Aussichten. Politikbrief der Schweizerischen Bankiervereinigung.



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Transkript:

Aussichten. Politikbrief der Schweizerischen Bankiervereinigung. #06... Automatischer Informationsaustausch... Der Weg zu einem globalen Standard Juni 2014

2 Aussichten #06 E I N S I C H T E N In den letzten Jahren veränderten sich vermeintlich unverrückbare Positionen in einer unvorstellbaren Geschwindigkeit. Die Folge davon war, dass sowohl die Schweizer Banken als auch die Schweizer Politik seit 2008 quasi im Ausnahmezustand agieren. Damals hat sich die Schweiz klar dazu bekannt, internationale Standards einzuhalten. Auch in Steuerfragen. Nun wird der automatische Informationsaustausch (AIA) zu diesem Standard. Ich sage es unmissverständlich: Die Banken in der Schweiz akzeptieren ihn. Wir tun dies nicht, weil er die beste Lösung darstellt. Sondern wir tun dies, weil er sich international durchgesetzt hat. Und wir tun dies auch, weil wir wissen, dass wir keine unversteuerten Gelder wollen und sie auch nicht brauchen! Bevor der AIA eingeführt wird, sollten alle Kunden mit unversteuerten Vermögen in der Schweiz ihre steuerliche Situation bereinigen. Wir arbeiten gemeinsam mit ihnen unter Hochdruck daran. Die Bankiervereinigung hat im letzten Jahr nochmals alle Banken dazu aufgefordert und klar dargelegt, dass neue Vermögen insbesondere aus dem europäischen Raum nur mit großer Sorgfalt akquiriert werden dürfen. Wir zeigen Ihnen in diesen Aussichten, wie der AIA ausgestaltet sein wird. Was für Vorkehrungen getroffen werden müssen. Und welche Schlupflöcher es international leider immer noch geben wird. Unterschiedliche Rechtssysteme haben in der Vergangenheit zu Unstimmigkeiten zwischen unseren Ländern bei der Steueramtshilfe geführt. Mit dem AIA werden diese Unterschiede verschwinden. Lassen Sie uns einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen und die Zukunft gemeinsam gestalten. Haben Sie Fragen, möchten Sie über ein Thema mehr wissen? Kontaktieren Sie uns über unsere Social-Media-Kanäle oder unter office@sba.ch. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre. Claude-Alain Margelisch, CEO Schweizerische Bankiervereinigung

3 Aussichten #06 Ü B E R S I C H T Der Ablauf Konstruktive Mitarbeit der Schweizer Banken Der AIA kommt. Den politischen Richtungsentscheid haben die G20 am 6. September 2013 getroffen. Beim Gipfeltreffen in St. Petersburg beschlossen die Staats- und Regierungschefs einen ambitionierten Zeitplan für die Erarbeitung des neuen globalen Standards. Die eigentliche Arbeit und auch die formelle Beschlussfassung finden aber in der OECD statt. Der neue, globale AIA-Standard wird in der Arbeitsgruppe 10 des OECD- Fiskalkomitees entwickelt. In dieser Arbeitsgruppe sind nicht nur OECD- Mitgliedsländer, sondern auch andere interessierte Staaten vertreten, zum Beispiel Liechtenstein und Singapur. Betroffene Branchen können über das Business and Industry Advisory Committee (BIAC) ihre Anliegen einbringen. Auch die Schweizer Banken machen von dieser Möglichkeit Gebrauch. Der durch die Arbeitsgruppe 10 erarbeitete Standard muss durch den OECD-Rat verabschiedet werden. Sobald dies geschehen ist, sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, ihn zu übernehmen. Der OECD angegliedert ist das Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes. Dieses hat 121 Mitglieder, darunter die OECD- Mitgliedstaaten und alle wichtigen Finanzplätze der Welt. Das Global Forum überprüft in einem Peer-Review-Prozess die Einhaltung des globalen Standards für den Informationsaustausch in Steuerfragen (heute Informationsaustausch auf Anfrage). Für den neuen Standard des automatischen Informationsaustausches wird das Global Forum ebenfalls einen Peer-Review-Prozess vorbereiten.

