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Landtag Mecklenburg-Vorpommern 7. Wahlperiode Sozialausschuss Ausschussdrucksache 7/278-2 Ausschussdrucksache (31.05.2018) Inhalt: Öffentliche Anhörung zum Thema Zähne putzen in Kitas?! hier: Stellungnahme Michael Hewelt Vorstandsvorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Jugendzahnpflege in Mecklenburg-Vorpommern e. V.

Landesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Jugendzahnpflege in Mecklenburg-Vorpommern e. V. Stellungnahme Anhörung Zähneputzen in Kindertageseinrichtungen 1. Wie ist die aktuelle Situation der Zahngesundheit im Alter von 0 bis 10 Jahren? Wie hat sich die Zahngesundheit in den vergangenen Jahren entwickelt? Anfang 2018 wurde die Epidemiologische Begleituntersuchung der Gruppenprophylaxe 2016 durch die DAJ (Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege e. V.) veröffentlicht. Die Untersuchung hat folgende Ergebnisse zum Mundgesundheitsstatus für Mecklenburg-Vorpommern ergeben (Angabe dmft d = decayed/zerstörte, m = missing/fehlende, f = filled/gefüllte, t = teeth/zähne): MV Deutschland MV Deutschland MV Deutschland 3-Jährige 3-Jährige 6- bis 7-Jährige 6- bis 7-Jährige 12-Jährige 12-Jährige dt/dt 0,41 0,36 0,96 0,74 0,07 0,14 mt/mt 0,03 0,04 0,25 0,19 0,02 0,02 ft/ft 0,07 0,08 1,02 0,8 0,38 0,29 dmft/dmft 0,51 0,48 2,23 1,73 0,46 0,44 Daten: Epidemiologische Begleituntersuchung der Gruppenprophylaxe 2016 im Auftrag der DAJ Während die Kariesprävalenz in Mecklenburg-Vorpommern sich bei den 3- und 12-Jährigen sehr den deutschlandweiten Werten annähert, weist die Mundgesundheit bei den 6- bis 7-Jährigen in der 1. Klasse erhebliche Unterschiede auf. Besonders auffällig sind in dem Alterssegment die Daten zu den zerstörten und fehlenden Zähnen. Während bei den 3-Jährigen in Mecklenburg-Vorpommern 85,5 % naturgesunde Milchzähne hatten, waren es bei den 6- bis 7-Jährigen nur noch 41,5 % (12-Jährige 75,8 % naturgesunde, bleibende Gebisse). Ein Vergleich der Daten zur letzten Studie aus dem Jahr 2009 ist nur für die Altersbereiche 6- bis 7- Jährige sowie für 12-Jährige möglich, da 2009 noch keine Daten für 3-Jährige erhoben wurden (10- Jährige wurden nicht untersucht). In Mecklenburg-Vorpommern reduzierte sich bei den 12-Jährigen in den letzten 7 Jahren der mittlere DMFT von 0,98 (2009) bis 2016 auf die Hälfte. Dagegen zeigt sich bei den 6- bis 7-Jährigen im Vergleich zu den im Jahr 2009 erhobenen Werten eine Stagnation. Somit tragen in Mecklenburg-Vorpommern die 6- bis 7-Jährigen nach wie vor eine hohe Karieslast. 1

Landesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Jugendzahnpflege in Mecklenburg-Vorpommern e. V. 2. Welchen Einfluss auf die Zahngesundheit bei Kindern hat der sozioökonomische Status der Familien? Der sozioökonomische Status korreliert (leider) mit der Karieshäufigkeit. In Familien mit schwierigem, sozialen Umfeld beginnt die Problematik oftmals mit der Bereitstellung von Zahnbürsten und Zahnpaste durch die Eltern. Vor diesem Hintergrund hat die LAJ Mecklenburg-Vorpommern (Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege) das Programm Kita mit Biss vor ca. 3 Jahren aufgesetzt, mit dem Kindertageseinrichtungen durch die Bereitstellung von Zahnbürsten und Zahnpaste für die Projektdauer von 2 Jahren unterstützt werden. Gleichzeitig lässt sich eine Polarisation aus der Studie der DAJ erkennen. Davon ausgehend, dass bei den 3-Jährigen in Mecklenburg-Vorpommern 85,5 % naturgesunde Milchzähne hatten, vereinten 14,5 % der Kinder die Karieslast auf sich. Betrachtet man diese Gruppe allein, so steigt der dmft für die Kinder mit einem dmft > 0 von 0,51 auf 3,5. Das heißt, bei Kindern im Alter von 3 Jahren mit Karieserfahrung sind im Milchzahngebiss 3,5 Zähne im Durchschnitt kariös. 