WISSENSWERTES STROMMARKT



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Transkript:

2011 WISSENSWERTES ÜBER DEN STROMMARKT STAND: JANUAR 2011

Inhaltsverzeichnis Ziele und Auswirkungen der Liberalisierung...03 Praktische Folgen...03 Wirtschaftlichkeit von Netzen...06 Regulierung der Netznutzungsentgelte und Netzanschlussbedingungen...06 Intelligente Netze...07 Wie setzt sich der Strompreis generell zusammen?...08 Ausbau der Erneuerbaren Energien vs. Kernenergie 09 Das Erneuerbare-Energien-Gesetz...09 Die deutschen Stromnetze im Überblick.10 Konzessionsverträge..11 Das NEV-Modell...12 Europäische Energiepolitik...13 Die großen Vier.16 2

Ziele und Auswirkungen der Liberalisierung 1998 wurde in Deutschland mit der Liberalisierung das Wettbewerbsprinzip auf dem Strommarkt eingeführt. Dazu sollte insbesondere die Entflechtung ( unbundling ) der Energieversorgungsunternehmen (EVU) beitragen, indem die Bereiche Erzeugung, Netz und Vertrieb getrennt werden. Seitdem gilt für die Netzsparten der EVU, sich fair und neutral gegenüber allen Lieferanten zu verhalten. Die Wechselrate der Kunden zeigte aber, dass der Wettbewerb langsamer in Gang kam, als gewünscht und erwartet. Die EU reagierte darauf mit den Beschleunigungsrichtlinien für mehr Wettbewerb. Als Folge trat 2005 das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts in Kraft. Wesentlicher Inhalt: die Einführung einer Regulierung der Strom- und Gasversorgungsnetze. Nach dem Vorbild des Telekommunikationssektors sollte die Bundesnetzagentur (BNetzA) diese Aufgabe übernehmen und dabei vor allem folgende Ziele erreichen: Umsetzung des unbundling und Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Strom- und Gasversorgung (Gewährung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs) Spürbare Senkung der Netznutzungsentgelte durch Kontrolle der Kosten (1. Schritt) und Anreiz zu möglichst effizientem Netzbetrieb ( Anreizregulierung ) Sicherung eines langfristig angelegten, leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen (Qualitätskomponente). Praktische Folgen der Liberalisierung a) Vertragliche Situation Vor der Liberalisierung gab es einen Vertrag mit dem Gebietsversorger, der gleichermaßen für Lieferung, Netznutzung und Messung zuständig war. Heute gibt es pro Haushaltskunden bis zu sechs Vertragsbeziehungen: 1) Netznutzungsvertrag dieser wird in der Regel vom Stromlieferanten im Auftrag des Kunden mit dem Netzbetreiber abgeschlossen 2) Anschlussnutzungsvertrag z.b. Mieter im Mehrfamilienhaus 3) Stromliefervertrag 4) Messstellenbetreibervertrag (wer stellt den Zähler?) 5) Messdienstleistervertrag (wer liest ab?) 6) Netzanschlussvertrag Der Messstellenbetreibervertrag und der Messdienstleistervertrag sind zurzeit noch im Netznutzungsvertrag mit abgebildet. 3

Seit der Liberalisierung hat der Kunde die Möglichkeit seinen Stromlieferanten zu wechseln. In diesem Fall hat der neue Lieferant dem Netzbetreiber den Kundenwechsel mitzuteilen. Der Netzbetreiber hat dabei u. a. die Aufgabe, einen Lieferantenwechsel (die vorgenannten Vertragsfälle 3) bis 5) betreffend) in seiner EDV automatisiert sicherzustellen, dass die behördlich vorgegebenen Fristen eingehalten werden. Der Kunde entscheidet individuell von welchem Stromanbieter er beliefert wird. b) Stromnetz Heute lässt sich das Stromnetz mit einer Mautstraße vergleichen (das Gasnetz mit Abstrichen auch). Jeder darf das Stromnetz nutzen, so, wie auch jeder eine Straße benutzen darf: Straße = Stromnetz Maut = Netzentgelt PKW->LkW = abhängig von der Menge der Stromlieferung 4

