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03 11 2014 Wissenschaftlich gestützte Literatur für Dentalkonzepte Das Schulterdesign Maschinierte versus mikrostrukturierte Implantatschulter Was ist besser? Highlights Platform Switching Mikroarchitektur der Implantatschulter

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Maschinierte versus mikrostrukturierte Implantatschulter Was ist besser? Dr. Tim Fienitz, Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Uniklinik Köln Abstract Die Mehrheit der aktuell auf dem Dentalmarkt erhältlichen Implantatsysteme weist vergleichbar gute Implantatüberlebensraten auf. Vor diesem Hintergrund kommt den ästhetischen Ergebnissen bei Verwendung unterschiedlicher Implantatsysteme eine immer größer werdende Bedeutung zu. Die ästhetischen Ergebnisse werden maßgeblich durch das umgebende Weichgewebe bestimmt, welches wiederum direkt vom krestalen Knochenangebot abhängt. Das krestale Knochenangebot kann sowohl durch die Makroarchitektur des Implantatkörpers als auch die Mikroarchitektur der Implantatoberfläche beeinflusst werden. In der vorliegenden Übersichtsarbeit wird mit Hilfe einer aktuellen Lite raturrecherche die Bedeutung der Implantatschulter unter besonderer Berücksichtigung der Oberflächen beschaffenheit in diesem Bereich untersucht. Eine mikrostrukturierte Implantatschulter scheint die krestale Knochenresorption positiv zu beeinflussen, wohingegen die maschinierte Implantatschulter durch geringere Plaqueakkumulation ein geringeres Infektions risiko bei unerwünschter Exposition des Implantats zur Mundhöhle mit sich führt. Anhand der aktuellen Studienlage lässt sich keine eindeutige Aussage über die Überlegenheit eines Implantatschulter-Typs treffen und die Wahl einer der beiden Möglichkeiten sollte unter Berücksichtigung der patientenindividuellen Situation getroffen werden. Schlagwörter: Implantatschulter, maschiniert, mikrostrukturiert, Platform Switching Inhalt 1. Einleitung 4 2. Makroarchitektur dentaler Implantate / Implantatdesign 5 2.1 Biologische Breite 5 2.2 Platform Switching 6 3. Mikroarchitektur der Implantatschulter 7 4. Schlussfolgerung 8 5. Referenzen 9 3

1. Einleitung Die dentale Implantologie stellt ein wichtiges Aufgabengebiet in der zahnärztlichen Praxis dar. Mit Hilfe von dentalen Implantaten kann festsitzender Zahnersatz hergestellt werden, der dem Patienten maximalen Komfort ermöglicht. Hierbei können sowohl einzelne Zähne ersetzt, als auch implantatgetragene Brückenkonstruktionen verankert werden. Bei der prothetischen Versorgung mittels Implantaten wird eine zusätzliche Präparation von klinisch unauffälligen benachbarten Zähnen vermieden. Dadurch können auch zahnlose Patienten mit festsitzendem Zahnersatz versorgt werden. Alle implantatgetragenen prothetischen Lösungen erfordern ein stabil in den Kieferknochen integriertes Implantat, das die entstehenden Kaubelastungen trägt. Die knöcherne Integration von dentalen Implantaten kann durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst werden. Neben patienteneigenen Faktoren wie z. B. Rauchverhalten und Mundhygiene, können auch implantatspezifische Eigenschaften die knöcherne Integration beeinflussen. Diese Faktoren umfassen sowohl die Mikroarchitektur des Implantats im Sinne der Oberflächenbeschaffenheit als auch die Makroarchitektur bzw. das Implantatdesign. In diesem Zusammenhang kommt auch der Implantatschulter und ihrem Einfluss auf den krestalen Knochenverlust eine besondere Bedeutung zu. 2. Makroarchitektur dentaler