3. Welche Rollen spielen Kindertageseinrichtungen von der Krippe bis zum Hort sowie die Kindertagespflege für die Förderung der Zahngesundheit bei Kindern im Alter von 0 bis 10 Jahren? Wie kann in der Kindertagesförderung zur Zahngesundheit beigetragen werden? Für die Kariesentstehung spielt der Faktor Zeit eine wichtige Rolle: Je länger die Plaque auf den Zähnen belassen wird, je dicker und damit reifer sie also ist, desto höher ist ihre Kariogenität (Karies erzeugendes Potenzial). Somit ist es mit Blick auf die problematische Situation der 6- bis 7-Jährigen nicht zielführend, lediglich diesen Zeitpunkt isoliert zu betrachten, sondern der Zeitraum davor, in der Regel in der Kindertageseinrichtung, ist zwingend in die Bewertung mit einzubeziehen. Die wissenschaftliche Literatur weist aus, dass Karies durch einen hohen Zucker- bzw. Kohlenhydratekonsum bedingt wird. Eine besondere Rolle für eine erfolgreiche Kariesprävention wird insbesondere dem täglichen Zähneputzen mit Fluoridzahnpaste zugeschrieben. Dazu kommen Fluoridgelees, lacke, etc. Unter Berücksichtigung des Faktors Zeit ist zur Verbesserung der Mundgesundheit bei den 6- bis 7-Jährigen gezielt in den Kindertageseinrichtungen in Mecklenburg- Vorpommern anzusetzen. Neben einer kaugesunden Ernährung, Vermeidung sogenannter Quetschies sowie zuckerhaltiger Getränke ist auch darauf zu achten, dass die Kinder nicht an den Getränkeflaschen dauernuckeln und die Zähne permanent mit Zucker umspült werden. Eine besondere Bedeutung erhält aber das Zähneputzen in den Kindertageseinrichtungen. Unterstellt man unter Berücksichtigung von Krankheitszeiten, Urlauben, eine Anwesenheit von 205 Tagen in der Kindertageseinrichtung, würde ein tägliches Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahnpaste 205 Präventionsimpulsen im Jahr gleichzusetzen sein. Auch wenn die Kindertageseinrichtungen nicht den erzieherischen Auftrag der Eltern übernehmen können, können sie durch eine tägliche Motivation und Anleitung zum Zähneputzen helfen, die Mundhygiene als tägliches Ritual zu etablieren. Ziel muss es sein, den Klein- und Kindergartenkindern eine optimale Kariesprävention anzubieten, der Erfolg wird sich zeitversetzt in sinkenden dmft- Zahlen der 6- bis 7-Jährigen messen lassen. 2

Landesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Jugendzahnpflege in Mecklenburg-Vorpommern e. V. 4. In welchem Umfang wird frühzeitiges Zähneputzen in den Kindertageseinrichtungen in M-V praktiziert? Aus welchen Gründen wird ggf. auf das Zähneputzen verzichtet? Von ungefähr 1.000 Kindertageseinrichtungen werden in 96 in Mecklenburg-Vorpommern nicht die Zähne geputzt. Dieses entspricht einer Quote von ca. 10 % bzw. jedem 10. Kind, bei dem keine Zähne in der Einrichtung geputzt werden. Die Ursachen sind oftmals in der Ausrichtung der Träger, den individuellen Entscheidungen der Leiter*innen einer Kindertageseinrichtung oder der Belastung der Erzieher*innen zu finden. So stellt zum Beispiel das Institut für Leben & Lernen e. V. in einem Schreiben vom 13.02.18 an den Senator für Jugend, Soziales und Gesundheit der Hansestadt Rostock dar, dass zu Beginn des Kindergartenjahres eine Abstimmung mit den Eltern stattfindet, die über das Putzen der Zähne in der Einrichtung entscheidet (s. Anlage 1). Dabei mag es schon überraschen, dass in 100 % der Einrichtungen 100 % bzw. eine deutliche Mehrheit der Eltern sich gegen das Zähneputzen aussprechen. Darüber hinaus halten nicht alle Kindertageseinrichtungen entsprechende, sanitäre Bedingungen vor. Anhand der vorgenannten Schilderung wird gleichzeitig deutlich, dass die Träger der Kindertageseinrichtungen eben nicht aus dem KiföG MV eine Verpflichtung zur Mundhygiene ableiten, wie seitens der Regierungsparteien in Mecklenburg- Vorpommern unterstellt. Die in anderen Bundesländern, wie etwa Hamburg, bestehenden verpflichtenden gesetzlichen Rahmenbedingungen fehlen also in MV. 3

Landesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Jugendzahnpflege in Mecklenburg-Vorpommern e. V. 5. Welche Bedeutung hat das frühzeitige Zähneputzen in den Kindertageseinrichtungen für die Entwicklung der Zahngesundheit der Kinder? Wie zu Frage 3 bereits ausgeführt, sind neben dem Faktor Zeit die zucker- und kohlenhydratreichhaltige Ernährung wesentliche Faktoren für die Entstehung von Karies. Fehlt es in den Familien an einer regelmäßigen Mundhygiene, so stellt sich nicht die Frage, ob Karies entsteht, sondern wann und in welchem Ausmaß. Dies kann in einem erheblichen Umfang durch das tägliche Zähneputzen in den Kindertageseinrichtungen reduziert werden. Dabei hat die höchste Evidenz bei der Kariesprävention