POTENZIALANALYSE KWK IM LICHTE DES NEUEN KWKG Dr. Bernd Eikmeier 7. Branchen übergreifender KWK-Kongress Wärmewende mit KWK Berlin, 13./14. Oktober 2015 Folie 1
Fraunhofer IFAM OE Energiesystemanalyse 01.09.2013: Integration des Bremer Energie Instituts ins Fraunhofer- IFAM (550 Mitarbeiter) als neue Abteilung Energiesystemanalyse http://www.ifam.fraunhofer.de/de/bremen/formgebung_funktionswerkstoffe/ Energiesystemanalyse.html Folie 2
Projektinformationen: KWK-Potenzialanalyse 2014 Auftraggeber: BMWI Fertiggestellt: September 2014 Bearbeiterkonsortium: Prognos (Evaluierung des KWKG) Fraunhofer IFAM (Kosten-Nutzen-Analyse und Potenziale in den Sektoren Priv. Haushalte / GHD) IREES (KNA und Potenziale im Sektor Industrie) BHKW Consult (Mitarbeit insbesondere bzgl. BHKW) Kostenloser Download der Studie unter: http://www.bmwi.de/de/mediathek/publikationen,did=657404.html Folie 3
Inhalt des Vortrags Kurzinformation: Potenziale der Industriellen KWK Potenziale der Objekt-KWK (Sektoren Private Haushalte und GHD) Potenziale von Fern- und Nahwärme-KWK in Deutschland (Sektoren Private Haushalte und GHD) Umsetzung der KWK-Potenziale: Anmerkungen zur Novelle des KWKG Folie 4
Industrielle KWK (basierend auf Sektorenanalyse) Potential Wärmeerzeugung Industrie-KWK (Basisvariante) Von 84 TWh/a (2012) auf 107 TWh/a (2030): + 25% Potential Stromerzeugung Industrie-KWK (Basisvariante) Von 28 TWh/a (2012) auf 43 TWh/a in 2030: + 50% Folie 5
Potenziale der Objekt-KWK (Sektoren PHH und GHD) Zur Vermeidung von Doppelzählungen werden Objekt-KWK-Potenziale in wirtschaftlichen Fernwärme-Clustern nicht betrachtet Das hier ausgewiesene Potenzial ist aus rein methodischen Gründen deutlich geringer als das tatsächliche Potenzial! (Ziel der Studie war die Ermittlung der maximalen KWK-Potenziale) Wirtschaftliche Potenziale außerhalb von wirtschaftlichen Fernwärme- KWK-Clustern (Szenario 90 % Anschlussgrad): Betrachtungsweise Objekt-KWK-Potenzial Einheit Wert betriebswirtschaftlich KWK-Wärmeerzeugung TWh/a 20,9 betriebswirtschaftlich KWK-Stromerzeugung TWh/a 14,1 volkswirtschaftlich KWK-Wärmeerzeugung TWh/a 3,3 volkswirtschaftlich KWK-Stromerzeugung TWh/a 2,7 Es werden auch viele nicht wirtschaftliche KWK-Anlagen errichtet, 685.000 erneuerte Wärmeerzeuger pro Jahr sind ein sehr großer Markt Folie 6
Bearbeitungsschema Siedlungs-KWK Objektscharfe Wärmebedarfsermittlung Analyseteil 41 Modellstädte Hochrechnungsteil Gebäudestatistik der 4.598 Gemeindeverbände/Städte in Deutschland Ermittlung Inputdaten Wirtschaftlichkeitsrechnung Rasterung + Clusterung der Städte Wirtschaftlichkeitsrechnung für 1.403 Cluster Typologiewerte je Gebäude Wärmebedarf je Gemeindeverband/Stadt Einteilung in 9 Stadtkategorien Ermittlung des wirtschaftlichen KWK- Potenzials je Stadtkategorie Wärmebedarf der Stadtkategorien Hochrechnung des Fernwärme-KWK-Potenzials in Deutschland Folie 7
Bildung von Stadtkategorien Kategorie Beschreibung Anzahl Alte Bundesländer I Gemeindeverbände mit mehr als 350.000 Einwohnern 14 II Gemeindeverbände mit 150.001 bis 350.000 Einwohnern 30 III Gemeindeverbände mit 80.001 bis 150.000 Einwohnern 48 IV Gemeindeverbände mit 50.001 bis 80.000 Einwohnern 79 V Gemeindeverbände mit 20.000 bis 50.000 Einwohnern 476 VI Gemeindeverbände mit 20.000 bis 80.000 Einwohnern in der Peripherie einer Großstadt 22 Summe Alte Bundesländer: 669 Neue Bundesländer: VII Gemeindeverbände mit mehr als 80.000 Einwohnern 14 VIII Gemeindeverbände mit 20.000 bis 80.000 Einwohnern 97 Summe Neue Bundesländer: 111 Gesamt in Deutschland: 780 Sonstiges: IX Alle Gemeindeverbände mit weniger als 20.000 Einwohnern 3.818 Folie 8