Früher: Nur der eigene Vertrieb konnte das unternehmenseigene Stromnetz zur Belieferung seiner Kunden nutzen (Monopol = Privatstraßen) Heute: Jeder Energievertrieb darf gegen Gebühr (Netzentgelt) das bestehende Stromnetz nutzen. Die Gebühr wird vom Regulierer in der Höhe begrenzt (Liberalisierung = öffentliches Straßennetz). Die meisten Einspeiser (Erzeugung von Strom aus regenerativer Energie und Kraft-Wärme-Kopplung) erhalten eine vom Staat festgelegte Vergütung und dürfen das Netz kostenlos nutzen. Was gleich geblieben ist: Netzbetreiber benötigt ein Wegerecht von der Gemeinde, um Straßen = Versorgungsleitungen im öffentlichen Raum verlegen und betreiben zu dürfen. Für dieses Wegerecht bekommt die Gemeinde eine jährliche Gebühr (Konzessionsabgabe). c) Fazit: Der Netzbetrieb eröffnet keinen Einfluss auf Preisgestaltung oder Erzeugungsart Jeder Stromhändler kann heute das Netz zur Belieferung seiner Stromkunden nutzen. Regenerative Energieerzeugungsanlagen (z.b. Photovoltaikanlagen) müssen angeschlossen und der erzeugte Strom mit Vorrang ins Netz eingespeist werden. Der Netzbetreiber hat weder Einfluss auf Preise des Stromlieferanten noch auf die Erzeugungsart dessen Stroms (Kernenergie, Erneuerbare Energien etc.). Der Stromkunde ganz alleine kann wählen, von welchem Anbieter er die Ware Strom beziehen möchte. Das gilt analog für die Einspeisung: Der Netzbetreiber hat jede gemäß den gesetzlichen Bestimmungen erstellte und betriebene Anlage diskriminierungsfrei anzuschließen unabhängig von der Erzeugungsart. Auch hier wird der freie Netzzugang von der Bundesnetzagentur (BNetzA) überwacht. Möchte eine Kommune energie- und klimapolitischen Einfluss ausüben (Engagement bei Erneuerbaren Energien, Blockheizkraftwerken etc.), braucht sie dafür keineswegs ein eigenes Netz. Auch der Einstieg in Vertrieb und/oder Stromhandel ist nicht an den Netzbetrieb gebunden. Im Gegenteil: Fast alle etablierten Versorger haben inzwischen Kunden auch außerhalb des ehemals zum Vertrieb gehörenden Netzgebiets gewonnen. 5

Bei Übergang eines Netzes (Auslaufen einer Konzession) vor 1998 gingen die Kunden zusammen mit dem Netz auf den neuen Konzessionär / Energieversorger über. Nach einer rechtlichen unklaren Phase bis 2005 geht heute kein einziger Stromkunde mehr über. Jeder einzelne Kunde muss durch den Vertrieb im Wettbewerb gewonnnen und später gehalten werden. Wirtschaftlichkeit von Netzen Da die Bundesnetzagentur die Erlöse im Netzbetrieb begrenzt, ist der Kaufpreis für die Wirtschaftlichkeit des kommunalen Netzerwerbs von großer Bedeutung. Wird dieser verteuert, beispielsweise durch Entflechtungsmaßnahmen der Netze, die wegen der Herauslösung von Einzelgebieten aus einem Flächennetz entstehen, verschlechtert sich die Gesamtrechnung. Entscheidet sich beispielsweise eine Kommune zum Kauf eines Netzes, so muss das betreffende Teilstück von dem bestehenden Stromnetz physisch und eigentumsrechtlich getrennt werden. Hierbei entstehen für die Kommune als Käufer so genannte Entflechtungskosten. Zugleich erfordern die Regulierungsvorgaben einen kosteneffizienten Netzbetrieb, da ansonsten die Investitionen in das Netz und die Rendite gefährdet sind. Synergien aus einem großflächig betriebenen Netz sind somit wesentliche Erfolgsfaktoren zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit. Regulierung der Netznutzungsentgelte und Netzzugangsbedingungen Zwischen 2005 und 2008 wurden die Kosten der Netzbetreiber überprüft und von den Regulierungsbehörden begrenzt. Seit dem Start der Anreizregulierung 2009 setzen die Regulierer die Erlösobergrenzen der Netzbetreiber, also die maximal zulässigen Einnahmen für die Netznutzung, fest. Bei deren Bestimmung werden zusätzlich Effizienzvorgaben berücksichtigt. Die Regulierungsbehörden geben seither jedem Netzbetreiber eine individuelle Erlösobergrenze vor, deren Einhaltung von den Regulierungsbehörden überwacht wird. Nur wer mit seinen Kosten unter dieser Grenze bleibt, kann mit seinem Netzbetrieb Gewinn erzielen. Auf Basis eines bundesweiten Effizienzvergleichs werden Vorgaben ermittelt. Alle müssen sich am effizientesten (dem besten ) Netzbetreiber messen (vgl. Abb. Seite 07). Wer zu hohe Kosten produziert, also nicht effizient arbeitet, wird mit dem Netz Verluste machen. Zugleich ist auch die Verzinsung des Eigenkapitals nach oben hin gedeckelt. Vorraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg ist ein effizienter Netzbetrieb, der sich nur durch radikales Kostenmanagement (z.b. Personalkosten), optimale Prozesse und Synergien (z.b. große Einkaufsmengen, Netzgesamtgröße etc.) realisieren lässt. Die Anreizregulierung gibt vor, dass sich die Netzentgelte binnen zweier Regulierungsperioden (zehn Jahre) im Schnitt um 1,25 Prozent pro Jahr verringern. Sollte ein Netzbetreiber im Effizienzvergleich einen Startwert von <100 Prozent haben, so ist dieser am Ende der Regulierungsperioden zusätzlich auszugleichen. Das bedeutet zum Beispiel, dass ein Netzbetreiber mit 90 Prozent Starteffizienz am Ende der Periode 12,5 Prozent aus 6

