Thema Ägypten. Gernot L. Geise. Die Barkengruben auf dem Gizeh-Plateau

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Transkript:

Gernot L. Geise Die Barkengruben auf dem Gizeh-Plateau Blick auf die Cheopspyramide mit der östlichen Umgebung. Das Barkenmuseum befindet sich am Südrand der Pyramide. Wer schon einmal in Ägypten auf dem Gizeh-Plateau war, dem wird die eine oder andere längliche Grube aufgefallen sein, jeweils durch ein Geländer gesichert. Bei diesen Gruben handelt es sich um in den gewachsenen Fels des Plateaus gehauene Begräbnisstätten für Boote bzw. Barken. Sie wurden einem Pharao oder höheren Würdenträger für das Leben nach dem Tod mitgegeben. Wir wollen uns hier nicht darüber auslassen, ob diese Grabbeigaben unsinnig waren oder nicht. Nach der altägyptischen religiösen Auffassung benötigte ein Pharao (oder sonst ein höherer Würdenträger) eine Barke, um den Himmel zu durchqueren und die Sterne zu erreichen, um es kurz auszudrücken. Natürlich war das alles nur symbolisch gemeint, denn das wussten natürlich auch die Ägypter, dass man mit einem Boot nicht durch die Lüfte fahren kann. Zudem waren die gefundenen Barken in den Bootsgruben alle säuberlich zerlegt. Ein Pharao konnte mit den Einzelteilen herzlich wenig anfangen (und auch sonst niemand), erst recht nicht nach seinem Tod als Geistwesen. Außerdem hätte er erst die tonnenschweren Abdeckblöcke von der jeweiligen Grube entfernen müssen. Aber schwerste Gewichte locker zu handhaben, stellte ja für die Altägypter offenbar kein Problem dar. Bis heute wurden allein im Cheops- Pyramidenbereich sieben der schiffförmigen Bootsgruben entdeckt. Alle waren mit schweren Steinblöcken abgedeckt, wovon heute allerdings so gut wie nichts mehr vorhanden ist. Bis auf zwei Gruben waren sie alle leer. Diese Bootsgruben stellen, wie so vieles in Ägypten, ein Rätsel dar. Als die erste Bootsgrube an der Südseite der Cheopspyramide gefunden wurde, war das eine Novität, denn begrabene Boote in Gruben waren bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt. Später fand man dann auch 6 SYNESIS-Magazin Nr. 2/2009

Das Barkenmuseum mit dem rekonstruierten Boot des Pharao Cheops wurde über der Bootsgrube errichtet. Links im Bild sieht man die aufgereihten Abdeckblöcke, die im Museum nicht mehr über die Grube gelegt wurden. bei anderen Pyramiden, etwa in Saqqara, Bootsgruben. Es war eigentlich ein Zufall, dass diese Grube 1954 entdeckt wurde. Kurz nach dem Ende des zweiten Weltkrieges beschloss die Ägyptische Antikenbehörde, die Cheopspyramide von dem Schutt und angewehten Sand zu befreien, der sich über mehr als ein Jahrhundert um die Pyramide herum angesammelt hatte (Kleine Zwischenbemerkung: Eine solche Säuberungsaktion würde auch heute dem Gizeh- Plateau gut tun!). Der Schutt hatte inzwischen die Ausmaße von Dünen angenommen. Die Entfernung des Schutts wurde sorgsam vorgenommen, also nicht mit großem Gerät, weil man ja nicht wusste, ob unter diesem Schutt eventuell noch einige Artefakte liegen könnten, die den frühen Ausgräbern entgangen sind. Im Frühjahr 1954 näherte sich die Aufräumungsaktion ihrem Ende. Unter der Leitung des jungen Architekten- SYNESIS-Magazin Nr. 2/2009 Archäologen Kamal el-mallakh und dem Archäologen Zaki Nur reinigten sie zum Schluss die Südseite der Pyramide. Hier häuften sich Schutt und Sand rund zwanzig Meter hoch. Da es an einigen Stellen im Umfeld der Pyramide Hinweise auf einen gepflasterten Hof gab, der möglicherweise einst die ganze Pyramide umgeben hatte, lautete die Anweisung an die Arbeiter, den Draufsicht-Skizze: So verlief die Umfassungsmauer direkt über die Bootsgrube (Jenkins) 7

