Stellungnahme zur Nutzenbewertung des G-BA von Arzneimitteln gemäß 35a SGB V. Ceritinib

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Transkript:

22. November 2017 Stellungnahme zur Nutzenbewertung des G-BA von Arzneimitteln gemäß 35a SGB V Ceritinib veröffentlicht am 1. November 2017 Vorgangsnummer 2017-08-01-D-296 IQWiG Bericht Nr. 552 1. Zusammenfassung 2. Einleitung 3. Stand des Wissens 4. Dossier und Bewertung von Ceritinib (Zykadia ) 4. 1. Zweckmäßige Vergleichstherapie 4. 2. Studien 4. 3. Endpunkte 4. 3. 1. Mortalität 4. 3. 2. Morbidität 4. 3. 2. 1. Progressionsfreie Überlebenszeit 4. 3. 2. 2. Remissionsrate/Symptomatik 4. 3. 2. 3. Lebensqualität 4. 3. 2. 4. Nebenwirkungen 4. 4. Bericht des IQWiG 5. Ausmaß des Zusatznutzens 6. Literatur 1. Zusammenfassung Mit Ceritinib (Zykadia ) wird das zweite neue Arzneimittel für die Erstlinientherapie von Patienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) und Nachweis eines ALK Rearrangements bewertet. Ceritinib ist als Monotherapie zugelassen. Als zweckmäßige Vergleichstherapie hat der G-BA den ALK-Inhibitor Crizotinib festgelegt, und das IQWiG mit der Dossierbewertung beauftragt. Pharmazeutischer Unternehmer und IQWiG kommen zu unterschiedlichen Vorschlägen. Einen Überblick über Vergleichstherapie und Bewertungsvorschläge gibt Tabelle 1. Tabelle 1: Berechnung des Zusatznutzens durch pu und IQWiG G-BA Pharmazeutischer Unternehmer IQWiG Zusatznutzen Subpopulationen ZVT Zusatznutzen Ergebnissicherheit Ergebnissicherheit - Crizotinib beträchtlich hoch nicht belegt -

Seite 2 von 7 Unsere Anmerkungen sind: Crizotinib ist eine geeignete, zweckmäßige Vergleichstherapie. Dies entspricht nicht dem Kontrollarm der Zulassungsstudie. Zum Zeitpunkt der Initiierung der Zulassungsstudie war eine platinhaltige Chemotherapie der Therapiestandard, als zweckmäßige Vergleichstherapie ist sie aktuell nicht mehr geeignet. Basis der frühen Nutzenbewertung von Ceritinib ist ASCEND-4, eine multizentrische randomisierte Phase-III-Studie mit 376 Patienten. Ceritinib führt gegenüber platinhaltiger Chemotherapie zu einer Erhöhung der Remissionsrate um mehr als das Doppelte und zur Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit um etwa das Doppelte. Der Einfluss von Ceritinib auf die Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit ist statistisch nicht signifikant (p=0,056), aber aufgrund einer Switching-(Crossover-)Rate von 42,8% aus dem Chemotherapie- in den Ceritinib-Arm nur eingeschränkt bewertbar. Leider ist die weitere Postprogressionstherapie mit anderen ALK-Inhibitoren im Dossier nur unzureichend dokumentiert. Ceritinib ist in der in der Studie als Ausgangsdosis gewählten Dosierung mit belastenden Nebenwirkungen wie Übelkeit und Diarrhoe assoziiert. Ceritinib ist ein weiterer wirksamer ALK-Inhibitor. Im indirekten Vergleich erscheint die Wirksamkeit von Ceritinib der Wirksamkeit von Crizotinib mindestens gleichwertig zu sein. Das progressionsfreie Überleben und die Dauer der Wirksamkeit bei Hirnmetastasen sind länger, allerdings bei erhöhter Toxizität. 