21 2 Modellierung in einem 3D-CAD-System In diesem Kapitel wird zunächst eine allgemeine Vorgehensweise zur 3D-CAD- Modellierung und deren Arbeitstechniken zur Volumenmodellierung dargestellt. Den Abschluss bildet eine einfache Modellierungsaufgabe, die es dem Anwender ermöglicht, sofort praktisch tätig zu werden und die im ersten Kapitel erläuterten Menüpunkte zu nutzen und zu festigen. 2.1 Vorgehensweise zur 3D-CAD-Modellierung Die Vorgehensweise zur 3D-CAD-Modellierung enthält folgende Schritte: 1. Top-Down Modelling: ausgehend von der Idee des zu entwickelnden Produkts werden Einzelteile und Baugruppen (und daraus wiederum weitere Einzelteile) abgeleitet. 2. Solid Modelling: für die Modellierung von Einzelteilen wird ausgehend von einer Skizze in 2D durch Extrusion bzw. Rotation ein Volumenkörper erstellt und daran geometrische Formelemente (sog. Features) wie Bohrungen, Fasen, Verrundungen, Gewinde etc. erzeugt. Mit Hilfe von Features lassen sich Bauteile mit intelligenter Geometrie definieren. "Features" im Sinne der CAD- Anwendung sind mit Attributen versehene komplexe CAD-Elemente. Diese Attribute können geometrische, technologische oder funktionale Eigenschaften zur Beschreibung eines realen Objektes (Werkstückteil) sein (z. B. Bohrungen, Gewinde). 3. Bottom-Up Modelling: ausgehend von Einzelteilen werden Baugruppen aufgebaut. Diese Vorgehensweise wird in Kapitel 5 näher erläutert. 2.2 Arbeitstechniken zur Volumenmodellierung Folgende Arbeitstechniken zur Volumenmodellierung haben sich im Umgang mit SolidWorks (natürlich auch mit anderen gängigen 3D-CAD-Systemen) bewährt: Skizzen so einfach wie möglich halten (d. h. keine Features wie Bohrungen, Verrundungen, Fasen, Gewinde in der Skizze modellieren) Keine Verzweigungen der Konturen und keine einzelnen/isolierten sowie überlagerte Geometrieelemente in den Skizzen Darauf achten, dass die Skizze geschlossen ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2016 S. Vajna (Hrsg.), M. Schabacker, SolidWorks - kurz und bündig, DOI 10.1007/978-3-658-16174-3_2
22 2 Modellierung in einem 3D-CAD-System Damit die Skizze vollständig bemaßt und bestimmt ist, ist es in SolidWorks unerlässlich, Button INTELLIGENTE BEMAßUNG anzuklicken und die Skizze entsprechend zu bemaßen. Erst dann wechseln die Bemaßungen und die Linien die Farbe von blau zu schwarz. Skizzen separat erzeugen, so dass später bei Änderungen ein leichterer Zugriff auf Parameterwerte und die Form möglich ist (wie später noch gezeigt wird, gibt es in SolidWorks zwei Möglichkeiten der Skizzenerstellung: zum einen innerhalb des Dialogs z. B. der LINEAR AUSGETRAGENER AUFSATZ (Extrusion) oder als eigenständige Skizze unter dem Button SKIZZE) Skizzen vollständig bestimmen (d. h. alle Freiheitsgrade sind mit Hilfe von geometrischen sowie dimensionalen Bedingungen zu vergeben) Geometrische Randbedingungen nutzen (z. B. Verwenden der Kollinearität (d. h. örtliche Übereinstimmung) von Linien mit Koordinatenachsen) 3D-Features (z. B. Bohrungen, Ausschnitte, Verrundungen, Fasen, Gewinde) so viel wie möglich verwenden Referenzebenen bei Platzieren und Spiegeln von geometrischen Elementen benutzen Spiegeln/Muster erstellen statt Kopieren von geometrischen Elementen (denn geometrische Beziehungen in der Kopie werden bei Änderungen im Ursprungselement nicht nachvollzogen) Hinweis: In diesem Buch können natürlich obige Arbeitstechniken nicht immer beherzigt werden, weil so viele Modellierungsmöglichkeiten wie möglich in SolidWorks gezeigt werden sollen. 2.3 Erste Modellierungsschritte (Hülse als Extrusion) Vorgehensweise: Modellieren des Solids als Extrusion; gegebene Werte aus Zeichnung: Durchmesser, Höhe Einfügen der Bohrungen (als Formelement/Feature) in der Extrusion Modellieren der beiden Fasen (als Features) Datei neu erstellen: 1. Menüleiste DATEI NEU 2. Teil auswählen OK 3. Unter <huelse1>.sldprt speichern
2.3 Erste Modellierungsschritte (Hülse als Extrusion) 23 4. Im PropertyManager die drei Referenzebenen selektieren EINBLENDEN 2.3.1 Modellieren des Solids als Extrusion 1. Button LINEAR AUSGETRAGENER AUFSATZ im BefehlsManager FEATURES auswählen 2. Beliebige Referenzebene auswählen, unter Ansichten <NORMAL AUF> (oder Strg+8) wählen Ansicht dreht sich in Skizzierebene 3. Button KREIS auswählen 4. Cursor zum Ursprung bewegen, anklicken und Kreis ziehen klicken 5. Damit die Skizze vollständig bemaßt und bestimmt ist, ist es in SolidWorks unerlässlich, Button INTELLIGENTE BEMAßUNG anzuklicken und den Kreis mit Durchmesser <38 mm> zu bemaßen. Die Kreislinie wechselt dann von blau zu schwarz und zeigt damit die vollständige Bestimmtheit an.
