Psychotische ( wahnhafte ) Depression



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Psychotische ( wahnhafte ) Depression Besonders schwere, den Realitätsbezug des Patienten massiv beeinträchtigende Form einer Depression in aller Regel stationär und intensiv psychopharmakologisch behandlungsbedürftig; stellt auch schnelle Indikation zur Elektrokrampftherapie (EKT) dar massive Suizidgefährdung paranoide Phänomene Versündigungs-/Verschuldungswahn Verarmungswahn hypochondrischer Wahn nihilistischer Wahn mögliches Auftreten akustischer Halluzinationen (bekannte oder unbekannte Stimmen, z.b. die des Teufels, die dem Betroffenen sein Versagen, seine Schuldhaftigkeit und Wertlosigkeit vorhält, ggfls. zum Suizid auffordert)

Depression und Angst Angst (meist Zukunftsangst, bei ca. 60% der Depressionen) ist häufig ein wesentlicher Bestandteil der Depression Angst im Rahmen komorbider, spezifischer Angststörungen (Panikstörung, generalisierte Angststörung, Phobien) Angststörungen gehen mit der Zeit häufig in Depressionen über, aber seltener umgekehrt bei Komorbidität von Angst und Depression gestaltet sich der Verlauf schwerer und chronifizierter bei Komorbidität von Angst und Depression besteht erhöhte Suizidalität

Diagnose häufig schwierig Depression im Alter Symptome werden fälschlicherweise als natürliche Folge des Alterungsprozesses betrachtet ausgeprägte Fluktuationen in der Symptomatik Komorbidität mit altersassoziierten Hirnerkrankungen (z.b. Alzheimer- Demenz, M. Parkinson, vaskuläre Demenz) Polypharmazie (depressiogener Einfluss bestimmter Pharmaka) psychopathologisch dominieren im Alter: somatische Symptome, hypochondrische Befürchtungen, Angst, klagsam-dysphorischer Affekt, kognitive Störungen, paranoide Symptomatik) häufiges Auftreten von life events (z.b. körperliche Erkrankung, Tod von Angehörigen) steigende Suizidrate über 65 Jahre (v.a. bei Männern) Risikofaktoren: Depressionen in der Vorgeschichte, soziale Isolierung, körperliche Erkrankungen Verlauf: bei wiederholtem Auftreten im Alter Chronifizierungstendenz, bei Erstmanifestation im Alter Prognose wie bei Jüngeren

Suizidalität Risikofaktoren: früherer Suizidversuch, Schizophrenie, affektive Störung, Alkoholabhängigkeit bei unter 12jährigen tritt Suizidalität kaum auf Suizide gehören zu den häufigsten Todesursachen bei den über 15jährigen Jugendlichen Suizide begehen häufiger Männer, Suizidversuche häufiger Frauen mit zunehmendem Alter nimmt die Suizidrate zu; die Hochrisikogruppe stellen alleinstehende Männer über 65 Jahre dar meist handelt es sich um Intoxikationen in häuslicher Umgebung im Monat vor Suizidversuch kommt es oft zum Arztkontakt Lithium hat einen suizidpräventiven Effekt die Suizidraten lassen sich durch Öffentlichkeitsarbeit und Schulung von Berufsgruppen, die mit potentiell Suizidgefährdeten in Kontakt stehen (Hausärzte, Altenpfleger, Seelsorger, Gefängniswärter), senken ( Nürnberger Bündnis gegen Depression ) wichtig ist das Ansprechen von Suizidalität bei Risikopatienten; hierdurch wird meist Entlastung erreicht, keineswegs aber Suizidalität induziert

Elektrokrampftherapie (EKT) Therapeutisches Prinzip: Auslösung eines zerebralen Krampfanfalls durch elektrische Stimulation des Gehirns in Kurznarkose mit Muskelrelaxation Ind.: pharmakoresistente Depression, Kontraindikation für Medikamente (z.b. Schwangerschaft, alte Pat.), Katatonie, malignes neuroleptisches Syndrom, pharmakoresistentes manisches Syndrom, schwere Suizidalität, rasche körperliche Verschlechterung KI: keine absoluten, aber relative; frische kardiopulmonale und zerebrale Erkrankungen (v.a. mit Hirndruck), Elektrolytentgleisungen NW in ca. 25%: v.a. passagere Kopfschmerzen und kognitive Störungen, nur extrem selten bleibende Gedächtnislücken unilaterale Stimulation besser verträglich als bilaterale in der Regel Serienbehandlung zwei- bis dreimal wöchentlich, insgesamt meist 6 bis 12 EKTs Erfolgsquote ca. 70% Wegen hoher Rezidivgefahr (>50% innerhalb 6 Mon.) medikamentöse Anschlussbehandlung und/oder Erhaltungs-EKT