Der Schutthügel, unter dem sich die Bootsgrube und Teile der Umfassungsmauer befanden (Jenkins) Schutt bis auf den Grundfelsen oder, sofern vorhanden, bis auf die ausgelegte Pflasterung abzutragen. Diese bestand aus Steinplatten von mehr als einem halben Meter Dicke, wie man sie auch an anderen Stellen im Pyramidenumfeld gefunden hatte. Beim Abräumen des Schutts stieß man auf einen Teil einer Mauer, die wohl zu der Temenosmauer gehört hatte, die einst den ganzen Pyramidenkomplex umgeben hatte. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits Teile der nördlichen und westlichen Umfassungsmauer bekannt, sodass dieser Mauerfund keine Überraschung darstellte. Die Umfassungsmauer soll annähernd zwei Meter hoch gewesen sein und sich vom Totentempel, von dem heute nur noch ein Teil der schwarzen Basalt-Pflasterung vorhanden ist, rund um die Cheopspyramide erstreckt haben. Sie bestand aus Gesteinsschotter, der von einer Art Zement zusammengehalten wurde. Die Mauer wurde dann mit Mörtel geglättet und mit einem weißen Gipsüberzug versehen. Der Unterschied zwischen der Südmauer und der Nord- bzw. Westmauer bestand nur darin, dass diese nicht wie die beiden letzteren 23,6 Meter, sondern fünf Meter näher von der Pyramidenbasis entfernt stand. Der damalige Ausgrabungsleiter Kamal el-mallakh vermutete intuitiv, dass die Südmauer deshalb näher an die Pyramide gebaut wurde, um etwas zu verbergen. Tatsächlich kamen, nachdem seine Arbeiter den Boden freigelegt hatten, die riesigen Abdeckblöcke zum Vorschein, von denen man zunächst nicht wusste, dass sie eine Schiffsgrube abdeckten. Teil der Bootsgrube, wie sie heute im Barkenmuseum besichtigt werden kann. Damit man in die Grube schauen kann, wurde nur ein Teil der Abdeckblöcke wieder darüber gelegt. Die restlichen Blöcke lagern außerhalb des Museums. 8 SYNESIS-Magazin Nr. 2/2009

Die Mauer war genau über den Blöcken errichtet worden. Auf einem der Blöcke fand Mallakh einen Teil der Kartusche des Djedefré, des dritten Königs der Vierten Dynastie, welcher ein Sohn des Cheops war. Dies wurde, nachdem man hier eine Schiffsbestattung vorfand, als Beweis dafür angesehen, dass Djedefré seinem Vater unmittelbar auf den Thron folgte und nicht, wie es lange angenommen wurde, Chephren. Er steht somit als der Nachfolger des Cheops fest und hat die Bestattung seines Vaters vorgenommen. Auf anderen Blöcken waren Zeichen der antiken Steinmetzen sowie hingeschmierte Hieroglyphen in rotem und gelbem Ocker oder mit Lampenruß sichtbar. Heute sind die Zeichen, bedingt durch Umwelteinflüsse, weitgehend verschwunden. Als unbedarfter Beobachter frage ich mich natürlich sofort, warum die Bauleute die Bootsgrube nicht ein paar Meter weiter entfernt von der Pyramide angelegt hatten? Der Arbeitsaufwand wäre derselbe gewesen, aber die Symmetrie der Umfassungsmauer wäre an allen Seiten gleich gewesen, weshalb dann auch niemand einen Verdacht hätte schöpfen können, dass hier etwas verborgen sein sollte. Die Bootsgrube wurde ursprünglich von 41 riesigen Steinblöcken abgedeckt und verschlossen. Ein Teil davon ist noch heute erhalten und liegt wieder über der nun leeren Bootsgrube, über die das Barkenmuseum errichtet wurde. Die restlichen Abdeckblöcke hat man auf der westlichen Seite des Barkenmuseums aufgestellt. Blick in die Bootsgrube. Man kann gut den Sims erkennen, auf dem die Decksteine auflagen. So lag 1954 bei ihrer Entdeckung die Barke zerlegt in der Bootsgrube. SYNESIS-Magazin Nr. 2/2009 Die rekonstruierte Barke kann von verschiedenen Ebenen aus betrachtet werden. 9

Die Barke, von der man zunächst nicht wusste, dass sie in der Grube lag, war in 1224 Einzelteile zerlegt. Zwei Monate dauerte es, bis allein die großen Gruben-Decksteine mittels Kränen abgehoben waren. Da stellt sich auch hier wieder die Frage, mit welchen Methoden die alten Ägypter so spielerisch mit den schweren Gesteinsmassen umgingen. Immerhin wiegen die Decksteinblöcke jeweils rund sechzehn Tonnen. Die Rekonstruktion dieses ältesten erhaltenen Schiffes der Welt durch den Restaurator Ahmed Youssef Moustafa dauerte mehr als zehn Jahre, zumal eine Reihe von Teilen mühsam ausgebessert oder gegen neue Holzteile ausgetauscht werden musste. Insgesamt fünfmal hat Moustafa das 43,40 Meter lange und 5,90 Meter breite Schiff, das einen Tiefgang von 1,50 Meter hat, zusammengesetzt und wieder auseinander genommen, ehe die Rekonstruktion zufriedenstellend gelang. Bootsgrube neben der Königin Henutsen-Pyramide. In dieser unscheinbaren Wellblechbaracke hinter dem Barkenmuseum lagert eine weitere zerlegte Barke. Bootsgrube neben der Königin Hetepheres-Pyramide. Heute ist das rekonstruierte Boot im Barkenmuseum zu bewundern. Allerdings sträuben sich jedem Archäologen die Haare, welchen Bedingungen die Barke jetzt ausgesetzt ist, obwohl die einzelnen Holzteile sorgfältig präpariert worden sind. Tagsüber heizt sich das Museum, bedingt durch die Betonkonstruktion mit den großen Glasflächen, im Innenraum extrem stark auf. Da sind 10 SYNESIS-Magazin Nr. 2/2009