Datengrundlage der Modellstädte 41 Modellstädte aus 6 Bundesländern GIS basierte Wärmebedarfskarte für jede Modellstadt Gebäude(teil)scharfe Auflösung (gesamt 1,1 Mio. Objekte) Angaben zum Wärmebedarf (individuelle Gebäudetypologien basierend auf mehr als ¼ Mio. Verbrauchsdaten) Fortschreibung Bedarf (Sanierungseffekte, Wohnflächenzuwachs differenziert nach Raumordnungsregionen) Angaben zur Nutzungsart Angaben zur Gebäudegeometrie und zu Wohn-/Nutzflächen Angaben zur Baualtersklasse Hausanschlusslängen aller Gebäude (eigene Berechnung IFAM) Verteilnetzlängen auf Clusterebene (eigene Berechnung IFAM) Folie 9
Schema der Analyse in den Modellstädten Digitale Wärmebedarfskarte Wärmedichte- / Siedlungsstrukturkarten Definition von Clustern Wirtschaftlichkeitsbewertung Cluster Folie 10
Methodik Wirtschaftlichkeitsrechnungen Bilanzierung erfolgt wärmeseitig über eine Kapitalwertermittlung in einem Betrachtungszeitraum von 30 Jahren Umrechnung auf einen spezifischer Wert ( /MWh): Discounted Mean Value (DMV), Angabe als Realwert in 2013 ohne MwSt. Prüfung auf Wirtschaftlichkeit erfolgt getrennt für alle 1.403 Cluster, ohne Berücksichtigung bestehender Netze (Datengrundlage fehlt): Anlegbarer Fernwärmepreis (aus Vollkostenvergleich mit Gaskesseln) - Wärmeerzeugungskosten (über BHKW und GuD-Musteranlagen) - Wärmeverteilungskosten (individuell berechnet für jedes Cluster) = x /MWh (Wirtschaftlichkeit ist gegeben für x > 0) Angabe der Ergebnisse in Wirtschaftlichkeitsstufen (+/- 5 /MW): zeigt Sensibilität an Folie 11
Szenarien Zwei Betrachtungsweisen: B = betriebswirtschaftlich (8% Zins) V = volkswirtschaftlich (3% Zins), ohne Steuern, EEG, KWKG, CO 2 Zwei Anschlussgrade: AG 90 = 90% der Wärmenachfrage im Cluster werden angeschlossen AG 45 = 45% der Wärmenachfrage im Cluster werden angeschlossen Folie 12
Ergebnisse im Szenario AG 90 Betriebswirtschaftlich Stadtkategorie > + 10 /MWh Anteil des Wärmebedarfs in den KWK-geeigneten Clustern > + 5 /MWh > 0 /MWh > - 5 /MWh > - 10 /MWh KWK- Potenzial > 0 /MWh I 27,6% 43,4% 55,1% 65,7% 78,5% 49,6% II 18,8% 28,4% 37,2% 56,5% 73,9% 33,5% III 17,7% 23,2% 31,8% 39,4% 52,7% 28,6% IV 13,2% 18,2% 30,7% 43,3% 52,3% 27,6% V 7,0% 8,6% 15,2% 21,3% 32,8% 13,7% VI 9,1% 15,0% 15,8% 18,6% 28,5% 14,2% VII 20,7% 33,2% 52,6% 62,7% 71,4% 47,3% VIII 1,0% 8,2% 35,6% 53,5% 55,0% 32,1% IX 3,6% 3,6% 3,6% 5,9% 16,4% 3,2% Ergebnisse weisen eine hohe Sensitivität auf hohe Bedeutung KWKG Folie 13
Versorgter Nutzwärmebedarf im Szenario AG 90 B 52% entfällt auf Städte in den ABL mit mehr als 150.000 Einwohnern (deren Anteil am Nutzwärmebedarf in Deutschland ist nur 24%) 1,0 1% 11,3 7% 8,1 5% 9,7 6% 57,5 37% I: ABL, > 350 Tsd. Einw. II: ABL, 150-350 Tsd. Einw. III: ABL, 80-150 Tsd. Einw. IV: ABL, 50-80 Tsd. Einw. 18,2 12% V: ABL, 20-50 Tsd. Einw. VI: ABL, Peripherie Großstadt VII: NBL, > 80 Tsd. Einw. 12,6 8% VIII: NBL, 20-80 Tsd. Einw. Angaben in TWh/a 13,0 9% 22,5 15% IX: ABL/NBL, < 20 Tsd. Einw. Folie 14
Potenziale der KWK-Fernwärme/Nahwärme (AG 90 V) Verteilung ist sehr ähnlich bei betriebswirtschaftlicher Rechnung Folie 15
