Migrationspolitische Aktualitäten 27. Februar 2017
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 2 Migration Schweiz Die Zuwanderung von Ausländer/innen in die Schweiz seit Jahren rückläufig Ende 2016 lebten 2 029 527 Ausländer/innen in der Schweiz. Rund 70% stammen aus den EU-28/EFTA-Staaten. Der Wanderungssaldo betrug 60 262 Personen und war 2016 über 15% tiefer als 2015. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit war 2016 mit rund 47% der wichtigste Einwanderungsgrund. Quelle. SEM, Ausländerstatistik 2016; SRF Arena Screenshot [20.2.2017]
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 3 Migrationspolitik Schweiz Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative (MEI) beschlossen Mitte Dezember 2016 einigten sich die Räte auf eine Umsetzung der MEI. Die Vorlage legt fest, dass in Berufsgruppen, Tätigkeitsbereichen und Wirtschaftsregionen, in welchen die Arbeitslosigkeit über dem Durchschnitt liegt, zeitlich befristete Massnahmen zur Förderung von Stellensuchenden ergriffen werden. Diese sind: Arbeitgeber müssen offene Stellen den Arbeitsämtern melden. Die Arbeitsvermittlung stellt den Arbeitgebern Unterlagen von passenden Bewerbern zu. Diese müssen geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zu einem Bewerbungsgespräch oder einer Eignungsabklärung einladen. Das Resultat ist der Arbeitsvermittlung mitzuteilen, muss aber nicht begründet werden. Die EU zeigte sich erleichtert, dass das Gesetz das Freizügigkeitsabkommen nicht verletzt. Sie will die Umsetzung jedoch kritisch beobachten. Quelle: «Räte einigen sich auf die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative» Tagesanzeiger, 12.12.2016
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 4 Migrationspolitik Schweiz Umsetzung MEI Kroatienprotokoll und «Horizon 2020» unter Dach und Fach Der Bundesrat hat Mitte Dezember 2017 das Protokoll zur Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien ratifiziert (ab 1.1.2017 in Kraft). Während max. 10 Jahren gelten nun gegenüber kroatischen Staatsangehörigen besondere Übergangsbestimmungen mit arbeitsmarktrechtlichen Beschränkungen und Höchstzahlen. Damit ist die Schweiz zudem wieder voll assoziiertes Mitglied beim EU-Forschungsprogramm «Horizon 2020», was für den Forschungsplatz Schweiz von zentraler Bedeutung ist. Quellen: «Bundesrat ratifiziert Kroatienprotokoll» - NZZ, 16.12.2016; Website SEM Personenfreizügigkeit [9.1.2017]
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 5 Migrationspolitik Schweiz Umsetzung MEI - Referendum von unerwarteter Seite Bis zum 7. April 2017 läuft die Referendumsfrist für das Gesetz, mit dem die SVP-Zuwanderungsinitiative umgesetzt wird. Doch nicht die SVP, sondern der Politologe und SP-Mann Nenad Stojanovic begann als Einzelperson Unterschriften für ein Referendum zu sammeln. Er handle als Bürger und ohne Unterstützung einer Partei, sagte er den Medien. Eine Abstimmung sei «absolut notwendig», weil sonst die SVP während Jahren lamentieren werde, der Volkswille würde nicht umgesetzt. Dies sei Gift für die Demokratie. Die SVP, die die Umsetzung heftig kritisiert, will kein Referendum ergreifen. Quelle: «Einzelperson ruft zu Referendum auf» - NZZ, 29.12.2016
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 6 Migrationspolitik Schweiz Kommt die Initiative zur Kündigung der Personenfreizügigkeit? Weil sie mit der Umsetzung der MEI nicht zufrieden ist, lanciert die Auns eine Initiative zur Aufkündigung des Freizügigkeitsabkommens (FZA) mit der EU. Dabei vertritt sie die Meinung, das FZA könne gekündigt werden, ohne dass die Gesamtheit der Bilateralen Verträge davon tangiert werde. Die SVP hat der Auns ihre Unterstützung zugesagt. Im Interview mit der NZZ erklärte SVP-Doyen Christoph Blocher: «Wir rechnen im Sommer oder Herbst dieses Jahres [mit der Lancierung der Initiative]. Die Vorarbeiten macht eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der SVP und der Auns. Die SVP- Delegiertenversammlung wird voraussichtlich im Juni dieses Jahres entscheiden.» Quelle: «Der Bundesrat hat noch neun Tage» NZZ; 1.2.2017: Webseite Auns [20.2.2018]