Implantate / Implantatdesign Das Design dentaler Implantate erlaubt eine große Variabilität, mit der individuelle Patientensituationen und auch Vorlieben der Anwender abgedeckt werden können. Die Auswahl kann zwischen verschiedenen Implantatlängen und -breiten einer zylindrischen oder konischen Form einteiligen oder mehrteiligen Implantatsystemen oder einer unterschiedlichen Anzahl und Anordnung an Gewindegängen getroffen werden. Die Wahl der Implantatlänge wird zumeist von der patientenindividuellen Knochensituation und von der Lage des Nervus alveolaris inferior im Bereich des Unterkiefers bestimmt. Des Weiteren kann in kompromittierten Knochensituationen auch auf kürzere oder im Durchmesser reduzierte Implantate zurückgegriffen werden, um auf Knochenaugmentationen oder Nervlateralisationen mit den entsprechenden Komplikationsrisiken verzichten zu können. Dabei werden kürzere Implantate (< 10 mm) als anfälliger für einen Misserfolg beschrieben (MISCH, 2005). Durchmesserreduzierte Mini-Implantate (< 3 mm) weisen anfänglich vergleichbare Überlebensraten wie Standard-Implantate auf, jedoch kann die Langzeitüberlebensrate dieser Implantate noch nicht zufriedenstellend nachgewiesen werden (BIDRA et al., 2013). Sowohl der Implantatdurchmesser als auch die Länge und Neigung des Implantathalses scheinen einen entscheidenden Einfluss auf die Belastungen, die an der Kontaktstelle zwischen kortikalem Knochen und Implantatoberfläche entstehen (Bone-Implant-Interface) zu haben (FAEGH et al., 2010). So können beispielsweise die zwischen den beiden Flächen auftretenden Belastungen durch eine Erhöhung des Implantatdurchmessers, durch einen längeren Implantathals und durch eine positive Implantathalsneigung, d. h. eine Zunahme des Durchmessers zur Implantatspitze hin, reduziert werden (FAEGH & MUFTU, 2010). Die Wahl zwischen ein- oder zweiteiligen Implantatsystemen ist hauptsächlich von der patientenindividuellen Indikation abhängig. Zweiteilige Implantatsysteme bestehen aus einer Implantatschraube, die in den Knochen eingebracht wird und unterhalb der Gingiva zu liegen kommt, sowie einem Aufbau (Abutment), welcher als Bindeglied zwischen Implantat und dem Kronenaufbau fungiert. Bei einteiligen Systemen beinhaltet das Implantat selber eine Verbindungsmöglichkeit zu der prothetischen Versorgung, welche nach der Implantation über die Gingiva heraus ragt. Einteilige Implantate eignen sich deshalb besonders in Fällen, in denen eine Sofortbelastung angestrebt wird, wohingegen zweiteilige Implantatsysteme in den meisten Fällen erst nach einer initialen Einheilungsphase freigelegt und zu diesem späteren Zeitpunkt mit einem Abutment versorgt werden können. Studien, die Vor- und Nachteile beider Systeme miteinander vergleichen, bezüglich des Einflusses beider Systeme auf das umgebende Hart- und Weichgewebe kommen zu teils sehr unterschiedlichen Ergebnissen (zur Übersicht: [PRITHVIRAJ et al., 2013]. Während einige Studien weniger Knochenverlust und eine geringere Abnahme der biologischen Breite für einteilige Sys- 4

