Business Schools Schweiz. Wegweiser mit Bildungsglossar



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Business Schools Schweiz Wegweiser mit Bildungsglossar

Inhalt 3 4 Vorwort 6 6 9 12 14 17 18 20 22 Fokusthemen Etabliert und praxisnah Studieren in vier Sprachen Wissenschaftlich und praxisbezogen zugleich Mehr als nur Studierendenaustausch Die wichtigsten Studiengänge der Wirtschaftsfachhochschulen im Vergleich Öffentlich-rechtliche Wirtschaftsfachhochschulen der Schweiz (Abbildung) Anwendungsorientierte Wissenschaft als Identität der Fachhochschulen Titelflut oder sinnvolle Vielfalt? 26 Interview mit Blaise Roulet 30 30 32 35 Absolventenporträts Weiterbildung für eine Unternehmerin Zwei unterschiedliche Laufbahnen Familie, Beruf und Weiterbildung 38 Bildungsglossar 70 70 72 74 76 78 80 82 84 Facts & Figures Berner Fachhochschule Fachhochschule Nordwestschweiz Fachhochschule Ostschweiz Hochschule Luzern Haute Ecole Spécialisée de Suisse occidentale Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Wichtige Links 85 Impressum

4 Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser In den vergangenen fünfzehn Jahren hat sich die Hochschulwelt in der Schweiz stark verändert: Seit Mitte der neunziger Jahre haben sich die Fachhochschulen neben den Universitäten und ETH als neuer Hochschultypus etabliert; in den vergangenen zehn Jahren wurde die Bologna- Bildungsreform umgesetzt; und seit 2008 bieten Fachhochschulen neben Bachelor-Studiengängen auch konsekutive Master an. Parallel dazu hat die Globalisierung deutliche Spuren im Bildungsmarkt hinterlassen. Dies sehen wir einerseits an der steigenden Zahl von Aus- und Weiterbildungsangeboten ausländischer, oft privater Hochschulen in der Schweiz. Andererseits zeigt es sich auch darin, dass unsere eigenen Hochschulen ihre Programme immer internationaler ausrichten, ihnen englische Bezeichnungen geben und Studierende für den internationalen Arbeitsmarkt vorbereiten. Diese Veränderungen haben dazu geführt, dass die vielen unterschiedlichen Studienangebote in der Öffentlichkeit für Verwirrung sorgen und Nutzen und Reputation der Abschlüsse kaum eingeschätzt werden können. Besonders im Fachbereich Wirtschaft gibt es eine Vielzahl von Qualifikationen auf Hochschulstufe, wie z.b. Bachelor, Ausbildungs-Master, MBA, EMBA oder MAS, aber auch diverse kürzere Programme wie CAS oder DAS. Oft ist es für Studieninteressenten wie auch für Arbeitgeber schwierig zu durchschauen, welches Studium sich hinter einem Akronym verbirgt, welche Kompetenzen vermittelt werden und welcher Mehrwert für die Absolventen entsteht.

5 Daher leistet die Association of Management Schools Switzerland (AMS) mit dieser Publikation einen Beitrag dazu, mehr Licht in die Welt der Hochschulbildung zu bringen. Die AMS ist die 2009 gegründete Vereinigung aller öffentlich-rechtlichen Wirtschaftsfachhochschulen der Schweiz. Sie hat es sich insbesondere zum Ziel gesetzt, die Aus- und Weiterbildungsprogramme ihrer Mitglieder in der Öffentlichkeit bekannter zu machen und den vielzitierten Anwendungsbezug der Fachhochschulen in Lehre und Forschung anschaulich darzustellen. Daher finden Sie in dieser Broschüre einige Artikel, die Ihnen die Besonderheiten unserer Wirtschaftsfachhochschulen näher bringen, wie z.b. die neuen Ausbildungs-Master oder unsere internationale Vernetzung. Des Weiteren zeigen Absolventenporträts die unterschiedlichen Profile von Ausbildungs- und Weiterbildungs-Mastern auf. Abschliessend haben wir für Sie ein Glossar mit wichtigen Hochschulbegriffen zusammengestellt. Besonders freue ich mich, dass sich Blaise Roulet, Leiter des Leistungsbereichs Fachhochschulen im Bundesamt für Berufsbildung und Technologie, für ein Interview zur Verfügung gestellt hat. Ich wünsche Ihnen spannende Einblicke in die Hochschulwelt! Prof. André Haelg Präsident AMS

