DOK 371.4: Zu den Beweisanforderungen für einen Zeckenbiss auf einer Dienstreise

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Transkript:

- 29 - Zu den Beweisanforderungen für einen Zeckenbiss auf einer Dienstreise Beschluss des LSG NRW vom 08.02.2017 L 17 U 619/16 Bestätigung des Urteils des SG Düsseldorf vom 23.08.2016 S 6 U 12/13 Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Ereignisses auf einer Dienstreise als Arbeitsunfall. Der Kläger arbeitet bei der AOK Nordwest und nahm an einer dienstlichen Besprechung in Berlin vom 11.05.2011 bis 13.05.2011 teil. Er gibt an, auf dem Weg zum Hotel von einer Zecke in die linke Kniekehle gebissen worden zu sein. Am 29.07.2011 suchte er einen D-Arzt wegen anhaltender Müdigkeit auf; ein Borreliosetest ergab eine positive Serologie. Die Beklagte lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, der Vorfall sei nicht bewiesen. Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, den Zeckenbiss erst am 13.05.2011 bemerkt zu haben; später datierte der Kläger den Vorfall auf den 12.05.2011 und gab einen nächtlichen Zeckenbiss an. Die Lebensgefährtin des Klägers, die den Kläger nach Berlin begleitet hatte, gab als Zeugin in der ersten Instanz an, den roten Fleck am Knie nach der Rückkehr von der Besprechung gesehen zu haben. Der Senat wies die Berufung durch Beschluss nach 153 Abs. 4 SGG als unbegründet zurück. Es lasse sich nicht feststellen, ob dem vermeintlichen Unfallereignis eine versicherte Tätigkeit vorausgegangen sei. Deshalb könne auch nicht festgestellt werden, ob die versicherte Tätigkeit des Klägers wesentlich ursächlich für den Zeckenbiss gewesen sei. Den Unfallbegriff könnten zwar grundsätzlich auch Ereignisse des täglichen Lebens, also auch Insektenstiche, erfüllen. Dabei müsse aber die Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das infolge dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erfüllt haben; nur dies begründe den Versicherungsschutz in der GUV. Eine Verrichtung, die den Tatbestand der versicherten Tätigkeit erfülle sei jedes konkrete, räumlich und zeitlich bestimmte Verhalten eines Verletzten, das (objektiv) von Dritten beobachtbar sei. Entscheidend sei, ob sich im Unfallzeitpunkt eine durch den Versicherungstatbestand des SGB VII geschützte Gefahr verwirklicht habe oder ob stattdessen eine unversicherte Wirkursache für das Unfallereignis verantwortlich war. Bezogen auf den Fall des Klägers sei festzustellen, dass er sich zwar auf einer Dienstreise befunden und damit einer versicherten Tätigkeit nachgegangen sei. Zugunsten des Klägers nehme der Senat auch an, dass die Borrelieninfektion auf der Dienstreise erfolgte. Jedoch sei nicht jede Tätigkeit während einer Dienstreise versichert. Der Kläger habe verschiedene Darstellungen vom Zeckenbiss gegeben, was seine Unsicherheit über den Unfallhergang belege. Soweit der Kläger vorgetragen habe, nachts gebissen worden zu sein, gehöre dies dem unversicherten, höchstpersönlichen Lebensbereich des Klägers an. Damit fehle es am Vollbeweis einer versicherten Tätigkeit vor dem Unfall. Das Landessozialgericht NRW hat mit Beschluss vom 08.02.2017 L 17 U 619/16 wie folgt entschieden: Tatbestand: Der Kläger will die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall erreichen. Der Kläger suchte am 29.7.2011 den Durchgangsarzt Dr. L auf. Dort gab er an, am 12.5.2011 auf einer Dienstreise in Berlin gewesen zu sein. Dort sei er womöglich von einer Zecke gebissen worden, in der linken Kniekehle. Er erinnere sich nicht, eine Zecke gese-