dem Anreizsystem und zusätzlich weitere zehn Prozent zur Kompensation des Startwertes durch Kostensenkungen auszugleichen hat. Dabei ist der Umgang mit Überkapazitäten in Bezug auf die Anzahl der Mitarbeiter die große personalwirtschaftliche Herausforderung. (Quelle: Bundesnetzagentur, Monitoringbericht Energie 2009). Quelle: Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörde, Effizienzwerte 2008 REG, ODR, ZEAG/NHF: Konzernbereiche der EnBW Baden-Württemberg AG Intelligente Netze Bislang sicherte die zentrale Erzeugung in Großkraftwerken den Strombedarf in einer dezentralen Verbraucherstruktur. Die Einspeisung von Strom, der von kleineren dezentralen Anlagen erzeugt wird und vorrangig abzunehmen ist (teilweise mit Rückspeisung in höhere Spannungsebenen), nimmt aber immer stärker zu. Das bedeutet: Wir befinden uns in einem Strukturwandel von verbrauchsorientierter Erzeugung hin zu erzeugungsorientiertem Verbrauch. Auf die Netzbetreiber werden daher in den nächsten Jahren erhebliche Kosten zukommen, um die Netze immer mehr technischen Neuerungen anzupassen. So werden diese in Zukunft nicht nur Strom verteilen, sondern mittels intelligenter Netze (smart grid) auch die schwankende dezentrale Erzeugung oder die effektive Speicherung (z.b. Elektroautos) gewährleisten müssen. In einem großen, engmaschigen Netz ist diese Aufgabe leichter zu lösen: Das Netz kann umso leichter stark schwankende Strommengen, die in vielen verschiedenen Erzeugungsanlagen gewonnen werden (Wind, Sonne, BHKW, Wasserkraft, Biomasse), ausgleichen. Berechnungen von Greenpeace gehen davon aus, dass für den Ausbau der intelligenten Stromnetze innerhalb der Europäischen Union in den 7

nächsten Jahren rund 209 Milliarden Euro notwendig sein werden (Quelle: www.greenpeace.de). Die Intelligenten Netze sind deshalb von besonderer Wichtigkeit, weil die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sehr schwankend ist. Die bei optimalen Wetterbedingungen im Einzelfall über den Bedarf liegende Erzeugung kann überwiegend noch nicht gespeichert werden. Im Gegenzug hierzu ist oftmals auch eine installierte Leistung aufgrund der Wetterbedingungen nicht nutzbar, wie auch der der 6. Januar 2010 zeigt: um die Mittagszeit liefen Windräder mit einer Kapazität von rund 300 MW und speisten Windstrom ins Netz ein die installierte Windkraft in Deutschland betrug zu diesem Zeitpunkt aber 25.000 MW. So konnten gerade einmal 1,2 Prozent der eigentlich verfügbaren Windleistung abgerufen werden. Diese Messung ist kein Einzelfall, sodass in den nächsten Jahren vor allem auch die Verteil- und Übertragungsnetze intelligent ausgebaut werden. (Quelle: WamS, 27.12.2010) Wie setzt sich der Strompreis generell zusammen? Auf dem liberalisierten Strommarkt gibt es unterschiedliche Strompreise und Tarifsysteme. Generell setzt sich der jeweilige Strompreis aus verschiedenen Komponenten zusammen. Den größten Anteil bilden Steuern und Abgaben mit insgesamt rund 39 Prozent. Darin enthalten sind die Stromsteuer, die Konzessionsabgaben an die Kommunen sowie die Abgaben, die sich aus dem Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) und dem Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) ergeben. Allein die Belastungen aus der EEG-Umlage für die Kunden steigen von rund 5,3 Milliarden Euro im Jahr 2009 auf voraussichtlich 8,2 Milliarden Euro in 2010. Seit der Liberalisierung des Strommarktes 1998 wird damit die Steuerbelastung für die Kunden mehr als das Siebenfache betragen. (Quelle Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)). Zusätzlich wird auf den Strompreis noch die Mehrwertsteuer hinzugerechnet. Der Anteil des Großhandelsmarktes und Vertriebs am Strompreis liegt bei etwa 37 Prozent; die zu entrichtenden Netzentgelte machen rund 24 Prozent des Strompreises aus. Der staatliche Anteil (Steuern und Abgaben) am Bruttostrompreis liegt bei rund 39 Prozent. 8