6 Fokusthemen Etabliert und praxisnah Fachhochschulen als Partner der Wirtschaft Fachhochschulen und Universitäten bieten Abschlüsse mit ähnlichen Titeln an. Doch die beiden Hochschultypen unterscheiden sich in ihren Strukturen und ihrem Praxisbezug. Mit dem Ende des Millenniums wurde in der Schweizer Bildungslandschaft eine neue Ära eingeläutet: Wer nun ausserhalb einer Universität ein Fach der Wirtschaftswissenschaften studieren wollte, besuchte nicht mehr die Höhere Wirtschafts- und Verwaltungsschule (HWV), sondern die Fachhochschule (FH). Durch die Umstellung auf das Bologna-System, in dem der Unterricht modulweise aufgebaut ist und sich am europäischen Kreditpunktesystem (ECTS) orientiert, wurde den Abschlüssen der Wirtschaftsschulen neuer Geist eingehaucht. Wie haben es die sieben Schweizer Fachhochschulen geschafft, innerhalb eines Jahrzehntes von der Wirtschaft anerkannte, qualitativ hoch stehende Studiengänge anzubieten? Und was zeichnet diese Abschlüsse inzwischen aus, wo doch an den Universitäten die gleichen Titel erlangt werden können? Praxisbezug als roter Faden «Es ist der Praxisbezug, der uns stark macht», lautet die Antwort von Studiengangsleitern, die mit den vorhergehenden Fragen konfrontiert werden. Tatsächlich ist es dieser Praxisbezug, der Fachhochschulabschlüsse innerhalb kurzer Zeit hat etablieren können. Und es ist dieser Praxisbezug, der die Titel noch immer unterscheidet von universitären Abschlüssen. Es ist schliesslich auch dieser Praxisbezug, der sich wie ein roter Faden durch sämtliche Bereiche der Fachhochschulen zieht: bei Forschungsprojekten, der Qualifikation der Dozierenden, bei der Unterrichtskonzeption und nicht zuletzt beim Profil der Studierenden. Denn Praxiserfahrung ist an den Fachhochschulen Aufnahmebedingung; mit einer gymnasialen Maturität muss diese zuerst mit Hilfe eines Praktikums erworben werden. Wer also an einer Fachhochschule sein Wirtschaftsstudium aufnimmt, weiss, wie eine Organisation funktioniert. Weit mehr als die Hälfte der Studierenden an den Wirtschaftsfachhochschulen haben bereits eine Berufslehre hinter sich. Und ein darauf aufbauender Bachelor- oder Mastertitel ist nicht nur eine offizielle Berufsqualifikation, sondern auch ein Garant dafür, dass der Inhaber praxistauglich ist. Wie eine Studie der Universität Zürich unter Leitung von Professor Philipp Gonon gezeigt hat, werden diese Titel in der Wirtschaft als besonders valabel angesehen: Studierende beweisen mit einem solchen Fachhochschulabschluss allerdings nicht nur Praxistauglichkeit, sondern gelten auch als besonders flexibel und motiviert. Doch für eine qualitativ hoch stehende Ausbildung müssen die Rahmenbedingungen stimmen.

Etabliert und praxisnah Fokusthemen 7 Lernen im Dialog Wo immer man sich in einer Fachhochschule befindet: Hörsäle der Dimension, wie sie an Universitäten anzutreffen sind, gibt es nicht. Die Gebäudeeinteilung ähnelt eher derjenigen der klassischen Schulhäuser. Kleinere und grössere Büros von Dozierenden wechseln ab mit Klassenzimmern, in denen zwischen 20 und 30 Personen Platz finden. Didaktisch wie methodisch orientieren sich die Seminare an überschaubaren Gruppen; der Kontakt zwischen Dozierenden und Studierenden und ein gutes Betreuungsverhältnis sind dadurch gewährleistet. Diskussionen und Gruppenarbeiten sind ebenso Teil der Lehrveranstaltungen wie Sequenzen, die einer Vorlesung gleichen wobei sich Studierende stets getrauen, die Dozierenden anzusprechen. Unterrichtsgegenstände sind einerseits Theorie, andererseits aber auch praktische Beispiele, die als Ausgangspunkte für Analysen dienen. Und auch ein Blick auf das Curriculum zeigt, dass der Praxisbezug konsequent ernst genommen wird. Ein Beispiel aus den Stundenplänen: Die Fächer heissen nicht einfach Kommunikation und Mathematik, sondern haben den Zusatz «Business-» und werden so zu «Business Maths» oder «Business Writing Skills». Selbst theoriebegeisterte Dozierende kommen nicht darum herum, stets den Bezug zur Betriebsökonomie und somit zur Praxis zu schaffen. Zwar gibt es in den meisten Studienrichtungen der Wirtschaftsfachhochschulen auch Wahlmodule, doch ist der grösste Teil der obligatorischen Stunden geregelt, ein Stundenplan quasi vorgegeben. Jahrgänge werden in mehreren parallelen Studiengruppen unterrichtet. Applied Sciences Im Gegensatz zur Grundlagenforschung der Universitäten konzentrieren sich die Fachhochschulen auf die angewandte (oder auch anwendungsorientierte) Wissenschaft. Im angelsächsischen Raum sind die Fachhochschulen daher auch als «Universities of Applied Sciences» bekannt. Angewandt heisst, dass einerseits Forschung im direkten Zusammenhang mit der Wirtschaftspraxis steht, angewandt bedeutet aber ebenso, dass Studierende in ihren Lehrveranstaltungen von den Forschungsergebnissen ihrer Hochschule profitieren. Die Betriebswirtschaftslehre hat hier einen besonderen Vorteil: Hans Ulrich, der dreissig Jahre lang in St. Gallen lehrte, sah in ihr die Kombination von praktischen Erfahrungen mit theoretischen Grundlagen, die schliesslich den Führungskräften das Wissen für die Lösungsfindung zur Verfügung stellen sollte. Die Betriebsökonomie ist demnach anwendungsorientiert. Das Konzept der Fachhochschulen passt zu diesem Fach daher besonders gut.