fluoridhaltige Zahnpaste. So gehen zum Beispiel die enormen Erfolge der Schweizer Schulzahnpflege auf das 14-tägige Einbürsten von Fluoridgelee (höhere Fluoriddosierung [12.500 ppm] als in normalen Kinderzahnpasten [500 ppm]) zurück (Guindy et al. 2000, Trummler & Weiss 2000). Somit könnte in den Kindertageseinrichtungen durch die Motivation und Anleitung der Kinder zum täglichen Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahnpaste und einem 14-tägigen Einbürsten eines Fluoridgelees in den Schulen eine deutliche Verbesserung der Zahngesundheit erreicht werden. Gleichzeitig sollte die Mundhygiene mit dem Durchbrechen des ersten Zahnes erfolgen, da jeder einzelne Zahn zu schützen ist und nicht erst ab dem vierten oder fünften Zahn. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, wenn der sozioökonomische Status des Kindes nicht an dem Zahnstatus offensichtlich erkennbar wäre (neben den Problemen bei der Nahrungsaufnahme und Sprachbildung). 6. Welche Maßnahmen bzw. Rahmenbedingungen sind aus Ihrer Sicht notwendig, um regelmäßiges Zähneputzen in allen Kindertageseinrichtungen umzusetzen? Kinder tragen in der Regel nicht die Verantwortung für das Unterlassen des Zähneputzens, sondern es handelt sich meistens um Versäumnisse bei der Erziehung. Mit Blick auf die Chancengleichheit scheint es hier geboten, zum einen sehr frühzeitig in problematischen Familiensituationen durch Familienhebammen Einfluss zu nehmen und zum anderen in den Kindertageseinrichtungen durch Motivation und Anleitung die Mundhygiene als wesentlichen Bestandteil der allgemeinen Körperhygiene, wie das regelmäßige Händewaschen, zu etablieren und in den Alltag des Kindes zu integrieren. Somit sollte die Mundhygiene bereits Bestandteil bei Aus- und Fortbildungen der Familienhebammen sowie bei den Erzieher*innen sein. Des Weiteren haben bereits das Bundesland Rheinland-Pfalz sowie die Freie und Hansestadt Hamburg sehr gute Vorlagen geliefert. In Rheinland-Pfalz wurde das Zähneputzen fest in den Alltag der rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten integriert und im pädagogischen Konzept der Kitas verankert (Vereinbarung zur Umsetzung der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe in den Kindertagesstätten - kurz Trägervereinbarung Anlage 2). In Hamburg wurde ebenfalls ein Landesrahmenvertrag geschlossen (s. Anlage 3), in der in 10 Ernährung und Gesundheitsvorsoge im Absatz 5 wie folgt formuliert wurde: "Dem Kind wird ein Grundwissen über seinen Körper vermittelt und eine Anleitung zur Körperpflege gegeben. Nach den Mahlzeiten werden die Kinder zur ausreichenden Zahnpflege angehalten. Erforderlich wären für MV analoge Vereinbarungen mit gleichen Inhalten wie z. B. in Hamburg. 4

Landesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Jugendzahnpflege in Mecklenburg-Vorpommern e. V. 7. Wo sehen Sie Handlungsbedarfe zur Verbesserung der Zahngesundheit bei Kindern? Welche Handlungsempfehlungen geben Sie der Landespolitik? Fluoride werden in erster Linie für den Kariesrückgang bei Kindern und Jugendlichen verantwortlich gemacht (Bartthall et al. 1996). Dies wurde in zahlreichen klinischen und epidemiologischen Studien sowie systematischen Reviews mit hoher wissenschaftlicher Evidenz nachgewiesen (Marinho et al. 2009). Im Umkehrschluss konnten Übersichtsarbeiten feststellen, dass zahnmedizinische Präventionsprogramme ohne Fluorideinsatz unwirksam waren (Kay & Locker 1998). Daraus ergeben sich folgende Schlussfolgerungen: - Zahnpflege muss mit dem ersten Zahn beginnen - Anleitung und Motivation zum täglichen Zähneputzen in den Kindertageseinrichtungen und Schulen sollte in Mecklenburg-Vorpommern im KiföG und/oder entsprechenden Trägervereinbarungen unmissverständlich verpflichtend verankert sein - Gewährleistung der baulichen und hygienischen Rahmenbedingungen in den Kitas (z.b. ausreichende Anzahl von Waschbecken) - Verwendung fluoridhaltiger Zahnpaste - In Schulen 14-tägiger Einsatz von Fluoridgelees - Fluoridgehalt in Zahnpasten sollte sich in Deutschland europäischen Ländern angleichen (Kinderzahnpaste Deutschland = 500 ppm, Frankreich 1.000 ppm) - Sicherstellung einer ausreichenden, personellen Ausstattung des ÖGD mit Zahnärzt*innen