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 7 Migrationspolitik Schweiz Direkter Gegenvorschlag zur Rasa-Initiative Der Bundesrat hat anfangs Februar 2017 die Vernehmlassung zu 2 Varianten für einen direkten Gegenentwurf zur Rasa-Initiative (Raus aus der Sackgasse! Verzicht auf die Wiedereinführung von Zuwanderungskontingenten) eröffnet. Sowohl der Auftrag zur Steuerung der Zuwanderung als auch das Fortbestehen der bilateralen Verträge sollen dabei in der Verfassung erhalten bleiben. Variante 1 Art. 121a Abs. 4 BV «Es dürfen keine völkerrechtlichen Verträge abgeschlossen werden, die gegen diesen Artikel verstossen» wird durch eine Bestimmung ersetzt, wonach bei der Steuerung der Zuwanderung wichtige völkerrechtliche Verträge berücksichtig werden sollen. Die dazugehörige Übergangsbestimmung Art. 197 Ziff. 11 wird gestrichen. Variante 2 Lediglich die Übergangsbestimmung Art. 197 Ziff. 11 wird gestrichen. Das Vernehmlassungsverfahren dauert bis zum 1. März 2017. Quellen: MM des Bundesrats, 21.12.2016; «Zwei Vorschläge gegen die Rasa-Initiative» NZZ, 21.12.2016
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 8 Migrationspolitik Schweiz Offene Baustellen Europapolitik Kohäsions-Milliarde Seit 2004 bezahlt die CH für den Aufbau des EU- Binnenmarkts Kohäsionsbeiträge. Die aktuelle Periode läuft im Mai 2017 aus. Für die nächste erwartet die EU wieder einen Betrag von gut einer Mia. Nach dem «Ja» zur MEI sistierte der Bundesrat das Geschäft. Institutionelles Rahmenabkommen Seit 2006 ist die EU nicht mehr bereit, neue Binnenmarktabkommen auf der Grundlage des herkömmlichen Bilateralismus abzuschliessen. Sie pocht auf einheitliche Regeln im gemeinsamen Markt. Seit 2014 verhandeln Bern und Brüssel über ein Modell, bei dem der Europäischer Gerichtshof bei Meinungsverschiedenheiten entscheiden würde. Neue Abkommen und Kooperationen Trotz der Blockade im institutionellen Dossier führen die Schweiz und die EU Verhandlungen über mehrere neue Abkommen (u.a. Strom-Abkommen). Quelle: «Wie es in der Europapolitik nun weiter geht» - NZZ, 16.12.2016
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 9 Fluchtmigration International 2016 ertranken 5 000 Menschen im Mittelmeer Insgesamt sind im vergangenen Jahr mehr als 363 000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa gekommen. Mehr als 5 000 Personen verunglückten bei der Überfahrt tödlich. 2015, als mehr als eine Million Menschen das Mittelmeer überquerten, lag die Opferzahl bei rund 3 800. Die Ursachen für die steigenden Opferzahlen sind zahlreich. Dazu zählen längere Fluchtwege, schwierige Wetterlagen sowie der schlechte Zustand vieler Boote. Quellen: Webseite UNHCR [9.1.2017]; «Mehr als 5000 Flüchtlinge starben 2016 im Mittelmeer» - FAZ, 9.1.2017
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 10 Fluchtmigration International Im Güterzug durch die Schweiz Trotz winterlicher Temperaturen machen sich immer mehr Flüchtlinge auf Güterzügen aus Italien auf den Weg nach Deutschland. Angesichts der verschärften Grenzkontrollen in der Alpenregion habe sich die Möglichkeit der Flucht per Güterzug offenbar herumgesprochen. Die deutsche Bundespolizei hat in den vergangenen Monaten in München und Stuttgart rund 330 Migrantinnen und Migranten aufgegriffen, die auf Güterzügen in Containern oder zwischen Lastwagen entdeckt wurden. Quellen: «330 Migranten in Güterzügen in Deutschland gestoppt» NZZ, 2.1.2017; «Zahl der Einreisenden auf Güterzügen steigt» - NZZ, 5.12.2016
