Peter Jeschke 2.2 - Physikalische Faktoren Fortbildungsveranstaltung VDGAB, Sektion 14 - Sachsen, 24. Januar 2018 Arbeitsschutzverordnung zu elektromagnetischen Feldern - EMFV -
1. EMFV 1. Anwendungsbereich 2. Aufbau 3. Schutzkonzept 2. Gefährdungsbeurteilung EMF 3. Ausnahmen 4. Straftaten und Ordnungswidrigkeiten 5. Ausblick Technische Regeln zur EMFV (TREMF) 6. Weitere Informationen 7. Zusammenfassung 2 Anwendungsbereich 3 Fortbildungsveranstaltung des VDGAB, Sektion Sachsen 1
Anwendungsbereich Arbeitsplätze im Geltungsbereich, zum Beispiel: Medizin: Magnetresonanztomografie, Therapie mit transkranieller Magnetstimulation, Diathermie Energieversorgung: Energieerzeugung und -übertragung Verkehr: Straßen-, U- und S-Bahnen, Nah- und Fernverkehrszüge Industrie: Anlagen für induktive Erwärmung, Widerstandsschweißen, Galvanik, HF-Trocknung, Metallurgie, Halbleiterfertigung (HF-Plasma) Kommunikation: Rund- und Mobilfunk, TETRA, Industrie 4.0 Radar: Luftfahrt, Schifffahrt, autonomes Fahren, Mensch-Roboter- Kollaboration Büro: Dauermagnete, WLAN, DECT etc. (Exposition weit unterhalb der EGW) Arbeitsplätze von besonders schutzbedürftigen Beschäftigten 4 Anwendungsbereich Als Beschäftigte gelten (nach 2 (10) EMFV und 2 (2) ArbSchG): Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des 5 Absatz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG), ausgenommen die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten Beamtinnen und Beamte Richterinnen und Richter Soldatinnen und Soldaten die in Werkstätten für Behinderte Beschäftigten Schülerinnen und Schüler Tätigkeitsbezug! Studierende und Praktikanten an wissenschaftlichen Einrichtungen tätige Personen 5 Fortbildungsveranstaltung des VDGAB, Sektion Sachsen 2
Anwendungsbereich Als besonders schutzbedürftige Beschäftigte gelten Beschäftigte mit: aktiven medizinischen Implantaten, insbesondere Herzschrittmachern passiven medizinischen Implantaten medizinischen Geräten, die am Körper getragen werden, insbesondere Insulinpumpen sonstigen durch elektromagnetische Felder beeinflussbaren Fremdkörpern im Körper eingeschränkter Thermoregulation in Folge von Medikamteneinnahme nach 2 (7) EMFV 6 Anwendungsbereich Anwendungsbereich (nach 1 EMFV) Gilt nur für Kurzzeitwirkungen (direkte und indirekte Wirkungen) Gilt nicht für: Vermutete Langzeitwirkungen Elektrische Gefährdungen in Betrieben, die dem Bundesberggesetz unterliegen, soweit dort andere Rechtsverordnungen bestehen 7 Fortbildungsveranstaltung des VDGAB, Sektion Sachsen 3
Aufbau Abschnitt 1 ( 1-2): Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen Abschnitt 2 ( 3-4): Gefährdungsbeurteilung; Fachkundige Personen; Messungen, Berechnungen und Bewertungen Abschnitt 3 ( 5-18): Expositionsgrenzwerte und Auslöseschwellen; Festlegungen zum Schutz vor Gefährdungen durch elektromagnetische Felder Unterabschnitt 1 ( 5-6) Expositionsgrenzwerte und Auslöseschwellen; allgemeine Festlegungen Unterabschnitt 2-5 ( 7-18) Besondere Festlegungen (statische Felder, NF, HF, MRT) 8 Aufbau Abschnitt 4 ( 19-20): Unterweisung der Beschäftigten; Beratung durch den ABS Abschnitt 5 ( 21-22): Ausnahmen; Straftaten und Ordnungswidrigkeiten Anhang 1: Physikalische Größen im Zusammenhang mit der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern Anhang 2: Nichtthermische Wirkungen: Expositionsgrenzwerte und Auslöseschwellen für statische und zeitveränderliche elektrische und magnetische Felder bis 10 MHz Anhang 3: Thermische Wirkungen: Expositionsgrenzwerte und Auslöseschwellen für zeitveränderliche elektromagnetische Felder von 100 khz bis 300 GHz 9 Fortbildungsveranstaltung des VDGAB, Sektion Sachsen 4