2. Einleitung Das Lungenkarzinom ist weltweit eine der häufigsten Krebserkrankungen. Die Zahl der Neuerkrankungen in Deutschland wird für das Jahr 2016 auf insgesamt 55.300 geschätzt [1]. Lungenkrebs liegt bei Frauen an dritter Stelle, bei Männern an zweiter Stelle der Häufigkeit aller Krebserkrankungen. Die altersstandardisierten Erkrankungsraten steigen bei den Frauen kontinuierlich, in Deutschland seit dem Ende der 1990er um 30%. Bei den Männern sind sie im gleichen Zeitraum um 20% gesunken. Das mittlere Erkrankungsalter liegt für Frauen bei 69, für Männer bei 70 Jahren. Die Mortalität ist bei Patienten mit Lungenkrebs hoch. Die relativen 5-Jahres-Überlebensraten liegen für Frauen bei 21%, für Männer bei 16%. Bei der Krebssterblichkeit liegt das Lungenkarzinom bei Männern an erster, bei Frauen an zweiter Stelle. 3. Stand des Wissens Basis für die Stratifikation der medikamentösen Therapie beim fortgeschrittenen NSCLC ist heute die gezielte molekulargenetische Diagnostik auf prädiktive Mutationen [2]. Unsere aktuellen Empfehlungen sind in Abbildung 1 dargestellt. Abbildung 1: Therapie des fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms

Seite 3 von 7 Legende: 1 ALK Gen der Anaplastic Lymphoma Kinase; 2 ROS1 Gen der Protoonkogen Tyrosinproteinkinase ROS; 3 EGFR Gen des Epidermal Growth Factor Receptor; 4 andere genetische Aberrationen BRAF, RET, MET, HER2; 5 UC uncommon mutations, UC I Punktmutationen oder Duplikationen in den Exonen 18-21, UC II Mutation T790M im Exon 20 allein oder in Kombination mit anderen Mutationen, UC III Exon 20 Insertionen; 6 EGFR Expression mittels Immunhistochemie (ICH); 7 EGFR- TKI Afatinib, Erlotinib, Gefitinib; 8 CR komplette Remission, PR partielle Remission, SD stabile Erkrankung, PD progrediente Erkrankung; 9 Chemotherapie wie bei Patienten ohne aktivierende ALK1, ROS1 oder EGFR-Mutationen; 10 Zytostatikum 3. Generation Gemcitabin, Pemetrexed, Taxane, Vinorelbin; 11 Erhaltungstherapie Bevacizumab bei Nicht-Plattenepithelkarzinom und nach Vorbehandlung mit Bevacizumab; Pemetrexed bei Adenokarzinom und nach Vorbehandlung mit Pemetrexed; 12 BSC Best Supportive Care; 13 bei Nachweis einer PD-L1 Expression auf mindestens 1% der Tumorzellen; wurde nur bei Patienten getestet, die nicht mit einem Anti-PD1 Antikörper vorbehandelt waren; 14 der formelle Nachweis der Wirksamkeit ist nicht geführt bei Patienten, in der Erstlinientherapie mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor vorbehandelt sind; 15 Nintedanib bei Adenokarzinom; 16 klinische Studie die Teilnahme an klinischen Studien wird in allen Behandlungssituationen empfohlen; hier bestehen aktuell eine besonders große Unsicherheit und ein ungedeckter medizinischer Bedarf; Bei 4-5% aller Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom ist genetisch in den Tumorzellen ein Rearrangement (Gentranslokation oder inversion) mit Beteiligung des ALK Gens nachweisbar. Häufigster Translokationspartner ist EML4. Diese erworbene genetische Veränderung führt zur Überexpression von ALK (Anaplastische Lymphom-Kinase). ALK ist eine Tyrosinkinase, die im normalen Lungengewebe nicht aktiv ist. Durch die ständige ALK-Aktivierung kann es unter Beteiligung komplexer Signaltransduktionswege zu unkontrollierter Zellteilung kommen. Der Nachweis von ALK Translokationen ist assoziiert mit Nicht-Rauchen, Adenokarzinom, jüngerem Lebensalter und dem fehlenden Nachweis von aktivierenden EGFR Mutationen. Daten zum Einsatz von Ceritinib und anderen gezielten ALK-Inhibitoren in der Erstlinientherapie sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Tabelle 2: Randomisierte Studien zu gezielten Inhibitoren in der Erstlinientherapie von Patienten mit ALK+ NSCLC

