Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF Staatssekretariat für Wirtschaft SECO Personenfreizügigkeit und Arbeitsbeziehungen Arbeitsmarktaufsicht Basierend auf Art. 9 Entsendegesetz (EntsG; SR 823.20) und Art. 17 Entsendeverordnung (EntsV; SR 823.201) erlässt das SECO z.h. der kantonalen sanktionierenden Behörden folgende Empfehlung 2017 Verstösse, welche mit einer Dienstleistungssperre sanktioniert wurden, werden auf der öffentlichen RESA-Liste im Internet publiziert. Am 01.04.2017 ist die Änderung des Entsendegesetzes vom 30.09.2016 1 in Kraft getreten 2. Die Änderungen betreffen die Sanktionsmöglichkeiten gestützt auf Art. 9 EntsG. Die Obergrenze der Verwaltungssanktionen in Artikel 9 EntsG bei Verstössen gegen die minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen wurde dabei von Fr. 5 000.- auf Fr. 30 000.-erhöht. Zudem sollen in besonders schwerwiegenden Fällen die geldwerten Sanktionen und das Verbot zur Erbringung von Dienstleistungen kumulativ ausgesprochen werden können. Weggefallen ist die Unterscheidung zwischen geringfügigen und nicht geringfügigen Verstössen gegen Artikel 2 EntsG. Aus diesem Anlass wurde die Empfehlung des SECO zur Sanktionierung an die neuen gesetzlichen Vorgaben angepasst. Verwaltungssanktionen in Schweizer Franken 1 Administrative Sanktionen im Zusammenhang mit der Entsendung von Arbeitnehmenden 1.1 Verstösse gegen die Meldepflicht (Art. 6 EntsG) 3 Verspätete Meldung vor Arbeitsbeginn Art. 9 Abs. 2 Bst. a EntsG Entsendung bis zu 5 Personen Verwarnung 300.- 600.- Entsendung ab 6 Personen Verwarnung 450.- 900.- 1 BBL 2016 7679 2 AS 2017 2079 3 Die Meldung eines Lohns (Pflicht zur Lohnmeldung nach Art. 6 Abs. 1 Bst. a EntsG) im Rahmen des Online- Meldeverfahrens, welcher nicht den schweizerischen Mindestlohnbestimmungen oder dem orts- und branchenüblichen Lohn entspricht, stellt keinen Verstoss gegen die Meldepflicht dar und hat folglich keine Sanktion zur Folge. Staatssekretariat für Wirtschaft SECO info.paam@seco.admin.ch www.seco.admin.ch 515.1/2005/02625 \ COO.2101.104.3.2034781
Bei Folgefällen erfolgt jeweils eine Verdoppelung der Sanktion bis zur Höchstgrenze von Fr. 5000.-. Verspätete Meldung nach Arbeitsbeginn / Falschmeldung geringfügig Art. 9 Abs. 2 Bst. a EntsG Entsendung bis zu 5 Personen 250.- 500.- 1000.- Entsendung ab 6 Personen 375.- 750.- 1500.- Bei Folgefällen erfolgt jeweils eine Verdoppelung der Sanktion bis zur Höchstgrenze von Fr. 5000.-. Keine Meldung / Falschmeldung schwerwiegend Art. 9 Abs. 2 Bst. a EntsG Entsendung bis zu 5 Personen 500.- 1000.- 2000.- Entsendung ab 6 Personen 750.- 1500.- 3000.- Bei Folgefällen erfolgt jeweils eine Verdoppelung der Sanktion bis zur Höchstgrenze von Fr. 5000.-. 1.2 Verstösse gegen die minimalen Lohnbedingungen (Art. 2 EntsG) 4 1.2.1 Bagatellverstösse Die festgestellte Summe der Lohnunterbietung der gesamten Belegschaft beträgt weniger als Fr. 100.-. 5 Bei belegter Nachzahlung, Kooperationsbereitschaft und im Einzelfall soll lediglich eine gebührenfreie Verwarnung ausgesprochen werden. 1.2.2 Lohnverstoss tiefer als Fr. 5 000. und ab Fr. 5 000.--; Obergrenze Fr. 30 000.- a) Lohnverstoss tiefer als Fr. 5000.- Die festgestellte Summe des Lohnverstosses für die gesamte Belegschaft 6 beträgt weniger als Fr. 5000.