Weniger Wohnkosten im Rentenalter 09.02.2006 Lutz Freitag Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungsund Immobilienunternehmen 1
Agenda Wohnkostenbelastung im Rentenalter Potenzial der Wohnungsgenossenschaften Das KaNaPE-Modell 2
Drückende Mietenlast ab 55 Jahren 1.400 35% Wohnkosten in EUR/Monat 1.200 1.000 800 600 400 200 Renteneintritt 30% 25% 20% 15% 10% 5% Wohnkosten / Haushaltsnettoeinkommen 0 0% 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 Alter des Haushaltsvorstandes Mieter (Kosten) Selbstnutzer (Kosten) Mieter (Belastung) Selbstnutzer (Belastung) Wohnkosten = Miete zzgl. Nebenkosten bzw. Zins, Tilgung und Nebenkosten (empirische Werte) Steuern = nachgelagerte Besteuerung Quelle: Berechnungen von empirica auf Basis der EVS 3
Zeitliche Dynamik ausgewählter Haushaltsgruppen bis 2020 Rentnerehepaare Ost West Witwen Familien 4
Entwicklung des realen Rentenniveaus nach der Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors Rentenniveau 75 % 70 % 65 % 60 % 70 % 66 % 61 % 58 % 56 % Rentenniveau Brutto Rentenniveau Netto 55 % 54 % 52 % 51 % 52 % 52 % 50 % 45 % 40 % 46 % 44 % 43 % 42 % 41 % 39 % 38 % 38 % 38 % 38 % 35 % 30 % Rentenbeginn Jahrgang 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 1940 1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 Annahmen: Rentenniveau eines Standardrentners, 45 Beitragsjahre mit Durchschnittseinkommen, Rentenbeginn mit 65 Jahren,reale Lohnsteigerungsraten 0,65 % p. a. (bis 2025, danach 0,5 %), Inflationsrate 1,5 % p. a.; Stand 12/05 Quelle: Deutsches Institut für Altersvorsorge, 2005 5
Wohnkostenbelastung im Alter Belastung durch Wohnkosten steigt im Alter Derzeit ein Anteil zwischen 32 % und knapp 40 % der Ausgaben der Haushalte. Das Haushaltsnettoeinkommen sinkt im Alter Die Rentenentwicklung senkt das Haushaltseinkommen in den nächsten Jahrzehnten zusätzlich (Nettorentenniveau sinkt von 70 % in 2005 auf ca. 52 % in 2050). Besondere Situation in Ostdeutschland: Besonders starke Minderung des Rentenniveaus durch lange Arbeitslosigkeit und Transfereinkommensbezug vor dem Renteneintritt. Die demografische Entwicklung verschärft den Druck auf die Sozialsysteme. Wohnungsgenossenschaften sind von der Alterung der Gesellschaft bereits heute betroffen. 6
Agenda Wohnkostenbelastung im Rentenalter Potenzial der Wohnungsgenossenschaften Das KaNaPE-Modell 7
Wohnungsgenossenschaften dritte Säule des Wohnungsmarktes Als dritte Säule zwischen dem Wohnen zur Miete und dem Wohnen im Eigentum sichern Wohnungsgenossenschaften die Wohnraumversorgung für rund 5 Mio. Menschen. Rund 2,9 Mio. Menschen sind in Deutschland Mitglied einer Wohnungsgenossenschaft. In den alten Ländern bewirtschaften 1.192 Wohnungsgenossenschaften einen Bestand von 1,22 Mio. Wohnungen mit 1,84 Mio. Mitgliedern. In den neuen Ländern bewirtschaften 774 Wohnungsgenossenschaften einen Bestand von 1,05 Mio. Wohnungen mit 1,03 Mio. Mitgliedern. Das Investitionsvolumen der Wohnungsgenossenschaften belief sich 2004 auf rund 3,4 Mrd. EUR. 8
Größenklassenstruktur der Wohnungsgenossenschaften (nur berichtende Unternehmen) 1.000 51,0 % 60 % 900 Anzahl der Wohnungsgenossenschaften 800 700 600 500 400 300 200 17,3 % 15,8 % 11,5 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % In % aller Unternehmen 100 3,6 % 0,8 % 0 bis 500 501-1.000 1.001-2.000 2.001-5.000 5.001-10.000 10.001 und mehr 0 % Eigener Wohnungsbestand von... bis... Wohnungen Quelle: GdW Jahresstatistik 2004 9
