Leider ist ein Gottesverständnis weit verbreitet, das Religionskritiker zu Recht beanstanden. Sein. Gott Welt

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Transkript:

Verfasser: Peter Frölich, 10.03.2013, Home: www.theologieunterricht.de Ich glaube an Gott Zusammenfassung vorab: Man darf den ersten Satz unseres Glaubensbekenntnisses (Ich glaube an Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde) nicht missverstehen und annehmen, es ginge darum, zu glauben, dass Gott Himmel und Erde erschaffen habe (Teil I). Denn der Glaube beginnt erst da, wo es um die Gemeinschaft mit Gott geht, also um das Vertrauen darauf, in seiner Liebe geborgen zu sein (vgl. Teil II). In der Begegnung mit Gottes Wort erfahren wir, dass die Welt, wie wir mit der Vernunft erkennen, geschaffen ist (Teil I) und dass diese geschaffene Welt in Gottes Gemeinschaft aufgehoben ist, wie wir erst und allein im Glauben erkennen können (vgl. Teil II). An jeweils einer Textstelle aus dem Neuen Testament wird die Unterscheidung deutlich. Hier zu Teil I: Röm 1,20, zu Teil II: Johannes- Prolog. Teil 1: Wer ist Gott? Die christliche Botschaft behauptet Gottes Wort zu sein. Bevor der Adressat der Botschaft sich entscheiden kann, ob er dieses Wort für glaubenswürdig halten darf, muss ihm der Überbringer der Botschaft erklären, wen er mit Gott meint. Dieser muss so mächtig sein, dass das Vertrauen in ihn die Angst in ihrer uns immer wieder beherrschenden Macht außer Kraft setzen kann. Leider ist ein Gottesverständnis weit verbreitet, das Religionskritiker zu Recht beanstanden. Sein Gott - - - - - - - - - - - - - - - Welt Dieses falsche Verständnis ordnet Gott dem Sein unter und macht ihn auf diese Weise zu einem Teil einer Gott und Welt noch einmal umfassenden Gesamtwirklichkeit. Menschen erdenken sich auf diese Weise selber ihren Gott und projizieren ihre eigenen Wünsche auf ihn. Wer ein solches Gottesbild vor Augen hat, beachtet nicht, dass Gott von jeher als der Unbegreifliche gilt, als der im unzugänglichen Licht Wohnende, den kein Mensch gesehen hat noch je zu sehen vermag (vgl. 1 Tim 6,16). Gott, so drückt es der große mittelalterliche Theologe Anselm von Canterbury aus, ist größer als alles, was gedacht werden kann 1. Derjenige, der das Wort Gottes weitersagt, muss das Wort Gott demnach auf solche Art verständlich machen, dass er dabei Gottes Unbegreiflichkeit nicht 1 Anselm von Canterbury (1033-1109): Herr, du bist also nicht nur das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, sondern du bist etwas Größeres, als gedacht werden kann (Proslogion 15 [I, 112, 14]). 1