8 Fokusthemen Etabliert und praxisnah Zusammenarbeit mit Firmen Wie aber werden nun angewandte Wissenschaften betrieben? Für den engen Bezug zwischen Wissenschaft und Lehre gilt: Wer unterrichtet, forscht im Normalfall auch. Dozierende verfügen über einen oder womöglich auch mehrere akademische Titel, im Idealfall auch über eine Promotion, die sie zur Forschung befähigt. Sie haben aber in der Regel auch Erfahrungen in der Privatwirtschaft gesammelt und sind entsprechend vernetzt. Wirtschaftsfachhochschulen pflegen insbesondere auch den Kontakt zu KMU, die oft gute Kooperationsmöglichkeiten bieten sei dies für Projektarbeiten der Studierenden, für die sie firmeninterne Probleme zur Verfügung stellen, oder für die Forschung der Dozierenden. Ziel dabei ist es stets, den Firmen die notwendige wissenschaftliche Basis und gleichzeitig umsetzbare Lösungen zu liefern. So hat beispielsweise die School of Management and Law der ZHAW einen KMU-Wertschöpfungsnavigator entwickelt, mit dem Unternehmen rasch Ineffizienzen im Betrieb identifizieren können. Mit dieser Synthese von Wissenschaftlichkeit und Praxisbezug bewähren sich die Fachhochschulen: Die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) unterstützt gezielt Projekte, die den Transfer von Wissen und Technologien zwischen Hochschulen und Industrie gewährleisten; sie unterstützt an Fachhochschulen mehr als doppelt so viele Projekte als an Universitäten. Wer sich im Studium nicht nur mit Theorie, sondern auch mit solchen Problemstellungen aus der Praxis befasst hat, ist für eine Berufstätigkeit in der Wirtschaft bestens gerüstet. Text: Ruth Wiederkehr

Studieren in vier Sprachen Fokusthemen 9 Studieren in vier Sprachen Die MSc in Business Administration in der Westschweiz und im Tessin Die Schweiz hat in Europa den einzigartigen Vorteil, die Master-Studiengänge an den Fachhochschulen in vier Sprachen durchführen zu können. In einzelnen Kursen werden bis zu drei Sprachen parallel gesprochen. Insgesamt vier verschiedene Vertiefungsrichtungen (Majors) in zwei verschiedenen Studiengängen bieten den Interessierten eine breite Auswahl für ein Ökonomiestudium ausserhalb der Deutschschweiz. «Unsere Ausbildungs-Master ähneln einer grossen Reality Show», meint Monica Pongelli. Sie ist Leiterin des im Herbst 2009 eingeführten Master-Studiengangs Business Administration an der SUPSI (Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana) Lugano. Warum denn «Reality Show»? Die Projekte im Master sind nicht etwa fingiert. Im realen Umfeld von Firmen angesiedelt, können sie beispielsweise die Planung neuer Wege zur Auslastung eines staatlichen Sportzentrums oder eine Strategie für einen Anbieter von digitaler Werbung umfassen. Realität in den Bahnen der Fachhochschule also, begleitet durch Dozierende einerseits und durch Coaches aus der Wirtschaftspraxis andererseits. Jeder Master besteht aus vier Teilen, die in Bezug zueinander stehen: General Management als Basis mit Fächern wie Finance und Marketing, dann die Vertiefungsrichtung (Major), Praxisprojekte ausgehend vom Major und schliesslich Projekte im Bereich der anwendungsorientierten Forschung. Die Spezialität im Tessin und in der Westschweiz: Drei Landessprachen sowie Englisch im Kontakt mit dem Ausland werden aktiv genutzt. Breites Angebot in der Romandie Bereits mehrere Durchgänge hat der Master of Science in Business Administration der Westschweizer Fachhochschule, der HES SO (Haute école spécialisée de Suisse occidentale), erfahren. Seit 2008 schreiben sich hier jährlich zwischen 60 und 70 Studierende für eine der drei Vertiefungsrichtungen ein.

