Inhalt: R. Brandt Aktiver Bewegungsapparat, Muskulatur, Bewegungskoordination 1. Aufbau des Muskels 2. Mechanismus und Steuerung der Muskelkontraktion 2.1 Gleitfilamenttheorie 2.2 Zyklus der Actin-Myosin Interaktion 2.3 Regulation der Interaktion durch Calcium-Ionen 2.4 Organisation der Muskeln 3. Motorische Endstrecke und Funktion der motorischen Endplatte 3.1 Die motorische Endplatte als Prototyp einer Synapse 3.2 Signalübertragung an der motorischen Endplatte 4. Reflexe 5. Pyramidales System 6. Extrapyramidales System Literatur: Campbell, Biologie (Spektrum), Kapitel Sensorik und Motorik Reichert, Neurobiologie (Thieme) Kahle, Taschenatlas der Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane (Thieme)
Prinzipieller Aufbau eines Nervensystems Nervensystem = Gesamtheit der Nervenzellen Sensorischer Eingang (Input) Motorischer Ausgang (Output) Verarbeitung der Information (Integration) (aus Campbell, Biologie) Sensorischer Eingang Verarbeitung der Information Motorischer Ausgang
Motorisches System Verarbeitung der Information Motorischer Ausgang
Mehrkernige Muskelfasern (im Menschen: 50 µm Durchmesser, bis zu 50 cm lang) Myofibrillen Sarkomer (etwa 2.5 µm lang) 1. Aufbau des Muskels Muskeltypen: - Skelettmuskel (quergestreifte Muskeln) - Herzmuskel (quergestreifter Muskel aber mit elektrischer Kopplung) - Glatte Muskeln
2. Mechanismus und Steuerung der Muskelkontraktion Gleitfaser-Modell (1954)
Zyklus der Actin-Myosin Interaktion gebunden gelöst gebunden Rigor Kraftschlag (Alberts et al., Molecular Biology of the Cell, verändert)
Regulation der Interaktion von Myosin und Aktin: Ca2+ benötigt: Ca 2+ -Ionen, ATP Troponin-Tropomyosin Tropomyosin Komplex F-actin Troponin- Tropomyosin F-actin Ca 2+ Ca ATP/ ADP Troponin- Tropomyosin Myosin ATP/ ADP Myosin Ca 2+
Der Troponin-Tropomyosin Tropomyosin Komplex
Regulation der Interaktion von Myosin und Aktin: Sarkoplasmatisches Retikulum Ca(2+)-ATPase
Organisation der Muskeln Zusammenspiel zwischen (Endo( Endo-)Skelett und Muskeln Muskeln können nur kontrahieren
Motorische Endstrecke und Funktion der motorischen Endplatte Motor Einheit: Einzelnes Motoneuron (alpha-motoneuron)) + alle Muskelfasern die durch dieses Neuron innerviert werden Anzahl an Muskelfasern, die durch ein einzelnes Motoneuron innerviert werden: 2-33 (Finger) bis 50-60 (andere Muskeln)
Die motorische Endplatte als Prototyp einer Synapse Vorteil: Gute Zugänglichkeit Größe Anatomie der motorischen Endplatte 3 interagierende Zelltypen: Motoneuron, Skelettmuskel, Schwannzelle Strukturen: - Präsynaptische Spezialisierung - postsynaptische Spezialisierung - Basalmembran
Transmitterfreisetzung erfolgt in Quanten Je mehr Ca2+ in die präsynaptische Endigung einfließen kann, um so mehr Quanten werden freigesetzt Morphologisches Korrelat eines Quantums ist ein fusioniertes synaptisches Vesikel ohne Stimulierung nach Stimulierung An der motorischen Endplatte ( große Synapse) ) werden pro Aktionspotential etwa 200 Quanten freigesetzt, jede mit etwa 5000-10000 Acetylcholinmolekülen,, in ZNS Neuronen kann aber auch nur ein Quant/Aktionspotential freigesetzt esetzt werden
