Regierungspräsidium Darmstadt Abt. Arbeitsschutz und Umwelt Frankfurt Harald Lütkenhaus-Kopp Allgemeine wasserwirtschaftliche und ökologische Aspekte beim Bau und Umbau von Kreuzungsbauwerken Gewässernachbarschaft Nidda-Nidder 25.September 2013 Gemeinde Rockenberg
Gliederung 1. Einführung 2. Vorgaben der Wegeplanung, Wasserwirtschaft, Naturschutz und Landschaftsbild 3. Bauwerkstypen - Gestaltung 4. Wirkung auf Strömung und Geschiebe 5. Beispiele 6. Fazit
1.Einführung In den letzten Jahrhunderten wurden viele Gewässer zur Schaffung von Agrarflächen, zur Nutzung der Wasserkraft und zur Schiffbarmachung begradigt, verlegt, mit Ufersicherungen versehen und aufgestaut.dies hat zu einer erheblichen Verarmung des aquatischen und des amphibischen Lebensraumes (wechselfeuchter Uferbereich) geführt. Insbesondere die natürliche Vernetzung der Fließgewässer wurde durch eine große Anzahl von Querbauwerken so stark beeinträchtigt, dass die notwendige Wanderung vieler Fischarten und der aquatischen Kleinlebewesen (Makrozoobenthos Wirbellosen) nicht oder nur noch eingeschränkt möglich ist. Nicht nur die Herstellung von Wehren und Stauanlagen haben die Wanderung im aquatischen Lebensraum unterbunden. Jeder Durchlass und jede Verdolung eines Gewässers kann besonders bei kleinen Gewässern zu einer Unterbrechung der Gewässerdurchgängigkeit führen
1.Einführung Foto: Th. Paulus
1.Einführung Die infrastrukturelle Erschließung der Landschaft für land-und forstwirtschaftliche Nutzung sowie für Freizeit und Erholung ist auch heute noch vorwiegend auf die mit der Nutzung verbundenen Sachzwänge (Maschinenbreite und -länge, Belastung) ausgerichtet. Auch die Kosten spielen wie immer eine gravierende Rolle. Aus Sicht der Wasserwirtschaft und des Naturschutzes spielen beider Kreuzung dieser Feld-und Waldwege vielmehr deren Wirkungen auf Gewässergüte, Hochwasserabfluss, Landschaftsbild, Biotopverbund etc. die maßgebliche Rolle.
1.Einführung Durchgängigkeit von Fließgewässern Der Wiederherstellung der biologischen Durchgängigkeit von Fließgewässern kommt eine herausragende Bedeutung zur Erhaltung und Wiederentwicklung von artenreichen und gewässertypischen Lebensgemeinschaften zu. Das ungehinderte Wandern bachauf-und bachabwärts ist für viele Gewässerorganismen Teil ihres Lebenszyklus. Die ökologischen wie auch die wasserwirtschaftlichen Funktionen vieler kleiner und mittlerer Gewässer werden insbesondere in den Oberläufen durch vielfältige Bauwerke beeinflusst. Die Form und die Dimensionierung von Durchlässen, Verrohrungen, Furten, Brücken u.ä. hat dabei maßgeblichen Einfluss auf die ökologische Durchgängigkeit, aber auch das Geschieberegime und das Rückhaltevermögen bei erhöhten Abflüssen.
1.Einführung Wanderhindernisse (DIN 19661)
1.Einführung Definition Durchlässe sind Kreuzungsbauwerke, die eine erhebliche Einengung im offenen Gewässer verursachen. (DIN 19661, Teil 1) Kreuzungsbauwerke sind Anlagen zur Überwindung eines Hindernisses, die eine besondere konstruktive Ausbildung erfordern. Die häufigsten Kreuzungsbauwerke sind Durchlässe, in denen das Gewässer -meist -durch einen Straßen-oder Bahndamm hindurchgeleitet wird.