Ergebnisse der Szenarien im Vergleich KWK-Potenzial AG 90 AG 45 Betriebswirtschaftlich [TWh/a] Wärmenachfrage 154 35 KWK-Wärmeerzeugung 128 29 KWK-Stromerzeugung 113 25 Volkswirtschaftlich [TWh/a] Zum Vergleich: KWK-Stromerzeugung der allgemeinen Versorgung: 50 TWh/a (Stand 2013) KWK-Wärmeerzeugung: 64 TWh/a (AGFW-Hauptbericht 2012) Wärmenachfrage 249 56 KWK-Wärmeerzeugung 207 47 KWK-Stromerzeugung 182 41 Höhe des Anschlussgrades ist entscheidend Potenziale sind volks- deutlich höher als betriebswirtschaftlich Bewertung Szenario Betriebswirtschaftliche Sicht und AG 45: Die bestehenden Fernwärmestrukturen könnten bei den aktuellen Rahmenbedingungen nur etwa zur Hälfte aufgebaut werden Folie 16
Inhalt des Vortrags Kurzinformation: Potenziale der Industriellen KWK Potenziale der Objekt-KWK (Sektoren Private Haushalte und GHD) Potenziale von Fern- und Nahwärme-KWK in Deutschland (Sektoren Private Haushalte und GHD) Umsetzung der KWK-Potenziale: Anmerkungen zur Novelle des KWKG Folie 17
Zentrale Hemmnisse zur Nutzung der KWK-Potenziale Stellenwert der KWK im Rahmen der Energiepolitik und die Rolle der KWK im zukünftigen Strommarkt ist fraglich bzw. eher gering Fortlaufende Unsicherheit über Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Nicht funktionierender CO 2 -Zertifikatehandel Sinkende Preise an den Strommärkten (Zu) hohe Erwartungen an Amortisationszeiten Folie 18
CO 2 -Entwicklung und Ziele: Ohne KWK-Ausbau möglich? Aktueller Beitrag der KWK: rd. 56 Mio. t CO 2 -Reduktion Möglicher Mehrbeitrag bei Zielerreichung 25% Anteil an Nettostromerzeugung: bis zu 32 Mio. t CO 2 -Reduktion Die echten Herausforderungen beginnen erst nach 2020 Folie 19 Quelle: S. Lechtenböhmer (WI); VKU/Enervis
Bedeutung KWK/G / Wärmenetze für die Wärmewende Wärmemarkt ist von zentraler Bedeutung für die Energiewende Anteil Wärme am Endenergiebedarf: 56%, davon Anteil Raumwärme: 52% Die Bedeutung der Gebäudesanierung wird häufig überschätzt Beispiel: Sanierungseffizienz 35 %, -rate 1,5%/a: nach 30 Jahren besteht noch rd. 85% des ursprünglichen Wärmebedarfes Effiziente Erzeugung und Bereitstellung der Wärme erforderlich Hoher Anteil der Erzeugung aus Erneuerbaren Energien und KWK Wärmenetze ermöglichen u.a. Eine zeitliche Entkopplung von Wärmeangebot und -nachfrage Eine räumliche Entkopplung, d.h. höhere Anteile aus EE auch in hoch verdichteten Siedlungsgebieten (Anteil der Stadtbevölkerung: 75%, Tendenz: ) (Flexibler) Energieträgermix bei der Erzeugung Wirtschaftlichere Lösungen durch größere Anlagen (z.b. für Nutzung von Abwärme, solarthermische Anlagen, Holz aus Landschaftspflege) KWKG ist über Netz- und Speicherförderung ein zentraler Treiber Aber: Lange Amortisationszeiten für Investitionen in Wärmenetze Folie 20
Anmerkungen zum KWKG 2016 (1): 25%-Ziel 25%-Ziel jetzt in Bezug auf regelbare Nettostromerzeugung Falsches politisches Signal KWK-Ausbauziel 2020 sinkt von rd. 150 TWh/a auf rd. 110 TWh/a: KWK-Ausbauziel sinkt um rd. ein Viertel KWK-Ausbaumenge sinkt auf rd. ein Viertel Annäherung an das 25%-Ziel erfolgt auch durch Nichtstun (kein KWK-Ausbau) bzw. automatisch bei Ausbau der EE KWK wird nur als Brückentechnologie gesehen Kein KWK-Ausbauziel für 2030; Investitionszyklen sind aber viel länger als die Perspektive 2020 Folie 21