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 11 Asyl Schweiz 2016: 27 207 Asylgesuche (-31.2% zum Vorjahr) Prognose Quelle: Asylstatistiken, Staatsekretariat für Migration (SEM)
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 12 Monatliche Asylgesuchszahlen in der Schweiz nach Herkunftsländern Januar 2015 bis Januar 2017 Häufigste Herkunftsländer im Januar 2017: Eritrea (335), Guinea (120), Syrien (113), Afghanistan (99), Sri Lanka (79). Quelle: Asylstatistiken 2015, 2016 und Januar 2017, Staatsekretariat für Migration (SEM)
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 13 Asyl Schweiz 24 500 Asylgesuche für das Jahr 2017 prognostiziert Das SEM rechnet für das Jahr 2017 mit rund 24 500 (+/- 2 500) Asylgesuchen, je nach den Entwicklungen sind aber auch bis zu 32 000 Asylgesuche möglich. Die wichtigsten Faktoren für die Entwicklung der Asylgesuche in der Schweiz werden auch 2017 das Volumen sowie die Zusammensetzung der Migration über die zentrale Mittelmeerroute sein. Bestimmend ist zudem, ob das Flüchtlingsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Türkei Bestand hat. Ebenfalls ausschlaggebend wird die Asyl- und Wegweisungspraxis anderer europäischer Staaten sein sowie das Funktionieren von Rückübernahmeabkommen. Für die operative Planung geht das SEM von 27 000 Asylgesuchen im laufenden Jahr aus. Quelle: SEM, Asylstatistik 2016
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 14 Asyl Schweiz Entwicklung der Schutzquote Die Anerkennungsquote (Asylgewährung) lag im Jahr 2016 bei 22,7% (2015: 25,1%), die Schutzquote (Asylgewährung + vorläufige Aufnahme) bei 48.7% (2015: 53.1%). Quelle: Asylstatistiken, Staatsekretariat für Migration (SEM)
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 15 Asylpolitik Schweiz Schweiz nimmt 2 000 weitere Resettlement-Flüchtlinge aus Syrien auf Mitte Dezember 2016 hat der Bundesrat beschlossen, weitere 2 000 verletzliche Personen aus Syrien aufzunehmen. Diese wurden vom UNHCR bereits als Flüchtlinge anerkannt. Bereits im Frühjahr 2015 hatte er die Aufnahme von 3 000 Personen beschlossen. Zusätzlich zur Integrationspauschale von CHF 6 100 setzt der Bund nochmals CHF 12 000 pro Person ein. Er begründet dies mit der Herausforderung, welche die Integration bei besonders verletzlichen Personen darstelle. Bis heute sind im Rahmen des Resettlements rund 1 000 Personen in die Schweiz gekommen. Fortgesetzt wird auch die Hilfe vor Ort. Zusätzlich zu den bisher dafür eingesetzten rund 250 Mio. Franken werden für 2017 66 Mio. Franken bereitgestellt. Zudem prüft das Aussendepartement die Eröffnung eines humanitären Büros in Damaskus. Quelle: Medienmitteilung des Bundesrats, 9.12.2016; «Schweiz nimmt weitere 2000 Flüchtlinge auf» NZZ, 9.12.2016
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 16 Asylpolitik Schweiz / Europa Europäische Botschafter fordern: Kein «pauschales» Asyl mehr für Eritreer/innen Eritreer/innen führen seit Jahren die Schweizer Asylstatistik an. 2016 stellten sie rund 5 200 Gesuche (von Total 27 207). Bei der Beurteilung der Lage in Eritrea stützen sich die CH Behörden u.a. auf einen UNO-Bericht von Juni 2016. Darin berichteten Hunderte von bereits geflohenen Eritreer/innen von Sklaverei, willkürlichen Inhaftierungen, Folter etc. in ihrem Heimatland. Dieser Bericht wird nun von 5 in Asmara stationierten Botschaftern aus EU-Staaten kritisiert. Eritrea sei zwar ein intransparenter, repressiver Staat. Aber für systematische Menschenrechtsverletzungen fehlten die Beweise und Anhaltspunkte vor Ort. Sie fordern die EU-Mitgliedsstaaten auf, Eritreern nicht «pauschal» Asyl zu gewähren. Dies befeuert die Dauerdiskussion in der Schweiz um Asylsuchende aus Eritrea zusätzlich. Quelle: «Neuer Bericht stellt pauschale Asyl für Eritreer infrage» - Tagesanzeiger, 11.1.2017
