Leitsatz: Allgemeine Wasserkosten sind Kosten der Unterkunft im Sinne von 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO und fallen nicht unter den Freibetrag nach 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Buchst. a) ZPO (entgegen BGH, Beschluss vom 08.01.2010, VIII ZB 18/06). OLG Dresden, Beschluss vom 08.11.2010, Az.: 23 WF 0951/10,
2 Oberlandesgericht Dresden 23. Zivilsenat - Familiensenat Aktenzeichen: 23 WF 0951/10 1 F 611/09 (VKH) AG Aue Beschluss des 23. Zivilsenats - Familiensenat vom 08.11.2010 In der Familiensache xxx Antragstellerin und Beschwerdeführerin Verfahrensbevollmächtigte: xxx gegen Antragsgegner xxx wegen Namensrechts hier: Verfahrenskostenhilfe
3 hat der 23. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch Richterin am Oberlandesgericht Plewnia-Schmidt, Richter am Oberlandesgericht Klerch und Richter am Oberlandesgericht Köhler beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Familiengericht - Aue vom 26.02.2010, Az.: 1 F 611/09, in Nr. 3 abgeändert: Die Antragstellerin hat keine Raten zu zahlen. 2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. G r ü n d e : I. Die Antragstellerin hat Verfahrenskostenhilfe beantragt für ihren Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zur Namensänderung ihrer Tochter. Die Antragstellerin und ihre 1993 geborene Tochter beziehen Leistungen nach dem SGB II. Für die Wohnung, die die Antragstellerin mit ihrer Tochter bewohnt, zahlt die Antragstellerin eine Kaltmiete von 266,00 EUR und einen Betriebskostenvorschuss von 154,00 EUR, davon für Wärme/Heizung 50,00 EUR, für Warmwasser 16,00 EUR, Kaltwasser 32,00 EUR, für sonstige umlagefähige Betriebskosten nach 2 BetrKostVO 56,00 EUR. Mit Beschluss vom 26.02.2010 hat das Amtsgericht Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten bewilligt und angeordnet, dass die Antragstellerin monatliche Raten i.h.v. 15,00 EUR zu zahlen hat. An Kosten der Unterkunft und Heizung hat es 372,00 EUR berücksichtigt und so ein einzusetzendes Einkommen von 48,35 EUR errechnet. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die die volle Anrechnung der Wohnkosten i.h.v. 420,00 EUR für richtig hält. Im Nichtabhilfebeschluss vom 14.07.2010, der
4 mit der Beschwerde dem Oberlandesgericht am 15.10.2010 vorgelegt wurde, führt das Amtsgericht aus, dass die Wohnkosten mit 388,00 EUR anzusetzen seien, da die Aufwendungen für Kaltwasser aus dem Parteifreibetrag abzudecken seien. Damit summierten sich die berücksichtigungsfähigen Ausgaben einschließlich des Parteifreibetrages auf insgesamt 875,00 EUR (Wohnkosten 388,00 EUR; Parteifreibetrag 395,00 EUR; Kinderfreibetrag [276,00 - Kindergeld 184,00 EUR =] 92,00 EUR). Bei Hartz IV-Leistungen i.h.v. 907,35 EUR verblieben 32,35 EUR einzusetzendes Einkommen. II. Der Senat entscheidet in voller Besetzung, weil das Verfahren vom Einzelrichter auf den Senat übertragen wurde ( 76 Abs. 2 FamFG, 568 ZPO). Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Antragstellerin hat lediglich ein einzusetzendes Einkommen von 12,00 EUR, so dass sie gemäß 115 Abs. 2 ZPO keine Raten zu zahlen hat. Mit dem Amtsgericht ist davon auszugehen, dass auch der der Antragstellerin nach dem SGB II zugestandene Mehrbedarf für Alleinerziehende i.h.v. 43,00 EUR voll als Einkommen zu berücksichtigen ist (BGH, Beschluss vom 05.05.2010, XII ZB 65/10, juris). Bei den Abzügen für Unterkunft und Heizung ist allerdings auch der in den Nebenkosten enthaltene Betrag für Wasser zu berücksichtigen. Der entgegenstehenden Auffassung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 08.01.2008, VIII ZB 18/06, juris Rn. 8) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Der Bundesgerichtshof stützt seine Auffassung darauf, dass 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO, wie sich bereits aus Nr. 1 Buchstabe a ergebe, an das System der Sozialhilfe anknüpfe und danach die Kosten für Strom und Wasser nicht unter die Leistungen für Unterkunft und Heizung fielen, sondern bereits durch die Leistungen für den Regelbedarf abgedeckt würden. Dies sei in 20 Abs. 1 SGB II für die Haushaltsenergie ausdrücklich