und Prophylaxehelfer*innen 8. Welche Handlungsnotwendigkeiten bestehen in M-V, um dem Ziel der WHO zu entsprechen, bis zum Jahr 2020 bei mindestens 80 % der Sechsjährigen ein kariesfreies Gebiss zu erreichen? Vor dem Hintergrund der geringfügigen Entwicklung von 2009 zu 2016 und einem derzeitigen Ist von nur 42,6 % Kinder mit einem naturgesunden Milchzahngebiss der 6- bis 7-Jährigen erscheint das Ziel mit den momentanen Rahmenbedingungen als kaum erreichbar. Die Defizite in der Versorgung der Kinder beginnen schon im Kleinkindalter zwischen 0 und 3 Jahren durch das Auftreten der Early Childhood Caries (ECC). Gefördert wird dieses leider maßgeblich durch die Nahrungsmittelindustrie. Den Eltern werden Produkte als wertvoll und gesund vermittelt, die aber einen erheblichen Zuckeranteil haben. Ein jüngeres Beispiel sind die sogenannten Quetschies. Quetschies sind Zuckerbomben. Das Obst landet zum Teil ohne Schale in der Presse. Im Vergleich zu frischem Obst enthalten sie dadurch weniger wichtige Vitamine und Ballaststoffe. Die meisten Quetschies werben auf der Verpackung mit dem Slogan ohne Zuckerzusatz. Doch das ist irreführend: Denn neben dem im Obst sowieso enthaltenen Zucker stecken in vielen Quetschies zusätzlich Fruchtmark oder Fruchtsaftkonzentrate, wodurch der Zuckergehalt weiter in die Höhe schießt. Durch den Entzug von Wasser wird der Saft konzentriert - und dadurch eben sehr süß. Besonders eignen sich hierfür Apfel- oder Traubensaft. Das Ergebnis: In einem Quetschie stecken rund 12 Gramm Zucker, also umgerechnet vier Zuckerwürfel. (https://www.foodwatch.org/de/informieren/frage-des-monats/in-vielen-supermarktregalenstehen-obst-quetschies-sind-sie-wirklich-so-gesund-wie-die-hersteller-versprechen/) Ein klares und einfaches Ampelsystem, welches auf einen Blick über Zucker- und Kohlehydratmenge in den Nahrungsmitteln informiert, wäre hier hilfreich. 5

Landesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Jugendzahnpflege in Mecklenburg-Vorpommern e. V. Ernährung und Zahnpflege mit fluoridhaltiger Zahnpaste müssen eng in den pädagogischen Konzepten ineinander greifen und den Kindern in den Kindertageseinrichtungen und darauf aufbauend in den Schulen vermittelt werden und verpflichtender Teil in der Bildungsentwicklung des Kindes sein (KiföG MV, Trägervereinbarungen, ). Da Karies eine hohe Prävalenz bei Kindern mit geringem sozioökonomischen Status aufweist, sollte zusätzlich bereits von Anfang an in den Familien über die Familienhebammen auch die Mundhygiene thematisiert werden. Anlagen: 1) Schreiben des Instituts Lernen & Leben e. V. 2) Vereinbarung zur Umsetzung der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe in den Kindertagesstätten (Trägervereinbarung) Rheinland-Pfalz 3) Auszug Landesrahmenvertrag Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen Hamburg Michael Hewelt Vorsitzender des Vorstandes 6

Vereinbarung zur Umsetzung der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe in den Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz gemäß 21 Sozialgesetzbuch (SGB) V 1. Januar 2016 Partner dieser Vereinbarung sind: Das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen und das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Die Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege (LAGZ) Rheinland-Pfalz Die Kommunalen Spitzenverbände Die evangelische Kirche Die katholische Kirche Die LIGA der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege Der Landeselternausschuss Zwischen den genannten Partnern wird in Ausführung der vorstehend genannten Bestimmungen Folgendes vereinbart:

Präambel Laut 21 Sozialgesetzbuch (SGB) V und der darauf aufbauenden Rheinland-Pfälzischen Rahmenvereinbarungen von 1990 ist die Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege (LAGZ) Rheinland-Pfalz mit der Organisation und Durchführung der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe in Kindertagesstätten (Kitas) und Schulen in Rheinland-Pfalz gesetzlich beauftragt. Dies bedeutet, dass jedes Kind von der Geburt bis zum 16. Lebensjahr einen gesetzlichen Anspruch auf unsere Angebote hat. Ziel ist es, die Zahngesundheit unserer Kinder zu erhalten, bzw. zu verbessern und Eltern frühzeitig zu allen relevanten Themen bezüglich der Zahngesundheit zu informieren. Die LAGZ wurde 1984 auf zunächst freiwilliger Basis von den Partnern Zahnärzteschaft, Gesetzliche Krankenkassen und Öffentlicher Gesundheitsdienst mit Unterstützung der Landesregierung Rheinland-Pfalz gegründet. 1990 folgte der Gesetzgeber der Idee und schuf im 21 SGB V die gesetzlichen Grundlagen für die zahnmedizinische Gruppenprophylaxe. Diese sollte die von der zahnmedizinischen Wissenschaft erkannten präventiven Maßnahmen insbesondere in Kindergärten und Schulen umsetzen. Die organisatorische Umsetzung erfolgte in den neu gegründeten regionalen Arbeitsgemeinschaften Jugendzahnpflege (AGZ), wobei die Flächendeckung mit 23 AGZ 1993 erreicht wurde. Ein besonderes Augenmerk legte die LAGZ auf die Akzeptanz der Prophylaxe-Maßnahmen bei den Trägern der Kindertageseinrichtungen. Hierzu wurde bereits 1990 eine Vereinbarung zur Umsetzung der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe in den Kitas (Kita) in Rheinland-Pfalz verabschiedet, die alle Partner auf diesem Gebiet eingeschlossen hat. Die Tätigkeitsfelder der LAGZ wurden kontinuierlich erweitert, so dass die LAGZ heute ein vollständiges Programm vorweisen kann, wie es vom Gesetzgeber gefordert wird. Diese so genannte Gruppenprophylaxe wird von 23 regionalen AGZ unter dem Dach der LAGZ umgesetzt. Durch veränderte Lebenswelten, besonders im Bereich der Kita, ist eine Anpassung erforderlich. Viele Kinder besuchen in der heutigen Zeit bereits im ersten Lebensjahr eine Kita und verbringen dort oft den größten Teil des Tages. Mit dem ständigen Ziel der LAGZ, die Programme zu optimieren, wurde das Kita-Programm zeitgemäß weiter entwickelt und an die neuen Aufgaben angepasst. Neue Medien wurden erstellt, Patenzahnarztteams wurden geschult und ein spezielles Programm für die Eltern der Kinder von der Geburt bis zum dritten Lebensjahr in das Präventionsprogramm aufgenommen. Darüber hinaus bietet die LAGZ den pädagogischen Fachkräften in Kitas Fortbildungen an, um sie in Ihrer Aufgabe als Multiplikatoren zu stärken. Gemeinsam mit Ihnen lässt sich das Präventionsprogramm im Sinne des Lebenssituationsansatzes in den Alltag einer Kindertagesstätte integrieren, so dass für alle Kinder in der Kita eine Teilhabegrechtigkeit entsteht. Die Verantwortung für die Erhaltung und Verbesserung der Zahngesundheit der Kinder, ist eine gemeinschaftliche Aufgabe von LAGZ, Kita-Team und Eltern. Wenn alle Beteiligten ihrer Verantwortung nachkommen und ihre spezielle Aufgabe erfüllen, kann das Ziel Gesunde Kinderzähne erreicht werden. Vereinbarung zur Umsetzung der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe in den Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz 2

Gemäß den Bildungs- und Erziehungsempfehlungen (BEE) für Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz, sollen die Kinder in der Kita Gelegenheiten erhalten, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Körperhygiene und Zahnpflege zu erwerben. Darüber hinaus lernen sie die Grundlagen einer gesunden Ernährung kennen. Dies geschieht mit dem Ziel, Kinder in der Entwicklung von Verantwortung im Umgang mit dem eigenen Körper, dessen Pflege und präventiven Maßnahmen zur Gesundherhaltung zu unterstützen. Kinder sollen in der Ausbildung eines guten Körpergefühls gestärkt werden. Zähne bewusst wahrzunehmen und ein Gefühl für saubere Zähne zu entwickeln ist hierbei ein Teilbereich. Soziale Benachteiligungen sollen ausgeglichen werden. Das Lernen der Kinder wird in ganzheitlichen Zusammenhängen organisiert und ist so angelegt, dass das Kind den inneren Zusammenhang einzelner Aktivitäten unmittelbar erfahren kann. Zuckerimpulse zu reduzieren und das Zähneputzen nach den Mahlzeiten sind Beispiele hierfür. Durch eine frühzeitige Gewohnheitsbildung wird diese gesundheitsförderliche Handlung fest in den Alltag der Kinder integriert und bleibt so besonders stabil gegenüber Veränderungen. Auf diese Weise wird damit für alle Kinder die Chance auf eine lebenslange Zahngesundheit erhöht. Die Kinder erwerben während der Kita-Zeit die dafür notwendigen Kompetenzen. Damit orientieren sich alle Beteiligten an der Lebenswelt der Kinder. Gesundheit und Krankheit sind Bestandteil der Erfahrungswelt von Kindern. Dabei spielt das Vorbild der Erwachsenen eine ebenso große Rolle wie das Einüben von Gewohnheiten. Kinder erhalten in der Kita die Gelegenheit die eigene körperliche Entwicklung bewusst wahrzunehmen. Die Aufmerksamkeit der Kinder kann beispielsweise bei täglichen Mahlzeiten hin und wieder auf die Zähne gelenkt werden. Das Bewusstsein für saubere Zähne wird durch Zähneputzen in der Kita gefördert. Mit dem Präventionsprogramm der LAGZ ermöglicht die Kita den Kindern unterschiedlicher Herkunft eine frühe Teilhabe an familienergänzenden Bildungs- und Erziehungsangeboten. 