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 17 Asylpolitik Schweiz 650 Rekurse von Eritreer/innen beim Bundesverwaltungsgericht hängig Seit Juni 2016 anerkennt das SEM Personen, die nicht für den Armeedienst in Eritrea aufgeboten wurden oder davon befreit sind, nicht mehr als Flüchtlinge. «Dies betreffe etwa jeder zehnte Asylsuchende aus Eritrea», sagte Staatssekretär Mario Gattiker Ende Januar gegenüber den Medien. Das Problem dabei sei, «dass Eritrea keine Rückführungen unter Zwang akzeptiert. Die Abgewiesenen landen deshalb bei uns in der Nothilfe.» Zudem seien zurzeit rund 650 Rekurse beim Bundesverwaltungsgericht hängig. «Sollte dieses zum Schluss kommen, dass wir zu weit gehen, dann müssten wir die Verschärfung zurücknehmen.» Quelle: «In Europa hat kaum ein Land eine härtere Praxis» Webseite SEM, 24.1.2017 (publiziert in der Luzerner Zeitung)
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 18 Asylpolitik Kanton Zürich Widerstand gegen Mario Fehrs «Nothilferegime» Im Dienste eines «konsequenten Vollzugs» werden sein Frühling 2016 etliche abgewiesene Asylsuchende, die in Nothilfezentren untergebracht sind, mit Eingrenzungen belegt. Seit 1. Februar 2017 müssen sich alle am Morgen und am Abend im Nothilfezentrum persönlich melden, andernfalls erhalten sie keine Nothilfe ausbezahlt. Das trifft auch viele, die gar nicht zurückreisen können Dagegen regt sich Widerstand seitens linker Parteien, Hilfswerken und anderen in diesem Bereich engagierter Gruppierungen
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 19 Integration Bundesrat will kantonale Integrationsprogramme (KIP) fortsetzen Seit dem 1. Januar 2014 setzten Bund und Kantone die spezifische Integrationsförderung im Rahmen von 4- jährigen kantonalen Integrationsprogrammen durch. Die Zwischenbilanz zur Umsetzung der KIP 2014 2017 war positiv. Der Bundesrat beantragt deshalb dem Parlament einen neuen Verpflichtungskredit für die KIP 2018 2021. Der Bund beabsichtigt, jährlich Beiträge von 32,4 Mio. Franken an die Kantone zu leisten. Die Zahlungen sind an die Bedingung geknüpft, dass sich die Kantone in gleicher Höhe an der Umsetzung der Integrationsförderung beteiligen. Darüber hinaus richtet der Bund den Kantonen eine Integrationspauschale von CHF 6 100 pro anerkannten Flüchtling und vorläufige Aufnahme aus. Quelle: MM des Bundesrats, 25.1.2017
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 20 Integration SKOS fordert bessere Arbeitsmarktintegration Die bisherigen Integrationsmassnahmen für Flüchtlinge und vorläufige Aufgenommene seien unzureichend, es drohten rasant steigende Sozialhilfekosten von jährlich 4%, warnt die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) Mitte Januar 2017. Deren Erwerbsquote sei nach 10 Jahren in der Schweiz noch viel zu tief. Um die Situation zu verbessern brauche es u.a. rasch 5 000 zusätzliche Plätze in Arbeitsprogrammen (aktuell 1 000) ein individuelles Job-Coaching wirksame Anreize für Arbeitgeber wie etwa Einarbeitungszuschüsse Bürokratische Hürden sollen abgebaut und die Integrationspauschale des Bundes von heute CHF 6 100 pro Person mindestens verdreifacht werden. Quellen: «Auch Bürgerliche wollen mehr Geld für Flüchtlinge» Tagesanzeiger, 14.1.2017; «Arbeit statt Sozialhilfe für Flüchtlinge» NZZ, 13.1.2017; MM der SKOS, 13.1.2017
Migrationspolitische Aktualitäten Februar 2017 I Seite 21 Integration «Ja» zur erleichterten Einbürgerung für Ausländer/innen der dritten Generation 60,4% der Stimmenden und 17 Stände haben am 12.2.2017 die Vorlage angenommen. Die Befürworter bezeichneten Ausländer/innen der 3. Generation als «Schweizer ohne Schweizer Pass». Die Gegner warnten vor unkontrollierten Masseneinbürgerungen. Quelle: «Einbürgerung: Das sind alle Resultate» - Tagesanzeiger, 12.2.2017