24. Mai 2013. Große Lebensversicherer lassen Kunden hungern. Rendite 2013: Was Lebensversicherungen bringen



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1 von 7 24.05.2013 10:24 24. Mai 2013»Drucken KEINE GARANTIE FÜR GARANTIE 22.05.2013, 14:08 Uhr von Thomas Schmitt Das Zinstief trifft Lebensversicherungen heftiger als gedacht. Wer auf hohe Schlusszahlungen hofft, könnte enttäuscht werden. Denn die Versicherer kürzen, wo sie nur können - selbst Verträge mit stolzen Garantiezinsen. Große Lebensversicherer lassen Kunden hungern Der Speck ist weg Die Branchenriesen werden immer vorsichtiger. Im Schnitt liegt ihre Überschussbeteiligung bereits mit 3,49 Prozent unter 3,5 Prozent - das ist mager und dürfte weniger als der ohnehin schon niedrige Branchenschnitt von rund 3,6 Prozent sein. Manche Riesen haben sogar schon drei Prozent erreicht. Hier scheint nur noch wenig Speck zu sein für die Kunden. Bild: Reuters Düsseldorf. Dieter Heinze (Name geändert) ist empört. Seine Lebensversicherung ist bald fällig, dann soll er sein Geld samt Zinsen zurückerhalten. Noch im April 2012 hatte ihm sein Versicherer ein sattes Zubrot angekündigt für den Fall, dass er bis zum Ende durchhält. Stolze 8.430 Euro sollte sein Schlussüberschuss betragen. Doch als er im März die Abrechnung erhielt, wollte er seinen Augen kaum trauen: Kein Schlussüberschuss! Aufgebracht rief bei seiner Versicherung an und fragte nach, wo denn die versprochene Belohnung hin sei. Die Antwort: Das habe der Vorstand gestrichen. Betroffen sei aber nicht jeder Vertrag, sondern nur solche mit besonders hohen Zinsen. Pech für Heinze, hatte er doch in den 90er-Jahren ausgerechnet Lebensversicherungen mit einem Garantiezins von vier Prozent abgeschlossen. Aktuell beträgt die Garantie nur noch 1,75 Prozent auf das Sparguthaben, doch damals war das anders, weil die Zinsen noch viel höher waren. Rendite 2013: Was Lebensversicherungen bringen Studie Die Ratingagentur Assekurata hat zum elften Mal ihre Analyse zur Gewinnbeteiligung deutscher Lebensversicherer vorgelegt. 69 Unternehmen nahmen in diesem Jahr teil. Das entspricht einem Marktanteil von 94,14 Prozent. Die Studie 2013 kann auf der Internetseite www.assekurata.de bestellt werden. Assekurata nimmt bei seinen Berechnungen

2 von 7 24.05.2013 10:24 Musterverträge mit 25 Jahren Laufzeit an. Garantiezins Nachschlag Aussicht Laufende Verzinsung Rentenversicherung Gesamtverzinsung Schlussüberschuss Bewertungsreserven Vergleichbarkeit Beitragsrendite auf die Garantie Beitragsrendite der Hochrechnung Vergangenheitsrenditen Tipp Wer daher heute noch einen dieser Vierprozenter besitzt, dem ist somit eine vergleichsweise hohe Zinszahlung garantiert und das Jahr für Jahr, selbst wenn der Versicherer das im Schnitt nicht mehr schafft und daher für alle anderen Kunden weniger ausschütten muss, also eine geringere Überschussbeteiligung zahlt. Der