Wachtherapie in der Depression besteht eine gestörte Schlafarchitektur, v.a. in der zweiten Nachthälfte (klinisch: typische Durchschlafstörung) vermehrte REM- und weniger Non-REM-Phasen haben einen depressionsfördernden Effekt Schlafentzug in der zweiten Nachthälfte wirkt depressionslösend ca. 60%ige Chance auf Besserung bei melancholischer Depression, mit typischem Morgentief sogar bis ca. 85% nach wieder krankhaft durchschlafener Nacht lässt der Effekt anfangs häufig nach; daher ist die Wachtherapie immer eine Serienbehandlung (z.b. zweimal wöchentlich), wodurch Stabilität eintritt Verfahren: partieller/totaler Schlafentzug Schlafphasenvorverlagerung bietet sich als Kombination mit Antidepressiva an cave: Wachtherapie kann bei Bipolaren den Wechsel in eine Manie provozieren (manic switch)

Lichttherapie Evidenzbasierte Wirksamkeit bisher nur bei saisonal abhängiger Depression vereinzelte Studien bei nicht saisonaler Depression, prämenstrueller Depression, Jet lag und Schichtarbeitern der antidepressive Effekt wird über das Auge vermittelt Abstand Lichtquelle/Auge ca. 90 cm, einmal pro min kurz direkt ins Licht schauen, 2500-10000 lux, mind. 30 min täglich, über mind. 2 Wochen Anwendung während des Tageslichtes weniger effektiv morgens wirksamer als abends Lichttherapie + antidepressive Medikation empfehlenswert NW: gering, selten Kopfschmerzen, Augenbrennen, Irritabilität, evtl. Hypomanie. Bei Kombination mit Trizyklika sowie Lithium augenärztliche Kontrolle empfehlenswert relative Kontraindikation bei diversen Augenerkrankungen (UV- Licht induzierter Katarakt)

Zukunftsperspektiven in der Depressionsbehandlung Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-(HPA-)System CRH1-Rezeptor-Antagonisten Glukokortikoid-Rezeptor-Antagonisten (Mifepriston) Steroidsynthese-Inhibitoren (Ketoconazol, Metyrapon) Neuropeptidmodulatoren Substanz-P-(NK1)-Rezeptor-Antagonisten Glutamaterges System NMDA-Rezeptor-Antagonisten Memantine, Riluzol Postrezeptormechanismen Beeinflussung intrazellulärer Signaltransduktionswege (Targets u.a. Phosphodiesterase, Proteinkinase A) Pharmakogenomik, Genetik- und Proteomforschung repetitive transkranielle Magnetstimulation Vagusnervstimulation

ICD-10-Kriterien der Hypomanie Die Stimmung ist in einem für die Betroffenen deutlich abnormen Ausmaß an mindestens vier aufeinander folgenden Tagen gehoben oder gereizt. Mind. 3 der folgenden Merkmale gesteigerte Aktivität oder motorische Ruhelosigkeit gesteigerte Gesprächigkeit Konzentrationsschwierigkeiten oder Ablenkbarkeit vermindertes Schlafbedürfnis gesteigerte Libido übertriebene Einkäufe oder andere Arten von leichtsinnigem oder verantwortungslosen Verhalten gesteigerte Geselligkeit oder übermäßige Vertraulichkeit

ICD-10-Kriterien der akuten Manie vorwiegend gehobene, expansive oder gereizte Stimmung für mind. 1 Woche oder bis zur Krankenhauseinweisung mind. 3 der folgenden Merkmale gesteigerte Aktivität oder motorische Ruhelosigkeit gesteigerte Gesprächigkeit ( Rededrang ) Ideenflucht oder subjektives Gefühl von Gedankenrasen Verlust normaler sozialer Hemmungen vermindertes Schlafbedürfnis überhöhte Selbsteinschätzung oder Größenwahn Ablenkbarkeit oder andauernder Wechsel von Aktivitäten oder Plänen tollkühnes oder leichtsinniges Verhalten (z.b. Kaufrausch, rücksichtsloses Fahren) gesteigerte Libido oder sexuelle Taktlosigkeit Wahnideen oder Halluzinationen können vorliegen (aber nicht typisch schizophrene, d.h. nicht bizarrer oder kulturell unangemessener Wahn, keine kommentierenden Stimmen)