Seite 4 von 7 Erstautor / Risikogruppe Kontrolle Neue The- N 1 RR 2 PFÜ 3 ÜLZ 5 Jahr rapie (HR 4 ) (HR 4 ) Solomon, Erstlinie Pemetrexed/ Crizotinib 343 45 vs 74 7,0 vs 10,9 n. e. vs n. e. 2014 [3] Cisplatin p < 0,0001 0,454 7 oder p < 0,0001 n. s. Pemetrexed/ Carboplatin Soria, 2017 Erstlinie Platin-basierte Ceritinib 376 26,7 vs 72,5 8,1 vs 16,1 26,2 vs n. e. [4] Kombination, gefolgt von Pemetrexed Er- p < 0,0001 0,55 p < 0,00001 0,73 p = 0,056 haltung Peters, 2017 [5] Erstlinie Crizotinib Alectinib 303 76 vs 83 5 p = 0,09 11,1 vs n. e. 0,47 7 p <0,0001 1 N - Anzahl Patienten; 2 RR - Remissionsrate in %; 3 PFÜ - progressionsfreie Überlebenszeit in Monaten; 4 HR - Hazard Ratio; 5 ÜLZ - Gesamtüberlebenszeit, in Monaten; 6 Ergebnis für Kontrolle, Ergebnis für Neue Therapie; 7 Hazard Ratio in grüner Farbe - Vorteil für Neue Therapie; 8 n. s. - nicht signifikant; 4. Dossier und Bewertung von Ceritinib 4. 1. Zweckmäßige Vergleichstherapie Crizotinib ist eine angemessene, zweckmäßige Vergleichstherapie, entsprechend den Leitlinien. 4. 2. Studien Grundlage der jetzigen Nutzenbewertung ist ASCEND-4, eine offene, kontrollierte, multizentrische, randomisierte Phase-III-Studie. Die Ergebnisse der Zulassungsstudie wurde in einem Peer-Review-Journal publiziert [4]. 4. 3. Endpunkte 4. 3. 1. Überlebenszeit Die Gesamtüberlebenszeit ist ein relevanter Endpunkt bei Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC. Sie war nicht primärer Endpunkt der Zulassungsstudie. Die Daten der Analyse aus dem Dossier des pharmazeutischen Unternehmers sind in Abbildung 1 dargestellt. Abbildung 1: Gesamtüberlebenszeit von ASCEND-4 zum Vergleich von Ceritinib versus Chemotherapie in der Erstlinientherapie von Patienten mit ALK+ NSCLC

Seite 5 von 7 In der Auswertung des Dossiers liegt die Überlebenskurve unter Ceritinib ab Monat 3 durchgehend oberhalb des Vergleichsarms. Der Unterschied ist mit p = 0,056 nicht statistisch signifikant entsprechend den methodischen Vorgaben. Allerdings wechselten 42,8% der Patienten bei Progress/Rezidiv vom Chemotherapie- in den Ceritinib-Arm. Leider fehlt im Dossier eine Dokumentation der Postprogressionstherapie. Da mit Crizotinib und Alectinib zwei weitere gezielte ALK-Inhibitoren in verschiedenen Ländern zugelassen sind, kann auch der Einsatz dieser Arzneimittel bei Progress/Rezidiv das Bild zuungunsten von Ceritinib verzerren. 4. 3. 2. Morbidität / Lebensqualität / Patient-Reported Outcome Morbidität ist aufgrund der belastenden Symptomatik bei dem fortgeschrittenen Krankheitsbild ein besonders wichtiger Endpunkt bei Patienten mit NSCLC. Ein spezielles Problem beim ALK+ NSCLC ist die hohe und morbiditätsträchtige Rate von ZNS Metastasen. 4. 3. 2. 