Grund dafür: Die einmal ausgesprochene Garantie muss der Lebensversicherer erfüllen. Heinze wusste um diese Zusammenhänge und freute sich daher schon auf die Auszahlung in diesem Jahr. Er war sicher, gut wegzukommen, zumal auch eine politische Debatte in Berlin zu seinen Gunsten ausgegangen war. Politisch hatte die Opposition eine Änderung verhindert, die ihn vielleicht eine Menge Geld gekostet hätte. Dabei ging es um die Rücklagen der Versicherer in Kapitalanlagen, die Bewertungsreserven. Umso überraschter war Heinze daher, als ihm seine Sachbearbeiterin erklärte: Eben weil es hier keine neue Regelung zugunsten der Versicherungsbranche gegeben habe, müsse der Versicherer nun an anderer Stelle reagieren und eben seinen Schlussüberschuss streichen. Heinze kommentiert das äußerst ungehalten: Als Versicherter fühlt man sich willkürlich verschaukelt. Viele Mitteilungen der Versicherer sind unverbindlich Sein Ärger ist doppelt groß, weil bei ihm sogar zwei Versicherungen mit einem Garantiezins von vier Prozent auslaufen. Ihm fehlten nun etwa 12.800 Euro, mit denen er Darlehen zurückzahlen wollte. Geld, das auch seine Sparkasse bei der Finanzierung ursprünglich einkalkuliert hatte. Schließlich wurde vor über einem Jahrzehnt mit wesentlich höheren Zinsen gerechnet. Keiner konnte ja ahnen, dass es eine Finanz- und Schuldenkrise gibt, durch die das Zinsniveau in den Keller fallen würde. Versicherungskunde Heinze weiß auch das, dennoch findet er die Relationen unverständlich: Der Schlussüberschuss wird ja nicht im letzten Jahr, sondern über die gesamte Laufzeit akkumuliert. Die Probleme des Versicherers resultierten doch eher aus der Anlage für Neuverträge, als bei der Auszahlung einer 15 Jahre laufenden Lebensversicherung. Heinze meint: Ich habe den Eindruck, die in diesem Jahr gestrichenen Schlussüberschüsse werden zum größeren Teil für die garantierte Verzinsung der noch laufenden Verträge eingesetzt, nicht für die vierprozentige Verzinsung meines Vertrages. Was Lebensversicherte wissen sollten Wie hoch ist der Garantiezins? Seit dem dem 1. Januar 2012 liegt der Garantiezins nur noch bei 1,75 Prozent. Das ist ein Rekordtief. Bis Ende des vergangenen Jahres lag der Satz noch bei 2,25 Prozent. Zwischen Juli 1994 und Juni 2000 betrug der Garantiezins noch vier Prozent. Versicherte, die zwischen den Juli 2000 und Ende 2003 abgeschlossen haben, können mit einem Garantiezins von 3,25 Prozent rechnen. Bei Abschluss zwischen 2004 und 2006 lag der Satz bei 2,75 Prozent, ab 2007 bei 2,25 Prozent. Warum wurde der Garantiezins gesenkt? Wie wirkt die Absenkung auf die Rendite? Was bestimmt neben dem Garantiezins die Rendite einer Police? Welche Rolle spielen die Kosten? Welche Auswirkungen hat die Garantiezinssenkung für Bestandskunden? Was hält die Branche von der Senkung? Droht in Zukunft eine weitere Senkung? Ist der Abschluss einer Lebenpolice noch attraktiv?

