Hofmann, Samuel, Porträt eines Herrn mit grossem Spitzenkragen, 1627, Öl auf Leinwand, 52,2 x 49 cm (Objektmass), Privatbesitz Bearbeitungstiefe Name Namensvariante/n Lebensdaten Bürgerort Staatszugehörigkeit Vitazeile Tätigkeitsbereiche Lexikonartikel Hofmann, Samuel Hoffmann, Samuel * um 1595 Sax, 24.1.1649 Frankfurt am Main Zürich CH Maler. Porträts, Stillleben und Genremalerei Ölmalerei Sohn des gleichnamigen protestantischen Pfarrers in Sax im sanktgallischen Rheintal, der aus einem alten Zürcher Oberländer Bauerngeschlecht stammte. Über Kindheit und Ausbildung ist wenig bekannt. Anzunehmen ist, dass Hofmann als Dreizehnjähriger (wohl zwischen 1608 und 1611) seine Lehre begann; sein Lehrer dürfte laut Joachim von Sandrart Gotthard Ringgli gewesen sein, der damals zu den angesehensten Malern Zürichs zählte. Auch von einer Wanderschaft existieren keine Dokumente. Seinen ersten Auftrag führte Hofmann im Kloster Töss bei Winterthur aus (Erneuerung der biblischen Figuren und Seite 1/7, http://www.sikart.ch
Wappen, Anstreichen der Böden und Balken). Wohl um sich auch für anspruchsvollere Aufgaben zu empfehlen, begab er sich anschliessend doch noch auf Reisen. Ab 1615 weilte er in Amsterdam. Ein Aufenthalt bei Rubens in Antwerpen, wie immer wieder in der Literatur angedeutet wird, ist zweifelhaft. Eher dürfte Hofmann in Amsterdam in verschiedenen Werkstätten mitgearbeitet haben, bis er sich wahrscheinlich 1617 18 selbständig machte, jedoch ohne Mitglied der Lukasgilde zu werden. Aus dieser Schaffensphase sind keine Werke erhalten. Am 22.5.1622 heiratete er Elisabeth Bassoy. Als Künstler wie auch als Bürger war Hofmann nun in Amsterdam etabliert. Kurz nach der Geburt der ersten Tochter Anna, noch im Jahr 1622, zog die junge Familie nach Zürich. Hier konzentrierte sich Hofmann den Wünschen der Auftraggeber entsprechend vor allem auf die Porträtmalerei. Im Herbst 1625 erhielt er eine grössere Aufgabe vom amtierenden Kyburger Vogt Hans Heinrich Müller: die Restaurierung von 14 Bildnissen ehemaliger Vögte, die Erneuerung von Wappen und Fahnen sowie die Ausführung eines Porträts der Gemahlin. 1628 rief ihn der Graf von Fürstenberg-Heiligenberg an den Bodensee, wo er eine ganze Porträtserie malen sollte (sieben Bilder erhalten, Schloss Heiligenberg). Auch das vornehme Zürcher Bürgertum hatte den Wunsch, sich mit fürstlichen Bildnissen an den Idealen des Adels zu messen. Aus diesem Anspruch heraus entstand zum Beispiel das grossformatige, repräsentative Porträt in Ganzfigur der Elisabeth Schmid-Blarer von Wartensee (1629, Herrliberg, Landgut zur Schipf). Dank seiner Spezialisierung auf die Porträtmalerei konnte Hofmann seine Stellung in Zürich zunehmend festigen. Ebenso wichtig für seinen Erfolg waren die gesellschaftlichen Beziehungen; so unterhielt er Kontakte zu reformierten Theologen, darunter zu Antistes Johann Jakob Breitinger, von dem er verschiedene Bildnisse anfertigte. Auch katholischen Auftraggebern gegenüber war er aufgeschlossen. Beispielsweise schuf er für die Franziskanermönche im aargauischen Baden die Darstellung Der Zinsgroschen (Kunsthaus Zürich). Die Mönche lehnten das Bild aber ab, da ihnen die Köpfe zu naturalistisch schienen. 1630 arbeitete Hofmann vermutlich bei Markgraf Wilhelm in Baden-Baden. In einem bis dahin in der Schweizer Barockmalerei unbekannten Bildnistypus versuchte er sich mit dem Reiterbildnis des François Pierre König (1631, Freiburg i. Ü., Museum für Kunst und Geschichte), in dem er sich stark an Rubens Reiterbildnis des Duke of Buckingham, anlehnt (um 1625; Fort Worth (Texas), Kimbell Art Seite 2/7, http://www.sikart.ch
Museum). 1634 entstanden Porträts in Winterthur und Basel. Das Jahr 1635 stellte den Höhepunkt von Hofmanns Tätigkeit in Zürich dar, als er eine ganze Reihe der angesehensten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens porträtierte. Zu seinen besten Arbeiten zählen die Halbfigurenbildnisse von Salomon und Magdalena Keller (Kunsthaus Zürich). Darauf verliess Hofmann vorübergehend Zürich. Das von Goethe wegen seiner «sanften Wahrheit und Ausführung» gerühmte Porträt einer Dame in Schwarz (Frankfurt am Main, Städelschen Kunstinstitut und Städtische Galerie) dürfte während eines kurzen Aufenthalts in Holland entstanden sein. Bereits im Herbst 1636 war er wieder in Zürich, wo er der Stadtbibliothek ein Stillleben schenkte (Kunsthaus Zürich). In seinem Atelier im Haus Zur Hellebarden in der Glockengasse arbeitete damals insbesondere seine Tochter Anna als Gehilfin mit. Sie war während seiner Abwesenheit für die Ausbildung des Lehrjungen Hans Heinrich Däniker zuständig. 