24 2 Modellierung in einem 3D-CAD-System Hinweis: Daher Folgendes sich in der Skizzenerstellung nicht angewöhnen: Mit im PropertyManager Werte angeben die Skizze ist nicht vollständig bestimmt die Kreislinie bleibt weiterhin blau! 6. Im Grafikbereich oben rechts SKIZZE BEENDEN Alternativ: rechte Maustaste SKIZZE BEENDEN 7. Im PropertyManager Tiefe D1 <30 mm> eingeben 8. PropertyManager mit beenden 9. Ergebnis ohne Schattierung: 10. Speichern der Arbeit DATEI SPEICHERN
2.3 Erste Modellierungsschritte (Hülse als Extrusion) 25 2.3.2 Einfügen der Bohrungen (als Feature) 1. Button BOHRUNGSASSISTENT anwählen sich 2. Registerkarte <TYP> wählen Bohrungsspezifikation öffnet 3. Bohrungstyp <ÜBERTRAGUNGS- BOHRUNG> <EINFACH> wählen 4. Durchmesserwert <12 mm> hinzufügen durch Doppelklick auf Wert neben Durchmesser und mit RETURN bestätigen 5. Unter Endbedingung Typ <DURCH ALLES> einstellen 6. Auf Registerkarte <POSITIONEN> klicken
26 2 Modellierung in einem 3D-CAD-System 7. Fläche anklicken. und Bohrung absetzen 8. Im BefehlsManager BEZIEHUNG HINZUFÜGEN Alternativ: Anklicken von 2 Elementen bei gedrückter Strg-Taste. SolidWorks bietet Beziehungen im Eigenschaftsfenster an, die für die Elemente möglich sind. 9. Mittelpunkt der Bohrung und Außenkante des großen Zylinders durch Anklicken auswählen 10. Im PropertyManager Beziehung <KONZENTRISCH> auswählen 11. Beziehung mit bestätigen 12. Button in Bohrungsspezifikation 13. Speichern der Arbeit DATEI SPEICHERN Hinweis: Weitere Bohrungen derselben Größe können mittels Button PUNKT im BefehlsManager platziert werden.
2.3 Erste Modellierungsschritte (Hülse als Extrusion) 27 Modellierung der zweiten Bohrung analog zur ersten (Maße siehe Zeichnung): Wiederholen der Schritte 1 12 Speichern der Arbeit DATEI SPEICHERN Hinweis: In den Bohrungsspezifikationen darauf achten, dass bei Größe der Wert <21 mm> und Endbedingung <BLIND> angewählt ist und die entsprechende Tiefe <24 mm> eingeben. Hinweis: Für die Änderung von Formelementen wie z. B. einer Bohrung klickt man diese mit der rechten Maustaste im FeatureManager an und wählt im erscheinenden Dialogfeld mit der linken Maustaste eine der folgenden Änderungsmöglichkeiten aus: 1. FEATURE BEARBEITEN hier können Optionen des Features angepasst werden. 2. LÖSCHEN... hier wird das Feature gelöscht, d. h. es wird aus dem FeatureManager entfernt. 3. UNTERDRÜCKEN hier wird das Feature unterdrückt, d. h. es wird im FeatureManager grau dargestellt und im Grafikbereich ausgeblendet. Für die Weiterbearbeitung spielt dieses Feature erst einmal keine Rolle mehr. 4. Wenn man das Formelement im FeatureManager aufklappt, erscheinen im Baum zwei Skizzen ("Skizze<nr.>", die erste Skizze beschreibt die Position, die zweite beschreibt die Drehgeometrie der Bohrung) rechte Maustaste SKIZZE BEARBEITEN hier kann die Skizze geändert werden.
28 2 Modellierung in einem 3D-CAD-System 2.3.3 Modellieren der 1. Fase 1. Button FASE auswählen (zu finden unter VERRUNDUNG), Standardeinstellung ist die 45 -Fase 2. Stirnseite der Hülse auswählen 3. Innere Kreislinie auswählen, an der die 45 -Fase modelliert werden soll 4. Fasenlänge <1 mm> im PropertyManager eingeben 5. Speichern der Arbeit DATEI SPEICHERN 2.3.4 Modellieren der 2. Fase 1. Button FASE auswählen 2. Mantelfläche der Hülse als <TEILFLÄCHE> auswählen 3. Äußere Kreislinie als <KANTE/ECKE> auswählen, an der die 20 -Fase konstruiert werden soll 4. Fasenlänge <5 mm>, Winkel <20 > eingeben eventuell ein Häkchen in RICHTUNG WECHSELN setzen 5. Speichern der Arbeit DATEI SPEICHERN Hinweis: Durch gleichzeitiges Drücken der Strg-Taste können auch mehrere Formelemente gleichzeitig angewählt werden. Diese bekommen beim Ändern der Optionen alle die gleichen Eigenschaften.
2.4 Kontrollfragen 29 2.4 Kontrollfragen 1. Was ist ein Feature? 2. Durch welche Parameter wird ein Zylinder im 3D-Raum beschrieben und wie wird er in SolidWorks erzeugt? 3. Wie können Änderungen an Bauteilen schnell vorgenommen werden? 4. Wie wird die Modellierungstechnik von der Skizzenerstellung zum Volumenkörper noch genannt?
http://www.springer.com/978-3-658-16173-6