3 von 7 24.05.2013 10:24 Das dürfte eine Vermutung bleiben, denn die Geldverteilungsmechanismen der Unternehmen sind von außen nicht nachvollziehbar. Nimmt man die Sicht des Kunden ein, liegt das eigentliche Problem zudem woanders: Viele Mitteilungen der Lebensversicherer sind unverbindlich. Die Unternehmen halten sich bis zuletzt Hintertüren offen, um Gewinnbestandteile hin- und herzuschieben. Dies ist auch im Fall Heinze passiert. Und die Mitteilung des hier zuständigen Versicherers zu seiner Praxis zeigt, dass es sich beileibe um keinen Einzelfall handelt weder im Unternehmen noch in der Branche. Im Gegenteil. Eine solche Kürzung habe alle Verträge mit vier Prozent Rechnungszins betroffen, die in diesem Jahr fällig werden, erklärte ein Sprecher des Sparkassenversicherer Provinzial Nordwest auf Anfrage von Handelsblatt Online. Unternehmen verdienen weniger am Kapitalmarkt Die Gründe dafür seien letztlich in der allgemeinen Zinsentwicklung zu suchen. Wie der überwiegende Teil der Lebensversicherer habe auch Provinzial Nordwest die für 2013 fällig werdenden Überschüsse gegenüber 2012 gesenkt. Die Senkung bilde die reduzierten Ertragsaussichten an den Kapitalmärkten ab. Sie trage außerdem dazu bei, unsere Leistungsversprechen attraktiv, sicher und langfristig anbieten zu können. Der Druck, so zu handeln, steigt offenbar in der gesamten Branche. Denn: Gesellschaften, die eine zu hohe Beteiligung ihrer Kunden an Überschüssen gewähren, müssen mit Herabstufungen durch die Ratingagenturen rechnen. Das habe zumindest Standard & Poor`s angedeutet, so die Provinzial. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der Versicherer anders denkt als möglicherweise ein Vermittler oder der Kunde selbst. Beim Verkauf der Verträge wird oft nur auf das mögliche Ende eines Vertrages geschaut. Also auf das, was am Ende rauskommen könnte. Und weniger auf das, was alles dazwischen kommen könnte. RENDITE DER PRÄMIE Was Lebensversicherungen wirklich bringen Das Problem: Zins ist nicht gleich Zins. So besteht die gesamte Verzinsung einer Lebensversicherung immer aus etlichen Elementen. Das geht schon los mit den jährlichen Gutschriften, der Überschussbeteiligung. Sie ist in der Regel zweigeteilt: dem garantierten Teil (die Versicherer sprechen hier auch vom Rechnungszins oder besser Garantiezins); und dem nicht-garantierten Anteil, den Überschüssen, die jährlich gutgeschrieben werden. Die gesamte Leistung einer Lebensversicherung, also die endgültige Auszahlung, speist sich schließlich aus weiteren Töpfen. So gibt es bei den Überschüssen auch zwei Kategorien: jene Anteile, die jährlich gutgeschrieben werden und dann garantiert sind; und außerdem Anteilen, die am Ende des Vertrages für die gesamte Laufzeit festgelegt werden. Das wären der Schlussüberschuss sowie eine Beteiligung an den Bewertungsreserven in den Kapitalanlagen. Ein Teil der Kunden erhält mehr Zinsen als andere Das Problem der Provinzial Nordwest wie vieler anderer Anbieter ist nun: Sie mussten die laufenden Gutschriften, die Überschussbeteiligung, zum Teil deutlich unter die magische Marke von vier Prozent senken. Für 2013 sind es nun 3,5 Prozent. Bisher waren es 3,8 Prozent. Das liegt ungefähr im Schnitt der Branche. Diese Zahlen bedeuten: Obwohl die laufende Verzinsung für alle Kunden der Provinzial Nordwest nur 3,5 Prozent beträgt, erhalten Verträge mit einem Garantiezins von vier Prozent eben jene Zinsgutschrift. Das ist der Vorteil der Garantie aus der Sicht des Kunden. Betrachtet man die Perspektive des Unternehmens, sieht es anders aus: Einem Teil der Kunden wird mehr gezahlt als insgesamt zu erwirtschaften ist. Dies betrifft derzeit vor allem Verträge, die zwischen 1994 bis 1999 mit dem hohen Garantiezins von vier Prozent abgeschlossen worden waren.