2.Vorgaben Wegeplanung Verkehrstechnische Anforderungen: Transport von Gütern und Personen Breite und Tragfähigkeit Kurvenausbildung, Längs-und Querneigung der Wege
2.Vorgaben Wasserwirtschaft und Naturschutz Aspekte der Wasserwirtschaft und des Naturschutzes: genehmigungspflichtige Anlagen Hochwasserabfluss Geschiebetransport Erosionsschutz Landschaftsbild Erhalt der Wasserqualität Strukturgüte Lebensraumfunktion Biotopverbund lineare Durchgängigkeit
2.Vorgaben Wasserwirtschaft und Naturschutz Aspekte des Naturschutzes Baumaßnahmen abstimmen ( FFH-Gebiete, Naturschutzgebiete, geschützte Flächen, etc.) Artenschutzbestimmungen beachten, z. B. Edel- und Steinkrebs Gehölzpflegezeiten (Anfang November bis Ende Februar)
2. Vorgaben: Landschaftsbild Bewahrung des Landschaftsbildes Ästhetische Bild Verwendung naturnaher, ortsüblicher Baumaterialien
Furten, Stege, Durchlässe, Brücken
Furten
Furten
Furten Foto: Th. Buch
Furten Foto: A. Haas
Trittsteinfurten Foto: Th. Buch
Trittsteinfurten Foto: Th. Paulus
Stege Foto: Th. Paulus
Stege Foto: Th. Meuer
Durchlässe
Durchlässe
Durchlässe
Durchlässe Foto: Th. Paulus
Durchlässe Foto: Th. Paulus
Durchlässe Foto: R. Wirtz
Durchlässe Foto: Th. Buch
Durchlässe Foto: Th. Paulus
Durchlässe Foto: H. Diehl
Durchlässe Fotos: H. Diehl
Durchlässe Grundsätze zur Gestaltung von Durchlässen Ras EW 2005 Durchlässe sind grundsätzlich so zu dimensionieren und auszugestalten, dass Tierbewegungen entlang des Gewässerrandes, z. B. durch eine beidseitige Uferrandgestaltung (Trockenberme), möglich bleiben
Durchlässe Foto: A. Haas
Durchlässe
Durchlässe nach der RAS EW Mindestabmessungen von Durchlässen In der DIN 19661-1 sind die Mindestabmessungen geregelt. Bei sehr langen Durchlässen sind größere Abmessungen erforderlich. Für den Straßenbau werden folgende Mindestabmessungen empfohlen: a) Rohrdurchlässe unter Wirtschaftswegen DN 400 unter Straßen, Überführungsrampen an Bundesfernstraßen DN 500 für längere Durchlässe unter Straßen DN 800 für Durchlässe unter Bundesfernstraßen b) Rechteckdurchlässe (Rahmendurchlässe): begehbare Durchlässe (Regelabmessung)
Durchlässe: Grundsätze bei der Herstellung Rohrdurchlässe sind prinzipiell als nachteilig bezüglich der Durchgängigkeit für Fische und Wirbellose zu beurteilen. Sie sollten demzufolge vermieden und gegebenenfalls durch Brücken oder Furten ersetzt werden. Sind in Gewässern mit ständiger Wasserführung dennoch Rohrdurchlässe nötig, ist auf die Einhaltung wichtiger Ausführungsgrundsätze zu achten. Der Durchlass sollte möglichst weit gewählt werden (Mindestdurchmesser 800 mm). Das Verhältnis von Breite zu Länge des Rohres sollte bei langen Durchlässen 1:10 nicht unterschreiten. Die Fließgeschwindigkeit nimmt im Allgemeinen aufgrund der glatten Rohrwände im Durchlass zu. Abhilfe kann geschaffen werden, indem das Rohr mit einem nur geringen Gefälle verlegt wird. Es ist auf eine durchgehende Substratauflage zu achten, d. h. das Rohr muss 10-20 cm unter der Gewässersohle liegen.
Brücken Foto: Th. Paulus
Brücken Foto: Th. Paulus
Brücken Foto: Th. Paulus
Brücken - Plattenbrücke Foto: Th. Paulus
Brücken - Plattenbrücke Foto: Th. Paulus
Brücken - Plattenbrücke Foto: N. Müller
4. Wirkung auf Strömung und Geschiebe Zur Erhaltung der linearen Durchgängigkeit keine Wasserspiegelsprünge von mehr als 0,1 m Strömungsgeschwindigkeit auf längeren Strecken nicht mehr als 0,5 m/sec Strömungsgeschwindigkeit an Engstellen nicht mehr als 1 m/sec Sohlsubstart soll bei Hochwasser nicht ausgespült werden Keine versiegelte Gewässersohle, sondern nach Möglichkeit naturnahes Lückensystem (Interstitial) Durchgängiger Geschiebetransport durch das Bauwerk ermöglichen Hydraulisch günstige Formen d. h. abgerundete Ecken am Bauwerk..
