringchronologien dienen als Referenzmuster zur weiteren Datierung von Baumproben eines Gebiets. Wenn eine Jahrringchronologie Lücken zur Gegenwart aufweist, dann ist nur eine relative Datierung möglich (zum Beispiel Baum A wurde x Jahre früher als Baum B gefällt). Reicht eine Jahrringchronologie jedoch von der Vergangenheit lückenlos bis in die Gegenwart, dann können die Jahresringe einer Baumprobe für diesen Zeitraum absolut und jahrgenau datiert werden. Eine Baumprobe ist undatierbar, wenn sie zum Beispiel keinem Gebiet beziehungsweise keiner Jahrringchronologie zugeordnet werden kann oder wenn sie aus zu wenigen Jahresringen, weniger als ungefähr 80, besteht. Wichtige Jahresringtabellen In einigen Gebieten konnten so für einige Baumarten lückenlose Jahresringtabellen für die letzten 10.000 Jahre erstellt werden (zum Beispiel die mitteleuropäische Eichenchronologie). Eine fehlerfreie Dendrochronologie erlaubt es, jedem Baumring das Jahr seiner Entstehung zuzuordnen. Anwendungsbeispiele der Dendrochronologie Bauforschung und Denkmalpflege

Mit Hilfe der Jahrringanalyse bei verbauten Hölzern können Bauzeiten von Gebäuden sehr genau ermittelt werden. Sie leistet dabei einen sehr wichtigen Beitrag für die Bauforschung und Kulturgeschichte von Gebäuden (Denkmalpflege). Die Genauigkeit der Datierung ist jedoch von mehreren Faktoren abhängig; präzise ist sie nur, wenn 1. das verbaute Holz noch die sogenannte Waldkante zeigt, wenn 2. das Holz erstverwendet wurde und sich 3. noch am Ort der Erstverwendung befindet ( in situ ). In der Regel ist das Fälljahr des Baumes identisch mit dem Jahr des Einbaus. Fehlen Jahresringe (Differenz zur Waldkante), sind nur Annäherungswerte möglich (z.b. +/- 10 Jahre, um/nach 1786 ). Zeigt das Bauholz Bearbeitungsspuren (z.b. Nuten), die nicht mit der letzten Verwendung zusammenhängen ( Zweitverwendung ), ist es also vorher schon einmal in einem anderen Bau verwendet worden, liegt das Fälldatum (Dendrodatum) in der Regel vor der Erbauungszeit des nun untersuchten Gebäudes, das dann also jünger ist. Während ein Holzbalken als Türsturz schlecht auswechselbar ist, kann er in einem Dachstuhl später als Reparaturmaßnahme eingefügt worden sein. Besonders ausführliche Erfahrungen wurden in der Niederlausitz bei vom Braunkohletagebau bedrohten Dorfkirchen und ihren hölzernen Vorgängerbauten gemacht. Da die Jahresringtabellen inzwischen immer stärker nach Baumarten und Regionen differenziert werden (z.b. norddeutsche Eichenkurve ), sind Aussagen über die Herkunft der Bauhölzer möglich einschl. von Rückschlüssen. So ließ sich bei der Untersuchung der mittelalterlichen Stadtkerne der Hansestädte an der Ostsee feststellen, ab wann die umliegenden Wälder abgeholzt waren, so dass Importe aus den skandinavischen Ländern erforderlich wurden. In der Naturwissenschaft Die Dendrochronologie geht in der Naturwissenschaft weit über die Funktion eines reinen Instruments zur Altersbestimmung von Holz hinaus. So können für die Neuzeit auch anhand der Verknüpfung von Klimadaten mit den Jahrringchronologien Klima-Wachstums- Korrelationen hergeleitet werden, welche die Reaktion der Bäume auf Umwelteinflüsse in Einjahres-Auflösung dokumentieren. Ein Aufgabenfeld dieser Ausrichtung der Dendrochronologie besteht darin, Prognosen für das Wachstum von Bäumen und somit für das Ökosystem Wald bei sich verändernden Klimabedingungen (Klimawandel) zu liefern. Da das individuelle Wachstum von Bäumen aber neben den Klimaeinflüssen von vielen anderen Faktoren wie zum Beispiel Alterstrend, anthropogenen Einflüssen, Konkurrenz,

Autokorrelation, Rauschen oder anderem abhängt, müssen diese so erst herausgerechnet werden. Dafür bedient sich die Dendrochronologie eines umfangreichen Instrumentariums an mathematischen Methoden. Vor der Zeit der wissenschaftlichen Wettermessungen (ab 1850), aus der kaum zuverlässige Daten zur Verfügung stehen, wird die Dendrochronologie selbst als indirektes Klimaarchiv herangezogen. Dendrochronologisch konnte auch für einen ca. zehnjährigen Zeitraum um das Jahr 540 n. Chr. eine Klimakatastrophe belegt werden (siehe auch Pest unter Justinian I., die sog. Justinianische Plage, und Michael der Syrer). Als Ursache dieser weltweiten atmosphärischen Trübung werden Kometeneinschläge oder Vulkanausbrüche vermutet. Eine Ergänzung zur Dendrochronologie ist die Dendroanalytik, welche die Identifizierung und Quantifizierung von Stoffen wie zum Beispiel Schwermetallen in den Jahrringen ermöglicht. In der kunstgeschichtlichen Forschung Spektakuläre Erfolge erreichte die Dendrochronologie inzwischen bei Untersuchungen zur spätmittelalterlichen Tafelmalerei. Die Analysen der Eichentafeln, auf denen etwa Hieronymus Bosch zu malen pflegte, führten zu dem eindeutigen Ergebnis, dass eine ganze Reihe von bislang Bosch zugeschriebenen Werken aus dem Gesamtœuvre ausgeschieden werden mussten, weil die Tafeln von Bäumen stammten, die erst nach Boschs Tod gefällt worden waren. Bedeutsam ist die Dendrochronologie auch für die niederländische Tafelmalerei des 16. und 17. Jahrhunderts. Auch zur zeitlichen Einordnung des beim Bau von Musikinstrumenten (Streich-, Zupf- und Tasteninstrumenten) verwendeten Holzes wird die Dendrochronologie eingesetzt. Neben der genauen Datierung bei bekannten Herstellungsorten kann die Methode in der Umkehrung auch Hinweise auf die Herkunft des Holzes und die Holzverwendung in verschiedenen Werkstätten, wie z.b. der des Geigenbaumeisters Jakobus Stainer, geben. Ausmaß der erstellten Kurven: Hohenheimer Jahrringkalender: im April 2004 lückenlose 12.483 Jahre zurück bis 10.480 v.chr. in die Jüngere Dryas ostmediterrane Kurve (Aegean Dendrochronology Project) bis 1.800 v. Chr., Bronzezeit (Stand 2003) Belfast (Irland) 5.474 v. Chr. (2006) Englische Standardkurve bis 5.012 v. Chr. (2006) Bristlecone-Pines-Chronologie Sequoiadendron giganteum Chronologie Für weitere Informationen siehe Artikel Jahresringtabellen.