KWK-Potential und KWK-kompatible Stromerzeugung Betriebswirtschaftliches Potenzial/ Basisentwicklung Volks wirtschaftliches Potenzial/ ambitionierte Entwicklung Reference-scenario Target-scenario KWK-Potential KWK-kompatible Stromerzeugung Bis 2035 ist das maximale (!) KWK-Potential kompatibel zum zukünftigen Strommarkt bzw. zur Residuallast Folie 22 Quelle: Prognos, IFAM et al.: KWK-Potenzialstudie 2014
Anmerkungen (2): Aufgabe der Brennstoffneutralität Schwer nachvollziehbar Brennstoffprioritäten sollten nicht in Bezug auf eine Technologie und deshalb nicht im KWKG gesetzt werden; KWKG kann unwirksamen CO 2 -Zertifikatehandel nicht kompensieren Jede (für einige Zeit kaum vermeidbare) Nutzung von Kohle sollte möglichst effizient erfolgen KWK Nicht KWK ist eine Brückentechnologie, sondern Kohle ist ein Brückenenergieträger Das letzte fossil gefeuerte Kraftwerk, welches in 20xx vom Markt geht, sollte eine KWK-Anlage sein Folie 23
Anmerkungen (3): Förderung von Bestandsanlagen Zu begrüßen, um Bestandsabbau zu vermeiden (Steigerung des KWK-Anteils ist nur bei Bestandssicherung möglich) 2 MW-Grenze ist nicht ausreichend begründet, dezentrale KWK-Lösungen < 2 MW sind von hoher Relevanz in Quartierskonzepten u.ä. und waren ein Haupttreiber für die (geringen) KWK-Entwicklungen der letzten Jahre Folie 24
Anmerkungen (4): Förderung Neue / Modernisierte Anlagen Bei Einspeisung in das Netz der allgemeinen Versorgung angehoben Bei Eigenstromverbrauch reduziert bzw. gestrichen Es ist durch das KWKG 2016 keine grundlegende Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Neuinvestitionen in KWK-Anlagen zu erwarten Folie 25
Trassenlänge in % der Maßnahmen Anmerkungen (5): Förderung Netze und Speicher Verdoppelung der Projektobergrenzen Kontinuität der Förderung ist zu begrüßen KWKG-Monitoring: Deutliche Zunahme bei den durch das KWKG 2012 geförderten Wärmenetze und Speicher Neubaunetze werden vor allem durch Wärme aus Bio- und Erdgas gespeist Netzausbau führt zum gewünschten Energieträgerwechsel 100% 9% 7% 13% 75% 50% 25% 54% 6% 24% 9% 41% 18% Biomasse Biogas Sonstige Erdgas Steinkohle Braunkohle Heizöl Flüssiggas 0% Neubau 6% Ausbau beantragte und zugelassene Wärmenetze, Stichtag: 01. Juli 2014 Folie 26
Gesamtbewertung Potenzialumsetzung mit Blick KWKG 2016 KWKG wirkt als Reparaturversuch / -notwendigkeit in einem nicht richtig funktionierenden Strommarkt Große Unsicherheit über mittelfristige Rahmenbedingungen der KWK: KWKG 2012: Fördersätze reichten zunehmend nicht aus, um die sinkende Börsenstrompreise zu kompensieren: Wiederholung mit KWKG 2016? EEG 2014: EEG-Umlage für die Eigenversorgung: EEG Novellierung 2017 24.02.2015: Pressenachricht (RP): Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erwägt, die von den Stromkunden zu zahlende Umlage zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auf Bestandsanlagen zu beschränken KWKG 2016: 25%-Ziel verwässert, KWK als Brückentechnologie!? Was passiert nach Ablauf der KWK-Bestandförderung? Unsicherheit als dauerhaft wirksames Investitionshemmnis Es steht zu befürchten, dass es weiterhin einen eher stagnierenden oder nur langsam wachsenden KWK-Markt gibt Folie 27
Kontaktdaten Dr. Bernd Eikmeier Projektleiter Abt. Energiesystemanalyse Fraunhofer IFAM Wiener Straße 12 28359 Bremen Tel.: 0421 / 2246 7023 Email: bernd.eikmeier@ifam.fraunhofer.de Folie 28