Schutzkonzept: Wirkungen Direkte (biologische Wirkungen, 2 Absatz 3 EMFV) die im menschlichen Körper durch dessen Anwesenheit in einem elektromagnetischen Feld unmittelbar hervorgerufenen Wirkungen nichtthermische Wirkungen ( 10 MHz): Stimulation von Muskeln, Nerven oder Sinnesorganen Reizwirkungen einzelne Impulse Spitzenwert für Bewertung thermische Wirkungen ( 100 khz): Energieabsorption aus elektromagnetischen Feldern im menschlichen Gewebe oder induzierte Körperströme in Extremitäten Wärmewirkungen Gesamtes Signal Effektivwert für Bewertung 10 Schutzkonzept: Wirkungen Indirekte Wirkungen ( 2 Absatz 4 EMFV) die von EMF ausgelösten Wirkungen auf Gegenstände insbesondere Gefährdungen durch: Einwirkungen auf aktive oder passive Implantate oder am Körper getragene medizinische Geräte Einwirkungen auf metallischen Körperschmuck Projektilwirkung Auslösung von elektrischen Zündvorrichtungen (Detonatoren); Brände oder Explosionen durch die Entzündung von brennbaren Materialien aufgrund von Funkenbildung sowie Kontaktströme. 11 5
Schutzkonzept: Expositionsgrenzwerte Expositionsgrenzwerte ( 2 Absatz 5 EMFV) maximal zulässige Werte festgelegt aufgrund von wissenschaftlich nachgewiesenen Wirkungen im Inneren des menschlichen Körpers Einhaltung nicht direkt durch Messungen am Arbeitsplatz überprüfbar Expositionsgrenzwerte für: sensorische Wirkungen gesundheitliche Wirkungen 12 Schutzkonzept: Wirkungen Sensorische Wirkungen reversible Stimulationen von Sinneszellen oder geringfügige Veränderungen von Hirnfunktionen auftreten können: Magnetophosphene Schwindel Übelkeit metallischer Geschmack Mikrowellenhören Gesundheitliche Wirkungen gesundheitsschädliche Stimulation von Nervenoder Muskelgewebe gesundheitsschädliche Gewebeerwärmung 13 6
Schutzkonzept: Auslöseschwellen Auslöseschwellen ( 2 Absatz 6 EMFV) festgelegte Werte von direkt messbaren physikalischen Größen 0 Hz 10 MHz: E-Felder (nicht direkt vom Expositionsgrenzwert abgeleitet): untere und obere Auslöseschwelle (Vermeidung direkter und indirekter Wirkungen) B-Felder (direkt vom Expositionsgrenzwert abgeleitet): untere Auslöseschwelle (Vermeidung sensorischer Wirkungen) obere Auslöseschwelle (Vermeidung gesundheitlicher Wirkungen) Arbeitsbereiche ( 6 Absatz 3 EMFV) kennzeichnen, in denen: Auslöseschwellen überschritten werden Gefährdungen für besonders schutzbedürftige Beschäftigte bestehen 14 EMF - Exposition Schutzkonzept: Gefährdungen Expositionsgrenzwert obere Auslöseschwelle untere Tatsächliche Gefährdungen, wenn Expositionsgrenzwerte überschritten werden oder ein sicheres Arbeiten ist nicht möglich ca. 95% der Arbeitsplätze mit EMF Mögliche Gefährdungen, wenn Expositionsgrenzwerte überschritten werden können oder nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, dass aufgrund der EMF am Arbeitsplatz ein sicheres Arbeiten möglich ist 15 7