4. Wirkung auf Strömung und Geschiebe Keine gekrümmte Linienführung im Bauwerk Vermeiden von Verlegung durch Treibgut im Oberwasser, ggf. durch Rechen Freier Wasserdurchfluss, an Unterwasser angepasst, d.h. Vermeiden von Fließwechsel Unerwünschte Sohlenerosion im Ein-und Auslaufbereich durch geeignete Nachbett- oder Kolksicherung
4. Wirkung auf Strömung und Geschiebe Schleppspannung Die Schleppspannung griechischer Formelbuchstabe "Tau" ist eine in hydraulischen Versuchen ermittelte Größe. Die Schleppspannung bezeichnet die Kraft des fließenden Wassers je Flächeneinheit der Gewässersohle, mit der es auf die Sohle wirkt und dort Geschiebe vorwärts bewegt. Anders formuliert, ist sie eine Maßfür die Erosionsbeständigkeit von Wasserlaufsohlen. Die kritische Schleppspannung, d.h. die Schleppspannung, bei derdas Korn im Gewässerbett sich zu bewegen beginnt, ist abhängig von der Dichte des Korns, dessen Größe und Form sowie von der Art, wie das Korn gelagert und in den Kornverband eingebunden ist. Sie wird, ebenso wie die damit zusammenhängende Größe des Geschiebetriebes, empirisch bestimmt.
4. Wirkung auf Strömung und Geschiebe Schleppspannung Sohlenmaterial feiner Kies kolloidaler Lehm und Ton Kies Durchmesser d = 5-10 mm Kies Durchmesser d = 15 mm Geröll Durchmesser d = 50 mm Geröll Durchmesser d = 50-100 mm grobe Blöcke Tau crit in N/m² Schubspannung 8-10 N/m² Schubspannung 10 bis 12,5 N/m² Schubspannung 12,5 N/m² Schubspannung 15-20 N/m² Schubspannung 30-40 N/m² Schubspannung 40-60 N/m² Schubspannung 240 N/m²
6. Beispiele Furt mit Fußgängersteg, Gießener Becken, Hessen Foto: G. Badouin
6. Beispiele Furt an Nebenbach des Glan, Rheinland-Pfalz Foto: Th. Paulus
6. Beispiele Durchlass Gewässerprojekt Ruwer, Rheinland-Pfalz nachher vorher Fotos: A. Haas
6. Beispiele Durchlass Gewässerprojekt Ruwer, Rheinland-Pfalz nachher Fotos: A. Haas
6. Beispiele Maulprofil Gewässerprojekt Ruwer, Rheinland-Pfalz vorher nachher Fotos: A. Haas
6. Beispiele Furt, Gewässerprojekt Ruwer, Rheinland-Pfalz Bauphase nachher Fotos: A. Haas
6. Beispiele Durchlass - Furt, Fauerbach, Wetterau, Hessen vorher Fotos: Th. Buch nachher
6. Fazit Durchlässe sind so zu gestalten, dass der Eingriff in das Gewässer möglichst gering bleibt. Sie sind daher so zu planen, dass das Gewässer die Straße auf möglichst kurzem Wege kreuzt. Dabei sind hydraulisch nachteilige Verschwenkungen des zu kreuzenden Gewässers nach Möglichkeit zu vermeiden. Im Regelfall ist das Profil für das Mittelwasser ungehindert durchzuführen. Der Durchlass soll eine dem Gewässer hydraulisch und ökologisch entsprechende Sohlausbildung aus gleichartigem Sohlsubstrat der angrenzenden Gewässerabschnitte erhalten. Durchlässe sind grundsätzlich so zu dimensionieren und auszugestalten, dass Tierbewegungen entlang des Gewässerrandes, z.b. durch eine beidseitige Uferrandgestaltung (Trockenberme) möglich bleiben. Eine Erweiterung des Abflussquerschnittes im Bauwerksbereich istzu vermeiden (Ablagerungsgefahr). Durchlässe sind im Gefälle des Gewässers zu verlegen. Um eine Belegung mit Sohlsubstrat zu ermöglichen, ist die Sohle von Durchlässen mindestens 10cm unter die Beckensohle zu legen. Ein-und Auslauf von Durchlässen sind in geeigneter Weise, z.b. durch Steinschüttungen, zu sichern.
Manchmal tut s auch die Sparvariante! Vielen Dank für die Aufmersamkeit!!!