10 Fokusthemen Studieren in vier Sprachen Voraussetzung gibt es, wie bei allen Master-Studiengängen, vorwiegend eine: einen Hochschulabschluss auf Bachelor-Stufe, mit dem das ökonomische Grundwissen erworben worden ist. Wichtig ist auch die Freude daran, auf Englisch und Französisch sowie ab und zu auch Deutsch zu kommunizieren. Ist das erste Semester General Management in Lausanne absolviert, teilt sich ab dem zweiten Semester die Westschweizer Studierendengruppe auf. Nach Fribourg fahren diejenigen, die sich für den Major in Entrepreneurship (Innovation and Growth) entschieden haben, nach Genf diejenigen, die sich in das Management und Engineering von Dienstleistungen vertiefen. In Lausanne bleibt, wer seinen Schwerpunkt auf das Management von Informationssystemen legt. Abgrenzung und Fokussierung Bei der Konzeption aller Ausbildungs- Master wurde darauf geachtet, keine Doppelspurigkeiten mit bereits bestehenden Studiengängen und Vertiefungsrichtungen anderer Hochschulen zu erzeugen. So hat beispielsweise die Haute Ecole de Gestion de Genève einen neuen Major entwickelt: Dienstleistungsmanagement und -engineering. «Die Wirtschaft der Romandie besteht vor allem aus Dienstleistungen», begründet Emmanuel Fragnière, Leiter dieser Vertiefungsrichtung, diese Neuerung. Der grosse Teil der Theorien fusse aber noch immer auf den traditionellen Produktionsmodellen. Dass Dienstleistungen in der Theorie der Wirtschaftswissenschaften neue Wege verlangen, ist für Fragnière klar. Hier wird zusammen mit den Studierenden erforscht, wie diese neuen Wege aussehen könnten. Die Branche freut's: Reisebüros, die Polizei oder das Gesundheitswesen lassen sich vom Service Design des Instituts überzeugen. Sprachen machen weltoffen Als Besonderheit in allen Vertiefungsrichtungen kann die Sprachenvielfalt bezeichnet werden. Englisch auf Niveau B2 (z.b. Cambridge Certificate of Advanced English) ist die minimale Voraussetzung. Im Tessin wird vorwiegend auf Italienisch und bei einigen Modulen auch auf Englisch unterrichtet. Und der von der SUPSI / Fernfachhochschule Schweiz durchgeführte Master mit einer Anwesenheitspflicht von lediglich 20 Prozent findet in erster Linie auf Deutsch statt. «Profisportler oder Geschäftsleute mit vielen Auslandaufenthalten beispielsweise absolvieren den Studiengang an der Fernfachhochschule», sagt Pongelli. Gruppenarbeiten und Gespräche mit Dozierenden würden oft via Videokonferenzen, wenn nötig auch mehrsprachig, durchgeführt. Von der Österreicherin Verena Huber, die an der HES-SO mit Vertiefungsrichtung Entrepreneurship studiert, fordert das Studium immer wieder Anpassung: «Ausländische Dozierende lehren in der Regel auf Englisch, manchmal aber auch auf Französisch.» Diskutiert werde oft in mehreren Sprachen. Dies gilt natürlich auch bei Studienwochen im Ausland an Partnerschulen. Warum hat Huber nach ihrem Bachelor mit Vertiefung in Tourismus einen Schweizer

Studieren in vier Sprachen Fokusthemen 11 Fachhochschul-Master ausgewählt? «Für mich war es wichtig, einen mehrsprachigen Master zu machen», sagt sie. Denn Unternehmertum habe auch viel mit interkultureller Begegnung, mit der Herausforderung von Fremdsprachen und mit neuen Ideen zu tun. Fribourg war dabei die einzige Hochschule, die ihren Ansprüchen gerecht wurde: polyglotte Dozierende, ein bekanntes Institut mit der gewünschten Fachrichtung, kleine Studiengruppen und ein enger Bezug zur Praxis. Workload hoch, doch lohnend Bis zur Hälfte eines Ausbildungs-Masters ist auf wissenschaftliche Arbeit und Methoden, die aktive Mitarbeit an einem Forschungsprojekt sowie die eigenständige Ausarbeitung eines eigenen Projektes in Form der Master Thesis ausgerichtet. Entscheidend dabei ist, dass die Betreuung stimmt: Coaching ist an den Instituten daher alltäglich. Wer an einer Arbeit im Rahmen eines Forschungsprojektes schreibt, hat einen Betreuer, der für Fragen stets zur Verfügung steht. Bei dieser Arbeit werden wichtige Fähigkeiten wie die quantitative Analyse und die Planung von strategischen Prozessen trainiert. Da fast alle Studierenden nebenbei arbeiten, läuft die Theorie nie Gefahr, Selbstzweck zu werden. Wie gross aber darf das Pensum während des vier- bis fünfsemestrigen Studiums sein? An der SUPSI im Tessin finden die Kurse des MSc zwischen Donnerstagabend und Samstagmittag statt ein Arbeitsvertrag von bis zu 80 Prozent ist laut Pongelli unter ihren Studierenden üblich. Die Master Thesis wird in Lugano jedoch erst im fünften Semester geschrieben, was im zweiten Studienjahr Luft gibt. Die Studierenden der Romandie forschen in den letzten Semestern für ihre Abschlussarbeit und geben diese am Ende des zweiten Jahres ab. In der Westschweiz empfiehlt man daher ein Arbeitspensum von zwei bis drei Arbeitstagen pro Woche auch weil hier zwischen Donnerstag und Samstag unterrichtet wird. Hinzu kommen Vor- und Nachbereitung sowie Gruppenarbeiten an Abenden und am Sonntag. Die teils mehrsprachigen Diskussionen und Gruppenarbeiten bilden neben Vorlesungen und Vorträgen von Gastdozierenden die üblichen didaktischen Formen an den Fachhochschulen. Sie begünstigen, dass alle Studierenden aktiv mitdenken und mitformen. «Meine Denkweise hat sich seit Studienbeginn stark verändert», sagt eine Teilnehmerin. Wohl dank ihrem Engagement und dem Austausch mit den anderen: In den kleinen Klassen von 20 bis 30 Studierenden kann sich niemand drücken. Wer mitarbeitet, profitiert. So steht auf der Website des Majors in Entrepreneurship: «Don't expect it to be easy, but look forward to a successful career.» Bereits nach den ersten durchgeführten Studiengängen haben die Verantwortlichen beobachtet, dass sich der Abschluss für die Studierenden lohnt. Interne Karrieren sind die Regel, die Berufung in Führungspositionen, eigenständiges Unternehmertum oder Beratungsfunktionen in Firmen häufig. Text: Ruth Wiederkehr