Schutzkonzept: DGUV-V15 und EMFV Gegenüberstellung Auslöseschwellen (EMFV) und (zulässige Werte) UVV EMFV ist weniger strikt im NF Bereich (Faktor 5 bis 20) EMFV bleibt im HF Bereich unverändert Betriebe, die DGUV-V15 anwenden, haben keine Probleme zu erwarten Spitzenwert der internen elektrischen Feldstärke [V/m] 1000 EMFV EGW E int gesundheitlich [V/m] Spitze EMFV EGW E int senorisch [V/m] Spitze DGUV V15 E int [V/m], aus EGW J(eff) abgeleitet 100 Faktor 10 10 1 Faktor 5 Faktor 20 0,1 0,01 0,01 0,1 1 10 100 1k 10 k 100 k 1M 10 M Frequenz [Hz] 16 Stellenwert der Sicherheit im Betrieb Sicherheitsingenieur 11/2017 DEKRA-Umfrage: (dekra-future-of-work.com) 17 40% der Befragten geben an, Sicherheit im Betrieb nicht so wichtig 41% geben an, dass Führungskräfte oder Mitarbeiter Sicherheitsregeln und Vorschriften nicht oder nicht immer einhalten Nachlässiger Umgang mit regelmäßigen Sicherheitsunterweisungen: 17% nur beim Eintritt ins Unternehmen 15% gar nicht (!) 8
Grundlage für Gefährdungsbeurteilung Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach 5 ArbSchG: Ermitteln der Gefährdungen und Ableiten erforderlicher Maßnahmen Beurteilung erfolgt je nach Art der Tätigkeiten, bzw. bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist ein Arbeitsplatz/ eine Tätigkeit ausreichend Gefährdungen ergeben sich z. B. unzureichende Qualifikation, unzureichende Unterweisung der Beschäftigten, durch physikalische Einwirkungen (bspw. Lärm, Klima, EMF, ) 18 Schema zur Gefährdungsbeurteilung Dokumentation Gefährdungsbeurteilung (Schritte 1-4) 1. Informationsermittlung, Festlegen von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten 2. Ermitteln der Gefährdungen 3. Bewerten der Gefährdungen 4. Festlegen von Maßnahmen nach dem Stand der Technik 5. Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung durchführen 6. Wirksamkeit prüfen 7. Fortschreiben 19 9
Vorgehen nach 3 (1) EMFV EMF am Arbeitsplatz? Ja Anwendbare Herstellerangaben zu Emissionswerten und sicherheitsbezogenen Daten Unsicherheiten bei Einhaltung der EGW Ja Nein Expositionsbewertung öffentlich zugänglicher Bereiche Nein Ende & Dokumentation Ende & Dokumentation 20 Vorgehen nach 3 (1) EMFV 3 (3) EMFV ALS überschritten + EGW überschritten Messen 3 (3) EMFV ALS überschritten + EGW eingehalten + indirekte Wirkungen mgl. Besondere Festlegungen 7-18 EMFV Bestimmen der Exposition durch: Berechnen Bewerten 3 (3) EMFV ALS überschritten + EGW eingehalten + indirekte Wirkungen NICHT mgl. 3 (2) EMFV ALS nicht überschritten + indirekte Wirkungen mgl. Maßnahmen nach 6 (2) EMFV in Verbindung mit 6 (3), (4), (5) EMFV 3 (2) EMFV ALS nicht überschritten + indirekte Wirkungen NICHT mgl. Keine Maßnahmen 21 Fortbildungsveranstaltung des VDGAB, Sektion Sachsen 10
Schema zur Gefährdungsbeurteilung Dokumentation Gefährdungsbeurteilung (Schritte 1-4) 1. Informationsermittlung, Festlegen von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten 2. Ermitteln der Gefährdungen 3. Bewerten der Gefährdungen 4. Festlegen von Maßnahmen nach dem Stand der Technik 5. Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten durchführen 6. Wirksamkeit prüfen 7. Fortschreiben 22 6 EMFV Maßnahmen (1) Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung der Gefährdungen nach dem Stand der Technik um direkte und indirekte Wirkungen von EMF zu vermeiden oder zu verringern vorrangig an EMF-Quelle, STOP-Prinzip Stand der Technik (nach 2 (9) EMFV): - Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen - Zur Bestimmung sind vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt wurden 23 11