4 Aussichten #06 Ü B E R S I C H T Das AIA-Paket besteht aus vier Elementen: 1. Rechtliche Grundlage für den AIA Dies kann ein Doppelbesteuerungs- (DBA) oder ein Steuerinformations-Abkommen (TIEA) sein oder auch die multilaterale OECD/Europarats-Konvention über gegenseitige Amtshilfe. 2. CAA (Competent Authority Agreement) und CRS (Common Reporting Standard) Die Verwaltungsvereinbarung CAA legt die wichtigsten Parameter fest. Die OECD geht davon aus, dass sie direkt angewendet werden kann. Der CRS (Anhang zur CAA) muss in nationales Recht umgesetzt werden und enthält den eigentlichen Standard. CAA und CRS wurden am 13. Februar 2014 vom OECD-Fiskalkomitee verabschiedet und am 22./23. Februar 2014 von den G20-Finanzministern gutgeheißen. Im Moment werden noch der Auslegungskommentar und die technischen Anwendungsrichtlinien fertiggestellt. Nächste Schritte: Mai/Juni 2014: Das OECD-Fiskalkomitee genehmigt das ganze AIA-Paket. 3. Quartal 2014: Der OECD-Rat verabschiedet den neuen, globalen AIA-Standard. 20./21. September 2014: Der Standard wird den G20-Finanzministern in Cairns präsentiert. 28./29. Oktober 2014: Die einzelnen Mitglieder des Global Forums geben voraussichtlich bekannt, ob sie den Standard anwenden werden. Anschließend: Umsetzung des AIA in den teilnehmenden Staaten: politische Diskussion, Erlass von Gesetzen und Verordnungen, Implementierung in den Banken (vgl. Seite 5). 2017 2018: Beginn der Anwendung des neuen, globalen AIA-Standards. 3. Auslegungskommentar Dieser konkretisiert CAA und CRS und enthält Beispiele. 4. Technische Anwendungsrichtlinien

5 Aussichten #06 U M S I C H T Die Umsetzung Der Fahrplan zum AIA Die Einführung eines neuen internationalen Standards erfordert Anpassungen auf verschiedenen Ebenen. Es müssen neue Gesetze geschrieben und Informatiksysteme angepasst werden. Und auch für die Vergangenheit soll eine Lösung gefunden werden. Am 6. Mai 2014 unterzeichnete die Schweiz in Paris eine Erklärung der OECD- Minister zum AIA. Zusammen mit 46 anderen Ländern bekräftigte sie damit ihren Willen, den AIA einzuführen, sobald alle Elemente des neuen Standards vorliegen und verabschiedet sind. In einer Pressemitteilung begrüßte das deutsche Bundesministerium für Finanzen die Beteiligung der Schweiz am AIA. Wie alle Länder wird die Schweiz den internationalen Standard in nationales Recht überführen müssen. Der dafür notwendige Gesetzgebungsprozess nimmt etwa 18 bis 24 Monate in Anspruch, denn es ist auch mit einem Referendum zu rechnen. Umsetzung bei den Banken Auch die Banken brauchen etwa zwei Jahre Zeit für die Vorbereitung auf den AIA. Sie rechnen mit je rund sechs Monaten für: Definition der neuen Prozesse und Parameter; Implementierung beim meist externen IT-Provider; Tests durch die Bank; Finalisierung durch den IT-Provider. Parallel dazu werden Dokumentationen geschrieben und Mitarbeiter geschult. Die Schweizer Banken veranschlagen 400 bis 600 Millionen Euro für den gesamten Prozess der AIA-Einführung. Lösung für die Vergangenheit Der AIA regelt die Zukunft, aber auch die Vergangenheit will gelöst sein. Bevor die Schweiz mit einem Land den AIA vereinbart, sollte eine Lösung für vorhandene Altlasten gefunden werden. In Deutschland begleiten die Schweizer Banken ihre Kunden aktiv in die Steuerehrlichkeit dank des bewährten Instruments der strafbefreienden Selbstanzeige. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen: Solche Regularisierungsprogramme sind nur erfolgreich, wenn sie finanziell tragbar und nicht zu kompliziert sind. Ansonsten steigt die Gefahr, dass Gelder in zweifelhafte Staaten abfließen. Reformen der strafbefreienden Selbstanzeige sollten daher mit Augenmaß erfolgen.

