Auslandssemester mit Erasmus+ an der Istanbul Teknik Üniversitesi (WS 2017/18) Vorbereitungen in Deutschland: a) Visum: Da ich türkischer Staatsbürger bin, musste ich mich mit dem Thema Visum nicht auseinandersetzen. Soweit ich weiß, braucht man als deutscher Staatsbürger kein Visum für die Einreise in die Türkei. Eine Aufenthaltserlaubnis ( Residence Permit ) reicht vollkommen aus. Zumindest konnte ich das bei meinem Mitbewohner mitverfolgen, der deutscher Staatsbürger ist. Von ihm habe ich außerdem mitbekommen, dass man den Antrag für das Residence Permit online ausfüllen und ausdrucken kann. Der Antrag muss später mit einer Reisepass-Kopie, vier Passbildern und der Studienbescheinigung von der ITÜ bei der jeweiligen Vertrauensperson an der Universität abgegeben werden. Obwohl ich mich selber mit dem Thema Visum nicht auseinandersetzen musste, weiß ich aus erster Hand, dass es wichtig ist, sich an die jeweiligen Fristen zu halten. b) Sicherheitskopien/ Sicherheit: Uns wurde bei den zahlreichen Infoveranstaltungen zu Erasmus nahegelegt, dass man sich von den unterzeichneten Learning Agreements eine Kopie machen und diese gut aufbewahren sollte, da diese für die spätere Anerkennung gebraucht werden. c) Auslandskrankenversicherung: Ich würde jedem der ein Auslandssemester in Istanbul anstrebt, eine Auslandskrankenzusatzversicherung wärmstens empfehlen, da man somit nicht auf das gesetzliche Recht angewiesen ist. Ich habe die Zusatzversicherung bei meiner eigenen Krankenkasse abgeschlossen. Glücklicherweise musste weder ich, noch sonst jemand aus meinem Freundeskreis in Istanbul einen Krankenhaus- oder Arztbesuch durchführen.
Über Kreditkarten, die vielleicht schon eine Krankenversicherung innehaben, kann ich leider keine Auskunft geben, da ich selber keine besitze. d) Flüge: Da der Auslandsaufenthalt um die vier Monate beträgt, ist es normal, dass man mehr als 20 kg Gepäck mitnehmen möchte. Hierfür eignen sich die Turkish Airlines Flüge besonders gut, wobei man 30 kg Kapazität zur Verfügung hat. Insofern man frühzeitig bucht, kostet der Hinflug erfahrungsgemäß um die 60-80. e) Wohnen: Mein Mitbewohner und ich hatten das Glück schon vor Anreise eine Wohnung (Nähe Taksim) gefunden zu haben, die uns ein Freund vermittelt hat, der ein Jahr zuvor mit dem Erasmus-Programm in Istanbul war. Im Nachhinein war es ein wirklicher Glücksgriff für uns, da die Wohnung sehr zentral war und wir problemlos mit den zahlreichen Verkehrsmitteln zur Universität gelangen konnten. Andere Erasmus-Studenten wollten sich erst vor Ort ein genaueres Bild über die Wohnungen machen, bevor sie irgendwo zusagten. Grundsätzlich sollte man sich bei der Wohnungssuche nicht auf Bilder auf diversen Internetseiten verlassen, da diese oftmals nicht der Realität entsprechen. Dementsprechend ist es empfehlenswert, wenn man zunächst einmal ein paar Tage früher anreist und zunächst im Hostel/ Hotel wohnt, um sich dann vor Ort auf die Wohnungssuche zu begeben. f) Anerkennungen: Meiner Meinung nach sollte man sich die Learning-Agreements schon vor der Abreise besorgen, weil man dadurch genau weiß, welche Kurse einem anerkannt werden und welche nicht. Das Sammeln der Learning-Agreements hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen, sodass ich jedem empfehlen würde, diese nicht während dem Auslandssemester zu besorgen.