- 30 - hen oder entfernt zu haben. Wegen andauernder Müdigkeit sei er seit dem 24.6.2011 in hausärztlicher Behandlung. Ein Borreliosetest ergab eine positive Serologie. In der Unfallanzeige der Arbeitgeberin, der AOK Nordwest, vom 15.9.2011 gab diese an, der Kläger habe an einer dienstlichen Besprechung vom 11.5.2011 bis 13.5.2011 beim AOK Bundesverband in Berlin teilgenommen und sei auf dem Weg vom Hotel dorthin gestochen oder von einer Zecke gebissen worden. Die Beklagte lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab (Bescheid vom 15.3.2012). Ein Unfallereignis sei nicht bewiesen. In der Begründung seines Widerspruches vom 9.4.2012 führte der Kläger aus, er habe am 12. und 13.5.2011 an einer Besprechung der Justitiare der Gesellschafter des AOK Bundesverbandes in Berlin teilgenommen. Vom 12. auf den 13.5.2011 habe er im nahegelegenen Amano Hotel übernachtet. Am Morgen des 13.5.2011 sei er mit Schmerzen in der Kniekehle links aufgewacht. Es habe eine Rötung und Schwellung dieses Bereiches bestanden. Zwei Einstiche oder Bisse seien erkennbar gewesen. Trotz intensiver Nachforschung habe sich aber keine Zecke oder Ähnliches gefunden. Am 14.5.2011 habe er einen Rückgang der Schwellung beobachtet und sei deshalb nicht zum Arzt gegangen. Wegen andauernder Ermüdungserscheinungen habe er dann am 9.6.2011 den Hausarzt Dr. L aufgesucht. Ein Blutbild sei wohl ohne Befund geblieben. Ein bestehendes Lidflattern habe ein Augenarzt auf eine hohe berufliche Beanspruchung zurückgeführt. In der Folgezeit habe der Kläger an Kraft verloren und fast 10 kg abgenommen und dann am 24.6.2011 erneut den Hausarzt aufgesucht, der ihm wegen akuter Belastungsreaktionen etc. Arbeitsunfähigkeit attestiert habe. Nach einem Vollbad am 14.7.2011 habe sich eine kreisförmige Rötung um die Stelle des Bisses bzw. des Stiches gebildet. Ein am 22.7.2011 gefertigter Laborbefund habe eine aktuelle Borrelieninfektion bestätigt. Eine Antibiotikabehandlung sei begonnen worden. Eine merkliche Besserung sei dann nach zwei Wochen eingetreten. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 27.9.2012, zugestellt am 21.12.2012, zurück. Es fehle am Vollbeweis eines Zeckenbisses am 12.5.2011. Einen Insektenstich habe sich der Kläger nach lebensnaher Betrachtung auch zu jedem anderen Zeitpunkt und an jedem anderen Ort unbemerkt zuziehen können. Ein Versicherungsfall liege nicht vor. Hiergegen hat der Kläger am 7.1.2013 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf (SG) erhoben. Das SG hat die Zeugin T I, die Lebensgefährtin des Klägers, die den Kläger auf seiner Dienstreise begleitete, vernommen. Sie hat angegeben, der Kläger sei eines Abends während des Aufenthalts in Berlin ganz aufgebracht zurückgekommen und habe ihr einen roten Fleck gezeigt. Diesen habe sie sich genauer angeguckt, aber einen Stich nicht erkennen können. Der Fleck sei etwa 6 cm groß gewesen, ein Hügel sei nicht erkennbar gewesen. Auch ein Rest von einem Insekt habe sich nicht finden lassen. Der Fleck sei auch nach Wochen nicht weggegangen. Nach einer Weile habe ihr Lebensgefährte eine Interesse- und Antriebslosigkeit entwickelt und an Gewicht verloren. Nach mehreren Wochen - ob es jetzt sechs oder acht Wochen, vielleicht auch drei Monate waren, könne sie nicht sagen - sei der Fleck an derselben Stelle wieder aufgetreten.

- 31 - Die von der Beklagten befragte Beratungsärztin Dr. W führte unter dem 2.12.2014 aus, die Beschreibung der Zeugin treffe auf eine für einen Zeckenbiss typische Wanderröte nicht zu. Auch beweise der Laborbefund keinen Zeckenbiss am Unfalltag, sondern lasse auch eine Infektion etwa im März oder im Juni 2011 zu. Der Kläger gab nunmehr an, er sei am Morgen des 12.5.2011 im Hotelbett aufgewacht, es habe sich auf dem Bettlaken in Kniehöhe ein Blutfleck befunden, weil er sich in der Nacht eine Zecke oder ein Insekt im Schlaf weggekratzt habe. Er wisse nicht mit Sicherheit, dass es sich um eine Zecke gehandelt habe, weil er das Laken nicht inspiziert habe. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23.8.2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Gründe des Widerspruchsbescheides verwiesen. Gegen das ihm am 13.9.2016 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 7.10.2016. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Unter Bezug auf einen Richterbrief vom 30.11.2016 führt er aus, seine Beweisschwierigkeiten seien auf das Verhalten der Beklagten zurückzuführen, die nach der Unfallmeldung des Arbeitgebers nicht ordnungsgemäß Ermittlungen eingeleitet habe. Der Kläger beanstandet, dass das SG ihm nicht die Möglichkeit zur eidlichen Parteivernehmung gegeben habe, ihn auch nicht wenigstens angehört habe, um dann das Vorliegen eines Arbeitsunfalls unter Hinweis auf den nicht erbrachten Vollbeweis zu verneinen. Der Kläger beantragt schriftlich, das Urteil des Sozialgerichts vom 23.8.2016 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.3.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.9.2012 zu verpflichten, die Borrelioseinfektion durch Zeckenbiss/Insektenstich während der Dienstreise des Klägers in der Zeit vom 11. bis 13.5.2012 beim AOK-Bundesverband Berlin als Arbeitsunfall gemäß 8 SGB VII anzuerkennen. Die Beklagte beantragt schriftlich, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Ihre Inhalte sind Gegenstand der Beratung des Senats gewesen. Entscheidungsgründe: Der Senat kann durch Beschluss nach 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entscheiden, da die Beteiligten auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind, die Ent-