widerspricht. Das erscheint schwierig, ist aber, wenn das biblische Gottesverständnis zugrunde gelegt wird, möglich: Die Bibel führt die Bedeutung des Wortes Gott durch die Aussage ein, dass nichts in der Welt ohne ihn existieren könnte. Die Welt, so heißt es, sei aus dem Nichts geschaffen (2 Makk 7,28). Diesen Ausdruck müssen wir erklären: Wir wenden uns zuerst dem Wort Nichts zu. Wie soll man sich nichts vorstellen? Viele haben beim Nichts eine weite Leere vor Augen. Aber auch eine vorgestellte Leere ist in Wahrheit ja nicht nichts. Statt aus dem Nichts geschaffen kann man aber sagen, dass die gesamte Wirklichkeit in allem, worin sie sich vom Nichts unterscheidet, also in überhaupt allem, geschaffen ist. Positiv gewendet heißt das: Alle Wirklichkeit in jedem Moment ihres Seins ist geschaffene Wirklichkeit, das Sein der Welt ist mit seinem Geschaffensein vollkommen identisch. Auch die Bedeutung des Wortes geschaffen ist zu klären. Vom Geschaffenen, vom Schöpfer und der Schöpfung sprechen wir auch, wenn wir über Verhältnisse innerhalb der geschaffenen Wirklichkeit reden: Wir bezeichnen z.b. einen Künstler als den Schöpfer der von ihm geschaffenen Werke, seiner Schöpfung. Wir sehen den Künstler und seine Werke vor uns und können problemlos sagen: Dieser Künstler hat all diese Werke geschaffen. Das biblische Schöpfungsverständnis unterscheidet sich davon fundamental: Wenn wir Gott als Schöpfer und die Welt als seine Schöpfung in dieser Weise in Beziehung setzten, würden wir die Unbegreiflichkeit Gottes missachten. Wir begingen dann jenen Fehler, uns Gott und Welt zusammen unter einem Dach vorzustellen. Dass Gott Himmel und Erde geschaffen hat, wie es im Glaubensbekenntnis heißt, besagt demgegenüber, dass die gesamte Wirklichkeit restlos auf Gott bezogen, zugleich aber auch restlos verschieden von Gott ist. Die Welt ist auf Gott bezogen, Gott aber nicht auf die Welt. Die Rede von der Geschaffenheit der Welt führt uns zwar zu einer Aussage in Bezug auf Gott, wir vereinnahmen ihn dabei aber nicht, schließen also nicht umgekehrt von Gott auf die Welt. Wenn wir im Credo sagen, dass wir an den glauben, der alles geschaffen hat, so sollten wir Gott doch nicht als den bezeichnen, von dem alles ist, sondern besser sagen: Gott ist der, ohne den nichts ist. Dies ist ein adäquates Verständnis des Wortes Gott. Es spricht, von der einseitigen Bezogenheit der Welt ausgehend, hinweisend von Gott; Gott selbst aber fällt nicht unter diesen Begriff. Seiner Unbegreiflichkeit widerspricht dieser Begriff nicht. --- Bis hierher haben wir durch die Erklärung der biblischen Rede von der Geschöpflichkeit aller Wirklichkeit einen hinweisenden Begriff von Gott erhalten. Gott haben wir dabei immer in Anführungszeichen gesetzt, weil wir an dieser Stelle noch nicht wissen, ob die Rede von Gott auch berechtigt ist. Die Geschöpflichkeit 2

der Welt muss nun noch an der Welt selbst bewiesen werden 2, damit die Rede von Gottes Wort nicht einfach in der Luft hängt: In dem in aller Kürze folgenden Beweis wird aufgezeigt, dass sich verschiedene Grundgegebenheiten in der Welt allein durch ihr Geschaffensein widerspruchsfrei erklären lassen 3. Beispielsweise ist dieser Aufsatz immer zugleich beides: ein Bewusstseinsgegenstand, also unabhängig von unserem Bewusstsein, und ein Bewusstseinsgegenstand, also abhängig von unserem Bewusstsein. Dies stellt ein Widerspruchsproblem dar, das jede unserer Wahrnehmungen betrifft. Man wird nicht eine Hinsicht finden, die dieses Problem nicht aufwirft. Eine solche Grundgegebenheit lässt sich nur dann widerspruchsfrei erklären, wenn man für das Zugleich der Gegensätze zwei verschiedene Hinsichten angeben kann, die sich nicht wiederum ausschließen: Diese sind allein im restlosen Bezogensein auf / in restloser Verschiedenheit von 4 gegeben, also in der Anerkennung unserer Geschöpflichkeit. Gott Welt (Sein) (+/-) Unter unser Begreifen fällt nur die Welt, nicht Gott. Aber indem wir über die Welt sprechen, können wir hinweisend von Gott sagen, dass er der ist, ohne den nichts ist. Das Zugleich der Gegensätze in der Welt (+/-) lässt sich widerspruchsfrei nur dadurch erklären, dass die Welt geschaffen, d.h. restlos bezogen auf (der Pfeil) / restlos verschieden von (die Linie) ist. Das Woraufhin des Bezogenseins nennen wir Gott. Wir begreifen nicht Gott selbst, sondern nur das von ihm Verschiedene (getrennt durch die Linie), das auf ihn verweist (ausgedrückt durch den Pfeil). Ein anderes Beispiel für eine solche Grundgegebenheit in der Welt, an der sich ein Widerspruchsproblem zeigt, ist die Tatsache, dass alle weltliche Wirklichkeit der 2 Vgl. I. Vatikanum unter Berufung auf Röm 1,20 (DS 3004): Gott, der Ursprung und das Ziel aller Dinge, kann mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft aus den geschaffenen Dingen mit Gewissheit erkannt werden. 3 Die Welt wird in dem Beweis durch ihre Geschöpflichkeit erklärt. Dies lässt sich nicht in den Satz umformen, die Welt werde hier durch Gott erklärt. Es handelt sich nicht um einen Gottes-, sondern um einen Geschöpflichkeitsbeweis. Knauers Geschöpflichkeitsbeweis wird auch als mögliche Lösung weiterer philosophischer Probleme vorgeschlagen: Dominikus Kraschl OFM: Relationale Ontologie. Ein Diskussionsbeitrag zu offenen Problemen der Philosophie. Würzburg, Echter Verlag 2012. 4 Wir haben an dieser Stelle das Wort Gott durch die Offenlassung ersetzt. So wird noch deutlicher, dass wir durch die Rede von der Geschaffenheit der Welt eine Aussage nur in Bezug auf den ( Gott ) treffen, der als er selber größer ist als alles, was man denken kann. 3