Automatischer Informationsaustausch So funktioniert der Prozess. ausländische Steuerbehörde Eidgenössische Steuerverwaltung berichtspflichtige Finanzinstitute zu meldende personen Natürliche Personen oder Rechtseinheiten, die nach dem Recht des anderen Vertragsstaates dort ansässig sind. NATÜRLICHe person Reziproker Informationsaustausch 3 ESTV 1 2 3 Das Finanzinstitut identifiziert die zu meldenden Personen und ihre Konten (bestehende Konten per Stichtag, neue Konten bei Eröffnung) und erfasst die verlangten Informationen MELDUNG Der Prozess der Meldung: und meldet diese an die nationale Steuerbehörde. MELDUNG 2 Die nationale Steuerbehörde übermittelt die relevanten Informationen an die ausländischen Steuerbehörden. kontobeziehung identifikation 1 Vier Kategorien berichtspflichtiger Finanzinstitute: einlagenführende Institute (Banken) depotführende Institute (z. B. Banken, Zentralverwahrer) Investment-Unternehmen (z. B. Vermögensverwalter, Fonds) Versicherungsunternehmen Als nicht berichtspflichtige Finanzinstitute werden z. B. Zentralbanken und internationale Organisationen eingestuft, bei denen ein geringes Risiko zur Steuerumgehung besteht. Identifikation/Datenermittlung erfolgt gemäß den lokalen Geldwäschevorschriften. aktive rechtseinheit Active Non-Financial Entity z. B. Bäckerei oder PR-Agentur Passive rechtseinheit Passive Non-Financial Entity z. B. Trust oder Stiftung Die Unterscheidung zwischen aktiven und passiven Rechtseinheiten erfolgt nach einem komplizierten Test. Als Faustregel kann gelten: Eine passive Rechtseinheit erzielt mehr als 50 Prozent ihrer Einnahmen aus Finanzanlagen. controlling person Natürliche Person, welche die Kontrolle über eine passive Rechtseinheit ausübt Quelle Karte: http://d-maps.com/carte.php?num_car=24779&lang=de

8 Aussichten #06 W E I T S I C H T Gleich lange Spieße Schweiz will effizienten und fairen AIA-Standard Die Schweizer Regierung und die Banken setzen sich in der OECD für einen guten, praktikablen und fairen AIA-Standard ein. Die Regierung hat Mitte 2013 Kriterien formuliert, damit der Standard gerechte Wettbewerbsbedingungen für alle Staaten garantiert. Und die Banken setzen sich für Regeln ein, die sich effizient und kostengünstig umsetzen lassen. Die Schweiz hat sich in der OECD stark dafür eingesetzt, dass der AIA-Standard die folgenden Kriterien erfüllt: Einhaltung des Spezialitätsprinzips: Die Informationen dürfen nur zu dem im Abkommen vorgesehenen Zweck verwendet werden. Ausreichender juristischer und technischer Datenschutz Reziprozität: Alle Staaten erheben und tauschen dieselben Informationen. Zuverlässige Regeln zur Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten (Controlling Persons) auch bei Trusts und Sitzgesellschaften Im Prinzip wurden diese Kriterien innerhalb der OECD akzeptiert. So garantiert der vorliegende Standard den Datenschutz und das Spezialitätsprinzip. Bei der Reziprozität und der Identifikation der Controlling Persons bleiben aber Fragezeichen. Offene Fragen Erstens müssen die USA als einziger Staat bei Investment-Unternehmen in nicht teilnehmenden Staaten die Controlling Persons nicht identifizieren (siehe Seite 6 bis 7 im CRS-Dokument der OECD). US-Banken erhalten so einen Wettbewerbsvorteil in Form eines Schlupflochs für ihre Kunden. Zweitens stellt der Standard bei der Identifikation der Kunden auf die national sehr unterschiedlichen Geldwäschevorschriften ab. Schweizer Banken sind verpflichtet, die wirtschaftlich Berechtigten von Firmen und Strukturen zu identifizieren. In anderen Ländern ist dies nicht immer der Fall. Die Schweiz wird daher mehr Daten liefern als gewisse konkurrierende Finanzplätze. Die Schweizer Banken erwarten, dass das Global Forum, welches in Zukunft die Einhaltung des Standards sicherstellen soll, diese Ungereimtheiten anspricht und beseitigt. Umsetzung teurer als nötig Der vorliegende AIA-Standard zwingt die Banken weltweit zur rückwirkenden Abklärung von überflüssigen Kundendaten. In einigen Ländern erheben die Banken bisher zum Beispiel die Steuernummer des Kunden nicht, in anderen das Geburtsdatum. Der Kunde ist trotzdem schon heute eindeutig identifiziert. Die Banken werden nun die zusätzlichen Daten erfragen müssen, um den AIA- Standard einhalten zu können. Das ist aufwendig und teuer und ergibt für die Steuerbehörden keinen Mehrwert.