Ausbau der Erneuerbaren Energien vs. Kernenergie Der Anteil der Erneuerbaren Energien wird in den kommenden Jahren deutlich steigen. Diese Stromproduktion ist jedoch stark vom Wind- bzw. Wasser- oder Sonnendargebot abhängig; bislang existiert noch keine Möglichkeit, die Mehrproduktion aus Erneuerbaren Energie die z.b. nachts anfällt, wenn wenig Strom verbraucht wird - in ausreichender Menge zu speichern, um bei einem Produktionsmangel ins Netz eingespeist werden zu können. Aus diesem Grund benötigt man weiterhin konventionelle Kraftwerke, die sehr flexibel gefahren werden können und somit derzeit noch einen wichtigen Beitrag zur Netzstabilität leisten. Ein Verzicht von Kernenergie zum jetzigen Zeitpunkt würde dazu führen, dass keine ausreichenden Mengen an Strom zur Verfügung stünden bzw. gespeichert werden könnten und so der Fehlbedarf durch Stromimporte aus dem europäischen Ausland gedeckt werden müsste. Trotz der aktuell bestehenden Bedeutung von Kraftwerken und der Kernenergie ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien durch die EEG-Vergütung (siehe Seite 09) von großem Interesse. Kernkraftwerke können durch ihre technische Bauweise gut auf die volatile Einspeisung durch Erneuerbare Energien reagieren und unterstützen dadurch sogar deren Integration ins Netz. Dies belegen Studien der Uni Stuttgart und Consentec aus Aachen. Die EnBW investiert kontinuierlich in die Sicherheit ihrer Anlagen. So belaufen sich die Investitions- und Nachrüstkosten von GKN I seit Inbetriebnahme auf über 886 Millionen Euro. Dass der Sicherheitsstandard der Anlagen auf höchstem internationalem Niveau ist, wurde der EnBW auch von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) mehrmals bestätigt. In Deutschland ist der Neubau von Kernkraftwerken gemäß Atomgesetz verboten. In anderen Ländern, wie z.b. Frankreich und Finnland befinden sich jeweils ein Kernkraftwerk in Bau, weitere sind in Planung. Den Bau von Kernkraftwerken planen momentan Länder wie z.b. China, Italien, Polen, Schweden, Schweiz und USA. Eine vollständige Übersicht der Länder mit Kernkraftwerken bzw. Neubauplänen findet man auf den Internetseiten der World Nuclear Association (www.world-nuclear.org). Das Erneuerbare-Energien-Gesetz Weil es bislang mehr kostet, Strom aus Wind, Sonne, Wasser oder Biomasse zu gewinnen, als die Produktion mit Kohle oder Kernenergie, werden die Erneuerbaren seit dem Jahr 2000 mit dem Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) staatlich gefördert. Das EEG verpflichtet die Netzbetreiber, Strom aus Anlagen für Erneuerbare Energien vorrangig vor Strom aus anderen Quellen, wie Kohle, Gas oder Kernkraft, aufzunehmen. Der Produzent wiederum erhält für jede Kilowattstunde, die ins deutsche Stromnetz gelangt, eine so genannte Einspeisevergütung. Diese Förderung der Erneuerbaren wird über die EEG-Umlage von jedem Stromkunden bezahlt. Die EEG-Umlage wird jedes Jahr neu berechnet. 9

Aus Gründen der Vereinfachung führt das Versorgungsunternehmen die EEG Umlage im Rahmen der normalen Rechnungsstellung auf, um dieses dann 1:1 an den Staat weiterzuleiten. Verbraucher werden im Jahr 2011 daher 3,530 Cent für jede Kilowattstunde (kwh) Strom zur Förderung des Ausbaus der Erneuerbaren zahlen. Allein die Belastungen aus der EEG-Umlage werden für die Kunden dabei von rund 8,2 Mrd. Euro im Jahr 2010 (2009: 5,3 Mrd. Euro) auf voraussichtlich 13,5 Milliarden Euro im Jahr 2011 steigen. Der deutliche Anstieg der EEG-Umlage wird unter anderem damit begründet, dass für 2010 mit höheren erneuerbaren Erzeugungsmengen, beispielsweise wegen des starken Zubaus neuer Photovoltaikanlagen und damit einer höheren Vergütungssumme gerechnet wird. Die deutschen Stromnetze im Überblick Die Stromnetze in Deutschland haben eine Gesamtlänge von rund 1,78 Millionen Kilometern und mehr als 500.000 Transformatoren. Diese versorgen 45 Millionen Kunden in Industrie, Gewerbe, Handel und Privathaushalten mit Strom. Die Transport- und Verteilsysteme sind in vier Spannungsebenen gegliedert. Höchstspannung (220 und 380 Kilovolt): Leitungen zur Versorgung sehr großer Industriebetriebe und regionaler Stromversorger und für Stromhandel mit dem Ausland Hochspannung (60 bis 220 Kilovolt): regionale und überregionale Verteilernetze für lokale Stromversorger und Industriebetriebe Mittelspannung (6 bis 60 Kilovolt): Leitungen für Industrie und größere Gewerbebetriebe, Verteilernetz regionaler Stromversorger Niederspannung (0,4 Kilovolt): lokale Verteilernetze für Haushalte, Gewerbe und Landwirtschaft. Das Niederspannungsnetz, mit dem die Endverbraucher versorgt werden, hat eine Länge von mehr als einer Million Kilometer. Quelle: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft 10