6 EMFV Maßnahmen (2) Konkrete Maßnahmen Alternative Arbeitsverfahren Technische Maßnahmen: Geringere Emission von EMF Abschirmung, Verriegelung, andere Sicherheitseinrichtungen 24 6 EMFV Maßnahmen (2) Konkrete Maßnahmen Alternative Arbeitsverfahren Technische Maßnahmen Organisatorische Maßnahmen: Abgrenzung und Zugangskontrollmaßnahmen Warnhinweise, Signale, Kennzeichnungen, Markierungen, Schranken Angemessene Wartungsprogamme und Kontrollen Begrenzung Ausmaß und Dauer der Exposition 25 12
6 EMFV Maßnahmen (2) Konkrete Maßnahmen Alternative Arbeitsverfahren Technische Maßnahmen Organisatorische Maßnahmen Auswahl und Einsatz geeigneter persönlicher Schutzausrüstung E-Felder: elektr. Entladung, Kontaktströme minimieren/ vermeiden 26 Ausnahmen 27 21 EMFV sind durch Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch bei der zuständigen Behörde zu beantragen betreffen die Regelungen in 6 17 können bei unverhältnismäßiger Härte zugelassen werden, wenn Abweichung mit Schutz der Beschäftigten vereinbar ist Verbunden mit Nebenbestimmungen, die Minimierung möglicher Gefährdungen durch Ausnahmen gewährleisten Überprüfung nach spätestens 4 Jahren Aufhebung, sobald die Umstände nicht mehr gegeben sind Mindestangaben des Arbeitgebers bei Antragstellung 13
Straftaten und Ordnungswidrigkeiten 28 22 EMFV Verweis auf 25 (1) 1 und 26 (2) ArbSchG (hier: Zuwiderhandeln gegen EMFV oder EMF-RL) Ordnungswidrigkeiten, z. B.: Gefährdungsbeurteilung oder dort genannte Maßnahme nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig durchführen Dokumentation nicht erstellt Ergebnis nicht oder nicht mindestens 20 Jahre aufbewahrt Arbeitsbereiche nicht kennzeichnet / abgrenzt Nicht sicherstellt, dass ein Beschäftigter eine Unterweisung erhält Straftat: Ordnungswidrigkeit mit Vorsatz begehen Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Beschäftigten Struktur und Inhalt der TREMF TREMF NF TREMF HF TREMF MR Statische u. niederfrequente EMF Hochfrequente EMF Magnetresonanzverfahren Kapitel 4 Allgemeines Kapitel 5 Gefährdungsbeurteilung Kapitel 6 Messen, Berechnen, Bewerten Kapitel 7 Maßnahmen Kapitel 5 Gefährdungsbeurteilung Kapitel 6 Messen, Berechnen, Bewerten Kapitel 7 Maßnahmen Kapitel 5 Gefährdungsbeurteilung Kapitel 6 Messen, Berechnen, Bewerten Kapitel 7 Maßnahmen Anlagen zu Wirkungen, Grenzwertkonzept, Beispielen für Expositionen, Literatur, Warnund Hinweiszeichen, Beispielformularen (Messbericht, Betriebsanweisung, ) etc. 29 14
Weitere Informationen EMFV Link: www.gesetze-im-internet.de/emfv/ FB 400 (EMF am Arbeitsplatz) FB 451 (Sicherheit von Beschäftigten mit aktiven und passiven Körperhilfsmitteln) FB 457 (Bewertung nicht-sinusförmiger und gepulster Felder) Link: http://www.bmas.de/de/themen/arbeitsschutz/technischerarbeitsschutz/elektromagnetische-felder.html 30 DGUV-R 103-013 (BGR B11) Link: http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/bgrb11.pdf Zusammenfassung EMFV setzt europäische EMF-RL in nationales Recht um EMFV seit November 2016 gültig Technische Regeln zur EMFV werden derzeit erarbeitet Anzuwenden auf alle Arbeitsplätze, bei denen EMF auftreten oder auftreten können, besonders schutzbedürftige Beschäftigte Betriebe, die DGUV-R 103 013 (BGR B11) anwenden, sind gut aufgestellt Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands erhöht die Sicherheit und Gesundheit an Arbeitsplätzen mit EMF Weniger Betriebe betroffen Mehrstufiges Schutzkonzept Erfüllungsaufwand für Betriebe geringer 31 15