9 Aussichten #06 I N T E R V I E W Paradigmenwechsel Fairer Steuerwettbewerb möglich Interview mit Caspar von Hauenschild, Vorstand bei Transparency International Deutschland Die Schweizer Regierung arbeitet innerhalb der OECD aktiv mit an der Erarbeitung des Standards zum automatischen Informationsaustausch und die Schweizer Banken bekennen sich klar zur Übernahme des neuen globalen Standards. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung? Die Entwicklung der Schweiz zum automatischen Informationsaustausch ist wirklich bemerkenswert, es ist ein Paradigmenwechsel. Wir als Transparency International finden es gut, dass wir mehr fairen Steuerwettbewerb und auch ein kleines Stück mehr Steuergerechtigkeit haben werden. Der Kampf gegen Bestechung und Bestechlichkeit wird durch den automatischen Informationsaustausch erleichtert. Wir stärken so auch die Integrität und die Funktionsweise der Steuersysteme und das führt letztendlich auch zu einer besseren Staatsführung. Was bleibt Ihrer Meinung nach noch zu tun? Das sind im Wesentlichen drei Aspekte. Erstens die Entwicklung gemeinsamer Standards für Melde- und Sorgfaltspflichten. Das ist wirklich nicht einfach, denn es muss sichergestellt sein, dass alle Arten von Kapitalerträgen und auch das gesamte Vermögen der Steuerpflichtigen erfasst werden. Zweitens die Schaffung einer rechtlichen, operativen Grundlage für den automatischen Informationsaustausch. Damit meine ich die umfangreichen Vereinbarungen zwischen den zuständigen Behörden und den Vertragsstaaten. In Deutschland haben wir ein föderales Finanzverwaltungssystem, da ist die Ermittlung über föderale Grenzen hinweg auch kein Selbstläufer. Und der dritte Aspekt sind gemeinsame und vor allem kompatible technische Lösungen, d.h. standardisierte Meldeformate für Erfassung, Austausch und Verarbeitung ebenso wie Verschlüsselung der Daten. Hier steckt der Teufel im Detail, das muss wirklich alles erst einmal geschafft werden. Wie beurteilen Sie die Entwicklung hin zu einem globalen AIA-Standard in anderen wichtigen Finanzzentren? Grundsätzlich ist die Zeit gekommen, Kapitalvermögen nach den jeweiligen Steuersystemen der Länder zu besteuern. Aber ich bin immer noch skeptisch. Globale Standards sind leicht verabschiedet, aber sehr schwer umzusetzen, da sie sehr komplex sind. Unterschiedliche Umsetzungsgeschwindigkeiten sind auch immer Anlass zu Rückzug, Blockade oder Ausstieg von Ländern. Daher muss der Druck der G20-Finanzminister, großer internationaler Bankenverbände und der Länder mit automatischem Informationsaustausch auf weitere Finanzplätze so groß sein, dass sich diese auch dem Standard anschließen. Daher ist eine Umsetzung durch die Marktführer auch so wichtig.

I M P R E S S U M Schweizerische Bankiervereinigung Aeschenplatz 7 Postfach 4182 CH-4002 Basel T +41 61 295 93 93 F +41 61 272 53 82 office@sba.ch www.swissbanking.org www.twitter.com/swissbankingsba Die Aussichten zum Download finden Sie hier: www.swissbanking.org/downloads/aussichten_6.pdf Wenn Sie diesen Newsletter nicht mehr erhalten wollen, schicken Sie uns bitte eine E-Mail an office@sba.ch. Bildquellen: istock