Mitgliederanzahl innerhalb der jeweiligen Größenklasse der Wohnungsgenossenschaften (nur berichtende Unternehmen) 35% 888.409 Anteil der Mitglieder der jeweiligen Größenklasse 30% 25% 20% 15% 10% 5% 297.912 Mitglieder in der Größenklasse 325.938 558.006 619.110 186.973 0% bis 500 501-1.000 1.001-2.000 2.001-5.000 5.001-10.000 10.001 und mehr Eigener Wohnungsbestand von... bis... Wohnungen Quelle: GdW Jahresstatistik 2004 10
Große Spannweite bei Unternehmensgröße Spannweite der Unternehmensgröße reicht bei Wohnungsgenossenschaften von 10 WE bis 17.000 WE Rund 1.000 Wohnungsgenossenschaften, d. h. mehr als die Hälfte, bewirtschaften weniger als 500 WE. Die Zahl der Mitglieder ist seit Ende der 90er Jahre leicht rückläufig, wobei sie in den alten Bundesländern nahezu gleich geblieben ist. Wichtiges Ziel ist die Neugewinnung von Mitgliedern, insbesondere jüngeren Menschen und jungen Familien. 11
Geschäftsguthaben Das durchschnittliche Geschäftsguthaben der Genossenschaftsmitglieder beträgt 1.100 EUR; schwankt zwischen 500 EUR bis 1.500 EUR. Um privates Kapital zu mobilisieren, bedarf es verstärkt Modelle, die die Mitglieder motivieren, künftig höhere Geschäftsanteile zu zeichnen. Besondere Bedeutung der Spareinrichtungen: Insgesamt betreiben 43 Wohnungsgenossenschaften eine Spareinrichtung, 7 davon in den neuen Ländern. Die Spareinrichtungen verwalten einen Gesamteinlagenbestand von rund 1,4 Mrd. EUR. Im Jahr 2004 stiegen von diesen die Spareinlagen um über 7 %. 12
Beispiel: Alterstruktur aller Genossenschaftsbewohner im Jahr 1987 der Baugenossenschaft Freie Scholle eg Bewohner über 60 Jahre 34% Bewohner unter 60 Jahre 66% 13
Altersstruktur bei Wohnungsgenossenschaften 1997 im Vergleich zur Bevölkerungsstruktur 2020 in Deutschland Bereits 1997 waren 49% der Mitglieder in Westdeutschland 50 Jahre und älter, in Ostdeutschland sogar 55%. Die Entwicklung der Alterstruktur hat sich in den letzten Jahren eher noch verschärft. 40 % 35 % 35 Alte Bundesländer Neue Bundesländer Gesamtbevölkerung 2020 Anteil der Genossenschaftsbewohner / Anteil Gesamtbevölkerung 2020 30 % 25 % 20 % 15 % 10 % 5 % 24 23 15 15 13 13 12 12 11 9 9 9 9 9 8 8 8 7 5 6 20 5 16 0 % 0-9 10-19 20-29 30-39 40-49 50-64 65-69 70 und älter Von... bis... Jahre Quelle: A&K-Mitgliederbefragung aus 1997, 10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes für 2020, Variante 5, mittlere Lebenserwartung, mittleres Wanderungssaldo von mindestens 200.000 14
Wachstumsmarkt seniorengerechtes Wohnen Entwicklung der Haushalte mit einem Haushaltsvorstand im Alter von 65 oder mehr Jahren in Deutschland 1991 bis 2020 13 000 12 000 Haushalte in 1.000 Prognose BBR: + 1,4 Mio. Haushalte bis 2020 12 076 11 865 11 660 11 511 11 514 11 506 11 320 12 311 11 000 10 894 10 287 10 000 9 822 9 120 9 320 9 444 9 000 8 688 8 000 7 000 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 Quelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus; ab 2005 Prognose nach BBR Raumordnungsprognose 2020, Ausgabe 2004 GdW Schrader 25-07-2005 15