teme beschrieben (HERMANN et al., 2001), wurde während anderen Studien eine geringere Erfolgsrate und eine erhöhte Knochenresorption für einteilige Implantatsysteme gefunden (OSTMAN et al., 2007; ZEMBIC et al., 2012). Ein Grund für diese Diskrepanz könnte darin begründet liegen, dass sich die in den einzelnen Studien verwendeten Implantate nicht nur in ihrer Zugehörigkeit zu ein- oder zweiteiligen Implantatsystemen sondern auch in weiteren Eigenschaften unterschieden und somit einen direkten Vergleich der Studien erschweren. 2.1 Biologische Breite Die bereits erwähnte biologische Breite ist eine zunehmend wichtiger werdende Größe im Bereich der dentalen Implantologie. Während in der Vergangenheit hauptsächlich nur auf die knöcherne Einheilung des gesamten Implantates geachtet wurde, steigt bei zunehmend besseren Implantatüberlebensraten auch der Anspruch an die Ästhetik, welche maßgeblich vom umgebenden Weichgewebe bestimmt wird. Die biologische Breite natürlicher Zähne unterscheidet sich nur geringfügig von der biologischen Breite an Implantaten. Bei natürlichen Zähnen wird der Bereich zwischen höchstem Kontaktpunkt der Gingiva zur Zahnkrone und dem höchsten Punkt des Alveolarknochens als dentogingivaler Komplex bezeichnet. Dieser Komplex setzt sich zusammen aus dem Sulkus (0,2 0,5 mm) und der biologischen Breite, die wiederum in das epitheliale Attachment (ca. 1 mm) und das bindegewebige Attachment (ca. 1 mm) unterteilt werden kann. Dieser Komplex hat vor allem eine Schutzfunktion und soll durch die bindegewebigen Fasern und das Epithel das unterliegende Gewebe wirkungsvoll von der Mundhöhle abgrenzen (SICHER, 1959). Die Fasern des bindegewebigen Attachments an natürlichen Zähnen verlaufen dreidimensional angeordnet (FENEIS, 1952) entlang und quer zur Zahnachse, wohingegen die bindegewebigen Fasern der biologischen Breite von Implantaten lediglich parallel zur Längsachse des Implantates verlaufen (BUSER et al., 1992; BERGLUNDH et al., 1991). Es konnte nachgewiesen werden, dass die Höhe des dentogingivalen Komplexes von rund 3 mm (GARGIULO et al., 1961) relativ konstant ist und eine Veränderung der Alveolarknochenhöhe bei konstant bleibendem dentogingivalen Komplex eine entsprechende Veränderung der Gingivahöhe bewirkt. Für die Implantologie bedeutet dies, dass eine Abnahme des krestalen Knochens am Implantat in einem Rückgang der Gingivahöhe und damit in einer ästhetisch unbefriedigenden Freilegung des Implantathalses resultiert. Bei zweiteiligen Implantatsystemen wurde in diesem Zusammenhang eine Abhängigkeit zwischen der krestalen Knochenresorption und der Lokalisation des Mikrospaltes beobachtet (HERMANN et al., 1997; HERMANN et al., 2000). Dieser Mikrospalt besteht zwischen der Implantatschulter und dem aufgebrachten Abutment. Die Gestaltung der Implantatschulter und des aufsitzenden Abutments können die Lokalisation des Mikrospaltes verändern und damit die krestale Knochenresorption direkt beeinflussen. 5

2.2 Platform Switching Eine Methode bei der die Abhängigkeit zwischen der krestalen Knochenresorption und der Lokalisation des Mikrospalts zur Verbesserung der marginalen Knochensituation berücksichtigt wird, ist das so genannte Platform Switching. Hierbei wird ein zweiteiliges Dentalimplantat mit einem hinsichtlich des Durchmessers kleineren Abutment versorgt. Dadurch wird der zwischen Implantat und Abutment vorhandene Mikrospalt horizontal von der Außenwand des Implantats zur Implantatmitte hin verlagert. Einige Studien konnten in diesem Zusammenhang eine verringerte marginale Knochenresorption sowohl im Tierversuch (BECKER et al., 2009) als auch am Patienten (ATIEH et al., 2010) beobachten, die umso geringer ausfällt, je größer der Größenunterschied zwischen Implantat und Abutment ist. Als Erklärung für die Begrenzung des marginalen Knochenverlustes durch Platform Switching werden unterschiedliche Gründe diskutiert. So soll das Platzangebot für die Gewebe der biologischen Breite durch das Platform Switching