5 vorgesehen und ergebe sich im Übrigen aus 2 Abs. 2 Nr. 3 der seinerzeit geltenden Regelsatzverordnung zu 28 SGB XII. Entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs sind allerdings die Wasserkosten im Regelsatz nicht enthalten. Der Verweis auf 2 Abs. 2 Nr. 3 RegelsatzVO (in der Fassung geltend ab 01.01.2005) verkennt deren Regelungsgehalt. In der Vorschrift ist geregelt, dass sich der Eckregelsatz aus der Summe von Verbrauchsausgaben zusammensetzt, die sich aus unterschiedlichen Prozentanteilen verschiedener Abteilungen einer vom statistischen Bundesamt erstellten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ergeben. Von der Abteilung 04, die die Überschrift "Wohnung, Wasser, Strom, Gas u. a. Brennstoffe" trägt, sind nach der Vorschrift 8 % einzurechnen. Die in der Überschrift genannten Gegenstände, auf die sich die Ausgaben dieser Abteilung beziehen, sind somit keineswegs vollständig, sondern nur zu 8 % in den Eckregelsatz eingerechnet. Daraus kann somit kein Rückschluss darauf geschlossen werden, welcher von diesen genannten Gegenständen im Einzelnen abgedeckt werden soll. Dazu bedarf es eines Rückgriffs auf die sozialgesetzlichen Vorschriften. Für Empfänger von Leistungen nach dem SGB II ist für die Regelleistung auf 20 SGB II zurückzugreifen. Dort wird ausgeführt, dass die Regelleistung insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben erfasst. Die Regelleistung umfasst mit dem Begriff Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile auch den Betrag, der für die Warmwasserbereitung aufgewandt werden muss (Bundessozialgericht, Urteil vom 27.02.2008, B 14/11b AS 15/07R, juris). Die ab dem 01.11.2005 bis zum 30.06.2006 geltende Fassung des 20 Abs. 1 SGB II lautete: "Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Le-
6 bens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben..." Weder nach der alten noch nach der neuen Fassung ergibt sich ein Hinweis aus der Norm, dass die Kosten für Wasser in der Regelleistung bereits enthalten sind. In Literatur und Rechtsprechung zu 22 SGB II wird davon ausgegangen, dass die Kosten für Wasser als Betriebskosten zu den Kosten für Unterkunft zählen (Bundessozialgericht, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 38/08R Rn. 14; Bayrisches Landessozialgericht, Urteil vom 10.06.2010, L 7 AS 612/09, juris, Rn. 46 ff; Krauß in Hauck/Noftz, Loseblattsammlung Ergänzungslieferung IV/09, Kommentar zu 22 SGB II Rn. 34). Nicht als Kosten für Unterkunft und Heizung abzugsfähig sind lediglich die Kosten für die Warmwasserzubereitung (BSG, Urteil vom 27.02.2008, aao.). Das waren beim Regelsatz von 345,00 EUR West 6,22 EUR (BSG aao. juris Rn. 25). Hochgerechnet auf den inzwischen geltenden Regelsatz von 359,00 EUR beträgt der Anteil der Warmwasserbereitung 6,47 EUR (Bayrisches Landessozialgericht, Beschluss vom 24.06.2010, L 7 AS 371/10 BER, juris, Rn. 15). Die entsprechend berechneten Werte hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in einem im Internet unter www.bmas.de veröffentlichten Schreiben an die Landesministerien u. a. vom 11.01.2010 tabellarisch aufgelistet. Danach kann für die Warmwasserbereitung maximal abgezogen werden für die Antragstellerin 6,47 EUR und für ihre Tochter, die eine Regelleistung von 80 % erhält, 5,18 EUR, gesamt 11,65 EUR, so dass von den Mietkosten insgesamt 408,35 EUR (420,00-11,65 EUR) anzurechnen sind. Es ergibt sich folgende Berechnung: Leistungen nach dem SGB II Kindergeld Summe 907,35 EUR 184,00 EUR 1.091,35 EUR
7 Abzüge: Parteifreibetrag Kinderfreibetrag Kosten für Unterkunft und Heizung einzusetzendes Einkommen 395,00 EUR 276,00 EUR 408,35 EUR 12,00 EUR Die Antragstellerin hat somit Raten nicht zu zahlen ( 115 Abs. 2 ZPO). Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ( 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG). Rechtsbehelfsbelehrung: Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zulässig. Sie ist binnen einer Frist von 1 Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof, 76125 Karlsruhe, einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde, enthalten. Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit ihr soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden. Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von 1 Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde, sowie die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe enthalten, und zwar die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt, soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben. Die Rechtsbeschwerde und die Begründungsschrift müssen von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch eigene Beschäftige oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts vertreten lassen. Die zur Vertretung berechtigte Person muss die Befähigung zum Richteramt haben. Plewnia-Schmidt Klerch Köhler