Behandlung der manischen Episode Bei mittelschweren manischen Episoden: Monotherapie Die Monotherapie besteht aus entweder Lithium, Valproat oder einem atypischen Neuroleptikum Bei schweren manischen Episoden: Lithium + Valproat oder Valproat + Atypikum Bei Non-Response: Dosiserhöhung, Wechsel des Atypikums Bei Response: Beibehaltung der Medikation antimanische Behandlung ist auch mit typischen Neuroleptika (z.b. Haloperidol) möglich, diese geht jedoch mit einer erhöhten Gefahr von extrapyramidalmotorischen Nebenwirkungen einher (Parkinsonoid, Zungen-Schlund-Krämpfe, Blickkrämpfe) allgemein bei akuter Manie oft richterliche Unterbringung wegen fehlender Krankheitseinsicht, Medikation muss bisweilen auch gegen den Willen des Patienten verabreicht werden initiale Behandlung auf einer geschützten Akutstation

Affektiver Mischzustand Mischung oder schneller Wechsel (d.h. innerhalb von wenigen Stunden) von hypomanischen, manischen und depressiven Symptomen typisch manische Symptome (z.b. vermindertes Schlafbedürfnis, psychomotorische Agitation, Gereiztheit) bestehen gleichzeitig neben typisch depressiven (gedrückte Stimmung, Anhedonie, Hoffnungslosigkeit, Suizidalität, Schuldgefühle, Erschöpfung) kann klinisch leicht übersehen und als reine Manie gedeutet werden Erkennen wichtig, da der affektive Mischzustand mit einer erhöhten Wiedererkrankungswahrscheinlichkeit einhergeht die Suizidgefahr besonders hoch ist per definitionem die Diagnose einer Bipolar-I-Störung begründet

Das so genannte bipolare Spektrum Bipolar I mindestens eine manische oder gemischte Episode in der Vorgeschichte Bipolar II rezidivierende Depressionen mit Hypomanien Zyklothyme Störung mindestens 2 Jahre andauernder Wechsel von leicht gehobenen und leicht depressiven Stimmungslagen, die aber nicht so schwer ausgeprägt sind, dass eine Manie oder Depression diagnostiziert werden muss Bipolar III rezidivierende Depressionen ohne Hypomanien, aber mit hyperthymem Grundtemperament Bipolar IV rezidivierende Depressionen ohne Hypomanien, aber mit bipolar Erkrankten in der Blutsverwandtschaft

Merkmale bipolarer Störungen Lebenszeitprävalenz 1-5% Früher Erkrankungsbeginn mit biographischen Knick initial zumeist depressive Phase Suizidalität und psychotische Merkmale gerade bei jungen Pat. besonders hohes Suizidrisiko (>30fach gegenüber Normalbevölkerung, ca. doppelt so hoch wie bei unipolarer Depression, 15-20% Suizide bei Unbehandelten) erhöhte Mortalität durch Unfälle und Stoffwechselstörungen häufig Rapid Cycling (>4 switches im Jahr) lange Latenz zu Diagnose und Behandlung wegen Maskierung durch hohe Komorbidität mit Angststörungen und Sucht, Verkennung als Schizophrenie oder Persönlichkeitsstörung hohe Wiedererkrankungsrate (>80% innerhalb 5 Jahren) mit beträchtlichem Chronifizierungsrisiko erniedrigtes Funktionsniveau in allen Bereichen den Krankheitsverlauf prägen die depressiven, weniger die hypo- /manischen Episoden

ICD-10-Kriterien der schizoaffektiven Störungen Die Störung erfüllt die Kriterien für eine affektive Störung aus mind. einer der folgenden Symptomgruppen müssen während derselben Störungsepisode gleichzeitig Symptome für mind. 2 Wochen vorliegen (i.d.r. schizophrene Erstrangsymptome): Gedankenlautwerden, -eingebung, -entzug, -ausbreitung Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten, deutlich bezogen auf Körper- oder Gliederbewegungen oder bestimmte Gedanken, Tätigkeiten oder Empfindungen kommentierende oder dialogische Stimmen, die über die Pat. sprechen, oder andere Stimmen, die aus bestimmten Körperteilen kommen anhaltender, kulturell unangemessener bizarrer und völlig unrealistischer Wahn (d.h. nicht ausschließlich Größen- oder Verfolgungswahn) Danebenreden oder deutlich zerfahrene Sprache, oder häufiger Gebrauch von Neologismen katatone Symptome wie Haltungsstereotypien, wächsernde Biegsamkeit, Negativismus