optimiert werden (DEGIDI et al., 2008) das Entzündungs-Bindegewebe im Bereich der Implantat-Abutment-Verbindung horizontal zur Implantatmitte verlagert werden (LUONGO et al., 2008) sowie der Bereich der maximalen biomechanischen Belastung zur Implantatachse verlagert werden (CHANG et al., 2010). Eine systematische Übersichtsarbeit von Annibali und Mitarbeitern (ANNIBALI et al., 2012) konnte die verringerte marginale Knochenresorption an dentalen Implantaten bestätigen. Allerdings konnte kein nennenswerter Unterschied hinsichtlich der Implantatüberlebensrate zwischen Implantaten mit und ohne Platform Switching nachgewiesen werden. Exkurs 1 Abutment = Implantatdurchmesser Der Mikrospalt kommt an der Implantataußenseite zu liegen Abutment < Implantatdurchmesser Der Mikrospalt wird in Richtung Implantattasche verschoben Platform Switching 6

3. Mikroarchitektur der Implantatschulter Neben dem Design und der Lokalisation der Implantatschulter muss auch der Oberflächenbeschaffenheit eine große Bedeutung hinsichtlich des krestalen Knochenverlustes beigemessen werden. Grundsätzlich können die heute auf dem Dentalmarkt erhältlichen Implantate in die Gruppe der Implantate mit maschi nierter Implantatschulter (Abb. 1 & 2) und die Gruppe der Implantate mit mikrostrukturierter Implantatschulter (Abb. 3 & 4), bei denen die meist raue Implantatoberfläche das gesamte Implantat bedeckt, eingeteilt werden. Entgegen dem Unterschied bei der Oberflächenbeschaffenheit der Implantatschulter ist Zu den Verfahren, mit denen die Implantatoberfläche modifiziert werden kann, gehören die anodische Oxidation das mechanische Strahlen mit verschiedenen Partikeln (z. B. Titanoxid, Aluminiumoxid, Hydroxylapatit) und das chemische Ätzen mit verschiedenen Säuren (z. B. Salzsäure, Flusssäure) oder Kombinationen von mechanischen und chemischen Verfahren. Abb. 1 REM, Vergrößerung 100 x, maschinierte Implantatschulter, BEGO Semados RS-Implantat Abb. 2 REM, Vergrößerung 400 x, maschinierte Implantatschulter, BEGO Semados RS-Implantat Abb. 3 REM, Vergrößerung 100 x, mikrostrukturierte Implantatschulter BEGO Semados RSX-Implantat Abb. 4 REM, Vergrößerung 400 x, mikrostrukturierte Implantatschulter, BEGO Semados RSX-Implantat die übrige Oberfläche heutzutage bei fast allen Titanimplantaten mittels unterschiedlicher Verfahren angeraut. Dies geschieht, um die Oberflächenbeschaffenheit zugunsten der Zellanheftung zu verändern, da bei unbehandelten glatten Titanoberflächen eine langsamere Besiedlung mit Zellen als bei angerauten Oberflächen beobachtet werden konnte (NISHIMOTO et al., 2008). Des Weiteren konnte beobachtet werden, dass Osteoblasten sehr sensitiv für eine erhöhte Oberflächenrauigkeit sind und die Produktion verschiedener Wachstumsfaktoren gesteigert wird. So wird erreicht, dass kürzere Einheilungszeiten vor der anschließenden Implantatbelastung benötigt werden und auch kleinere Implantate als gewohnt verwendet werden können (NASATZKY et al., 2003). Neben einer Änderung der Implantatmorphologie können diese Verfahren zusätzlich zu einer hydrophileren Implantatoberfläche führen. Erhöhte Hydrophilie konnte als weiterer begünstigender Faktor für die anfängliche Anheftung von Knochenzellen nachgewiesen werden (WATANABE et al., 2012). Bei Implantaten mit mikrostrukturierter Implantatschulter steht die Idee der begünstigten Knochenneubildung an rauen Oberflächen auch im Bereich der Implantatschulter und damit verbunden ein geringerer marginaler Knochenverlust im Vordergrund. Dieses Ergebnis konnte in unterschiedlichen Studien beobachtet werden. Sandgestrahlte und säuregeätzte Titanimplantate, die keine maschinierte Implantatschulter aufwiesen, wiesen im Vergleich zu Implantaten mit maschinierter Schulter weniger periimplantären krestalen Knochenverlust auf (HERMANN et al., 2011). 7