4 von 7 24.05.2013 10:24 Wie gefährdet sind Lebensversicherungen? Die Antworten der Regierung Lage Die Kapitalmärkte beeinflussen entscheidend, ob Lebensversicherer auf mittlere die Risiken tragen können, urteilen Experten aus Politik und Finanzministerium in einer gemeinsamen Sitzung. Quelle: Protokoll vom 26. Oktober 2012 Risiko (1) Problem Garantiezins Prognose Gefahr Risiko (2) Problem Teufelskreis Selbstverständlich erfüllen wir für diese Verträge die Garantie, betont der Provinzial-Sprecher. Rein formal betrachtet gibt es für diese Verträge keinen Zinsüberschuss, so wie bei Verträgen mit Garantiezinsen von weniger als 3,5 Prozent. Das bedeute, so die Provinzial: Die laufende Verzinsung entspricht wie bisher dem Rechnungszins und liegt damit für Zuteilungen sowohl in 2012 als auch in 2013 über dem gesamten Restbestand! Kein Vorteil ohne einen Nachteil: Zwar erhielten auch Kunden mit Vierprozentern noch Geld aus anderen Töpfen, also laufende Leistungen aus Risikoüberschüssen und eine Sockelbeteiligung an den Bewertungsreserven. Dieser Überschussanteil sei allerdings gegenüber der bisherigen Höhe verringert worden. Der Grund: Gleichbehandlung. Fehlt noch der Schnaps obendrauf, der in der Werbung so gerne hervorgehoben wird und der sich oft als der Renditeturbo in den Verträgen herausstellt, der Schlussüberschuss. Hier gelte: Ein Schlussüberschuss kann nicht mehr zugeteilt werden, auch nicht für bereits abgelaufene Jahre. Ist dieses Verhalten, des Lebensversicherers üblich in der Branche? Die Provinzial NordWest Lebensversicherung geht davon aus, und Experten bestätigen dies. Die Versicherer wollen ihre Kunden gleich behandeln Unternehmen mit einer laufenden Überschussbeteiligung von unter vier Prozent werden aus Gleichbehandlungsgründen gegenüber den Bestandskunden ähnlich verfahren, glaubt die Provinzial. Zum Teil ist dies in der Branche sicherlich auch bereits vor 2013 geschehen. Norbert Heinen, Vorstandsvorsitzender Württembergische Lebensversicherung, bestätigt dies: "Bei der WürttLeben gibt es beim Ablauf von Vierprozentern in der Mehrzahl noch Schlussüberschussanteile. Diese sind aber aufgrund der anhaltenden, weit unter dem Niveau von 4 Prozent liegenden Niedrigzinsphase in den vergangenen Jahren deutlich gesunken". Auch er schätzt, dass geringere Schlussüberschüsse angesichts der Kapitalmarktentwicklung branchenüblich sind. Als Verträge mit einem Garantiezins von vier Prozent abgeschlossen worden seien, sei das Zinsniveau ganz anders gewesen als heute. Lebensversicherungen: So viel erhalten die Kunden 2013 Worum es geht Die jährliche Zinsgutschrift der Lebensversicherer heißt Überschussbeteiligung. Sie setzt sich zusammen aus dem Garantiezins und einem Bonus. Derzeit beträgt der Garantiezins 1,75 Prozent. In alten Verträgen kann er bis zu vier Prozent betragen. Was die Versicherer gerne nennen Branchenschnitt Langfristiger Trend Der Branchenführer Ein großer Konkurrent Zwei Branchengrößen Der Vorreiter

5 von 7 24.05.2013 10:24 Zwei Topanbieter Hierauf müssen die Unternehmen verantwortungsbewusst durch Anpassung der nicht garantierten Überschussbeteiligung reagieren, sagt Heinen. Schlussüberschüsse würden jeweils nur für auslaufende Verträge des aktuellen Jahres deklariert. Daher sei grundsätzlich eine Reduzierung möglich. Die Vierprozenter hätten eine Garantieverzinsung oberhalb des aktuellen Neuanlagezinses. Zusätzlich erhielten sie die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung an den Bewertungsreserven, die derzeit relativ hoch sei. Damit erhalten sie schon ohne Schlussüberschüsse ein im Vergleich zum Kapitalmarkt hohes Zinsniveau. Ähnlich argumentiert auch