12 Fokusthemen Wissenschaftlich und praxisbezogen zugleich Wissenschaftlich und praxisbezogen zugleich Wie Studierende sich bei der Social-Media-Forschung engagieren Die Ausbildungs-Master der Fachhochschulen zeichnen sich durch die gelungene Kombination von wissenschaftlichen und praxisorientierten Inhalten aus. Sie folgen damit streng der Idee der Fachhochschulen, die gemäss ihres Bildungsauftrags anwendungsorientierte Wissenschaft betreiben. Wie die Vermittlung von wissenschaftlichen und zugleich praxisbezogenen Kompetenzen im Studium funktioniert, lässt sich gut anhand der sogenannten «Wissenschaftlichen Praxisprojekte» (WPP) aufzeigen, die wichtiger Bestandteil eines Ausbildungs-Masters sind. Die Projektthemen entstammen in der Regel den jeweiligen Forschungsschwerpunkten der Hochschulen und ihrer Institute, womit sichergestellt ist, dass stets hochaktuelle Fragen aus Wissenschaft und Praxis bearbeitet werden. Die Studierenden schätzen die Möglichkeit, sich mit einem relevanten Thema wissenschaftlich fundiert über zwei Semester auseinanderzusetzen und damit einen ersten Beitrag zur anwendungsorientierten Forschung zu leisten. Ein eindrückliches Beispiel ist das wissenschaftliche Praxisprojekt «Social Media Nutzungsverhalten der Sinus-Milieus», das eine Gruppe von Master-Studierenden unter der Anleitung von erfahrenen Dozierenden unlängst an der FHS St. Gallen durchgeführt hat. Es fand im Rahmen des MSc Business Administration mit der Vertiefungsrichtung Corporate / Business Development (Kooperation der FHS St. Gallen und der Berner Fachhochschule) statt, bei dem spannende Fragen der Unternehmensentwicklung im Zentrum stehen. Das Projektthema basiert auf dem Forschungsschwerpunkt Social Media des Kompetenzzentrums Marketing und Unternehmenskommunikation am Institut für Unternehmensführung der FHS St. Gallen. Social Media Marketing ist hochaktuell und stellt die Unternehmenspraxis vor ganz neue Herausforderungen. Während die Kommunikation früher ausschliesslich über die klassischen Kanäle erfolgte (Print, TV, Radio etc.), kommen heutzutage die «Sozialen Medien» als wichtige Kommunikationsinstrumente dazu. Darunter versteht man in erster Linie internetbasierte Medien, die es den Nutzern erlauben, sich auszutauschen und eigenständig neue Inhalte zu generieren. Viele Firmen sind angesichts dieser neuen sozialen Medien wie Facebook, Twitter, Blogs etc. verunsichert und fragen sich, wie diese gewinnbringend eingesetzt werden können. Das im Rahmen des WPP untersuchte Teilproblem liefert

Wissenschaftlich und praxisbezogen zugleich Fokusthemen 13 einen wichtigen Baustein zur Beantwortung dieser Frage. Konkret wurde untersucht, wie das Nutzungsverhalten der Schweizer Bevölkerung in Bezug auf Social Media aussieht. Welche Medien sind bekannt, und wie häufig werden diese genutzt? Wie verhalten sich verschiedene Personengruppen in den Sozialen Medien, d. h. wer ist aktiv und generiert Inhalte, und wer hat eher eine passive, konsumorientierte Haltung? Dies sind nur zwei Beispiele für eine Reihe von Fragestellungen, für die es in der Schweiz bisher keine verlässlichen, statistisch abgestützten Daten gab. Da anzunehmen ist, dass das Nutzungsverhalten innerhalb der Schweizer Bevölkerung stark variiert, wird im Forschungsprojekt auf das bekannte und weit verbreitete Marktsegmentierungskonzept der Sinus-Milieus zurückgegriffen. Unter einer Segmentierung nach Sinus- Milieus versteht man die Gruppierung der Bevölkerung nach ihren Lebensauf fassungen und Lebensweisen. Die wissenschaftliche Zielsetzung des Projekts besteht darin, eine für Theorie und Praxis wichtige Frage in Bezug auf das Nutzungsverhalten unterschiedlicher Kundengruppen (Sinus-Milieus) zu beantworten. Dabei wird das Nutzungsverhalten der Schweizer Bevölkerung in Bezug auf Social Media anhand einer repräsentativen Stichprobe per Fragebogen (postalisch bzw. online) erhoben. Gleichzeitig werden auch sogenannte Milieuindikatoren abgefragt, die mittels multivariater Methoden die Zuordnung eines Befragten zu einem bestimmten Sinus-Milieu erlauben. Mit den Ergebnissen des WPP wird es erstmals möglich sein, für die Schweiz verlässliche Aussagen zum Nutzungsverhalten der Sinus-Milieus in Bezug auf Social Media zu treffen. Diese Daten bilden einen wesentlichen Eckpfeiler jeder Social-Media- Strategie und des daraus abzuleitenden strategischen Kommunikationsplans. Mithilfe der Erkenntnisse können treffsichere, wirksame Social-Media-Kommunikationsmassnahmen geplant und umgesetzt werden. Die Projektergebnisse stellen daher eine essentielle Hilfestellung für die betriebliche Praxis dar. Für das Forschungsprojekt konnten als wissenschaftliche Begleiter und Sponsoren hochkarätige Projektpartner wie das Sinus- Institut aus Heidelberg als Erfinder der Methodik sowie Künzler Bachmann Direktmarketing aus St. Gallen gewonnen werden. Text: Prof. Dr. Dietmar Kremmel