Mitgliederstruktur nimmt demografische Entwicklung vorweg Das Durchschnittsalter der Mitglieder von Wohnungsgenossenschaften ist bereits heute höher, als das für 2020 prognostizierte Durchschnittsalter der Gesamtbevölkerung in Deutschland. Die Nutzerstruktur der Wohnungsgenossenschaften wird heute wesentlich von Ein- und Zweipersonenhaushalten geprägt (Ostdeutschland mehr als 70 %, Westdeutschland mehr als 80 %). Die lange Wohndauer mit der Konsequenz des hohen Altersdurchschnittes der Mitglieder ist vor allem ein Ausdruck der Wohnzufriedenheit der Mitglieder. 16
Herausforderungen für Wohnungsgenossenschaften Demografische Entwicklung und das sinkende Haushaltseinkommen der Mitglieder stellt die Wohnungsgenossenschaften vor drei große Herausforderungen: Vielfältige, flexible Dienstleistungen für das Wohnen im Alter ( Wohnen für ein langes Leben ) Werbung von jüngeren Mitgliedern, insbesondere Familien Spezielle Angebote zur Reduzierung der Wohnkosten im Alter 17
Empfehlungen der Expertenkommission Wohnungsgenossenschaften 2004 Wohnungsgenossenschaften können durch Vorsorgeangebote einen wichtigen Beitrag zur privaten Altersvorsorge leisten. Ziel: Wohnkosten im Alter reduzieren und finanzielle Belastungen kalkulierbar machen. Empfehlung: Förderung des Erwerbs von zusätzlichen Geschäftsanteilen an Wohnungsgenossenschaften zur Altersvorsorge Die Expertenkommission empfiehlt eine Ausgestaltung analog zur derzeitigen Riesterförderung als Zulagemodell. 18
GdW-Stellungnahme zum Bericht der Expertenkommission Wohnungsgenossenschaften Hohes Interesse der Wohnungsgenossenschaften an der Entwicklung von Altersvorsorgemodellen Verständliche und einfach Modelle sind Voraussetzung für Akzeptanz bei den Mitgliedern Zeichnung zusätzlicher Geschäftsanteile ist für die Altersvorsorge ein geeigneter Weg. Bereitschaft der Wohnungsgenossenschaften bei der Entwicklung, Erprobung und Evaluierung mitzuwirken. 9 Wohnungsgenossenschaften haben aktiv an dem Forschungsprojekt teilgenommen. 19
Genossenschaftliche Altersvorsorgemodelle bieten für die Mitglieder und die Wohnungsgenossenschaften Vorteile Vorteile für die Mitglieder Reduzierung ihrer Wohnkosten Vererbbarkeit der zusätzlichen Geschäftsanteile Interessante Ergänzung zu bereits genutzten Vorsorgeprodukten Vorteile für Wohnungsgenossenschaften Erhöhung der Attraktivität des genossenschaftlichen Wohnens Eigenkapitalerhöhung macht die Wohnungsgenossenschaften unabhängiger vom Kapitalmarkt. Unterstützung der Aktivitäten der Wohnungsgenossenschaften zur Mitgliederbindung und Mitgliedergewinnung. Win-Win-Situation für die Wohnungsgenossenschaften und deren Mitglieder 20
GdW-Forderung: Wohnimmobilie gehört in die Altersvorsorge Generelle Forderung des GdW gleichberechtigte Einbeziehung der Wohnimmobilie in die Altersvorsorge: Steigerung der Angebotsvielfalt Unterstützung der sozialen Ausgewogenheit der Angebote Bietet gerade Haushalten mit wenig Eigenkapital ein Engagement in Wohnimmobilien, und damit ein sicheres und gutes Wohnen im Alter. Im Zeitverlauf sollten Sparbeträge aus Finanzprodukten auch in eine Wohnimmobilie umgeschichtet werden können. 21
ExWoSt-Studie: Erwerb zusätzlicher Geschäftsanteile Das Konzept des Altersvorsorgemodells Erwerb zusätzlicher Geschäftsanteile ist für eine Einbeziehung in die staatlich geförderte Altersvorsorge grundsätzlich geeignet. Eine Integration in die bestehende Fördersystematik der Riester-Rente erscheint als möglich. Es wäre möglich, die Wohnkosten im Alter um ein Drittel zu reduzieren. GdW-Forderung: Einbeziehung der genossenschaftlichen Modelle in die staatlich geförderte Altersvorsorge. 22