der Branchenbeobachter Reiner Will, Geschäftsführer der Ratingagentur Assekurata. Eine Trendwende am Kapitalmarkt sei noch nicht sichtbar. Unverändert stellten die niedrigen Zinsen die Kapitalanleger in den Lebensversicherungsunternehmen vor große Herausforderungen, zumindest die Garantieverzinsung in den Beständen zu erfüllen. Zinssenkung verschärft die Ertragsprobleme der Branche Die jüngste Absenkung der Leitzinsen hat die Situation insgesamt noch verschärft, glaubt Will. Aufgrund der Berechnungsvorschriften ist es daher sehr wahrscheinlich, dass die Versicherer im nächsten Jahr auch für die Rechnungszinsgeneration der 3,5 Prozentverträge Zinszusatzverserven bilden müssen. Mit anderen Worten: Die Versicherer bilden schon Rücklagen, um künftig überhaupt ihre Verpflichtungen für die Verträge mit hohen Garantiezinsen zu erfüllen. Und sie müssen noch mehr Rücklagen bilden, um die nächste Vertragsgeneration wie bei Vertragsbeginn garantiert zu bedienen. Die Folge für die Unternehmen: Der Aufwand für diese bilanzielle Vorsorge bleibt hoch. Und die Konsequenz für Kunden: Die Überschussbeteiligung, also die jährliche Gutschrift, könnte noch weiter sinken in Richtung drei Prozent, wo die ersten Unternehmen der Branche bereits angelangt sind. Kunden müssen daher mit weiter sinkenden bzw. geringen Deklarationen rechnen, schätzt Will. Ein Gutes habe dies allerdings für Besitzer von alten Lebensversicherungen mit relativ hohen Garantiezinsen: Das Renditeniveau in der klassischen Lebensversicherung liege derzeit vielfach noch über dem von Anleihen am Kapitalmarkt. HANDELSBLATT IN 99 SEKUNDEN Keine Panik bei Lebensversicherungen Betrachte man nun die Sondersituation eines Vierprozenters, von denen Provinzial-Kunde Dieter Heinze mehrere hatte, so stellt sich die Frage: Welche Kunden leiden unter den niedrigen Zinsen? Will argumentiert so: Da vor allem für Altverträge mit höheren Rechnungszinsen zusätzliche Reserven gebildet werden müssten, sollte die Gegenfinanzierung verursachungsgerecht erfolgen. Sprich: Weil die Altkunden mit Vierprozentern nun allen Kunden mehr Kosten verursachen, hält er es für angemessen, ihnen im Gegenzug zum Teil ihre Schlussüberschüsse zu kürzen. So viel Einigkeit von Experten ist keine gute Nachricht für Dieter Heinze und auch nicht für alle anderen Kunden von Lebensversicherungen. Der Ertragsdruck könnte sich noch verschärfen Denn der Fall zeigt: Selbst wer sich als Kunde einer Lebensversicherung bisher relativ sicher fühlte und gelassen auf die immer weiter fallenden Zinsen schaute, sollte nun seine Erwartungen erneut senken. Kein Lebensversicherer kann sich der Zinsentwicklung am Kapitalmarkt entziehen schließlich legen die Unternehmen rund 90 Prozent der Kundengelder in Zinspapieren an. Je länger die Zinsen so extrem niedrig bleiben, muss jeder Kunde mit weiteren und womöglich größeren Einbußen als gedacht rechnen und das auch, wenn die Verträge in den nächsten Jahren auslaufen und der Versicherer eigentlich vergleichsweise hohe Zinsen garantiert hatte. Die jeweiligen individuellen Einbußen hängen dabei auch davon ab, bei welchem Versicherer der Vertrag abgeschlossen wurde. Unternehmen, die jedes Jahr noch vergleichsweise hohe Gutschriften zuteilen, müssen Schlussüberschüsse auch entsprechend weniger zusammenstreichen. Eben weil sie im Branchenvergleich