14 Fokusthemen Mehr als nur Studierendenaustausch Mehr als nur Studierendenaustausch Die Internationalisierung der Schweizer Fachhochschulen Gesetzlich sind alle Fachhochschulen zur Internationalisierung verpflichtet. Dass es sich hierbei um ein weites Feld handelt, das viele spannende Aktivitäten ermöglicht, ist erkannt und Fachhochschulen sind durchaus kreativ. Gemäss Fachhochschulgesetz sind Fachhochschulen zur internationalen Kooperation verpflichtet. «Bildung, Wissen, Forschung, Arbeitswelt sind Phänomene, für die Landesgrenzen keine vorrangige Bedeutung haben», schreibt die Rektorenkonferenz der Fachhochschulen (KFH) in ihrem 2008 publizierten Grundsatzpapier zur Internationalisierung. Sie schlägt darin eine Reihe von Massnahmen vor, die bezüglich Mobilität oder Anerkennung von Diplomen, bezüglich der Studienstrukturen oder der Kooperationen in Lehre und Forschung ergriffen werden können, um die Schweizer Fachhochschulen international zu vernetzen. Auch der Bund betont, wie wichtig es ist, die Schweizer Fachhochschulen über die Landesgrenze hinaus bekannt zu machen und er hilft den Fachhochschulen dabei, bestehende Netzwerke zu nutzen, um sich im Ausland zu positionieren. Wie aber hat sich die Internationalisierung konkret manifestiert? Und was verstehen die Verantwortlichen darunter? Mehrere Beispiele aus den Wirtschaftsdepartementen, die in Punkto Internationalisierung schon viel geleistet haben, sollen einen Einblick geben. Vielfältige Mobilität Der beste Weg, sein Studium international zu gestalten, ist ein Auslandsaufenthalt: Das kann ein Semester an einer europäischen Hochschule oder in Übersee sein, die Mitarbeit bei einem Projekt mit einer internationalen Firma oder aber Studienund Blockwochen im nahen und fernen Ausland. Und selbst bei einem Austauschsemester innerhalb der Schweiz sind aufgrund der Mehrsprachigkeit interkulturelle Erlebnisse garantiert. Allein an der School of Management and Law der ZHAW verbringen jährlich über 150 Studierende ein Semester im Ausland mehr als die Hälfte davon auf einem anderen Kontinent. Nicht mitgezählt ist der Austausch innerhalb der Schweiz. Auf Bachelor-Stufe werden einerseits Erasmus, das Programm der EU zur Förderung von Studierendenaustausch in Europa, andererseits aber auch die Beziehungen der einzelnen Fachhochschulen zu Partner institutionen im In- und Ausland, genutzt. Auch bei den neuen Ausbildungs- Master-Programmen ist man bestrebt, Beziehungen zum Ausland im Rahmen von Studierendenaustausch, Forschungs- und Projektarbeiten auszubauen: Eine Reise ins Ausland dürfte daher immer öfter ins Curriculum gehören. Doch Mobilität beschränkt sich nicht nur auf die Studierenden auch Dozierende sollen sich weltoffen zeigen. Allerdings sind Semester im Ausland aufgrund familiärer Verpflichtungen, der festen