Konzessionsverträge Eine Konzession ist ein Wegerecht für die Verlegung von Stromleitungen zum Endverbraucher, die über einen bestimmten Zeitraum meist über 20 Jahre geschlossen wird. Eine Gemeinde vergibt einem Betreiber ein Wegerecht und erhält hierfür eine Konzessionsabgabe. Der Konzessionsvertrag regelt das Recht zur Nutzung der Wege, Straßen etc. zur Energieversorgung der Kunden innerhalb des Gemeindegebietes. Der Konzessionsvertrag regelt aber nicht, welcher Energielieferant die Netze nutzt, wie Energie erzeugt oder zu welchen Preisen sie verkauft wird. Ob und wie Erneuerbare Energien gefördert oder unterstützt werden, darf ebenfalls nicht Bestandteil eines Konzessionsvertrages sein, da Erzeugung und Vertrieb vom Netz gesetzlich getrennt sein müssen. Aktuell hält die EnBW Regional AG in Baden-Württemberg mehr als 700 Konzessionen. Rund zwei Drittel wurden bislang verlängert, bei zirka einem Drittel stehen derzeit Verhandlungen an. Quelle: Beteiligungsbericht 2008 der Stadt Tübingen 11

Das NEV-Modell Eine Option für Kommunen im mittleren Neckarraum ist es, dem so genannten Netzverbund des Neckarelektrizitätsverbandes (NEV) beizutreten. Die 167 Mitgliedskommunen des NEV, deren Stromkonzession ausläuft, haben die Wahl, sich zwischen folgenden Möglichkeiten zu entscheiden: - Die Gemeinde verlängert den bisherigen Konzessionsvertrag. - Die Gemeinde beteiligt sich am so genannten NEV-Modell. - Die Gemeinde geht ihren eigenen Weg mit eigenen Stadtwerken. Die EnBW Regional AG, zuständig für die Verteilnetze in diesem Gebiet, verhandelt zurzeit mit dem NEV. Gegenstand der Verhandlung ist die Gründung einer Netzgesellschaft für 123 Kommunen unter wirtschaftlicher Führung der EnBW. Die neu zu gründende Gesellschaft soll ab 2013 das Stromnetz im Verbandsgebiet betreiben. Dieses Modell ist für die Gemeinden attraktiv, weil sie insgesamt weniger Eigenkapital als bei einem eigenen Netzerwerb aufbringen müssten. Die endgültige Festlegung des Kaufpreises soll auf Basis eines unabhängigen Gutachtens zum 1. Januar 2013 erfolgen. Das NEV-Modell sieht eine Beteiligung des NEV und der Kommunen von 51 Prozent und der EnBW von 49 Prozent vor. NEV-Modell im Überblick: Bei den Renditen gibt es zwei Wahlmöglichkeiten für jede einzelne Mitgliedskommune: zum einen könnte unabhängig vom Geschäftsverlauf eine sogenannte Garantie-Rendite (A- Gesellschafter) von rund acht Prozent der Einlage gesichert werden. Grundlage für diesen Wert ist die von der Bundesnetzagentur definierte Verzinsung des Eigenkapitals. Zum anderen besteht die Möglichkeit der Teilhabe am tatsächlichen Erfolg und Risiko der Gesellschaft (T-Gesellschafter). Jede Kommune entscheidet individuell ihre Beteiligung an der Netzgesellschaft. 12

Ausbau erneuerbarer Energien Ziel des gemeinsamen NEV-Modelles ist aber nicht nur die Gründung einer gemeinsamen Netzgesellschaft, sondern auch ein Ausbau erneuerbarer Energien, die Förderung des Klimaschutzes und die Optimierung der Straßenbeleuchtung. Daher ist geplant, im Zuge des NEV-Modells gemeinsam mit der EnBW eine zweite Gesellschaft zu gründen, an der sich die Gesellschafter der Netzgesellschaft beteiligen können. Aufgabe dieser zweiten Gesellschaft soll sein, Erneuerbare-Energien-Anlagen zu bauen und zu betreiben und die Beteiligung an ähnlichen Projekten zur Förderung der erneuerbaren Energie. Übernahme der Konzession durch die Kommune Entscheidet sich die Kommune, das Netz zu übernehmen, muss diese das Netz zum Sachzeitwert zurückkaufen. Weiterhin muss das betreffende Teilstück von dem bestehenden Stromnetz physisch und eigentumsrechtlich getrennt werden. Hierbei entstehen für die Kommune als Käufer zusätzlich so genannte Entflechtungskosten. In vielen Fällen kauft eine Kommune das Netz, belässt aber den Betrieb in Händen eines Energieversorgungsunternehmens. Auch in diesem Fall ist mit entstehenden Entflechtungskosten zu rechnen. Wird eine Konzession durch eine Kommune nicht verlängert, ist davon auszugehen, dass die kommunale/regionale Präsenz entsprechend betrachtet und gegebenenfalls neu bewertet wird. Die Präsenz eines Wirtschaftsunternehmens hängt grundsätzlich von der Geschäftsgrundlage ab. Daher wird jedes Unternehmen zunächst in betriebswirtschaftlicher Hinsicht einen optimierten Einsatz der Ressourcen anstreben. Europäische Energiepolitik Seit etwa 100 Jahren besteht in der Technik der Energieversorgung eine klare Struktur. Große Kraftwerke erzeugen aus meist fossilen Energieträgern elektrische Energie. Diese wird über die Transport- und Verteilnetze zu den Kunden transportiert. In den 70er Jahren wurden die ersten großen Kernkraftwerke ans Netz gebracht. In ihrer Wirkungsweise auf das Stromnetz sind diese mit den Kohlekraftwerken vergleichbar. Dabei speisen die Kraftwerke die elektrische Energie in die Höchstspannungsnetze ein. In der Hochspannung sind große Industriekunden, in der Mittelspannung größere Gewerbebetriebe angeschlossen. Private Haushaltskunden und Kleinunternehmen werden dagegen über die Niederspannungsnetze versorgt. Dabei "fließt" die Energie von den Netzen mit hoher Spannungsebene nach und nach in die Netze mit kleinerer Spannung. Durch permanente Steuerung der Kraftwerke wurde bisher die Stromerzeugung immer an den aktuellen Stromverbrauch angepasst. Ist es nicht möglich, Verbrauch und Erzeugung auszugleichen, kommt es zwangsläufig zu Stromausfällen. 13