6 von 7 24.05.2013 10:24 noch ziemlich hohe Zinsen für ihre Kunden erwirtschaften. Wichtige Kennziffern für Lebensversicherer Nettoverzinsung Bei der Nettoverzinsung werden sämtliche Erträge und Aufwendungen aus Kapitalanlagen berücksichtigt. In die Berechnung einbezogen sind somit auch Erträge und Verluste aus dem Abgang von Kapitalanlagen sowie die Abschreibungen auf Wertpapiere. Diese Kennzahl kann daher relativ starken Schwankungen unterworfen sein. Die Berechnung der Nettoverzinsung erfolgt nach den Empfehlungen des LV-Verbandes. Abschlusskosten in Prozent der Beitragssumme des Neugeschäfts Verwaltungskosten in Prozent der gebuchten Bruttobeiträge RfB-Quote Überschussquote Wachstumsquote Storno kapitalbildende Tarife Modifizierte Eigenmittelquote Bewertungsreserve Versicherer mit aktuell schon relativ niedriger Überschussbeteiligung werden dagegen wohl stärker an den Schlussüberschuss herangehen. Das spürte der Kunde Heinze ja schon. Das Problem wird sich im nächsten Jahr wohl sogar noch verschärfen, wie sich aus Prognosen der Ratingagentur Assekurata ergibt. Denn dann dürfte die zweite Generation der Garantiezinsen, die 3,5-Prozenter, noch sehr viel häufiger betroffen sein. Hier geht es vor allem um Verträge, die zwischen 1987 und 1994 verkauft worden waren. Ein paar Zahlen aus der Assekurata-Studie zum Lebensversicherungsmarkt zeigen dies. So liegt die durchschnittliche Belastung der Unternehmen durch den Garantiezins derzeit bei 3,15 Prozent, wie Assekurata hochrechnete. Das Problem der Branche ist gewaltig Gut ein Drittel der Verpflichtungen in der Branche liegt bereits über diesem Wert. Das sind Verträge mit Garantiezinsen von 3,5 Prozent oder vier Prozent. Insgesamt schätzt Assekurata, dass knapp zwei Drittel der Vertragsguthaben mit Garantien von mindestens drei Prozent bedient werden müssen. Dies zeigt die gewaltige, allerdings bisher theoretische Dimension des Branchenproblems. Zum Vergleich: Neuverträge mit einem Garantiezins von 1,75 Prozent machen derzeit weniger als zwei Prozent des Bestandes aus. Insgesamt besitzen die Deutschen rund 90 Millionen Lebensversicherungen. Berücksichtigen sollte man bei solchen Durchschnittswerten zudem, dass die Spannbreite erheblich ist. Es gibt Unternehmen in der Branche, deren durchschnittlicher Garantiezins bereits bei 2,4 Prozent liegt. Hier liegen eben wenige Verträge mit hohen Zinsversprechen. Die Spitzenreiter mit besonders vielen Vierprozentern kommen dagegen auf einen durchschnittlichen Garantiezins von fast 3,5 Prozent. So funktioniert der Teufelskreis der Altersvorsorge 1. Schritt Kleinsparer investieren ihr Geld bei einem Finanzdienstleister. 2.Schritt 3. Schritt 4. Schritt 5. Schritt 6. Schritt 7. Schritt Als Kunde kann man von außen nicht erkennen, wo die eigene Gesellschaft steht. Und auch der Umgang mit dem Problem ist oft nur indirekt ablesbar, zum Beispiel aus den Formulierungen in den jährlichen Standmitteilungen. Kunden, die wissen wollen, woran sie sind, sollten diese Mitteilungen nicht nur sorgfältig lesen, sondern auch

7 von 7 24.05.2013 10:24 mit den Informationen aus den Vorjahren vergleichen. Und im Zweifel, so wie Kunde Heinze, auch einmal nachfragen. All dies ändert nichts am Trend: Es wird immer enger. Wegen des Zinsrückgangs musste die Branche allein 2012 weitere fünf Milliarden Euro in ihre Zusatzreserve stecken. Im Jahr davor waren es nur 1,5 Milliarden Euro. Auch dies zeigt: Die Last für die Unternehmen steigt und kein Kunde sollte erwarten, dass dies nicht bei ihm ankommt. Bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. 2011 Handelsblatt GmbH - ein Unternehmen der Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH & Co. KG Verlags-Services für Werbung: www.iqm.de (Mediadaten) Verlags-Services für Content: Content Sales Center Sitemap Archiv Realisierung und Hosting der Finanzmarktinformationen: vwd Vereinigte Wirtschaftsdienste AG Verzögerung der Kursdaten: Deutsche Börse 15 Min., Nasdaq und NYSE 20 Min.