Mehr als nur Studierendenaustausch Fokusthemen 15 Einbindung in die Lehre der Heimathochschule sowie hoher Zusatzkosten während des Auslandsaufenthaltes müssen oft zwei Haushalte finanziert werden noch immer selten. Als erfolgreich hat sich hingegen das Prinzip der Blockwoche erwiesen: Durch die unterschiedlichen Zeiten der Semesterferien weltweit ist es für Schweizer Dozierende möglich, z. B. im Januar oder Februar in einem einwöchigen Kurs in den USA zu lehren. Ihre amerikanischen Pendants kommen dann im Mai für einen Workshop in die Schweiz, wenn bei ihnen Ruhe eingekehrt ist. Auch internationale Expertentreffen zu bildungsstrategischen oder forschungsbezogenen Anliegen haben sich als sinnvoll erwiesen. Internationale Studienstrukturen «Der Begriff Internationalisierung [...] ist mehr als das Ermöglichen von Mobilität von Studierenden, Dozierenden und Forschenden», schreibt die KFH im oben genannten Papier weiter. Sicher. Internationalisierung ist eine Haltung. Internationalisierung heisst, sich vor Diversität nicht zu fürchten und für andere Kulturen offen zu sein. Module wie «Managing Diversities» oder «Culture and Civilizations» sind daher in einem Betriebsökonomiestudium immer häufiger anzutreffen. Aber insbesondere bedeutet Internationalisierung auch, die Studiengänge anders auszurichten und sich den internationalen Systemen der Bewertung von Kursen anzugleichen. Denn das Fächerangebot muss für ausländische Studierende attraktiv sein und in das Curriculum ihrer Heimathochschule passen. Und wer nicht zumindest einen Teil der Lehrveranstaltungen auf Englisch anbietet, kommt kaum zu Verträgen mit Hochschulen, die ausserhalb des deutschen, französischen oder italienischen Sprachgebietes liegen. An vielen Schweizer Wirtschaftsfachhochschulen werden bereits auf Bachelor-Stufe vollständig auf Englisch unterrichtete Studiengänge, wie z.b. in International Management oder International Business, angeboten. Internationalität heisst jedoch nicht zwingend, dass Kurse in einer Fremdsprache stattfinden. Sie kann auch bedeuten, dass globale Themen behandelt werden oder dass kulturspezifisches Wissen im Vordergrund steht, wie es beim Weiterbildungsprogramm in Islamic Banking der Fall ist. Internationale Projekte Neben den Lehrveranstaltungen werden auch die Projekte in anwendungsorientierter Forschung immer internationaler. So können Deutschschweizer Fachhochschulen bereits auf eine mehrjährige Zusammenarbeit mit Hochschulen in Deutschland und Österreich zurückschauen. Dieses Netzwerk hat sich bewährt: Europäische Forschungsgelder fliessen inzwischen vermehrt auch für Forschung an den Fachhochschulen. Aber auch die fernen Kulturen

16 Fokusthemen Mehr als nur Studierendenaustausch sind zu Projektpartnern geworden: An der FHNW beispielsweise sind in den vergangenen Jahren im Rahmen von Business Projects Hochschulen in China oder Indien zu Partnern geworden, an der SUPSI arbeitet man bedingt durch die Geografie auch mit italienischen Firmen zusammen. Für Forschung und Projektarbeiten generell sind aber nach wie vor die Schweizer KMU am bedeutendsten. Denn auch ihre Fragestellungen richten sich zunehmend an einer globalisierten Welt aus. So will der Verband der Schweizer Milchproduzenten beispielsweise von der FHNW wissen, auf welchen Absatzmarkt ein neuer, für alle Asiaten verdaulicher Käse in China treffen könnte vermeintlich Urschweizerisches ist also keineswegs ein Gegensatz zur Globalisierung. Und wenn im Rahmen einer Abschlussarbeit mit dem chinesischen Ableger einer Schweizer Bank gute Kontakte entstehen, so ist es durchaus möglich, dass Absolventen für ihre erste Anstellung nach dem Studium nach Shanghai übersiedeln. Text: Ruth Wiederkehr

Vergleich Studiengänge der Wirtschaftsfachhochschulen Fokusthemen 17 Die wichtigsten Studiengänge der Wirtschaftsfachhochschulen im Vergleich Bachelor, Ausbildungs-Master und Weiterbildungs-Master Kriterium Bachelor Ausbildungs-Master Weiterbildungs- Master Voraussetzung Maturität plus einjähriges Praktikum, Berufsmaturität Bachelor Bachelor (oder Äquivalent) und mehrjährige Berufspraxis Status Ausbildung Ausbildung Weiterbildung Inhaltlicher Fokus Berufstätigkeit Vermittelte Qualifikation Berufliche Perspektiven Alter der Studierenden Umfang fachspezifische Grundlagen (wissenschaftsbasiert und anwendungsbezogen) Vollzeit oder berufsbegleitend (50-80 Prozent) Berufsbefähigung einfache Fach- bzw. Führungsfunktionen erweiterte und vertiefte Fach- und Managementkompetenzen, Kompetenzen in anwendungsorientierter Wissenschaft Berufstätigkeit ca. 50 Prozent Berufsbefähigung mit Potenzial zu schnellerer beruflicher Entwicklung weiterführende Fach- bzw. Führungsfunktionen ergänzende Fachkompetenzen bzw. Hintergrundwissen zu praxisbezogenen Themen Berufstätigkeit 80-100 Prozent ca. 19-23 ca. 23-30 ca. ab 30 6 Semester (Vollzeit) 8 Semester (berufsbegleitend) 180 ECTS 4 Semester 90 ECTS Zusatzqualifikation weiterführende Fach- bzw. Führungsfunktionen 4 Semester 60 ECTS Titel BSc / BA MSc / MA MAS / EMBA Studienkosten ca. CHF 3000-4000 ca. CHF 3000-4000 ca. CHF 25.000-40.000 Darstellung: Dr. Regine Wieder