1. Progressionsfreies Überleben Das progressionsfreie Überleben war primärer Endpunkt der Zulassungsstudie. Die Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit um das Doppelte auf 16,4 Monate ist beeindruckend, der Hazard Ratio von 0,55 statistisch hoch signifikant. Im indirekten Vergleich ist das progressionsfreie Überleben länger als unter Crizotinib. In zwei randomisierten Studien wurde das mediane progressionsfreie Überleben unter Crizotinib mit 10,9 bzw. 11,1 Monaten berechnet [3, 5]. 4. 3. 2. 2. Remissionsrate Die Remissionsrate war nicht primärer Endpunkt der Zulassungsstudie. Die Remissionsrate lag unter Ceritinib bei 72,5%, mehr als doppelt so hoch als im Chemotherapie-Arm. Die Remissionsrate liegt im

Seite 6 von 7 Bereich von Crizotinib. In zwei randomisierten Studien wurde die Remissionsrate unter Crizotinib mit 74 bzw. 75,5% Monaten berechnet [3, 5]. Bei den intrakraniellen Metastasen lag die Gesamtansprechrate unter Ceritinib bei 41,0%, unter Chemotherapie bei 18,3%. 4. 3. 2. 3. Nebenwirkungen Schwere Nebenwirkungen im CTCAE Grad 3/4, die bei >5% unter Ceritinib auftraten, waren Anstieg von Leberwerten, Fatigue, Übelkeit, Hyperglykämie, Übelkeit und Diarrhoe. Der Vergleich der Nebenwirkungen in der Publikation der Zulassungsstudie [4] und im Dossier des pharmazeutischen Unternehmers ist unterschiedlich in der Darstellung. Das Dossier vergleicht alle unerwünschten Ereignisse nur als die Zeit bis zu ihrem Auftreten. Die Rate von Therapieabbrüchen aufgrund von schweren Nebenwirkungen lag unter Ceritinib mit 11,1% etwas niedriger als unter Chemotherapie mit 16,6%. 4. 3. 2. 4. Lebensqualität / Patient-Reported Outcome Lebensqualität und Patient-Reported-Outcome wurden mittels der Fragebögen EORTC QLQ-C30 und LCSS erfasst. Eine Verschlechterung der Lebensqualität trat im Ceritinib- später als im Chemotherapie- Arm auf. Bessere Ergebnisse fanden sich bei den körperlichen, bei der Rollen- und bei kognitiven Funktionen. 4. 4. Bericht des IQWiG Der Bericht ist ausführlich. Ein Zusatznutzen von Ceritinib gegenüber Crizotinib als zweckmäßiger Vergleichstherapie wird mit der angewandten Methodik nicht erfasst. 5. Ausmaß des Zusatznutzens Ceritinib ist einer von drei zugelassenen ALK-Inhibitoren. Crizotinib und Ceritinib sind in der Erst- und Zweitlinien-, Alectinib bisher nur in der Zweitlinientherapie zugelassen. Wir empfehlen bisher Crizotinib als Erstlinientherapie aufgrund der hohen Wirksamkeit und der besseren Verträglichkeit im Vergleich zur Chemotherapie. Entsprechend halten wir Crizotinib auch für die geeignete zweckmäßige Vergleichstherapie. In einer aktuell vorgestellten, randomisierten Studie führte Alectinib gegenüber Crizotinib in der Erstlinientherapie zu einer signifikanten Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit. Da es für Alectinib keine Zulassung in der Erstlinientherapie gibt und Daten zur Gesamtüberlebenszeit noch ausstehen, ist Alectinib als zweckmäßige Vergleichstherapie nicht geeignet. Die Zulassungsstudie ASCEND-4 wurde konzipiert, als eine platinhaltige Chemotherapie noch als Standard für Patienten mit ALK+ NSCLC galt. Dadurch ergibt sich jetzt die Notwendigkeit eines indirekten Vergleichs. Ceritinib führt gegenüber Chemotherapie zu einer Steigerung der Remissionsrate und zur Verlängerung des progressionsfreien Überlebens. Die Verlängerung der Überlebenszeit ist nicht signifikant. Allerdings wird der Einfluss auf die Überlebenszeit