Um das Ziel einer Reduzierung von CO 2 -Emissionen zu erreichen, findet derzeit ein Wechsel in den Anforderungen an die europäischen Stromnetze statt. Dies sind insbesondere: - Zunahme von regenerativen Erzeugern, deren eingespeiste Leistung von Wetterbedingungen wie Sonne und Wind abhängt und nicht beeinflusst werden kann. - Zunahme von "kleinen" dezentralen Einspeisern (insbesondere Photovoltaikanlagen), die unmittelbar im Niederspannungsnetz parallel zu den Endverbrauchern angeschlossen sind. - Einstieg in Nutzung von Elektrofahrzeugen - Ausstieg aus der Kernenergie Diese neuen Rahmenbedingungen führen zu mehreren Veränderungen: Die Schwankungsbreite des Stromverbrauchs steigt ebenso wie die Einspeisung durch Sonnen- und Windenergie aufgrund der sich ständig ändernden Wetterlage. Es wird daher immer schwieriger, den Verbrauch, die Erzeugung und die vorhandene Netzkapazität zusammen zu bringen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen hohe Investitionen in die Speicherung von Energie und in ein immer stärkeres Netz getätigt werden. Künftig soll zudem verstärkt ein "intelligentes" Energiesystem genutzt werden, um durch zeitvariable Stromtarife und geschickte Steuerungsmaßnahmen in Verbindung mit wirtschaftlichen Anreizen die zeitliche Flexibilität bei Last und Erzeugung zu nutzen. Ziel ist, den Verbrauch und die Erzeugung elektrischer Energie bei minimiertem Speicherbedarf zur Deckung zu bringen und ein überdimensioniertes Netz zu vermeiden. 3. EU-Binnenmarktpaket Bereits 2005, kurz nach Umsetzung des 2. Binnenmarktpakets, hat die EU-Kommission mit einer Sektorenuntersuchung auf dem Energiemarkt begonnen. In ihrem Abschlussbericht im September 2007 stellte sie fest, dass der Liberalisierungsgrad auf dem europäischen Energiemarkt noch unzureichend sei - es gäbe eine zu hohe Marktkonzentration und zu geringe Marktzutrittschancen. Diese Defizite wollte die Kommission im Rahmen eines neuen Binnenmarktpakets durch schärfere Unbundling-Vorschriften und strengere Regulierung bekämpfen. 2009 trat daher das 3. EU-Binnenmarktpaket in Kraft. In diesem Gesetz ist vor allem der Grundsatz der Entflechtung der Netzbetreiber niedergelegt. Medial wurde das Thema damals auch unter dem Begriff Zerschlagung der Energiekonzerne diskutiert, da insbesondere die großen Energieunternehmen in Deutschland (und auch in der EU) integriert und analog der Wertschöpfungskette aufgestellt waren. Der beschlossene Kompromiss sieht unter anderem die Trennung des Netzbetriebs von Versorgung und Erzeugung von Strom und Gas vor. 14

