Einsatz und Eignung von Wildbienen und weiteren Arten für ein GVO-Monitoring Dr. Büro für tierökologische Studien (Berlin)
Inhalt Allgemeines Eignung von Wildbienen als Indikatoren Einsatz von Wildbienen als Indikatoren Beispiel 1: Transgener Raps Beispiel 2: Schlaginterne Segregation Weitere Artengruppen Ende Lasioglossum xanthopus
Artenrückgang Von allen flächenmäßig bedeutenden Ökosystemtypen Mitteleuropas ist der Artenrückgang im Ackerland am gravierendsten. G. Kaule (1986): Arten- und Biotopschutz. Stuttgart (Ulmer). Bombus lapidarius Vom Artenrückgang im Ackerland sind Wildbienen besonders stark betroffen.
Ackerbegleitflora Die Wildbienen der Agrarlandschaft sind abhängig von Ackerwildkräutern. Seit den 1960er Jahren ist die Ackerbegleitflora extrem artenarm geworden: > Intensivierung von Bodenbearbeitung, Stickstoff-Düngung und Pestizid-Ausbringung > Verzicht auf Bewirtschaftung mit Brache-Stadien (Regeneration des Bodens) > Ausräumung und Nivellierung der Landschaft ( Flurbereinigung ) Parallel dazu sind die Wildbienenbestände zusammengebrochen, da > Pollen- und Nektarquellen vor allem für spezialisierte Arten fehlen > das Nahrungsangebot v.a. für soziale Arten nicht dauerhaft zur Verfügung steht > geeignete Niststrukturen fehlen Bedeutung der Feldkulturen für Wildbienen: > Gräser (Getreide, Mais) windblütig, v.a. von Honigbienen besucht > Hackfrüchte (Kartoffeln, Rüben) gelangen nicht zur Blüte, Solanaceae unbedeutend > Futterleguminosen (Klee, Luzerne) Fabaceen sind wichtige Nahrungspflanzen > Raps wichtige Nahrungspflanze, aber kurze Blühzeit
GVO-Monitoring Was hat das mit GVO zu tun? Im Prinzip gilt für eine Agrarlandschaft mit genetisch veränderten Nutzpflanzen dasselbe wie für eine Feldflur mit konventionellen Pflanzen Kann sich der Anbau von GVO sogar positiv auf Wildbienen auswirken? Hebizidresistenter Raps > bessere Umweltverträglichkeit > Veringerung der Herbizid-Aufwandmengen, gezielte Unkrautbekämpfung nach Schadensschwellen > bodenschonendere Anbauverfahren, Wildkräuter als Erosionshemmer Mögliche Vorteile von GVO sind im Rahmen eines Monitorings zu prüfen. Sphecodes monilicornis
Wildbienen als Indikatoren meist wärmeliebende Offenlandarten, die in strukturreichen Feldfluren hohe Artenund Individuenzahlen erreichen können Wildbienen sind in der gesamten Vegetationsperiode von März bis Oktober anzutreffen obligatorischer Blütenbesuch (Larvennahrung), diffus anhaftender Pollen dient zur Bestäubung, wichtigste Blütenbestäuber ausgeprägte Stenökie, hohe Ansprüche an Nistsubstrat, Nahrungsquelle (z.b. Ackerwildkräuter), Mikroklima usw., reagieren empfindlich auf Umweltveränderungen Kenntnisstand zur Biologie, Ökologie, Verbreitung, Gefährdung ist vergleichsweise gut
Beispiel 1: Transgener Raps Versuchsfeld Lasioglossum sexnotatum Habitatinsel Produktionsfläche