die wenigen Frischluftgebläse in der Decke des Museums nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Abends kühlt sich hingegen alles ab. Während die Barke in zerlegtem Zustand in seiner Grube Jahrtausende in gleichförmiger Temperatur von rund 22 Grad und gleichmäßiger Luftfeuchtigkeit verbrachte (die Grube war hermetisch versiegelt), ändern sich heute in dem Barkenmuseum quasi minütlich Temperaturen und Luftfeuchtigkeit. Aber es besteht Hoffnung. Wenn erst einmal das neue Ägyptische Museum auf dem Gizeh-Plateau fertig erbaut sein wird, wird auch die Cheops-Barke dorthin überführt werden, in klimatisierte Räume. Hoffentlich erleidet das immerhin tausende Jahre alte Holz bis dahin keine irreparablen Schäden. Die derzeitige Unmöglichkeit einer schadenfreien Lagerung ist auch der Grund dafür, warum man eine zweite entdeckte Barke bisher in ihrer Grube beließ und die Grube wieder versiegelte. Der Standort wird von der Antikenbehörde verschwiegen, weil man vermeiden will, dass Grabräuber Teile davon entwenden. Das hat durchaus seinen Grund, denn die anderen im Laufe der Zeit freigelegten Bootsgruben waren anscheinend alle mehr oder weniger geplündert worden, wobei die Grabräuber wenig Rücksicht auf die Bootsteile nahmen. Die Einzelteile einer weiteren Barke liegen in einem unscheinbaren niedrigen Anbau mit Wellblechdach westlich neben dem Barkenmuseum verstaut und warten auf bessere Zeiten. Nachdem die erste Bootsgrube gefunden war, fand man im Laufe der Zeit bisher sechs weitere Gruben im Umfeld der Cheopspyramide, so auch zwischen den Königinnenpyramiden. Ungeklärt ist bisher, warum die doch recht großen Bootsgruben angelegt wurden, in denen sich keine Boote befanden. Alles auf irgendeine Symbolik abzuschieben scheint mir denn doch ziemlich weit hergeholt. Oder haben Grabräuber die zerlegten Barken heraus geholt? Holz - und die Barken bestanden schließlich nicht aus dem weichen Palmenholz, sondern aus importiertem Hartholz - war schon jeher in Ägypten eine Kostbarkeit. Die Bootsgruben haben nichts mit den zum Teil recht tiefen und großen Gruben und Schächten zu tun, die ebenfalls auf dem Gizeh-Plateau rund SYNESIS-Magazin Nr. 2/2009 Eine Grube auf der Ostseite der Cheopspyramide Die Trial Passage - blickt man durch die vergitterte Außentür, so sieht man einen abwärts führenden, in der Finsternis der Tiefe verschwindenden Gang von etwa den Dimensionen des aufwärts führenden Ganges in der Cheopspyramide. Aber offiziell gibt es ja keine Gänge unterhalb des Gizeh-Plateaus... um die Cheopspyramide vorhanden und durch Geländer gesichert sind. Diese weisen teilweise eine Tiefe von mir geschätzten dreißig Metern auf. In der Tiefe kann man teilweise abzweigende Seitengänge erkennen. Genauso verhält es sich mit der sogenannten Trial Passage auf der Ostseite der Pyramide, nördlich der Basalt- Überreste des Cheops-Totentempels. Die Passage besteht aus einem in die Tiefe führenden Gang, ähnlich dem engen Aufweg in der Cheopspyramide. Der Zugang ist natürlich durch eine Gittertür versperrt. Man kann durch das Gitter in den Gang schauen, aber nicht erkennen, ob sich am vielleicht vierzig oder fünfzig Meter entfernten in Dunkelheit liegenden Ende des Ganges ein oder zwei Quergänge befinden, was eigentlich logisch wäre. Aber die Ägyptologen behaupten weiterhin steif und fest, in der Nähe der Cheopspyramide gäbe es keine unterirdischen Gänge... 11