Veränderung unterliegt und so zugleich mit sich identisch und nicht identisch ist. Ein Mensch ist als ein sich verändernder in jedem Augenblick seines Daseins ein und derselbe und doch nicht ein und derselbe: Wir sind und werden im selben Moment. Auch diese widerspruchsproblematische Grundgegebenheit lässt sich nur durch die beiden oben genannten Hinsichten, also allein durch ihr Geschaffensein, anders denn als widersprüchlich beschreiben. --- Wir wissen nun, wen die christliche Botschaft meint, wenn sie von Gott spricht. Was ist zu diesem Gottesbegriff zu sagen? Der, ohne den nichts ist, Gott, ist in allem mächtig, was auch immer geschieht. Aber wohltuend ist diese Erkenntnis noch nicht: Denn mächtig ist er ja auch im Unglück und im Leid. Die Feststellung der einseitigen Bezogenheit der Welt auf Gott stellt im Gegenteil sogar den stärksten Einwand gegen eine Beziehung Gottes auf die Welt dar! Denn wir werden trotz intensiver Suche weder in uns selbst noch in der uns umgebenden Welt einen Anhaltspunkt dafür finden, dass wir Gemeinschaft mit Gott haben. Was wir auch immer an Wirklichkeit vernehmen 5, und seien es die tiefgründigsten oder erhabensten Gedanken oder Erfahrungen: Die gesamte Welt ist zwar restlos auf Gott bezogen, aber gleichzeitig auch restlos verschieden von ihm. Wenn damit alles über Gott und die Welt gesagt wäre, hätte in der Folge tatsächlich die Angst das letzte Wort in der Wirklichkeit. Denn die Erkenntnis der unsere Angst auslösenden Todesverfallenheit würde dazu führen, dass jeder Mensch verzweifelt und zuletzt vergeblich versuchen würde, sein Schicksal entweder auszublenden oder ihm zu entgehen: Ein Leben in einer menschlichen Welt sähe anders aus. Zu Röm 1,20 Die wichtige Unterscheidung zwischen Gott, dem Schöpfer, und dem Gott der Liebe, der uns also Gemeinschaft mit sich schenkt (vgl. Teil II), soll an zwei Stellen des Neuen Testamentes erläutert werden. Auf die eine Seite hier gehört z.b. Röm 1,20, wo es um den Schöpfergott geht. Wir begreifen nur das von Gott Verschiedene, das auf ihn verweist: "Seit Erschaffung der Welt (also restlos alles, was war, ist und sein wird, ist geschaffene Wirklichkeit) wird seine unsichtbare Wirklichkeit (unsichtbar, weil wir nur hinweisend von "Gott" reden und so seiner Unbegreiflichkeit nicht widersprechen; von Gott selbst enthält der Gottesbegriff "ohne wen nichts ist" ja nichts) an den Werken der Schöpfung (nämlich im Aufgreifen grundsätzlicher Widerspruchsprobleme in der Wirklichkeit, die sich allein durch ihr Geschaffensein widerspruchsfrei erklären lassen) mit der Vernunft wahrgenommen ( ). (Es handelt sich also noch nicht um einen Glaubensgegenstand, denn von einer Gemeinschaft mit Gott ist noch nicht die Rede; im Gegenteilt, der Gottesbegriff allein ist leer und noch keinesfalls wohltuend; eine Gemeinschaft mit Gott scheint aufgrund der einseitigen Bezogenheit sogar ausgeschlossen. Gerade darauf geht die christliche Botschaft ein, indem sie trinitarisch-inkarnatorisch- 5 Auf vernehmen geht der Begriff Vernunft zurück. Wir vertreten hier einen weiten Vernunftbegriff, der all das umfasst, was wir auf welche Weise auch immer in der Wirklichkeit wahrnehmen. 4