Arteninventar Anzahl Arten Apidae Syrphidae (April-Juni 1998/1999) Bienen Schwebfliegen Gesamt 94 48 Raps-Mantelsaat 38 15 Transgener Raps 26 11 Habitatinseln (Sareptasenf, Schwarzer Senf, Hederich) 34 14 Raps-Produktionsfläche 21 23 Grünland / Waldrand 88 40 drei an Brassicaceen oligolektische Bienenarten (Andrena suerinensis, A. niveata, Osmia brevicornis), weitere Bienenarten mit hoher Affinität zu Brassicaceen (Andrena nigrospina, Lasioglossum xanthopus, L. quadrinotatum) artenreichste Gattungen: Andrena (27 Arten), Halictus / Lasioglossum (20 Arten), Bombus (16 Arten) Kreuzblütlerbestände mit hohen faunistischen Ähnlichkeiten von 65 Prozent: Wahrscheinlichkeit einer insektenbedingten Pollenübertragung hoch
Blütenbesuch Dominanzprozent (%) Transgener Raps 1998 70 60 50 40 30 20 10 0 B. luc./terr. Apis mellifera A. nigroaenea A. dorsata A. tibialis B. lapidarius L. quadrinotatum 70 60 50 40 30 20 10 0 Transgener Raps 1999 hohe Übereinstimmung der dominanten Arten (hier am transgenen Raps) Standort der Bienenvölker beeinflusst die Honigbienendichte am Raps Apis ausgeprägt blütenstet: geringeres Übertragungspotenzial von Rapspollen auf Wildkräuter Apis mellifera B. luc./terr. B. lapidarius A. nigroaenea A. haemorrhoa L. sexnotatum A. dorsata A. suerinensis A. tibialis L. calceatum
Pollentransfer Wind höchste Pollenkonzentration jeweils in Windrichtung deutlicher Rückgang der Rapspollen in der Luft (10 m-distanz): von 100 % auf 5 % in 1998 bzw. von 100 % auf 37 % in 1999 Rapspollen Wildbienen Markierung am transgenen Raps: 176 Ind.; Wiederfang an Brassicaceen: 10 Ind. (6 %) Individuen besuchen HR-Raps und später konv. Raps oder andere Brassicaceen, dabei Möglichkeit der Bestäubung mit dem Haarkleid anhaftenden Pollenkörnern Nachweis des pat-gens in Pollen am Bienenkörper niedrige Wiederfangrate Hinweis auf Bombus-Königinnen, die bei der Nistplatzsuche nur zwischenlanden Bombus terrestris, markierte Königin
Fazit Bienen (und andere Insekten) regelmäßig an Brassicaceen-Blüten Bienen als wichtigste Bestäuber von Raps und verwandten Pflanzen: morphologische Anpassungen, obligatorischer Blütenbesuch, oligolektische Arten, hohe Artenidentitäten zwischen den Kreuzblütlerbeständen, hohe Übereinstimmung in den Dominanzspektren Bienen bestäuben gezielt und über längere Distanzen, auch gegen die Windrichtung Auskreuzung von HR-Raps auf Sareptasenf wurde nachgewiesen: 1) molekulargenetisch > Nachweis des pat-gens in Blatt-DNA der Hybride 2) cytogenetisch > Genomformel AABC, 2n = 37 in mitotischen Zellen 3) phänotypisch > Hybride mit intermediärer Blattmorphologie Bienen für den Rapspollentransfer von erheblicher Bedeutung. Der Pollenaustrag aus HR-Rapsbeständen ist trotz Mantelsaat unvermeidbar. Das bedeutet für eine mögliche Inverkehrbringung: 1) Einhaltung von Schwellenwerten 2) Isolationsabstand 3) ökologische Dauerbeobachtung
Beispiel 2: Schlaginterne Segregation Das Konzept der Schlaginternen Segregation Stilllegung von Minderertragsflächen und deren Entwicklung zu wertvollen Naturschutzbrachen in gering strukturierten Agrarlandschaften
Untersuchungsflächen Bienenuntersuchung von 2001 bis 2003 in der Uckermark (Umgebung Prenzlau) beprobt wurden acht Stilllegungsflächen, sieben Acker-Referenzflächen und drei nicht bewirtschaftete Flächen ( Althabitate )