Universität: a) International Office/Campus: Die Istanbul Teknik Üniversitesi (ITÜ) besitzt insgesamt fünf Campusse, von denen ich an drei, Vorlesungen besuchen musste. Anders als bei uns an der TU Kaiserslautern haben die meisten Kurse an der ITÜ Anwesenheitspflicht. Der Hauptcampus Ayazaga ist mit einer Fläche von 2,6 Quadratkilometern mit Abstand der größte. Neben einem eigenen Stadion beherbergt er auch einen eigenen Wald, einen See, viele Shops und Restaurants. Ayazaga könnte auch glatt als eine eigene Stadt und nicht eben als Hauptcampus einer Universität angesehen werden. Auch das Erasmus Office befindet sich auf dem Ayazaga Campus. Insgesamt war die Betreuung durch das Erasmus Office sehr zufriedenstellend. Sowohl die zahlreichen Mails, als auch deren Tipps und Tricks haben die Eingewöhnung an der ITÜ wesentlich vereinfacht. Meiner Schätzung nach waren knapp 200 internationale Studenten an der ITÜ, davon waren ca. 150 Erasmus-Studenten. Um uns Erasmus-Studenten kümmerten sich rund 10 freiwillige, einheimische ITÜ-Studenten, die das sogenannte Erasmus Social Network (ESN) bildeten. Sie haben einen großen Anteil daran, dass wir die schönsten Ecken Istanbuls frühzeitig entdecken konnten und waren auch sonst immer hilfsbereit, wenn wir Fragen zum Studium an der ITÜ hatten. Letzter Tag an der ITÜ (Ayazaga)
b) Studium: Ich habe an der ITÜ 4 Kurse belegt, von denen ich schon im Voraus die Learning-Agreements gesammelt hatte. Ich studiere Wirtschaftsingenieuerwesen mit Fachrichtung Maschinenbau, sodass ich sowohl technische als auch wissenschaftliche Kurse belegen konnte. Die Kurse, die ich belegt habe, werden schlussendlich für die Klausuren Elektrotechnik I für Maschinenbauer, Logistik und für Wirtschaften in gesellschaftlicher Verantwortung angerechnet. Meines Wissens nach kann man an der ITÜ auch Makroökonomie, Einführung in die Fertigungstechnik, Marketing, Statistik II und auch Strömungsmechanik schreiben. Auf http://www.sis.itu.edu.tr/eng/ gibt es weitere Informationen zu verschiedenen Kursen. Selbstverständlich auch für andere Studiengänge. Man sollte sich jedoch nicht zu viel vornehmen, denn ich muss ehrlich gestehen, dass ich selbst mit bloß vier belegten Kursen gut bedient war. Außerdem sollte meiner Meinung nach der Spaßfaktor in Sachen Auslandssemester auch nicht zu kurz kommen. Die ITÜ hat ein etwas anderes Bildungssystem zu bieten, als die TUK. Während man in Deutschland oftmals bloß eine finale Klausur absolvieren muss, ist es in der Türkei anders. Es gibt oftmals pro Kurs zwei Zwischenprüfungen, die zusammen mit Hausaufgaben, Quizzen und/oder anderen Projekten in die Endnote miteinfließen. Dies kann sich jedoch von Kurs zu Kurs ändern. Der jeweilige Dozent gibt die genaue Gewichtung der Endnote und die Anzahl an Zwischen- bzw. Endprüfungen während der ersten Vorlesung bekannt. Irritierend fand ich, dass sich eine Vorlesung über drei Stunden verteilt. Für gewöhnlich werden die drei Stunden aber nicht eingehalten oder werden von mehreren kleinen Pausen unterbrochen. Außerdem ist es keine Seltenheit, dass man zwischen zwei Kursen an einem Tag auch mal den jeweiligen Campus wechseln muss. Hierfür sind Bus und Metro sehr gut geeignet.
