Bewirtschaftung von Niederschlagswasser durch Kombination von Regenwassernutzung und Versickerung Die Notwendigkeit zur Bewirtschaftung von Niederschlagswasser hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Das Absinken des Grundwasserspiegels durch Versiegelungsmaßnahmen, überlastete städtische Entwässerungssysteme, steigende Wasserpreise, die Einführung von Versiegelungsgebühren und nicht zuletzt die ökologische Sensibilisierung der Menschen in Deutschland, sind die Katalysatoren für das NEUE DENKEN beim Umgang mit Regenwasser. Bisher war es üblich, anfallendes Regenwasser über ein Kanalnetz den Vorflutern zu zuführen. Stellte sich in der Planungsphase heraus, daß das vorhandene Abwassersystem auf Grund seiner Größe (hydrauliche Leitfähigkeit) die anfallenden Wassermengen nicht fassen kann, wurde kurzer Hand ein kostenintensives Regenrückhaltebecken vorgeschaltet. Nachteilig für die Bauherrenschaft wirken sich der Verlust von kostbarem Bauland und die Investitionskosten aus. Die gesamten finanziellen Aufwendungen für den Bau dieser Anlage werden dem Bauherren in Rechnung gestellt. Eine Amortisation oder Refinanzierung eines solchen Bauwerks ist auf Grund seiner Funktionsweise ausgeschlossen. Versickerung von Niederschlagswasser Eine mögliche Variante mit der Entsorgung von Regenwasser wirtschaftlich und ökologisch umzugehen, stellt die Versickerung von Niederschlagswasser dar. Bei dieser Lösung wird im günstigsten Fall das gesamte anfallende Niederschlagswasser dem Boden zugeführt. Entscheidend für die Art der Versickerung ist der Verschmutzungsgrad des anfallenden Regenwassers. Grundsätzlich wird unterschieden zwischen belastetem Niederschlagswasser von Straßen und Hofflächen und geringfügig belastetem Niederschlagswasser von Dachflächen. Werden von Verkehrsflächen noch kleine Mengen an Schadstoffen wie Benzin und Öl abgeschwemmt, so sind solche Inhaltsstoffe im Dachablaufwasser nicht zu erwarten. Um eine Reinhaltung des Grundwasserspiegels auch bei verunreinigten Niederschlagswasser zu gewährleisten, orientiert sich die Fachwelt am natürlichen Prinzip. Bei diesem fällt der Niederschlag auf die Oberfläche des Erdreichs, durchdringt dieses und wird dem Grundwasser zugeführt. Im Mutterboden (genannt belebte Bodenschicht) erfährt das Niederschlagswasser durch Millionen von Bakterien und Kleinstlebewesen eine Reinigung und stellt eine Art biologische Kläranlage dar. Diese hält Schwermetalle und Schwebstoffe zurück, und erhöht durch ihre natürliche Filterwirkung die Lebensdauer einer Versickerungsanlage. Geringfügig belastetes Regenwasser, das ausschließlich von Dachflächen anfällt, kann auch tieferen Bodenschichten zugeführt werden, ohne daß es zwangsläufig den Mutterboden passieren muß. Seite 2
Verschmutzungsgrad belastetes Niederschlagswasser von Hof- und Verkehrsflächen geringfügig belastetes Niederschlagswasser von Dachflächen Versickerung nur über belebte Bodenschicht Versickerung in tieferen Bodenschichten möglich Hauptentscheidungskriterium für eine Versickerungsanlage sind die Bodenverhältnisse am Standort. Der idealste Untergrund ist ein Kies- oder Sandboden, der ungehindert Oberflächenwasser ableitet. In diesem Fall ist eine einfache Mulde im Erdreich ausreichend, um anfallendes Niederschlagswasser über die belebte Bodenschicht kostengünstig und wartungsarm zu entsorgen. Diese Möglichkeit wird als Flächen- oder Muldenversickerung bezeichnet, die in ihrer Form beliebig an die Umgebung angepaßt werden kann. Im krassen Gegensatz zum Sandboden sind wasserundurchlässige Lehmund Tonschichten, wie sie im Chemnitzer Umland vorgefunden werden, für die Versickerung ungeeignet. Zwischen diesen beiden grundsätzlich voneinander abweichenden Bodenarten Sand und Ton befindet sich ein weites Spektrum. In diesem kann das Oberflächenwasser nicht schnell genug das Erdreich durchdringen und dem Grundwasser zugeführt werden. Die Folge wäre ein langanhaltender Anstau in der Versickerungsanlage der zu Schäden in der belebten Mutterbodenschicht