--. Im Einzelfall (grosse Anzahl Entsandte sowie relativ lange Einsatzdauer) 4 Sanktionen bei Verstösse gegen die Arbeitsbedingungen wie z.b. gegen das Arbeitsgesetz (ArG) sind im Einzelfall festzulegen. 5 Bei Kurzeinsätzen von bis zu einem Tag liegt der Richtwert bei Fr. 50.-. 6 Die Lohnunterbietung entspricht der Summe der Lohndifferenzen der gesamten unterbezahlten Belegschaft. Lohndifferenz = (Bruttolohn minus Minimallohn). Bsp. 5 Bauarbeiter werden während 20 Tagen in die Schweiz entsandt. Ihr Bruttolohn beträgt Fr. 30.-. Der Minimallohn ist jedoch Fr. 32.-. Die Lohndifferenz beträgt Fr. 2.-*8h*20d*5 Personen=Fr. 1 600.-. Da der Lohnverstoss geringfügig ist (Fr. 1 600.- < Fr. 5000.-) ergibt sich bei unterbliebener Nachzahlung eine Busse von 160%* Fr. 1 600.-= Fr. 2 560.- \ COO.2101.104.3.2034781 2/6
kann der nachfolgende Tarif auch für einen Lohnverstoss von über Fr. 5000.- angewendet werden. Art. 9 Abs. 2 Bst. b EntsG bei unterbliebener/nicht belegter Nachzahlung der Lohndifferenz bei belegter Nachzahlung der Lohndifferenz 1. Mal 160% der Lohndifferenz 50% der Lohndifferenz 2. Mal 170% der Lohndifferenz 60% der Lohndifferenz 3. Mal 180% der Lohndifferenz 70% der Lohndifferenz Erläuterungen: Dieser Tarif gilt bei Wiederholungsfällen und sieht daher einen progressiven Prozentsatz bei den Sanktionen vor. Zudem soll die Situation für Betriebe, welche die Lohndifferenz nachgezahlt haben, wirtschaftlich nicht schlechter ausfallen als für Betriebe, welche die Lohndifferenz nicht nachgezahlt haben. Bei dem hier vorgeschlagenen Tarif resultieren bei Nachzahlung insgesamt tiefere Kosten als bei unterbliebenen Nachzahlungen. b) Lohnverstosssumme ab Fr. 5000.- Die festgestellte Summe des Lohnverstosses der gesamten Belegschaft beträgt mehr als Fr. 5000.--. In schwerwiegenden Einzelfällen, d.h. eine hohe Lohnverstosssumme bei einer geringen Anzahl betroffener Arbeitnehmer und kurzer Einsatzdauer, kann von diesem Tarif abgewichen werden. Art. 9 Abs. 2 Bst. b und c EntsG Summe der Lohnunterbietung Fr. 5'000.- bis 10'000.- Fr. 10'001.- bis 20'000.- Fr. 20'001.- bis 30'000.- bei unterbliebener/nicht belegter Nachzahlung der Lohndifferenz 160% der Lohndifferenz oder Dienstleistungssperre 12 Monate 160% der Lohndifferenz (bis max. 30 000.-) und Dienstleistungssperre 12-24 Monate Fr. 30 000.- und Dienstleistungssperre 24-36 Monate bei belegter Nachzahlung der Lohndifferenz 50% der Lohndifferenz oder Dienstleistungssperre 12 Monate 50% der Lohndifferenz oder Dienstleistungssperre 12-18 Monate Fr. 30 000.- oder Dienstleistungssperre 18-24 Monate Jede Lohnunterbietungssumme von weiteren Fr. 10 000.- hat eine Erhöhung der Dienstleistungssperre um bis zu 12 Monate bei nicht erfolgter Nachzahlung und um bis zu 6 Monate bei erfolgter Nachzahlung zur Folge. Die maximale Dienstleistungssperre beträgt 5 Jahre. \ COO.2101.104.3.2034781 3/6
1.3 Nichtbezahlung rechtskräftiger Sanktionen Art. 9 Abs. 2 Bst. e EntsG Höhe der nichtbezahlten Busse bis Fr. 2000.- Ab Fr. 2001.- bis Fr. 10 000.- Ab Fr. 10 001.- bis Fr. 20 000.- Ab Fr. 20 001.- bis Fr. 30 000.