Reisen und Freizeit: a) Kosten und Freizeit: Die monatliche Miete hat ungefähr 200 gekostet, was ungefähr der gleichen Summe an Miete für meine Wohnung in Kaiserslautern entspricht. Im Vergleich zu Deutschland sind Essen, Trinken, Freizeitaktivitäten und auch Klamotten in der Türkei wesentlich billiger. Doch die Kosten summieren sich schnell. Ich habe während meines Auslandssemesters deutlich mehr Geld ausgegeben, als dass ich es im gleichen Zeitraum in Kaiserslautern getan hätte. Zumal man rein zeittechnisch oft nicht zum selbst Kochen kommt. Dementsprechend kann ich sagen, dass das durchschnittliche monatliche Leben ein wenig teurer war als in Deutschland. b) Stadt: Anfangs noch eingeschüchtert von der Belebtheit und der Größe dieser Metropole war es schwer dort Fuß zu fassen. Zu Beginn des Auslandssemesters gab es viele ESN-Veranstaltungen, die einem die Eingewöhnungsphase deutlich vereinfachen. Mit der Hilfe der einheimischen Studenten lernten wir die ersten Kneipen, preiswerte Restaurants und Ausgehviertel kennen. Istanbul ist wirklich keine gewöhnliche Stadt. Egal um welche Uhrzeit man hier durch die Straßen läuft: Hier ist immer etwas los. Dementsprechend kann man auch sehr viel erleben. Jedes Viertel ist berühmt für etwas Anderes. Eminönü beispielsweise für die leckeren Fischbrote, das Viertel rund um Taksim für das Nachtleben oder auch Besiktas, welches als Viertel für die Teenager und auch Studenten gilt.
ESN-Veranstaltung in einem Pub in der Nähe von Taksim Sonnenuntergang bei Eminönü
c) Freizeitaktivitäten/Reisen: Bei schönem Wetter haben meine Freunde und ich oftmals die Gelegenheit genutzt, um mit der Fähre auf die asiatische Seite zu fahren. Dort saßen wir stundenlang in den zahlreichen Cafes entlang des Bosporus mit dem einen oder anderen Cay und genießten den Ausblick. Da ich ein sehr großer Fan von Besiktas Istanbul bin, war es für mich auch eine tolle Erfahrung regelmäßig ins Stadion gehen zu können. Langeweile habe ich in den knapp vier Monaten nicht verspürt. In solch einer Metropole mit über 14 Millionen Menschen hat es wirklich unzählige Möglichkeiten seine Freizeit zu gestalten. Abgesehen von den Möglichkeiten, die Istanbul zu bieten hat, kann man begünstigt durch die billigen Inlandsflüge auch Sehenswürdigkeiten anderer Städte der Türkei begutachten. So habe ich zum Beispiel insgesamt vier Mal die Gelegenheit genutzt, meine Familie in Antalya zu besuchen. Das ESN- Programm bietet jedes Semester auch Trips nach Kappadokien und nach Izmir (Ephesus-Trip) an, welche von dem Großteil der Erasmus-Studenten genutzt werden. Aussicht von der Fähre auf die europäische Seite Istanbuls
Champions-League Spiel zwischen Besiktas und Porto Fazit: Ich bin wirklich sehr glücklich darüber ein Auslandssemester in Istanbul absolviert zu haben. Ich habe viele neue Freundschaften geschlossen und auch sehr viele Erfahrungen sammeln können. Auch meine Sprachkenntnisse haben sich verbessert. Des Weiteren glaube ich, dass ein Auslandssemester, egal wo, sehr hilfreich ist, sich gegenüber neuen Gegebenheiten zu öffnen. Man ist nach einer solchen Erfahrung viel offener und bekommt Lust auf mehr. So ist es jedenfalls bei mir. Ich kann jedem, der über ein Auslandssemester nachdenkt, ans Herz legen, dass er/sie diese Möglichkeit nutzen sollte.