führen kann. Dieser Besonderheit wird technisch durch eine Kombination von Muldenversickerung mit unterirdischer Rückhaltung begegnet. Diese Technologie, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, wird als Mulden-Rigolen- System bezeichnet.. Bei geringfügig belastetem Niederschlagswasser besteht weiterhin die Möglichkeit, dieses direkt in ein Sickerrohr oder in einen speziellen Schacht einzuleiten. Bezeichnet werden diese Systeme nach der Art der Einleitung in Schacht- oder Rohrversickerung. Die wesentlichen Kriterien, eine Versickerungsanlage in ihrer Größe zu bestimmen, sind neben der Bodenbeschaffenheit auch die anfallenden Niederschlagsmengen. Diese müssen über das System störungsfrei und dauerhaft abgeleitet werden. Die Dimensionierung von Versickerungsanlagen erfolgt nach dem ATV Arbeitsblatt A 138. Nach dieser Richtlinie wird ein Bemessungsblockregen angenommen, der in seiner Intensität z.b. statistisch alle 20 Jahre überschritten wird. Doch nicht immer ist es möglich, diese Wassermengen über einen begrenzten Zeitraum wirtschaftlich abzuleiten. Seite 3
In einem Großteil Sachsen s und Thüringen s ist eine Versickerung prinzipiell möglich. Doch schwere, begrenzt durchlässige Böden bremsen oder zerschlagen die so oft erzeugte Euphorie der wirtschaftlichen Versickerung von Niederschlagswasser. Die Mengen des anfallenden Niederschlagswassers können vom Untergrund nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten aufgenommen werden. Hier stellt die Kombination einer Versickerungs- und einer Regenwassernutzungsanlage die ideale und wirtschaftlichste Lösung dar. Das Regenwasser wird bei dieser bewährten Technologie in einem speziellen Behälter (Retentionszisterne) zwischengespeichert und anschließend in kleinen Wassermengen verzögert dem Untergrund zugeführt. Diese Kombination ermöglicht es, auch bei ungünstigen Böden Niederschlagswasser zu versickern und die Anlage klein und wirtschaftlich zu gestalten. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, durch die Nutzung des bevorrateten Regenwassers, Trinkwasser zu ersetzen. Als mögliche Verbraucher, die unbedenklich mit Niederschlagswasser betrieben werden können, kann hier nur beispielhaft die Gartenbewässerung, Toilettenspülung, Waschmaschine oder im industriellen Bereich die Kühlwasseranlage aufgezählt werden. Regenwassernutzung und ihre wirtschaftliche Kombination mit der Versickerung Die Systemtechnik der Regenwassernutzung konnte in den letzten Jahren revolutioniert werden. Hersteller, die sich vom Einfamilienhaus bis zum Industriegelände ausschließlich auf diesem Fachgebiet spezialisierten ermöglichten neue Konzepte. Durch Planungsunterstützung und Komplettlösungen wird dem Fachingenieur ein höchstes Maß an Planungssicherheit bei geringstem Planungsaufwand ermöglicht. Gleich welcher Anlagengröße bestehen moderne System nur noch aus zwei Komponenten, die Sie aus einer Hand erhalten. Diese bestehen aus eine speziellen ZISTERNE und einem Regenwassermanager RMO oder MAX. Die FILTERZISTERNE, in der alle Komponenten integriert sind, steht steckfertig dem Fachunternehmen in Kunststoff oder Beton zur Verfügung. In dieser ist das patentierte IRM - Filtersystem enthalten geringer Höhenversatz, 98 % Wasserausbeute unabhängig von der Göße der Dachfläche selbstreinigend Betonzisterne Kunststoffzisterne Seite 4
Bevorratet wird ausschließlich sauerstoffreiches, gefiltertes Regenwasser. Die heute üblichen Systemkomponenten Beruhigter Zulauf, Überlaufsiphon und Schwimmende Entnahme sichern eine konstant gute Qualität des Zisternenwassers. Bodensedimente werden beim Zulauf von Regenwasser nicht aufgewirbelt, leichte Stoffe (Blütenstaub usw.) werden abgeschwemmt, Kleintiere können nicht in die Zisterne gelangen und schließlich wird immer das sauberste Wasser aus der Zisterne entnommen. Im Regenwassermanager RMO oder MAX befindet sich die gesamte Versorgungseinheit der Trinkwassernachspeisung, Steuerung, Druckerhöhung und Gebäudeleittechnik Der Anschluß an die Gebäudeleittechnik mit integrierter Fernüberwachung, Teichnachspeisung, und Vegetationssteuerung gehört bei der Großanlagentechnik MAX zum Standard. Großanlagentechnik MAX-C12 Regenwassermanager RMO-4 Die ausgereifte IRM - Mikro-prozessor-Steuerung koordiniert alle Bauteile untereinander und realisiert selbst eine automatische Erstinbetriebnahme. Auch bei unvorhersehbaren Störungen, wie Rückstau in der Zisterne, gewährleistet das System eine uneingeschränkte Versorgung der Verbraucher mit Trinkwasser. Seite 5