- bei unterbliebener/nicht belegter Nachzahlung der Lohndifferenz Dienstleistungssperre bis 12 Monate Dienstleistungssperre bis 24 Monate Dienstleistungssperre bis 36 Monate (zusätzlich zur DL-Sperre von 12 bis 24 Monaten wegen Lohnverstoss, d.h. total 48 bis 60 Monate DL-Sperre) Dienstleistungssperre bis 48 Monate (zusätzlich zur Sperre von 24 bis 36 Monaten wegen Lohnverstoss, d.h. total 72 bis 84 Monate) 7 bei belegter Nachzahlung der Lohndifferenz Dienstleistungssperre bis 12 Monate Dienstleistungssperre bis 18 Monate Dienstleistungssperre bis 24 Monate Dienstleistungssperre bis 30 Monate Die maximale Dienstleistungssperre beträgt 5 Jahre. In Fällen, bei denen eine geldwerte Sanktion und kumulativ eine Dienstleistungssperre ausgesprochen wurde (Art 9 Abs. 2 Bst. c EntsG) und die geldwerte Sanktion anschliessend nicht bezahlt wurde, kommt eine Dienstleistungssperre wegen Nichtbezahlung der Sanktion zur Anwendung (Art. 9 Abs. 2 Bst. e EntsG). Aus Gründen der Verhältnismässigkeit sollte beim Zusammentreffen mehrerer Dienstleistungssperren die Hälfte der gesetzlichen Maximaldauer von 5 Jahren nicht überschritten werden, d.h. insgesamt maximal 7.5 Jahre Sperre. 1.4 Verstösse von Arbeitgebern, die Arbeitnehmer in der Schweiz anstellen und die gegen den Mindestlohn in einem Normalarbeitsvertrag nach Artikel 360a OR verstossen (Art. 9 Abs. 2 Bst. f EntsG) Geldwerte Sanktionen, siehe Kapitel 1.2. Falls sich die Höhe des Lohnverstosses nicht exakt bestimmen lässt oder falls sich der Sachverhalt über einen längeren Zeitraum erstreckt und sich dadurch die Ermittlung der Höhe des Lohnverstosses erschwert, kann die Beurteilung des Einzelfalls dazu führen, von den Empfehlungen in Kapitel 1.2 abzuweichen. 7 Bei mehreren Dienstleistungssperren sollte die Gesamtdauer maximal das Eineinhalbfache der Dauer von 5 Jahren betragen, d.h. maximal 7.5 Jahre \ COO.2101.104.3.2034781 4/6
1.5 Verfahrensrechtliche Aspekte Der vorliegende Sanktionentarif bezweckt, Betriebe, welche die Lohndifferenz nachzahlen, finanziell nicht schlechter zu stellen als jene Betriebe, die nicht nachzahlen. Dadurch steht der Arbeitgeber unter einem gewissen Druck, die Nachzahlung zu leisten. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Lohnverstoss auf einem Beschluss der PK, allenfalls einem Rekursentscheid einer ZPK beruht, der jedoch in der Regel nicht von einem zivilen Gericht überprüft wurde. Es ist deshalb wichtig, dass der Arbeitgeber im kantonalen Verfahren bei der Gewährung des rechtlichen Gehörs auch die Gelegenheit erhält, die Lohndifferenz zu begleichen, und eine erfolgte Nachzahlung ist bei der Bemessung der Sanktion zu berücksichtigen. 1.6 Inkrafttreten und Empfehlung zur Übergangsregelung 8 Die Revision der Empfehlung tritt am 01.04.2017 in Kraft. Die gesetzlichen Grundlagen enthalten keine Übergangsregelung zum neuen Artikel 9 EntsG. Gemäss dem allgemeinen Grundsatz des Verbots der Rückwirkung von neuem Recht ist die vorliegende Empfehlung auf Verstösse gegen das EntsG anwendbar, die nach dem Inkrafttreten des revidierten Artikels 9 EntsG begangen wurden. Bei Verstössen, die sich über eine längere Zeitdauer erstrecken, wie z.b. bei Verstössen gegen die Minimallohnbestimmungen, ist die revidierte Empfehlung anwendbar, wenn die Dienstleistung nach dem Datum des Inkrafttretens erbracht wurde. Grundsätzlich ist auf die tatsächlichen Einsatztage, nicht auf die im Meldeverfahren angegebenen Tage abzustellen. Bei Verstössen gegen das EntsG im Rahmen von Dienstleistungen, die vor dem Datum des Inkrafttretens begonnen und nach diesem Datum beendet waren, ist die neue Empfehlung anwendbar. Auf Verfahren, die bei Inkrafttreten der Empfehlung hängig sind, ist die bisherige Empfehlung anwendbar. 