1990 wurde, wie bereits erwähnt, eine Trägervereinbarung ins Leben gerufen, die jetzt einer Erneuerung bedarf. Ziel dieser Vereinbarung ist es, das Präventionsprogramm der LAGZ als selbstverständliche Aktivität flächendeckend in den Kitas fest zu verankern, damit sich die Zahngesundheit der Kinder weiter verbessert. Das intensive Engagement aller Beteiligten in den letzten 30 Jahren hat deutliche Erfolge bewirkt. Die Zahngesundheit der Kinder und Jugendlichen ist in erheblichem Maße gestiegen. Dies beweisen die regelmäßigen bundesweiten Epidemiologischen Begleituntersuchungen der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege (DAJ). Durch flächendeckende Untersuchungen der Erstklässler konnte im Jahr 2014 festgestellt werden, dass 62% dieser Kinder naturgesunde Zähne aufweisen. Dieser Wert ist seit vier Jahren konstant. Ein angestrebtes Ziel der WHO und der Bundeszahnärztekammer lautet: Bis zum Jahre 2020 soll der Anteil kariesfreier Milchgebisse bei den sechsjährigen Kindern mindestens 80% betragen. Dieses Ziel kann nur in einer gemeinschaftlich durchgeführten Präventionsarbeit erreicht werden. Aktivitäten Die Aktivitäten der Arbeitsgemeinschaften Jugendzahnpflege richten sich an die Familien und die Tageseinrichtungen für Kinder. Diese basieren auf den in der zahnmedizinischwissenschaftlichen Fachwelt gültigen Grundlagen der Zahnvorsorge: Vereinbarung zur Umsetzung der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe in den Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz 3

1. Richtige Mundhygiene 2. Zahngesunde Ernährung 3. Schmelzhärtung durch Fluoride 4. Frühzeitiger und regelmäßiger Besuch beim Zahnarzt Maßnahmen der Arbeitsgemeinschaften Jugendzahnpflege für Kindertageseinrichtungen Erarbeitung und Bereithaltung von Konzepten und Informationen sowie Fortbildung für pädagogische Fachkräfte in Kitas. Angehende Erzieherinnen und Erzieher werden bereits während der Ausbildung in den Fachschulen für Sozialwesen zum Thema Zahngesundheit in der Kindertagesstätte von Referenten der LAGZ unterrichtet. Benennung einer Zahnärztin oder eines Zahnarztes als Partner in allen Fragen der Zahngesundheit für jede Kindertagesstätte, den sogenannten Patenzahnarzt. Durchführung von Elterninformationsveranstaltungen mit dem Patenzahnarzt, ggf. im Team mit Ernährungsfachkräften. Besuche des Patenzahnarztes und der Fachkräfte der AGZ in der Kita, insbesondere für die Kinder vom dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt. Für die Eltern der Kinder bis zum dritten Lebensjahr werden von Referentinnen der LAGZ Elterninformationsveranstaltungen durchgeführt, die speziell die Themen rund um die Mundgesundheit im Kleinkindalter beinhalten. Die Information an die Eltern bezüglich Fluoridtabletten und fluoridierter Zahnpasta geschieht ergebnisoffen. 1 Eröffnung der Möglichkeit, gemeinsam eine Zahnarztpraxis zu besuchen. Bereitstellung von Medien und Utensilien. Unterstützung durch Beratung bezüglich Ablauf, Organisation und Hygienerichtlinien des Zähneputzens in der Kita. Kooperation mit den Trägern und Teams der Einrichtungen Damit eine effektive Zusammenarbeit ermöglicht wird, ist ein intensiver Kontakt und Erfahrungsaustausch zwischen AGZ und Kitas unerlässlich. Zahnmedizinische Gesichtspunkte werden dabei in das pädagogische Konzept der Kita mit aufgenommen. Zahngesundheit ist das Ergebnis eines Lern- und Erziehungsprozesses, bei dem die Kita eine zusätzliche Rolle einnimmt. Die pädagogische Fachkraft in der Kita ist die erste wichtige Bezugsperson außerhalb der Familie, die gesundheitsförderliches Verhalten der Kinder unterstützen und begleiten 1 Im Hinblick auf die konkrete Umsetzung in der Kita, kann bei kritischer Nachfrage von Seiten der Eltern, bei Kindern unter zwei Jahren fluoridfreie Zahnpasta verwendet werden. Vereinbarung zur Umsetzung der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe in den Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz 4