Eine vergleichbare Studie beobachtete sogar einen marginalen Knochenzuwachs bei den mikrostrukturierten SLA -Implantaten und einen Knochenverlust bei den maschinierten Implantaten nach einem Jahr (VALDERRAMA et al., 2010). In diesem Zusammenhang gilt auch für maschinierte Implantate, dass der marginale Knochenverlust umso geringer ausfällt, je kleiner die maschinierte Schulter ist. In einer Studie, in der ein gleiches Implantatsystem mit unterschiedlichen maschinierten Implantatschultern untersucht wurde (0,4 mm bzw. 1,6 mm), wiesen die Implantate mit der kleineren maschinierten Implantatschulter nach drei Monaten signifikant weniger marginalen Knochenverlust und einen höheren Bone-to-Implant- Contact (BIC) auf (SCHWARZ et al., 2008). Diese vorteilhaften Auswirkungen auf die Knochenbildung werden jedoch von einer erhöhten Gefahr der Plaquebesiedlung begleitet. Diese Gefahr besteht besonders dann, wenn die Wundheilung nicht komplikationslos verläuft und die Implantatschulter der bakteriellen Flora der Mundhöhle exponiert wird. In diesem Zusammenhang kam eine Übersichtsarbeit von Subramani und Mitarbeitern (2009) zu dem Schluss, dass eine Zunahme der Oberflächenrauigkeit von Implantaten und Abutments mit einer Förderung der Biofilm-Bildung einhergeht. So wurde bezüglich der subgingivalen Plaque eine 25-fach höhere Akkumulation an rauen im Vergleich zu glatten Oberflächen gemessen (QUIRYNEN et al., 1996). Der entstehende Biofilm ist häufig verantwortlich für Entzündungen im Bereich der Mundhöhle wie beispielsweise einer Gingivitis, Periimplantitis oder Periodontitis und seine Bildung sollte daher möglichst unterbunden werden (DHIR, 2013). Um das Risiko einer Periimplantitis, die in letzter Konsequenz zu einem Implantatverlust führen kann, zu reduzieren, sollte neben den klassischen Risikofaktoren, wie Rauchen und schlechte Mundhygiene, auch eine raue Implantatschulter- und Abutmentoberfläche gemieden werden (QUIRYNEN et al., 2002). Anders als bei Abutments, die regelhaft der Mundhöhle und der darin befindlichen bakteriellen Flora ausgesetzt sind, sollte daher bei enossalen Dentalimplantaten ein Kompromiss zwischen die Knochenbildung fördernden rauen Oberflächen und Biofilm resistenteren glatten Oberflächen gefunden werden. 4. Schlussfolgerung Anhand der aktuellen Studienlage lässt sich die Frage nicht eindeutig beantworten, ob maschinierte oder mikrostrukturierte Implantatschultern in der dentalen Implantologie zu bevorzugen sind. Mikrostrukturierte Implantatschultern scheinen einen Vorteil hinsichtlich der marginalen Knochenresorption zu haben, da die knochenbildungsfördernde raue Oberfläche auch im Bereich der Implantatschulter fortgesetzt wird. Maschinierte Implantatschultern weisen eine geringere Plaqueakkumulation und damit einhergehend ein geringeres Infektionsrisiko im Falle einer nicht komplikationslosen Einheilung mit Exposition des Implantats auf. Die Wahl zwischen Implantaten mit maschinierter oder mikrostrukturierter Implantatschulter sollte daher entsprechend eigener Erfahrungen des Behandlers und auch abhängig vom Patientenwunsch und der Compliance sowie dem Mundhygienestatus des Patienten getroffen werden. 8

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