durch den Switch (Crossover) von 42,8% der Patienten möglicherweise unterschätzt. Leider ist die Postprogressionstherapie nur unzureichend dokumentiert. Ceritinib ist auch bei Hirnmetastasen wirksam. Crizotinib hat intrazerebral aufgrund schlechterer Überwindung der Blut-Hirn-Schranke eine eingeschränkte Aktivität. Ceritinib ist mit belastenden Nebenwirkungen wie Übelkeit und Diarrhoe assoziiert. Diese sind Dosisabhängig. Der indirekte Vergleich zwischen Ceritinib und Crizotinib ist schwierig, dennoch ist Ceritinib

Seite 7 von 7 erfahrungsgemäß zumindestens in der zugelassenen Dosierung von 750 mg / die p.o. auf nüchternen Magen schlechter verträglich als Crizotinib. Eine Einnahme mit einer geringeren Dosierung und nicht nüchtern senkt die Nebenwirkungsrate signifikant, hierzu liegen jedoch noch keine belastbaren Effektivitätsdaten aus der Studie ASCEND-8 vor. Ceritinib ist ein weiteres Arzneimittel für die Erstlinientherapie des fortgeschrittenen ALK+ NSCLC. Im indirekten Vergleich erscheint die Wirksamkeit von Ceritinib der Wirksamkeit von Crizotinib vergleichbar. 6. Literatur 1. Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland / Robert - Koch Institut: Krebs in Deutschland 2011-2012, Häufigkeiten und Trends: 9. Ausgabe 2015. http://www.ekr.med.unierlangen.de/gekid/ 2. Griesinger F et al.: Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC). Leitlinien von DGHO, OeGHO, SGMO und SGH+SSH, Status 2017. https://www.dgho-onkopedia.de/de/onkopedia/leitlinien/lungenkarzinom-nicht-kleinzellig-nsclc 3. Shaw AT, Kim DW, Nakagawa K et al.: Crizotinib versus chemotherapy in advanced ALK-positive lung cancer. N Engl J Med 368:2385-2394, 2013. DOI: 10.1056/NEJMoa1214886 4. Soria JC, Tan TSW, Chiari R et al.: First-line ceritinib versus platinum-based chemotherapy in advanced ALK-rearranged non-small-cell lung cancer (ASCEND-4): a randomised, open-label, phase 3 study. Lancet 389:917-929, 2017. DOI: 10.1016/S0140-6736(17)30123-X 5. Peters S, Camidge DR, Shaw AT et al.: Alectinib versus crizotinib in untreated ALK-positive nonsmall-cell lung cancer. N Engl J Med 377:829-838, 2017. DOI: 10.1056/NEJMoa1704795 Die Stellungnahme wurde von Prof. Dr. Bernhard Wörmann in Kooperation mit Dr. Wilfried Eberhardt (Universitätsklinikum Essen, Westdeutsches Tumorzentrum, Innere Klinik und Poliklinik, Essen), Prof. Dr. Frank Griesinger (Cancer Center Oldenburg, Klinik für Hämatologie und Onkologie, Pius-Hospital Oldenburg), Prof. Dr. Rudolf-Maria Huber (Klinikum der Universität München, Sektion Pneumologie Innenstadt und Thorakale Onkologie, Lungentumorzentrum München, München), Prof. Dr. Cornelius F. Waller (Abteilung Hämatologie/Onkologie, Medizinische Universitätsklinik Freiburg) und Dr. Jürgen Wolf (Universitätsklinikum Köln, Centrum für Integrierte Onkologie (CIO) Köln Bonn) erarbeitet. Mit freundlichen Grüßen Für die DGHO Prof. Dr. med. Carsten Bokemeyer Geschäftsführender Vorsitzender Prof. Dr. med. Michael Hallek Vorsitzender Prof. Dr. med. Diana Lüftner Mitglied im Vorstand Prof. Dr. med. Florian Weißinger Mitglied im Vorstand Für die Arbeitsgruppe Thorakale Onkologie in der AIO Prof. Dr. med. R. M. Huber Sprecher Prof. Dr. med. Frank Griesinger Stellvertretender Sprecher