pneumatologisch zeigt, wie sich Gemeinschaft mit Gott dennoch endgültig sinnvoll verstehbar machen lässt.) Teil II: Glauben bedeutet, sich in Gemeinschaft mit Gott zu wissen Innerhalb der geschaffenen Welt begegnet uns im mitmenschlichen Wort aber zusätzlich eine Botschaft, die uns unsere Gemeinschaft mit dem zusagt, ohne den nichts ist. Auf dieses zugesagte Wort richtet sich der Glaube. Die uns heute begegnende Botschaft weist auf ihren Ursprung in Jesus Christus zurück. Die wegen der Einseitigkeit der Bezogenheit der Welt auf Gott eben alles andere als selbstverständliche Verbindung Gottes mit den Menschen erklärt uns der christliche Glaube durch den Hinweis auf die Dreifaltigkeit Gottes, die Menschwerdung und die Geistsendung: Die Welt ist hineingenommen in eine Beziehung Gottes zu Gott, des Vaters zum Sohn im Heiligen Geist. Wer sich in Gemeinschaft mit Gott weiß, wird sich auch von der Angst um sich selbst, von der jeder Mensch zutiefst bestimmt ist, nicht an menschlichem Handeln hindern lassen. Vater Heiliger Geist Mitmenschliche Zusage Welt/ Sein (+/-) Sohn Dass die Schöpfung und in ihr der Mensch an dieser Liebe Anteil haben, wird durch Jesus offenbar: Jesus von Nazareth, so verstehen wir es im Licht unseres Glaubens, wurde vom Beginn seiner Existenz an aufgenommen in die zweite Person in Gott, den Sohn. 5

Vater Heiliger Geist Welt/ Sein (+/-) Jesus Sohn Nach der Aussage des christologischen Konzils von Chalkedon (451) ist Jesus in seinem Menschsein in allem uns gleich, außer der Sünde (vgl. auch Hebr 4,15). Das bedeutet: Das Gottsein Jesu Christi wirkte sich auf sein Menschsein in nichts anderem aus als darin, dass er der Mensch war, der sich nicht von der Angst um sich selbst leiten ließ und der auch andere Menschen aus der Macht ihrer Angst um sich selbst befreien konnte. Denn er teilte ihnen die Gewissheit mit, von Gott mit der Liebe angenommen zu sein, in der Gott ihm als dem Sohn von Ewigkeit her zugewandt ist. Zum Johannes-Prolog Die wichtige Unterscheidung zwischen Gott, dem Schöpfer (vgl. Teil I), und dem Gott der Liebe, der uns also Gemeinschaft mit sich schenkt, soll an zwei Stellen des Neuen Testamentes noch einmal erläutert werden: Auf die andere Seite hier gehört z.b. der Johannes-Prolog, wo es um unsere Gemeinschaft mit Gott geht, wie wir erst und allein im Glauben erkennen: Wir sind in eine Beziehung Gottes zu Gott hineingenommen, indem wir uns um Jesus Christus scharen, der in seiner gesamten Existenz in Gottes Gegenüber (in die 2. Person in Gott) aufgenommen ist (Menschwerdung). Die Liebe Gottes besteht bereits vor Erschaffung der Welt, sie wird uns aber erst auf die mitmenschliche Zusage zur Schöpfung hin in der gläubigen Annahme der Botschaft offenbar. Nichts in der geschaffenen Wirklichkeit ist ein diese Beziehung in Gott mit konstituierendes Element (vgl. die einseitige Bezogenheit der Welt auf Gott), sondern wir haben über Jesus Christus Anteil an der Beziehung Gottes zu Gott. Mit den Worten des Johannes-Evangeliums: Das Wort war im Anfang bei Gott und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist: Die Welt ist also in Christus geschaffen, dies wird aber erst durch die heutige Zusage im mitmenschlichen Wort, das auf Jesus Christus zurückgeht, offenbar: Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt. 6