Acetylcholin: Charakteristisches Enzym: Cholin-Acetyltransferase Transmitter der Motoneuronen des Rückenmarks Transmitter aller präganglionären Neuronen des vegetativen Nervensystems und der postganglionären Neuronen des Parasympathicus Transmitter in vielen Nervenbahnen des Hirns, die vom Hirnstamm ausgehen Acetylcholinesterase Soman Donepezil
Signalübertragung an der motorischen Endplatte Aktivierung des (nikotinischen( nikotinischen) Acetylcholinrezeptors induziert die Bildung eines Aktionspotentials, das sich in die T-TubuliTubuli ausbreitet
Bestimmung der Muskelspannung Muskelspindel: eingekapselter sensorischer Rezeptor im Muskel parallel zu den Muskelfasern (extrafusale( Fasern) Dehnungsrezeptor Anatomie: besteht aus 5-105 quergestreiften Muskelfasern (intrafusale( Fasern), die von einer Kapsel umschlossen sind Mittlerer Teil ist nicht kontraktil dort endet starke sensible Nervenfaser daneben dünnere d sensible Nervenfasern Dünne motorische Fasern ( -Fasern)( an den Enden
Reflexbögen Was sind Reflexe? Muskelreaktionen, die durch Verbindungen der affarenten Fasern der Hinterwurzel mit Vorderhornzellen zustande kommen, ohne daß eine Weiterleitung an das Gehirn notwendig ist. Testmöglichkeit: Trennung (Transektion( Transektion) ) des Rückenmarks vom Gehirn Monosynaptischer Reflexbogen Multisynaptischer Reflexbogen
Eigenreflex (Dehnungsreflex) Einfachster Reflex: Kontraktion eines Muskels wenn dieser verlängert wird Nachweis, daß es sich um einen Reflexbogen handelt durch Sherrington (Anfang des 20. Jahrhunderts) Monosynaptischer Reflexbogen Heteronyme Innervation Reziproke Innervation
Eigenreflex (Dehnungsreflex) Einfachster Reflex: Kontraktion eines Muskels wenn dieser verlängert wird Nachweis, daß es sich um einen Reflexbogen handelt durch Sherrington (Anfang des 20. Jahrhunderts) Monosynaptischer Reflexbogen Heteronyme Innervation Reziproke Innervation
Fremdreflex Reizung von Hautrezeptoren Polysynaptischer Reflexbogen Reziproke Innervation Koordinierte Aktion mehrerer Muskelgruppen
Modifikation von Reflexen Supraspinale Kontakte zu - und - Motoneuronen Spinaler Schock
Bahnen der Willkürmotorik Kontrolle der subkortikalen motorischen Zentren durch den Kortex Primärer motorischer Kortex (Feld 4) Reiz, der zum Auslösen sen von Bewegung führt ist am niedrigsten motorisches Befehlszentrum 6 4 Prämotorische kortikale Areale (z.b. Feld 6) Programmierung von Bewegung, Entscheidungen Somatotope Organisation
Hauptsächliche Bahn der Willkürmotorik: Pyramidenbahn Massives Faserbündel (etwa 1 Mill. Axone), das seinen Ursprung vor allem im Motorkortex hat Somatotope Organisation Integration in den motorischen Hirnnervenkernen der Medulla (sog. Pyramiden ). Pyramidenkreuzung
Enden in der Regel in der Zona intermedia zwischen Hinter- und Vorderhorn an Zwischenneuronen Ein kleiner Teil kontaktiert direkt -Motoneurone im Vorderhorn (meist für Flexor-Muskeln), die damit unter der direkten Kontrolle des Pyramidensystems stehen.