Regenwassernutzung und ihre wirtschaftliche Kombination mit der Versickerung Der Sammelbehälter selbst kann in Kombination mit der Versickerung schematisch in zwei Bereiche gegliedert werden. Die unterste Zone stellt den Teil, aus dem Betriebswasser für unterschiedliche Verbraucher (z.b.: Waschmaschine) zur Verfügung gestellt wird. Die obere Zone, die als Retentionsbereich bezeichnet wird, übernimmt das Zwischenspeichern von Regenwasser. Die Trennstelle dieser zwei Schichten ist eine Bohrung (Blende) im unteren Bereich des speziell geformten Überlaufsiphons. Steigt der Wasserspiegel in der Zisterne über diese Öffnung, wird der Großteil des Niederschlagsereignisses im oberen Bereich vorerst zurückgehalten. Ein definierter Volumenstrom, der durch die Größe der Blende im Siphon festgelegt ist, verläßt zeitgleich die Zisterne. Dieser entleert zeitverzögert die oberste Zone im Sammelbehälter, bis zum nächsten Niederschlagsereignis. Dieser verhältnismäßig kleine Wasserstrom läuft aus der Filter- Zisterne in eine Versickerungsanlage. Im Großteil der Fälle wird es sich um geringfügig belastetes Niederschlagswasser handeln, das direkt in eine Schacht- oder Rigolenversickerung eingeleitet werden kann. Hinsichtlich der Kontamination von Niederschlagswasser, hat eine Reihe von Untersuchungen gezeigt, daß eine Zisterne als Schadstoffsenke fungiert, und diese als zusätzlicher natürlicher Filter betrachtet werden kann. Im industriellen Bereich wird auch sehr oft Schadstoff belastetes Regenwasser von Hof- und Dachflächen genutzt. Wie im Vorfeld beschrieben, kann dieses nur über die belebte Bodenschicht dem Grundwasser zugeführt werden. Um den Höhenunterschied von Auslauf Zisterne im Erdreich bis zur Geländeoberkante zu überwinden, wird dem Sammelbehälter ein Pumpschacht nachgeschaltet. Von dort fördert eine spezielle Tauchmotorpumpe das überschüssige Wasser in eine oberirdische Versickerungsanlage mit belebter Bodenschicht. Filterzisterne mit Retentionstechnik Einzelanlage Seite 6
Großanlage Die Besonderheit der Retentions-Zisterne ist in der Dimensionierung der Versickerungsanlage und in der Wirtschaftlichkeit des Gesamtkonzeptes zu sehen. Mit der konventionellen Methode wurde die Versickerungsanlage schlagartig mit der gesamten anfallenden Niederschlagswassermenge beaufschlagt, und für diesen Anwendungsfall bemessen. Bei der Kombination der Regenwassernutzung mit der Versickerung wird der anfallende Niederschlag zeitverzögert, mit geringfügigen Wassermengen der Versickerungsanlage zugeführt. Diese kann somit kleiner und kostengünstiger erstellt werden. Wirtschaftlich betrachtet, ermöglicht der Betrieb einer solchen Anlage nicht nur die Freistellung von der Versiegelungsgebühr, sondern bewirkt auch eine signifikante Reduzierung der Trinkwassergebühren. Diese Variante ermöglicht es, ganze Wohngebiete, auch bei schlechten Bodenbedingungen ohne öffentlichen Regenentwässerungskanal zu betreiben. Das Niederschlagswasser wird am Entstehungsort entsorgt und stellt somit keine weitere finanzielle Belastung für die Gemeinschaft dar. Auch Regenrückhaltebecken, deren Kosten von der Allgemeinheit getragen werden müssen, sollten hinsichtlich ihrer Notwendigkeit hinterfragt werden. Beispiele von Wohn- und Industriegebieten in Städten und Gemeinden, in denen diese Technologie ausgeführt wurde, sind zahlreich. Gerade in Neubaugebieten lassen sich bereits im Bebauungsplan gezielte Maßnahmen zur Nutzung und Versickerung von Regenwasser treffen. Enrico Götsch Öbv. Sachverständiger Seite 7