kann. Es ist ein wichtiger Bildungsprozess, dass Zähneputzen nach den Mahlzeiten als Gewohnheit geprägt wird und damit in die Lebenswelt Kita integriert wird, insbesondere für Kinder, die den größten Teil des Tages in der Kita verbringen und dort das Mittagessen einnehmen. Erzieherinnen und Erzieher gehen hierbei eine Erziehungspartnerschaft mit den Eltern ein. Für Kinder aus Familien, in denen die Erziehung zur Zahngesundheit keinen besonders hohen Stellenwert hat, kann das Kita-Team für Chancengleichheit sorgen und Teilhabegerechtigkeit herstellen. Das Thema Zahngesundheit kann von den pädagogischen Fachkräften auf vielfältige Weise begleitet werden. Hierfür eignen sich der gestalterisch-kreative Bereich und der musikalische Bereich ebenso wie der naturwissenschaftliche Bereich, mit der Gelegenheit durch kleine Experimente Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge herzustellen, zu beobachten und zu beschreiben. Das situationsorientierte Lernen ist in Projekten besonders gut zu verwirklichen. Zur Durchführung von Projekten können alle Beteiligten einer Kita auf die Unterstützung von Eltern und externen Fachkompetenzen zurückgreifen, hier der regionalen Arbeitsgemeinschaften Jugendzahnpflege. Der 2 des Kindertagesstättengesetzes beschreibt die Aufgaben der Kindertagesstätte wie folgt: Kindertagesstätten sollen die Gesamtentwicklung des Kindes fördern und durch allgemeine und gezielte erzieherische Hilfen und Bildungsangebote sowie durch differenzierte Erziehungsarbeit die körperliche, geistige und seelische Entwicklung des Kindes anregen, seine Gemeinschaftsfähigkeit fördern und soziale Benachteiligungen möglichst ausgleichen. Ein Aspekt im Aufgabenfeld ist die Gesundheitserziehung und dabei ein Teilbereich die Zahngesundheit. Hier hat die Kindertagesstätte viele günstige Ansatzpunkte, das Thema Zahngesundheit in einem ganzheitlichen Ansatz als Teil des Kita-Konzeptes fest zu verankern. Diese Feststellung wird von allen Verantwortlichen für die Pädagogik unterstützt. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, bieten die AGZ den Kindertagesstätten ihre Unterstützung in Form eines zielgruppenorientierten und altersspezifischen Präventionsprogramms an. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Zahngesundheit der Kinder zu erhalten bzw. zu verbessern. Hierbei werden aber selbstverständlich die Entscheidungsfreiheit der Träger der Kindertageseinrichtungen und die Rechte der Eltern beachtet. Damit übernimmt die LAGZ gemeinsam mit den Trägern die Verantwortung. Der klassische Ablauf zur Implementation der Prävention in der Kita sieht vor: Bereitschaft zur Kooperation. Gemeinsame Planung der Präventionsmaßnahmen mit dem Kita-Team. Bereitschaft der Kita-Leitung und des Teams, präventive Maßnahmen altersintegriert umzusetzen. Aufgreifen des Themas Zahngesundheit in Projektform durch die pädagogischen Fachkräfte. Besuch der Patenzahnärzte und Fachkräfte der AGZ in der Kita. Durchführung des Lernmoduls für die Kinder einschließlich Vermittlung der altersgerechten Zahnputztechnik. Das Zähneputzen während des Projektes dient dem Ziel des Kompetenzerwerbs der Zahnputztechnik und dem Transfer ins Elternhaus. Vereinbarung zur Umsetzung der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe in den Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz 5