Er gibt den Mitgliedstaaten dazu die Wahl zwischen drei Optionen: 1. eigentumsrechtliche Entflechtung (Full Ownership Unbundling) 2. unabhängige Netzbetreiber (ISO-Modell) und 3. unabhängige Übertragungsnetzbetreiber (Modell des ITO) Beim Full Ownership Unbundling kann das Eigentum am Netz nicht mehr im Konzern verbleiben. Der Energiekonzern muss so seine Strom- und Gasübertragungsnetze verkaufen, so dass unabhängige Betreiber den Netzbetrieb übernehmen. Neue Netze dürfen nicht erworben werden. Full Ownership Unbundling führt also zu einem Erwerbsverbot und einem Verkaufszwang. Es kommt zu einer kompletten Trennung von Erzeugung/Gewinnung auf der einen Seite und dem Transport auf der anderen Seite. Im Rahmen des ISO-Modells verbleibt dagegen das Eigentum am Netz im Energieversorgungsunternehmen (EVU). Die Kontrolle über den Netzbetrieb hat jedoch ein außerhalb des Konzerns stehender unabhängiger Netzbetreiber (ISO). Investitionsentscheidungen werden alleine vom ISO beschlossen, die jedoch vom EVU zu finanzieren sind. Das EVU hat zudem alle Haftungsrisiken zu tragen, die im Zusammenhang mit dem Netzbetrieb stehen. Dabei hat das EVU auf den Netzbetrieb selbst keine Einflussmöglichkeiten mehr und ist damit zwar formal weiter Eigentümer und verfügt über alle Verpflichtungen, verfügt jedoch nicht mehr über die Eigentumsrechte. Aufgrund dieser Umstände wurde das Modell daher in den Medien und der juristischen Literatur verschiedentlich als de facto-enteignung bezeichnet. Die Bundesregierung hat sich in Deutschland für die Durchführung von Variante 3 (Modell des ITO) ausgesprochen. Dies bedeutet, dass hierzulande die herkömmliche integrierte Konzernstruktur von Netz, Erzeugung und Versorgung bestehen bleiben kann. Nach dem ITO-Modell verbleiben wie bisher sowohl das Eigentum am Netz als auch der Netzbetrieb im Konzern. Es werden aber sehr hohe Anforderungen an die Unabhängigkeit des Netzbetreibers gestellt: So müssen etwa künftig alle internen Vereinbarungen zwischen Mutter und netzbetreibender Tochter der Regulierungsbehörde vorgelegt werden. Das Eigentum am Netz kann nicht mehr bei der Muttergesellschaft verbleiben, sondern muss auf die netzbetreibende Tochtergesellschaft übertragen werden. Das neue Gesetz zwingt somit das Unternehmen, Netz, Vertrieb und Stromproduktion zu trennen. Ungeachtet ihres Bedarfs müssen die Betreiber öffentlicher Netze jenen Strom, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, mit Vorrang abnehmen. Strombörse Leipzig Vor der Liberalisierung wurde der Strom meist bei einigen wenigen Lieferanten bezogen und zu den Kunden in den jeweiligen Versorgungsgebieten weiterverkauft. Diese langfristigen Lieferverträge wichen immer mehr Verträgen mit kurzfristiger Dauer. Strom- und Stromterminbörsen wurden eingerichtet, um, wie andere Börsen auch, den Abschluss von Verträgen zu marktgerechten Preisen zu ermöglichen. Die einzige deutsche Börse für Energieprodukte ist die so genannte Leipziger Strombörse EEX, die 2002 durch die 15

Fusion der deutschen Strombörsen Frankfurt und Leipzig entstand. Die European Energy Exchange AG (EEX) betreibt als führende Energiebörse Europas Marktplätze für den Handel mit Strom, Erdgas, CO2-Emissionsrechten und Kohle und positionierte sich seither im europäischen Energiehandel als führender Handelsplatz. Im EEX-Terminmarkt können Geschäfte auf bis zu sechs Jahre in die Zukunft abgesichert werden. Die Energiebörse bietet Monats-, Quartals- und Jahresfutures an. Zugleich wird an der Strombörse aber auch sehr kurzfristig gehandelt. Unter anderem werden Kontrakte mit Lieferung am selben oder folgenden Tag gehandelt. Börsenteilnehmer kaufen aufgrund eines erhöhten Bedarfs zusätzliche Strommengen ein oder veräußern überschüssige Mengen. Auf diese Weise ist es möglich, kurzfristig Abweichungen von Verbrauchsprognosen zu berücksichtigen und Fahrplanabweichungen zu vermeiden. Zudem wird in Leipzig der Strom für den nächsten Tag gehandelt. Die Handelsteilnehmer nutzen den sogenannten Day-ahead -Markt, um Beschaffung und Verkauf von Strommengen kurzfristig zu optimieren. Infos unter www.eex.com Die großen Vier E.ON Mit über 88.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von knapp 82 Mrd. Euro ist E.ON weltweit eines der größten privaten Strom- und Gasunternehmen. Die E.ON AG ist die Holding des größten nichtstaatlichen Energiekonzerns der Welt mit Sitz in Düsseldorf. E.ON ist in den Kerngeschäftsfeldern Strom und Gas in mehr als 30 Ländern präsent. Rund 83 Prozent der Aktien entfallen auf institutionelle Investoren; 17 Prozent auf private Anleger. Der überwiegende Teil der Aktien (rund 76 Prozent) befinden sich in Streubesitz. www.eon.de 16