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Derzeitiges Entnahmemodell der Riester-Rente Zwischenentnahme von 10.000 bis 50.000 Euro Vollständige Rückzahlung beginnend nach 12 Monaten in monatlich gleich bleibenden Raten Kritik Ignoriert Verhaltensweisen der privaten Haushalte Führt in Grenzfällen zu finanzieller Überforderung Erwerb von Genossenschaftsanteilen ist nicht begünstigt, auch wenn die Anteile bei entsprechender Ausgestaltung ebenfalls der dauerhaften Verminderung der Miete im Alter dienen. Keine Entnahmemöglichkeit im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge. 24
Zunehmende Bedeutung der Riester-Rente Die Riester-Rente stellt derzeit die am meisten nachgefragte Form der geförderten privaten Altersvorsorge dar. 450 Riester-Fondssparpläne Anzahl in Tausend 4.500 Riester-Versicherungsverträge Anzahl in Tausend 400 4.000 350 3.500 300 3.000 250 200 150 100 194 244 270 338 381 2.500 2.000 1.500 1.000 2.936 3.352 3.461 4.200 50 500 0 09/2003 03/2004 09/2004 03/2005 09/2005 0 415 2001 2002 2003 2004 2005* Quellen: FAZ vom 14.01.2006, BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.v.; Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) *Schätzung des GDV von 800.000 Neuverträgen für 2005 25
Das KaNaPE-Modell Studie von empirica vorgestellt am 25.01.2006; beauftragt von den Spitzenverbänden der Immobilienwirtschaft Modell KaNaPE: Kapitalstock zur Kalkulation der Nachgelagerten Persönlichen Einkommensbesteuerung Ziel: Integration der Wohnimmobilie in die staatlich geförderte Altersvorsorge 26
Vorgänge beim KaNaPE-Modell Einmalige Vorgänge Anleger beantragt Umbuchung beim Finanzamt Finanzamt prüft Erwerb (Kaufvertrag) und unterrichtet die Zentrale Stelle (ZfA) ZfA bildet Kapitalstock, weist Auszahlung an und verschickt vorläufigen Besteuerungsplan ZfA erstellt zum Renteneintritt endgültigen Besteuerungsplan Automatisierte periodische Vorgänge bei der ZfA Jährliche Verzinsung Kapitalstock Regelmäßiger Informationsfluss (Aktualisierung Besteuerungsplan) 27
Flexibilität des KaNaPE-Modells Die entnommenen Beiträge können jederzeit in beliebigen Raten ganz oder teilweise zurückgezahlt werden. Einbeziehung von Anlageformen mit begrenzter Laufzeit (z. B. Bausparverträge) ist möglich. Anerkennung von Tilgungsleistungen als zulagenfähig. Einbeziehung des genossenschaftlichen Wohneigentums Einbeziehung des Dauerwohnrechts Einbeziehung des vermieteten Wohneigentums 28
Demografieabhängigkeit Umlageverfahren Kapitaldeckungsverfahren demografieabhängig Reale Vorsorge durch genutzte Wohnimmobilie weitestgehend demografieunabhängig 29
Vorteile des KaNaPE-Modells Hohe Flexibilität des Modells Höhere Beteiligungsquote durch Einbeziehung der Wohnimmobilie in die Altersvorsorge Mehr Wahlrecht bei der geförderten Vermögensanlage Kein neuer Subventionstatbestand Entlastung der Wohnkosten im Alter Haushalte mit wenig Eigenkapital / niedrigem Einkommen können Alternativen (Erwerb von Genossenschaftsanteilen, Dauerwohnrecht etc.) nutzen, die ebenfalls durch das Modell gefördert werden können. Die Einbeziehung insbesondere des genossenschaftlichen Wohnens in die staatlich geförderte Altersvorsorge würde die Akzeptanz und Bereitschaft der Mitglieder zur Zeichnung zusätzlicher Geschäftsanteile bzw. Erwerb eines Dauerwohnrechts entscheidend steigern. 30