Das Zähneputzen nach dem Mittagessen als Hauptmahlzeit soll Bestandteil der täglichen Hygiene sein und als täglich wiederkehrendes Ritual in Kindertageseinrichtungen durchgeführt werden. Gemeinsamer Praxisbesuch beim Patenzahnarzt als Gruppenerlebnis. Bereitschaft präventive Maßnahmen mit AGZ und Eltern gemeinsam durchzuführen. Gemeinsame Planung der Elternarbeit. Elternarbeit mit den Fachkräften der AGZ. Bereitschaft zur Kooperation und Umsetzung der Ziele dieser Vereinbarung. Die Partner dieser Vereinbarung verpflichten sich, auf der Basis der ihnen gegebenen Möglichkeiten und unter Berücksichtigung der jeweiligen Strukturen die Umsetzung der vorstehend genannten Maßnahmen umzusetzen. Ministerin Irene Alt Ministerin für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Albrecht Bähr LIGA der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege Rheinland-Pfalz Vorsitzender Burkhard Müller Landkreistag Rheinland-Pfalz Geschäftsführender Direktor Kirchenrat Dr. Thomas Posern Evangelische Kirchen im Lande Rheinland-Pfalz Georg Rieth Städtetag Rheinland-Pfalz Geschäftsführer Ordinariatsdirektor Dieter Skala Leiter Katholisches Büro Mainz Kommissariat der Bischöfe Rheinland-Pfalz Bürgermeister Aloyisus Söhngen Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz Vorsitzender Sanitätsrat Dr. Helmut Stein Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege (LAGZ) Rheinland-Pfalz Andreas Winheller Landeselternausschuss Vorsitzender Vereinbarung zur Umsetzung der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe in den Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz 6

Beschreibung der Gruppenprophylaxe in Kindertagesstätten Die Arbeitsgemeinschaften Jugendzahnpflege sind der Zusammenschluss der an der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe interessierten Institutionen wie Gesetzliche Krankenkassen, Zahnärzteschaft, Gesundheitsämter, zuständige staatliche und kommunale Stellen auf der Ebene der Landkreise und der kreisfreien Städte. Die Arbeitsgemeinschaften Jugendzahnpflege bieten den Kitas ein zielgruppenorientiertes und altersspezifisches Präventionsprogramm an: Baustein 1 Teilhabe der Fachkräfte der AGZ an einer Teambesprechung, um die einzelnen Präventionsmaßnahmen mit dem Kita-Team gemeinsam zu planen. Baustein 2 Das Patenzahnarzt-Team besucht die Kinder in der Kita. Hierbei wird das Thema Zahngesundheit altersgerecht und spielerisch mit den Kindern erarbeitet. Die Zahnputztechnik wird praktisch geübt. Ein zeitnaher zweiter Besuch zur Remotivation ist sinnvoll. Das Thema Zahngesundheit sollte im Rahmen eines Projektes Gesundheitserziehung aufgegriffen werden. Dieses Projekt kann im Sinne des situationsorientierten Ansatzes von vielerlei Anlässen ausgehen und mit anderen Projekten verknüpft werden. Erfahrungen, die im Projekt gemacht worden sind, könnten dann in das tägliche Leben der Kita einbezogen werden, z. B. die Beachtung (zahn- )gesunder Ernährung (zuckerfreier Vormittag) oder mit neuen Erfahrungen der Kinder verknüpft werden (z. B.: Zahnarztbesuch eines Kindes, Erlebnis der älteren Kita-Kinder, dass die Milchzähne ausfallen). Baustein 3 Wir bieten den Kindern eine Entdeckungsreise in eine Zahnarztpraxis an. Hierfür stellt der Patenzahnarzt seine Praxis zur Verfügung. Dieser Besuch fördert eine positive Einstellung zum Zahnarztbesuch. Die Kinder haben die Möglichkeit, zahnärztliche Geräte und Instrumente kennen zu lernen und im Rollenspiel selbst auszuprobieren. Vorhandene Angst kann abgebaut werden. Baustein 4 Im Rahmen des Projektes kommt der Elterninformationsveranstaltung eine sehr große Bedeutung zu. Der Patenzahnarzt wird dabei die Eltern informieren und motivieren, der Zahnvorsorge in der Familie höhere Aufmerksamkeit zu schenken. Dabei ist die Unterstützung einer Ernährungsfachkraft der AGZ möglich. Speziell für die Eltern der unter Dreijährigen kann eine Referentin der regionalen AGZ zum Thema Gesunde Zähne von Anfang an den Eltern wichtige Botschaften zur Zahngesundheit vermitteln. Es kann auch eine gemeinsame Veranstaltung mit beiden Referenten durchgeführt werden. Möglich sind weitere Formen der Elternarbeit: So z. B. ein Informationsstand mit Patenzahnarztteam und AGZ bei einem passenden Anlass in der Kita, ein Informationsstand mit Hilfe von Plakaten (personell nicht besetzt) oder ein Eltern-Kind-Aktionstag mit Lern- und Erlebnisstationen für die von den pädagogischen Fachkräften der Kita betreuten Kinder, während die Eltern an einer Informationsveranstaltung teilnehmen, die von den Fachkräften der AGZ gestaltet wird. Vereinbarung zur Umsetzung der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe in den Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz 7