- 32 - scheidung des SG aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen ist (auch wenn der Kläger hieran nicht teilgenommen hat) und die Berufsrichter des Senats übereinstimmend die Berufung für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Streitgegenstand ist allein die Feststellung, ob es sich bei dem Ereignis, das sich am 12.5.2011 zugetragen haben soll, um einen Arbeitsunfall handelt. Nur über diese Frage hat das SG entschieden (vgl. 157 SGG). Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet. Das Urteil des SG vom 23.8.2016 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 15.3.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.9.2012 ist rechtmäßig, denn der Kläger hat keinen Arbeitsunfall erlitten. Es lässt sich bereits nicht feststellen, dass dem vermeintlichen Unfallereignis eine versicherte Verrichtung vorausging (dazu nachstehend 1.). Deshalb lässt sich auch nicht feststellen, dass die versicherte Tätigkeit des Klägers wesentlich ursächlich war für die erlittene Einwirkung durch Zeckenbiss bzw. Insektenstich (dazu nachstehend 2.). 1. Nach 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach 2, 3 oder 6 (oder 8 Abs. 2) SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs. 1 Satz 2). Den Unfallbegriff können auch sog. "Gefahren des täglichen Lebens" und damit grundsätzlich auch Insektenstiche (BSG, Urteil vom 22.8.1990-8 RKn 5/90, juris; vgl. dazu näher Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 817 m.w.n.) erfüllen. Dabei muss eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das "infolge" dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet seine Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung (vgl. hierzu und zum Folgenden ausführlich BSG, Urteil vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R). Die (versicherte) Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), kurz gesagt: eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung muss einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die den Versicherungsschutz in der jeweiligen Versicherung begründende "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" müssen (vom Richter im Überzeugungsgrad des Vollbeweises) festgestellt sein. Eine Verrichtung ist jedes konkrete, räumlich und zeitlich bestimmte Verhalten eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar ist. Für die Prüfung ist dabei regelmäßig die kleinste beobachtbare Handlungssequenz maßgebend (BSG, Urteil vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R, juris-rn. 14). Entscheidend ist, ob sich infolge einer während der Dienstreise konkret ausgeübten und versicherten Verrichtung eine durch einen Versi-