1638 hielt er sich länger in Breisach auf, wo er die Heerführer der Truppen Bernhards von Weimar porträtierte. Bei seiner Rückkehr über Basel entstand dort das Porträt des Bürgermeisters Johann Rudolf Wettstein (1639, Öffentliche Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum). Die folgende Zeit war wieder mit Aufträgen für das Zürcher Patriziat ausgefüllt. 1643 zog Hofmann nach Basel. Von dort aus unterhielt er Kontakte zu den Markgrafen von Baden-Durlach und Baden-Baden, und im Juli 1644 liess er sich in Frankfurt am Main nieder. Eine Aufenthaltsgenehmigung wurde ihm nicht gegeben. Zum Beweis seiner Kunstfertigkeit sollte er aber für den Römer, das Frankfurter Rathaus, die Auffindung des Erichthonios (1645, Frankfurt a. M., Historisches Museum), eines seiner wenigen Historienbilder, anfertigen. Die übrigen in der Frankfurter Zeit entstandenen Werke, die er hauptsächlich für niederländische Kaufleute schuf, sind sonst kaum erhalten. Trotz seiner Podagra-Krankheit arbeitete er noch bis 1647 weiter. Die Familie zog nach Hofmanns Tod sogleich zurück nach Amsterdam, wo zwei seiner Töchter, Anna und Magdalena, als Stilllebenmalerinnen tätig waren. Von ihnen sind keine gesicherten Werke erhalten. Samuel Hofmann gilt als der bedeutendste Porträtmaler der deutschsprachigen Schweiz des 17. Jahrhunderts. Durch seine Ausbildung in Amsterdam wurde er ein wichtiges Bindeglied zwischen der holländischen und der oberdeutsch-schweizerischen Schule. Hofmanns Œuvre umfasst 86 erhaltene Gemälde nebst vier Zeichnungen und 50 verschollenen Werken. Davon sind über siebzig Seite 3/7, http://www.sikart.ch
erhaltene Arbeiten Brustbildnisse und Kniestücke oder ganzfigurige Porträts. Daneben finden sich Stillleben und einige wenige Historien. Seine frühen Bildnisse sind dem traditionellen, von den Niederlanden und Deutschland geprägten Porträtstil des 16. Jahrhundert verpflichtet, erinnern jedoch auch an die altdeutsche Malerei. Charakteristisch dafür ist die Positionierung der Person im Bildraum, die flächige Wiedergabe des Körpervolumens und die grafische Behandlung der Sujets. In der physiognomischen Gestaltung sind gerade in seinen Zürcher Frauenbildnissen Berührungspunkte mit Tobias Stimmer festzustellen. Anderseits sind es niederländisch-flämische Anregungen, die sich niederschlagen: die dekorative Prachtentfaltung in den höfischen Frauenbildnissen, mit Detailfreude und Gefühl für die verschiedenen Stofflichkeiten gemalt, steht Rubens nahe, während die Eleganz der Erscheinung an van Dyck gemahnt. Geschickt fand Hofmann für seine jeweiligen Auftraggeber die formal und inhaltlich adäquate Darstellungs- Typen von der lebensgrossen Ganzfigur bis hin zur Büsten-Miniatur. Vor allem in den Zürcher Männerbildnissen gelangen ihm ausdrucksstarke Physiognomien mit maltechnisch brillanter Modellierung. Mit den sorgfältig komponierten Stillleben in Anlehnung an seinen niederländischen Zeitgenossen Franz Snyders (vor 1579 1657) zeigt sich Hofmann mit den neuesten Entwicklungsstufen der flämischen Malerei vertraut. Ein für die Schweiz damals völlig neues Genre stellten seine Küchen- und Jagdstücke dar. Hier konnte Hofmann seine zwei Spezialgebiete, Bildnis und Stillleben, bestens miteinander verbinden. Für die wenigen Historien dienten insbesondere Rubens und Jacob Jordaens (1593 1678) als Vorbilder. Hofmann verwandte für solche Aufgaben gerne Stichvorlagen, war doch die szenische Darstellung nicht seine Hauptstärke. So sind es in diesen Gemälden vor allem die Gesichter, die ihm am besten gelangen. Über Hofmanns Zeichenkunst ist wenig bekannt. Da nur wenige Skizzen erhalten sind, die ihm zugeschrieben werden können, ist anzunehmen, dass ihm diese Art von Entwurfsarbeit nicht viel bedeutete. Werke:; Öffentliche Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum; Freiburg i. Ü., Museum für Kunst und Geschichte; Heiligenberg (Württemberg), Schloss; Frankfurt a. M., Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie; Kunsthaus Zürich; Zürich, Schweizerisches Nationalmuseum, Landesmuseum. Seite 4/7, http://www.sikart.ch
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Seite 7/7, http://www.sikart.ch 2011], in: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, http://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4000055, Zugriff vom 13.9.2012.