18 Fokusthemen Bildungssystem Schweiz Bildungssystem Schweiz Tertiärstufe Quartärstufe div. Weiterbildungen, Kurse, Lehrgänge Nachdiplomkurse NDK Nachdiplomstudiengänge NDS Höhere Fach prüfung HFP (eidg. dipl.) Berufsprüfung BP (mit eidg. Fachausweis) Höhere Berufsbildung Höhere Fachschule HF Sekundarstufe II (Grundbildung) mit eidg. B e r u f sa t te s t EBA (2 Jahre) BMS 1 mit eidg. Fähigkeitszeugnis EFZ (3 oder 4 Jahre) Sekundarstufe I Sekundarschule (Oberstufe der Volksschule) Quelle: Bildungsdirektion Kanton Zürich

Bildungssystem Schweiz Fokusthemen 19 Master of Advanced Studies MAS Diploma of Advanced Studies DAS Certificate of Advanced Studies CAS Fachhochschule Pädagogische Hochschule Universität/ETH Doktorat Master FH Master PH Master Bachelor FH Bachelor PH Bachelor BMS 2 Vollzeit BMS 2 Teilzeit BM Passerelle Praxisjahr (eventuell) Brückenangebote BM Praktikum Handelsmittelschule HMS+ Gymnasiale Matura Kurz-Gymnasium Altsprachliches Profil (A) Neusprachliches Profil (N) Mathematisch-Naturwissenschaftliches Profil (MN) Musisches Profil (M) Wirtschaftlich-Rechtliches Profil (WR) Liceo artistico (Kt. Zürich) Musisches Profil (M) Lang- Gymnasium Informatikmittelschule IMS Praktikum Praktikum Fachmittelschule FMS

20 Fokusthemen Anwendungsorientierte Wissenschaft als Identität Anwendungsorientierte Wissenschaft als Identität der Fachhochschulen Fachhochschulen stehen für «anwendungsorientierte Wissenschaften». Im Ausbildungs-Master der Fachhochschulen zeigt sich besonders deutlich, was sich hinter dem Begriff verbirgt und wie er in der Hochschule umgesetzt wird. Wer Kompetenzen in anwendungsorientierter Wissenschaft erwirbt, verfügt über Fähigkeiten, die vor allem auch der Berufspraxis dienen. Seit Mitte der neunziger Jahre bezeichnen sich die Fachhochschulen im deutschsprachigen Raum oft auch als Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. Diese Bezeichnung nimmt einerseits Bezug auf die Tradition der Fachhochschulen, denn ihre Vorgängerinstitutionen, wie z.b. in der Schweiz die HWV oder das Technikum, bildeten Berufspraktiker also Anwender aus. Andererseits ist die Bezeichnung auch ein Versuch, eine Unterscheidung gegenüber dem Haupttätigkeitsfeld der Universitäten, der theoretischen Wissenschaft, vorzunehmen. Theoretische Wissenschaft wird eher als Selbstzweck verstanden, also als blosse Freude an der Suche nach Wahrheit und Erkenntnis. Bei den angewandten (auch anwendungsorientierten) Wissenschaften geht man dagegen davon aus, dass die Fragestellungen einen Bezug zur Praxis aufweisen und das neu gewonnene Wissen in die Praxis zurückfliesst, wo es direkt Nutzen und Mehrwert stiftet. Dass theoretische Wissenschaften an Universitäten und anwendungsorientierte Wissenschaften an Fachhochschulen angesiedelt sind, ist zwar grundsätzlich zutreffend. Jedoch gibt es auch Disziplinen, wie z.b. Medizin oder Recht, die trotz ihrer ausgeprägten Anwendungsorientierung an der Universität beheimatet sind. Auch die Betriebsökonomie bildet hier eine Ausnahme. Bekanntlich ist dieses Fach sowohl an Universitäten als auch an Fachhochschulen vertreten. Die Betriebs ökonomie ist per se anwendungsorientiert und kann kaum losgelöst von praktischen Problemstellungen betrieben, geschweige denn in der Lehre vermittelt werden. Doch auch für die Betriebsökonomie gilt, dass Universitäten tendenziell theoretischen Aspekten mehr Raum geben, während Fachhochschulen konkrete Praxisprobleme und direkte Anwendung in den Vordergrund stellen. Master spiegeln Identität der Fachhochschulen Von aussen ist diese etwas unterschiedliche Gewichtung beim Studienangebot im Fachbereich Wirtschaft nicht zu erkennen: Sowohl Universitäten als auch Fachhochschulen bieten Bachelor- und Master-Programme in Betriebsökonomie und ihren diversen Spezialisierungen an. Als 2008 an allen Schweizer Fachhochschulen Master-Programme eingeführt wurden, waren die Verantwortlichen vor