- 33 - cherungstatbestand des SGB VII geschützte Gefahr verwirklicht hat oder ob stattdessen eine unversicherte Wirkursache für das Unfallereignis verantwortlich war (BSG, Urteil vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R, juris-rn. 28). Zwar war der Kläger vom 11. bis 13.5.2011 in seiner bei der Beklagten versicherten Eigenschaft als beschäftigter Justitiar der AOK Nordwest auf Dienstreise in Berlin. Diese Feststellung allein reicht jedoch nicht aus, anzunehmen, dass der Kläger vor der fraglichen Borrelieninfektion einer versicherten Verrichtung nachging. Dabei unterstellt der Senat, dass das Ereignis in die Zeit der Dienstreise und nicht, wie Dr. W für möglich hält, in die Zeit davor oder danach fällt. Anders als der Kläger offenbar weiterhin annimmt, ist aber nicht jedwede Tätigkeit während einer Dienstreise versichert. Bei einem nach 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Beschäftigten wie dem Kläger sind zwar Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses Teil der versicherten Tätigkeit. Dies bedeutet aber nicht, dass alle Verrichtungen eines Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte oder während einer Geschäftsreise versichert sind, weil nach dem Wortlaut des 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit Arbeitsunfälle sind und es einen sogenannten Betriebsbann nur in der Schifffahrt ( 10 SGB VII), nicht aber in der übrigen gesetzlichen Unfallversicherung gibt (BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 31/07 R, juris-rn. 11). Hinsichtlich der unmittelbar vor dem möglichen Ereignis ausgeübten konkreten Verrichtung gibt es von Seiten des Klägers und der Zeugin ganz unterschiedliche Darstellungen, die sich zudem nur auf die Rötung infolge des Stichs oder Bisses beziehen, nicht auf den Stich oder Biss selbst. So hat der Kläger beim Durchgangsarzt angegeben, auf dem Weg vom Hotel zur Besprechung gewesen zu sein. In der Widerspruchsbegründung hat der Kläger angegeben, am 12.5.2011 noch nichts beobachtet zu haben, aber am Morgen des 13.5.2011 mit Schmerzen in der Kniekehle links aufgewacht zu sein. Diesen Vortrag hat der Kläger später in ähnlicher Weise wiederholt, jedoch auf den 12.5.2011 datiert, wo er am Morgen einen Blutfleck auf dem Laken bemerkt habe. Die Zeugin hat hingegen angegeben, der Kläger habe ihr abends nach seiner Rückkehr von der Besprechung eine Rötung im Kniegelenk links gezeigt. Diese unterschiedlichen Schilderungen machen die Ungewissheit des Klägers selbst über den Zeitpunkt des Zeckenbisses oder Insektenstiches deutlich. Jedenfalls der mehrfach gegebenen Schilderung eines am Morgen im Hotel vorgefundenen Zeckenbisses oder Insektenstiches wäre keine erwiesenermaßen versicherte Verrichtung vorausgegangen. Denn typischerweise - in der Regel mangels Sachzusammenhang zwischen dem Versicherungstatbestand und der Verrichtung - unversichert sind höchstpersönliche Verrichtungen (BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 31/07 R, juris-rn. 11). Zu diesen privaten Belangen gehören zunächst grundsätzlich die Freizeitgestaltung, das Schlafen, die Nahrungsaufnahme oder die Körperreinigung, die jeweils nicht versichert sind (BSG, Urteil vom 18.11.2008, B 2 U 31/07 R; vom 4.9.2007, B 2 U 28/06 R; vom 04.6.2002, B 2 U 21/01 R und vom 04.8.1992, 2 RU 43/91; zitiert nach juris). Ein rechtlich wesentlicher innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit kann auf einer Dienstreise bei einer dem privaten Bereich angehörenden Verrichtung, wie hier beispielsweise der nach dem Vorbringen des Klägers insgesamt als Unfallzeitpunkt naheliegenden Nachtruhe, nur ausnahms-

- 34 - weise bei besonderen, der Dienstreise zuzurechnenden gefahrerhöhenden Umständen in Betracht kommen (vgl. z.b. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.12.2015, L 2 U 214/11, juris). Solche sind nicht vorgetragen und nicht bekannt, zumal ja auch der gesamte Hergang nicht genau bekannt ist. Damit fehlt es zugleich am Vollbeweis einer versicherten Verrichtung vor dem Unfall. Ob der Weg vom oder zum Hotel jeweils versichert gewesen wäre - was weiterer Ermittlungen bedurft hätte - kann vor diesem Hintergrund offenbleiben. Es ist nicht erwiesen, dass sich der Kläger unmittelbar vor dem Ereignis auf einem Weg zwischen Hotel und dienstlicher Besprechung befand. 2. Wollte man stattdessen die zufällige bloße Anwesenheit des Klägers im Rahmen seiner Dienstreise am (unbekannten) Ort des Insektenstichs ausnahmsweise (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R, juris-rn. 15) als die maßgebliche Verrichtung ansehen, ergäbe sich nichts anderes. Denn diese wäre auch dann nicht ohne weiteres wesentlich ursächlich für die erlittene Insektenstich- oder -bissverletzung. In der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, auch wenn sie als conditio sine qua non eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, in einer besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mit bewirkt haben und darf nicht nur eine zufällige, bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare Randbedingung gewesen sein (BSG, Urteil vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R, juris-rn. 19). Das erfordert rechtlich zumindest, dass sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch das Unfallereignis ein Risiko verwirklicht hat, vor dem gerade die gesetzliche Unfallversicherung Schutz gewähren soll (Sachzusammenhang, vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R, juris-rn. 22). Sind, wie hier, weder die näheren Unfallumstände noch die Handlungstendenz im Unfallzeitpunkt aufklärbar, lässt sich die rechtliche Wesentlichkeit der Unfallursache - nämlich ein Sachzusammenhang der objektiv für das Erleiden der Insektenstichverletzung ursächlichen Verrichtung "Anwesenheit" z.b. mit der Erfüllung von Arbeitnehmerpflichten (vgl. BSG, Urteil vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R, juris-rn. 44) oder der Teilnahme am Verkehr (vgl. BSG, Urteil vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R, juris-rn. 20) - nicht feststellen. Die Kostenentscheidung folgt aus 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision ( 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.