Extrapyramidales System Phylogenetisch älter ist extrapyramidales extrapyramidalesmotorisches System - multisynaptische Neuronenketten - Im engeren Sinn: : Gruppe von Kernen mit hohem Eisengehalt (Basalganglien( Basalganglien) - Im weiteren Sinn: : zusätzlich als Integrationszentrum das Kleinhirn Funktion: Servo mechanismus zur Unterstützung aller Bewegungen notwendig für weiche Bewegungen
Basalganglien Striatum (Putamen und Caudatum) Pallidum Nucleus subthalamicus Nucleus ruber Substantia nigra Verbunden durch zahlreiche Neuronenbahnen Rückkopplungsmechanismen Pallidum Striatum (caudatum) Striatum (putamen) Nucleus subthalamicus Nucleus ruber Substantia nigra
Verknüfung der Basalganglien (schematisch) Doppelläufige Verbindungen z.b. zwischen Striatum und S. nigra sowie Pallidum und Nucleus subthalamicus
Läsionen in den Basalganglien führen zu charakteristischen Bewegungsstörungen: Hemiballismus unbewußte (häufig gewalttätige) anfallsartige Schleuderbewegungen eines Arms oder der ganzen Körperhälfte Läsion des N. subthalamicus Parkinson Krankheit (Schüttellähmung) - beständiges Ruhezittern, Maskengesicht, gebeugte Rumpfhaltung Läsion der S. nigra Chorea Huntington (erblicher Veitstanz) kurze irreguläre Bewegungen Läsion des Striatum
Integration: Kleinhirn (Cerebellum) Enthält etwa 10% des Hirnvolumens aber 50% seiner Nervenzellen Verbindung über die Pedunculi cerebellaris ( Kleinhirnstiele ) mit dem Hirnstamm Verlauf aller eintretenden und austretenden Bahnen Viele parallel verlaufende Windungen auf der Oberfläche, sog. Folia Unterscheidung in Rinde und Kerne
Zellen der Kleinhirnrinde Nervenzellen in der Kleinhirnrinde sind hochgradig geordnet und in wiederkehrenden Einheiten angeordnet Module Purkinjezelle Organisation der Kleinhirnrinde Aufbau aus 3 Schichten: Molekularschicht: zellarm und faserreich, Axone der Körnerzellen (als Parallelfasern entlang der Folia ), Dendriten der Purkinje- Zellen (2-dimensional und quer zu den Parallelfasern) Purkinje-Zellschicht Zellschicht: Einzelzellschicht der Purkinjezelllkörper, Axone projezieren in die weiße Substanz Körnerschicht: sehr zellreich, dichtgepackte Körnerzellen
Zwei Endigungstypen: Eingehende Verschaltungen Moosfasern: - kommen von Kernen im Rückenmark und Hirnstamm - enden an Dendriten der Körner- und Golgizellen in der Körnerschicht Kletterfaser: - stammen von der unteren Olive (einem Kern des Kleinhirns) - umwickeln Zellkörper und proximale Dendriten einer einzelnen Purkinjezelle, wobei sie unzählige Kontake ausbilden.
Verschaltungen innerhalb der Kleinhirnrinde 1. Axone der Körnerzellen verbinden (erregend) etwa 350 hintereinanderliegende Dendritenbäume der Purkinjezellen. Durch jeden Dendritenbaum ziehen etwa 200,000 Parallelfasern Ausgehende Signale Axone der Purkinjezellen projezieren in tiefliegende Kerne des Kleinhirns und bewirken den ausschließlich hemmenden (GABA-ergen ergen) Ausgang der Kleinhirnrinde
Einlaufende Erregungen über Moosfasern (von Rückenmark und Hirnstamm) enden an Dendriten der Körner- und Golgizellen Funktionsprinzipien I Bewirken (über Parallelfasern der Körnerzellen) Erregung nur einer Reihe von Purkinjezellen. Golgizellen sind wesentlich größer als Körnerzellen und haben einen Dendritenbaum, der sich allseitig ausbreitet. Sie werden großvolumiger erregt als die Körnerzellen und inhibieren lokal (über kurze Axone) Purkinjezellen. Mechanismus der Kontrastbildung (Abgrenzung der Erregung)
Funktionsprinzipien II Durch die Anordnung von Purkinje- Dendriten und Parallelfasern erhalten benachbarte Purkinjezellen mit zeitlicher Verzögerung Signale der gleichen Körnerzelle (Leitungsgeschwindigkeit der Parallelfaser: : 0.2 m/s; entspricht etwa 0.1 ms für benachbarte Purkinjezelle) Zeitliche Korrelation von Signalen kann errechnet werden und Bewegung (Muskelaktivierung) sequentiert werden (dort treten auch häufig Schwierigkeiten bei Läsionen des Kleinhirns auf)
Motorisches Lernen z.b. Vestibulo-okularer okularer Reflex: sorgt dafür, daß die Augen bei Kopfdrehung ein Ziel fixieren können. Beim Tragen einer prismatischen Brille dreht sich der Reflex nach einer Lernphase um. Zerstörung des Vestibulozerebellums verhindert diese Anpassung Einfaches Modellsystem für motorisches Lernen: Rabbit eyelid conditioning Konditionierter Reiz (KR) Unkonditio- nierter Reiz (US) Ton Luftzug Moosfasern Kletterfasern Kleinhirnrinde Subkortikale Kerne (Interpositus nucleus) (from: Ohyama et al. (2003) What the cerebellum computes. Trends Neurosci.. 26: 222-227) 227)