2 Sanktionen im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Scheinselbständigkeit 2.1 Verletzung der Dokumentationspflicht (Art. 1a Abs. 2 EntsG) Art. 9 Abs. 2 Bst. a EntsG in Verbindung mit Art. 1a Abs. 2 EntsG pro fehlendes Dokument: 200.- pro fehlendes Dokument: 300.- pro fehlendes Dokument: 500.- Ab dem 4. Mal erhöht sich der Ansatz pro fehlendes Dokument im Wiederholungsfall jeweils um Fr. 500.- bis zur Höchstgrenze von Fr. 5000.- Ist die Meldebestätigung oder der Ausdruck der Meldung in gewährten Notfällen nach Art. 6 Abs. 3 EntsV nicht vorhanden, ist auf eine Busse für dieses fehlende Dokument zu verzichten. 8 In der definitiven Version wird dieses Kapitel am Schluss stehen \ COO.2101.104.3.2034781 5/6
Wird der Auftrag / Werkvertrag bzw. die Vertragsbestätigung nicht in einer Landessprache vorgewiesen, kann dies als fehlendes Dokument gewertet werden. Werden fehlende Dokumente oder gleichwertige Dokumente innert Nachfrist nachgereicht, reduziert sichder Bussenbetrag für das nachgereichte Dokument jeweils um die Hälfte. 2.2 Auskunftspflichtverletzung / Verletzung der Pflicht zur Einreichung weiterer Unterlagen (Art. 12 und Art. 1a Abs. 4 und 5 EntsG) Art. 9 Abs. 2 Bst. b EntsG in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 EntsG / Art. 1a Abs. 4 und 5 EntsG Dienstleistungssperre 12 Monate Dienstleistungssperre 18 Monate Dienstleistungssperre 24 Monate Jede weitere Verletzung der Auskunftspflicht / Verletzung der Pflicht zur Einreichung weiterer Unterlagen hat eine Erhöhung der Dienstleistungssperre um 6 Monate zur Folge. Die maximale Dienstleistungssperre beträgt 5 Jahre. Sowohl der sich auf Selbständigkeit berufende Dienstleistungserbringer wie auch dessen Auftraggeber / Besteller mit Sitz im Ausland können mittels Dienstleistungssperre sanktioniert werden, wenn diese ihrer Auskunftspflicht nach Art. 1a Abs. 4 und 5 EntsG nicht nachkommen. Eine Verletzung der Auskunftspflicht liegt in diesen Fällen erst vor, wenn weitere Unterlagen und Auskünfte nach der Kontrolle vor Ort verlangt und nicht eingereicht werden. Eine Verletzung der Dokumentationspflicht nach Art. 1a Abs. 2 EntsG durch den sich auf Selbständigkeit berufenden Dienstleistungserbringers mittels Dienstleistungssperre zu sanktionieren wird nicht bereits empfohlen in Fällen, in denen die Dokumente nach Art. 1a Abs. 2 EntsG bei einer Kontrolle vor Ort nicht vorgewiesen werden konnten und die kontrollierte Person bei der Kontrolle kooperiert. Hingegen wird empfohlen eine Dienstleistungssperre auszusprechen, wenn die Dokumentationspflicht nach Art. 1a Abs. 2 EntsG verletzt, innert angeordneter Nachfrist keine gleichwertigen Dokumente nachgereicht wurden und auf eine weitere Aufforderung zur Einreichung der Unterlagen nicht reagiert wurde. In diesem Fall sind die Voraussetzungen nach Art. 12 Abs. 1 Bst. a EntsG erfüllt. Werden hingegen bei einer Kontrolle der Dokumentationspflicht nach Art. 1a Abs. 2 EntsG bei Zweifeln am Status keine Auskünfte erteilt, wissentlich falsche Auskünfte erteilt oder in irgendeiner Weise die Kontrolle verunmöglicht oder widersetzt sich die zu kontrollierende Person der Kontrolle, kann direkt eine Dienstleistungssperre ausgesprochen werden, dies unabhängig davon, ob die Dokumentationspflicht nach Art. 1a Abs. 2 EntsG erfüllt wurde. Bern, April 2017 \ COO.2101.104.3.2034781 6/6