RWE Der Essener Konzern ist in Deutschland die Nummer zwei bei Strom und die Nummer drei bei Erdgas. Auch in Großbritannien und Ungarn hat RWE vor allem beim Strom hohe Marktanteile. Ende 2009 befanden sich 80 Prozent der RWE-Aktien im Eigentum institutioneller Anteilseigner und 15 Prozent im Eigentum von Privatanlegern. Die übrigen 5 Prozent werden von RWE gehalten. In Deutschland besitzen institutionelle Anleger 36 Prozent der Anteile, in Nordamerika und Großbritannien 29 Prozent und in Kontinentaleuropa ohne Deutschland 13 Prozent. Größter Einzelaktionär ist mit 16 Prozent die RW Energie-Beteiligungsgesellschaft, in der kommunale Anteile gebündelt sind. Über 70.000 Mitarbeiter versorgen mehr als 16 Millionen Kunden mit Strom und rund 8 Millionen Kunden mit Gas. Im Geschäftsjahr 2009 erwirtschaftete RWE einen Umsatz von rund 48 Mrd. Euro. Aktionärsstruktur: Quellen: Aktionärsstrukturerhebung und Mitteilungen nach dem deutschen Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) www.rwe.de EnBW Mit circa sechs Millionen Kunden und rund 21.000 Mitarbeitern erzielte die EnBW Energie Baden-Württemberg AG 2009 einen Jahresumsatz von rund 15,5 Milliarden Euro. Als drittgrößtes deutsches Energieversorgungsunternehmen konzentriert sich die EnBW auf die Tätigkeitsbereiche Strom, Gas sowie Energie- und Umweltdienstleistungen. Hauptaktionäre der EnBW sind mit 45,01% die Électricité de France (EDF) sowie mit 45,01% die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW). Insgesamt gehören rund 51 Prozent der Anteile dem Kommunalen Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW) und weiteren kommunalen Aktionären wie Neckar- Elektrizitätsverband, Badische Energieaktionärsvereinigung (BEV), Landeselektrizitätsverband Württemberg (LEVW) und Gemeindeelektrizitätsverband Schwarzwald Donau (GSD). 17

EnBW künftig wieder zu 100 Prozent in öffentlicher Hand Anfang Dezember 2010 gab das Land Baden-Württemberg, dass es beabsichtigt, den von der Electricité de France (EDF) an der EnBW Energie Baden-Württemberg AG gehaltenen Anteil von 45,01 Prozent zu erwerben. Damit wird die EnBW künftig wieder zu 100 Prozent in öffentlicher Hand sein. Bis Februar 2001 war das Land Baden-Württemberg an der EnBW beteiligt, Ende Februar 2001 wurde die EDF Gesellschafter der EnBW. Bis heute erhöhte die EDF ihre Anteile in mehreren Schritten auf 45,01 Prozent. Die EnBW ist bereits heute als einziger der vier großen deutschen Energiekonzerne ein mehrheitlich kommunales Unternehmen, das seine Wurzeln in Baden-Württemberg hat. Aktionäre Aktienanteil OEW Energie-Beteiligungs GmbH (OEW) 45,01 % E.D.F. INTERNATIONAL SA (EDFI) 45,01 % EnBW Energie Baden-Württemberg AG 2,30 % Streubesitz 1,85 % Badische Energieaktionärs-Vereinigung (BEV) 2,54 % Gemeindeelektrizitätsverband Schwarzwald-Donau (G.S.D.) 1,28 % Neckar-Elektrizitätsverband (NEV) 0,69 % Weitere kommunale Aktionäre 0,78 % Das Land Baden-Württemberg plant, die Anteile der EDF zu übernehmen. Damit wird die EnBW künftig zu 100 Prozent in öffentlicher Hand sein. Dem Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW), der 45,01 Prozent der EnBW hält, gehören neun Landkreise an: Ravensburg 21,821 Prozent Alb-Donau-Kreis 20,989 Prozent Bodenseekreis 15,812 Prozent Biberach 11,126 Prozent Zollernalbkreis 8,712 Prozent Rottweil 6,479 Prozent Sigmaringen 6,229 Prozent Freudenstadt 5,007 Prozent Reutlingen 3,825 Prozent www.enbw.de 18

Vattenfall Mit der Öffnung der nordischen Energiemärkte in den neunziger Jahren hat Vattenfall auch außerhalb Schwedens expandiert und sich zu einem führenden europäischen Energieversorger entwickelt. Neben Deutschland ist die Vattenfall Gruppe in vielen Ländern Nord- und Mitteleuropas aktiv, unter anderem in Finnland und Polen. Sitz der Vattenfall Europe AG ist Berlin, Hauptaktionär ist die Vattenfall AB. Ende 2009 beschäftige das Unternehmen rund 21.000 Menschen. Der Mutterkonzern Vattenfall AB ist als schwedisches Staatsunternehmen heute in Schweden, Deutschland, Finnland, Dänemark und Polen aktiv. Alleiniger Eigentümer der Muttergesellschaft ist der schwedische Staat. www.vattenfall.de 19