Arteninventar I 250 Anzahl Arten in Häufigkeitsklassen Anzahl Arten 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 200 150 100 50 0 2001 2001-2002 2001-2003 erwartetes Maximum Ackerflächen Stilllegungen Althabitate 161 Wildbienenarten nach drei Jahren 195 Arten sind zu erwarten (Jacknife-Abschätzung) Auf den Stilllegungsflächen wurden insgesamt mehr Arten nachgewiesen als in den Althabitaten 28 Arten sind sehr selten (wurden nur einmal in einem Individuum auf einer Probefläche nachgewiesen) Nur 16 Arten wurden häufig oder sehr häufig nachgewiesen (die häufigsten Arten: Bombus lapidarius, B. terrestris, Andrena flavipes, Lasioglossum morio, L. pauxillum) Häufigkeitsklasse: sehr häufig häufig mittel häufig selten sehr selten
Arteninventar II 120 100 80 60 40 Stilllegungen teils artenreicher und reicher an RL-Arten als die Althabitate 20 18 16 20 0 NaS13 NaS14 PoS11 PoS12 ZiS03 PaS01 GuS04 PoS03 GuB06 GuB08 ZiB01 GuA02 GuA09 GuA11 RL BB NaA12 PoA03 PoA06 ZiA03 RL DE von zehn bundesweit stark gefährdeten Arten wurden fünf ausschließlich auf Stilllegungen nachgewiesen Flächen am Waldrand artenreicher als schlaginterne Flächen 14 12 10 8 Alter und Größe der Fläche ohne direkten Einfluss auf die Artenzahl 6 4 2 Ackerflächen für Wildbienen i.d.r. ohne Bedeutung 0 NaS13 NaS14 PoS11 PoS12 ZiS03 PaS01 GuS04 PoS03 GuB06 GuB08 ZiB01 GuA02 GuA09 GuA11 NaA12 PoA03 PoA06 ZiA03
Oligolektie Insgesamt 28 oligolektische Bienenarten Diversität der Blütenpflanzen bedingt Anzahl der Nahrungsspezialisten Deckungsgrad der Nahrungspflanzen beeinflusst Individuendichten der oligolektischen Arten Alter und Größe der Fläche ohne direkten Einfluss auf die Artenzahl Andrena suerinensis
Fazit Bienen kommen in einer großen Artenzahl und mit vielen gefährdeten und ökologisch anspruchsvollen Arten auf Ackerstilllegungen vor. Dabei bestehen große Unterschiede zwischen einzelnen Stilllegungen, nicht bedingt durch Größe und Alter der Flächen, sondern durch Anzahl und Qualität der Habitatstrukturen. Flächen mit Randkontakt sind wertvoller als schlaginterne Flächen. Stilllegungen können für die Bienenfauna von gleicher oder sogar von höherer Bedeutung sein als unbewirtschaftete Sonderstandorte. Ackerflächen sind für Wildbienen meist ohne Bedeutung.
Weitere Insektengruppen? Bienen (Apidae) Systematische Gruppe Stechwespen (aculeate Wespen): Grabwespen (Crabronidae u.a.), Faltenwespen (Vespidae) usw. Ökologische Gruppe, Blütenbesuchergilde Schwebfliegen (Syrphidae) Hedychrum rutilans Scaeva selenitica
Danksagung Transgener, herbizidresistenter Raps durchgeführt an gefördert vom BBA Kleinmachnow, Institut für integrierten Pflanzenschutz (heute JKI) BMBF, Projektträger BEO (Forschungszentrum Jülich GmbH) (F & E-Vorhaben 0311744) Das Konzept der Schlaginternen Segregation durchgeführt am gefördert vom ZALF Müncheberg Bundesamt für Naturschutz (BfN), mit Mitteln des BMU Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit