Stationen lebenslangen Lernens Berufsausbildung Kay-Henric Engel Initiative Jugend hat Zukunft Keiner geht verloren Reibungsloser Wechsel von der Schulbank ins Arbeitsleben Übergangsmanagement Schule - Beruf A. Zusammenfassung D ie B. Braun Melsungen AG versorgt Gesundheitsmärkte weltweit mit Lösungen zur optimalen Patientenversorgung und ist in Nordhessen ein bedeutender Arbeitgeber. Die Sicherung der Ausbildungsreife von Jugendlichen sowie eine frühzeitige individuelle Berufsorientierung durch ein regional vernetztes Übergangsmanagement Schule-Beruf ist für B. Braun ein Weg, erfolgreich den Risiken des demografischen Wandels, der veränderten Berufs- und Arbeitswelt und der zukünftigen Rekrutierung qualifizierter Bewerberinnen und Bewerber für die betriebliche Erstausbildung zu begegnen. Hierbei ist es notwendig, die beschäftigungs- und wirtschaftsstrukturellen Entwicklungen in der Region positiv zu beeinflussen. Die ortsnahe Umsetzung im Sinne von Beschäftigungsförderung erfolgt durch Konzentration und Bündelung vorhandener Kräfte in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitsmarktakteuren. Als Bürger der Gesellschaft übernimmt B. Braun gesellschaftliche Verantwortung. Das Unternehmen initiiert die Bildung verbindlicher regionaler Netzwerke zwischen Schulen, Betrieben, Vertretern der Wirtschaft, der Verbände, der Städte und Gemeinden sowie deren Bürger. Ziel und Aufgabe solcher Netzwerke ist es, betroffenen Jugendlichen eine soziale und gesellschaftliche Integrität sowie persönliche und berufliche Perspektiven im Sinne von Gemeinwohl und Lebenshilfe zu ermöglichen und zu gewährleisten. Das Verständnis von Berufsorientierung ist gekennzeichnet durch fünf Elemente: 225
Stärkung der vielleicht wichtigsten Kompetenzen im späteren Arbeitsleben: Dazu gehört, Selbstständigkeit und Eigenverantwortung bereits während der Schulzeit einzuüben, Schülerinnen und Schüler als handelnde Subjekte, die ein eigenes Zukunfts- und Lebenskonzept entwickeln und eine Veränderung der Rolle der Lehrenden, die mehr moderierende und beratende Tätigkeiten ausüben, Berufswahl als ein längerer Prozess, der durch eine flexibilisierte Übergangsphase von der Schule in das Arbeitsleben eingeleitet wird. Kooperation und Vernetzung der beteiligten Akteure beziehungsweise Prozesspartner, stärkere Aufwertung und rechtliche Absicherung der Berufswahlvorbereitung im schulischen Kontext. Die erfolgreiche Umsetzung von Übergangsmanagement als Beitrag zur Vorbeugung von Risiken der demografischen Entwicklung der Schülerzahlen und Bildungsverantwortung wird im Folgenden beschrieben. Derzeit werden weitere Produktionsneubauten am Standort errichtet. Damit ist die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze in Deutschland verbunden. B. Hohe Anforderung für alle Bildungsakteure I. Gemeinsam Perspektiven bieten Starke Netzwerke knüpfen Die Ausbildungsplatzsituation, insbesondere für Schulabgängerinnen und -abgänger aus dem Bereich der Hauptschule sowie aus den Übergangssystemen, ist in den vergangenen Jahren immer schlechter geworden. Weiterhin hat die Mehrzahl der Jugendlichen keine beziehungsweise nur eine eingeschränkte Vorstellung über ihre berufliche Zukunft. Die Anforderungen im Berufsleben steigen immer weiter, die Spezialisierung in vielen Berufsfeldern nimmt zu. Durch die Neuordnung vieler Berufe hat sich die Berufslandschaft schneller als bisher verändert. Vielen Jugendlichen fehlt ein häusliches Umfeld, das eine gezielte Berufsorientierung unterstützt und begleitet. Dazu kommen mangelnde Ausbildungsreife und unzureichende Kenntnisse über die Berufs- und Arbeitswelt. Jugendliche finden nur sehr schwer oder gar nicht den Einstieg in das Berufsleben. Häufig finden sie sich in Überbrückungsmaßnahmen und weiterführenden 226
Stationen lebenslangen Lernens Berufsausbildung Schulen, in den so genannten Warteschleifen, wieder. Diese sind kostspielig und können demotivierend wirken. Gerne und schnell wird die Aussage getroffen wir lernen nicht für die Schule, sondern für das Leben, jedoch muss mehr Bewusstsein dafür entstehen, dass Schul- und Lernmotivation ohne konkrete Berufsperspektive sich nicht aufrecht erhalten lässt. Fehlende Perspektiven führen unweigerlich zu mangelndem Bildungsinteresse und äußern sich in entsprechenden Verhaltensweisen, wie zum Beispiel Schulschwänzen. Mit der Initiative Jugend hat Zukunft Keiner geht verloren hat B. Braun im Schwalm-Eder-Kreis beispielhaft ein verbindliches Netzwerk zwischen Schulen, Betrieben, Vertretern der Wirtschaft, der Verbände, dem Ehrenamt, der Städte und Gemeinden sowie deren Bürger initiiert und gestaltet. Um insbesondere die dabei entstehenden Schnittstellen zwischen allgemeinbildender Schule, Berufsschule und Arbeitswelt zu steuern und die internen Prozesse der verschiedenen Prozessbeteiligten individuell auf die Schülerin oder den Schüler abzustimmen und zu gestalten, hat B. Braun in Zusammenarbeit mit den örtlichen Schulen ein Übergangsmanagement Schule-Beruf entwickelt und umgesetzt. Dies stellt eine große Herausforderung und zugleich eine hohe Anforderung für alle Akteure dar. Die Zusammenarbeit ist von der Bündelung der regionalen Kräfte, einem gemeinsamen Kooperationswillen und der Bereitschaft geprägt, im Interesse der Region und aller Beteiligten zu handeln. Auf folgende Ziele haben sich alle Mitwirkenden verständigt: Durch zielgruppenorientierte Unterrichtsmethoden und Integration professioneller Begleitung in der Berufsorientierung soll Schulmüdigkeit gesenkt und Lernmotivation gefördert werden, Transparenz für Schülerinnen und Schüler, Schule, Handwerk, Handel, Industrie und Bildungsträger in Bezug auf berufliche Vielfalt, Maßnahmen und Möglichkeiten der Berufsorientierung, Berufswahl, Ausbildungsplatzangebot und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten in der Region schaffen, Übergangsmanagement methodisch planen, koordinieren, durchführen und evaluieren gemäß den Anforderungen des Projektmanagements. Die Projekte sind systematisch, arbeitsteilig 227
und kooperativ bei unterschiedlichen Professionalitäten und Erfahrungen aller Prozessbeteiligten durchzuführen, Qualifizierung von Schülerinnen und Schülern zum Erreichen eines höchstmöglichen Schulabschlusses, Reduzierung der Anzahl von Schulabbrechern, Ausbildungsreife dokumentieren, zertifizieren und verbessern. Prozesse zur persönlichen und beruflichen Entwicklung der Jugendlichen anstoßen und ihre Umsetzungsprozesse begleiten, Selbstwertgefühl und damit die Eigenverantwortung der Jugendlichen stärken, Übergangsmanagement muss Erziehungsberechtigte einbeziehen und ihr Unterstützungspotenzial stärken, Qualifizierung von Schulabsolventinnen und -absolventen zur Erreichung der Ausbildungsreife; Vermittlung in Ausbildungsberufe. C. Die Jugendlichen von heute für die Anforderungen von morgen vorbereiten Bei zunehmendem Rückgang der Schülerzahlen, mangelnder Ausbildungsreife, unklaren beruflichen Vorstellungen und mangelnden Einstiegsqualifikationen laufen Unternehmen Gefahr, zu wenig geeignete Ausbildungsplatzbewerberinnen und bewerber zur Qualifizierung der Fachkräfte von morgen zu finden. Dies kann sich negativ auf die Region, das Ausbildungsverhalten der Unternehmen und die zukünftige Beschaffung von Fachkräften auswirken. I. Netzwerk Regionales Übergangsmanagement Die Voraussetzung, dieser negativen Entwicklung entgegen zu wirken, ist die Etablierung eines regionalen Übergangsmanagements. Übergangsmanagement bedeutet, die Schnittstelle zwischen allgemeinbildender Schule, Berufsschule und Arbeitswelt zu steuern und die internen Prozesse der verschiedenen Prozessbeteiligten individuell auf die Schülerin oder den Schüler abzustimmen und zu gestalten. Das erfordert die Bündelung regionaler Kräfte, gemeinsame regionale Commitments und einen gemeinsamen Kooperationswillen. Eine hohe Prozessintegrität aller Beteiligten kann erfolgreich dazu beitragen, Jugendliche zu informieren, ihnen 228
Stationen lebenslangen Lernens Berufsausbildung berufliche Perspektiven zu geben, Fehlentscheidungen zu vermeiden und sie im Orientierungs- und Übergangsprozess zu begleiten. Transparenz innerhalb des regionalen Berufsauswahl- und Ausbildungsplatzangebots kann somit bei Anbietern und Nachfragern geschaffen werden. Abbildung: Was kann ich? / Was will ich? / Was brauche ich? 229
Eine der zentralen Aufgaben, denen die Schulen sich zukünftig stellen müssen, ist, Maßnahmen zur Förderung der Berufsorientierung in den Unterricht zu integrieren. Dazu gehört als Basis ein pädagogischer Ansatz, der die Stärken der Jugendlichen erkennt, fördert und in den Vordergrund hebt. Hierbei handelt es sich um ein Kompetenzfeststellungsverfahren als individualisierendes Kernstück der Berufsvorbereitung. Damit können vorhandene Potenziale bei den Schülerinnen und Schülern erkannt, genutzt und gesteuert werden. Die Folge sind Motivation, Interesse und Leistungsbereitschaft. Schülerinnen und Schüler sowie Prozessbeteiligte sollen erkennen, dass sie beziehungsweise die Schülerinnen und Schüler durchaus über wertvolle Fähigkeiten und Kompetenzen verfügen, die in der Schule nur bedingt oder gar nicht zum Vorschein kommen. Jugendliche sind zum größten Teil nicht alleine in der Lage, ihr Können zielgerichtet einzusetzen und an den Mann zu bringen. In einer Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens muss es Aufgabe sein, für jeden einzelnen Jugendlichen ein Konzept zur Begleitung (Coaching, Mentoring) und Förderung zu erstellen, damit Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kompetenzen erkannt, zielführend angewendet und ausgebaut werden können. Hierbei werden Betriebspraktika und Projekte als zentrale Instrumente für den Übergang in den Beruf systematisch genutzt. Weitere Instrumente in der konkreten Arbeit sind unter anderem der Berufswahlpass, Einzelfallarbeit an Schulen, Elternarbeit und die Zusammenarbeit mit Betrieben der Region sowie mit Einrichtungen der offenen Jugendarbeit. II. Projekte 1. Integrierte Berufsorientierung im Bildungsgang der Hauptschule (IBBH) In Zusammenarbeit mit Partnern aus Industrie, Handel und Handwerk werden die Schülerinnen und Schüler der Hauptschulklassen ab der Klasse 7 durch gezielte Übungen auf die Projektprüfung mit Themen aus der Berufe- und Arbeitswelt im Rahmen der Hauptschulabschlussprüfung vorbereitet. Pro Halbjahr sind zwei Übungsphasen vorgesehen. Zusätzlich finden Schulungen in Präsentationstechnik, Internetrecherche und so weiter statt. Im 2. Halbjahr der Jahrgangsstufe 8 bieten die Betriebe der Region zusätzlich zum Praxistag die Möglichkeit, mehrere Kurzpraktika zu belegen und in Kleingruppen intensiv Firmen, Berufe, Tätigkeiten, Arbeitsabläufe, Produkte und Materialien zu erkunden sowie Info-Material zu sammeln. 230
Stationen lebenslangen Lernens Berufsausbildung Betreuer/-innen aus den Betrieben sind behilflich bei der Aufbereitung der Informationen. Diese detailliert aufbereiteten Informationen verwenden die Schülerinnen und Schüler als Grundlage zur Vorbereitung ihrer Projektprüfung. Ziele: Ausbildungschancen für Hauptschüler und -schülerinnen erhöhen und verbessern, Eignung und praktische Fähigkeiten der Schüler und Schülerinnen frühzeitig erkennen, Potenzielle und geeignete Bewerber/-innen in ihrem beruflichen Entwicklungsprozess erkennen, beraten und begleiten., Schüler und Schülerinnen erlangen im Hinblick auf ihre Lebens- und Berufswirklichkeit erforderliches Handlungs- und Orientierungswissen, Schule, Handel, Handwerk und Industrie verstehen sich als Lernprozessberater. 2. PerspektivePLUS Mit PerspektivePLUS wird die Ausbildungsreife leistungsschwacher Jugendlicher verbessert und ihre Integration in die Arbeitswelt erleichtert. Sie arbeiten in verschiedenen Fertigungsbereichen des Unternehmens, sind in Gruppenarbeitsprozesse integriert, besuchen Fachtrainings und einmal wöchentlich die Berufsschule. Unterstützt wird das Programm durch ein interdisziplinär agierendes Partner- und Mentorenkonzept. PerspektivePLUS geht konform mit dem geschlossenen Nationalen Pakt für Ausbildung. Allen Teilnehmer/-innen, die bedingt ausbildungsfähig sind, wird die Möglichkeit gegeben, eine Einstiegsqualifizierung (EQJ) mit IHK- Zertifikat in den Bereichen Logistik, Industrie/Elektro zu erhalten. Auf der Basis eines kooperativ entwickelten Unterrichtskonzepts findet ein kombinierter Werks- und Berufsschulunterricht in Form von Teamteaching (Lehrer/-innen und Praktiker/-innen) statt. Diese EQJ kann auf eine nachfolgende Ausbildung in Anrechnung gebracht werden. 231
Ziele: Verantwortung für persönliche und berufliche Zukunft übernehmen. Perspektive, Selbstvertrauen und Anerkennung im sozialen Umfeld und Arbeitsumfeld gewinnen, Soziale und gesellschaftliche Integration für arbeitslose Jugendliche schaffen, Ausbildungsreife verbessern, dokumentieren und zertifizieren, Eingliederung in das Berufsleben verbessern (Einstiegsqualifizierung EQJ), Ausbildungsplatzsuche und -auswahl durch Vermittlung von beruflichen Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten unterstützen und erleichtern. 3. SchuB-Praxisklassen Lernen und Arbeiten in Schule und Beruf Seit einigen Jahren wird an der örtlichen Gesamtschule jährlich eine Hauptschulklasse mit Fach übergreifendem und Fächer verbindendem Unterricht sowie mit kontinuierlichen Praxisanteilen (zwei Praxistage wöchentlich) aus der beruflichen Realität eingerichtet. Diese Klasse wird in enger Kooperation mit Betrieben und weiteren Kooperationspartnern aus der beruflichen Bildung (unter anderem Einrichtungen offener Jugendarbeit, Berufliche Schulen, Agentur für Arbeit, IHK und Handwerkskammer) eingerichtet und betreut. Die Aufnahme in die Praxisklassen ist für die Schülerinnen und Schüler freiwillig. Aufgenommen werden Schülerinnen und Schüler, deren Kompetenzen, Arbeitshaltungen und Stärken besonders gefördert werden müssen. Ihre Lernrückstände und Leistungsdefizite lassen den Schluss zu, dass sie in Regelklassen den Hauptschulabschluss nicht erreichen werden. Erwartet wird von ihnen, dass sie die Bereitschaft zu praktischer Tätigkeit haben und dass sie über ein Mindestmaß an Ausbildungsreife verfügen. Sie haben bei Beginn der Maßnahme mindestens sieben Schulbesuchsjahre absolviert. Für die Aufnahme in eine SchuB-Klasse ist eine positive Prognose zum Hauptschulabschluss seitens der Klassenkonferenz erforderlich. Die Prognose wird durch eine Potenzialanalyse in Kooperation mit einer Einrichtung der offenen Jugendarbeit und betrieblichen Partnern präzisiert. 232
Stationen lebenslangen Lernens Berufsausbildung Ziele: SchuB-Klassen sollen die Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler stärken und stabilisieren, durch Praxiserfahrungen Erfolgserlebnisse schaffen, individuelle Stärken und Kenntnisse fördern, Schlüsselqualifikationen bei fachlichen, methodischen, persönlichen und sozialen Kompetenzen vermitteln, die Ausbildungs-/Beschäftigungsfähigkeit erhöhen, durch Praxiserfahrungen eine strukturierte Berufsorientierung vermitteln, Schul- und Ausbildungsabbrüche minimieren, durch Praxiserfahrungen die Schülerinnen und Schüler in Ausbildung und Arbeit vermitteln, den regulären Hauptschulabschluss ermöglichen, die Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss verringern. 4. Kontinuierliche Praxistage Kontinuierliche Praxistage sind eine besondere Form der Berufsorientierung. In den Klassen 8 und 9 verbringen die Jugendlichen einen festen Arbeitstag pro Woche in einem Betrieb. Sie sind mindestens vier Monate, maximal jedoch ein halbes Jahr, im gleichen Betrieb. Die Vorbereitung findet kontinuierlich ab der Klasse 7, sowie die Nachbereitung im Fach Arbeitslehre statt. Die Arbeitszeit der Jugendlichen ist an die der Betriebe angepasst. Verlässliche Ansprechpartner in Schule und Betrieb sind die Basis für einen erfolgreichen Verlauf. Betriebe erhalten die Möglichkeit, potenzielle Anwärter auf einen Ausbildungsplatz über einen längeren Zeitraum erproben zu können. Die Schülerinnen und Schüler bekommen die Chance, umfangreich und praxisnah informiert zu sein und einen direkten Einstieg ins Arbeitsleben zu bekommen. Das führt zu mehr Motivation und Vertrauen bei den Schülerinnen und Schülern sowie bei den Betrieben. 5. Kombimodell Berufsausbildung plus Fachhochschulreife Das Kombimodell Berufsausbildung plus Fachhochschulreife ermöglicht leistungsstarken und motivierten Schülerinnen und Schülern eine 233
berufliche Erstausbildung mit dem Erwerb der Fachhochschulreife in Teilzeitform zu kombinieren. Sie erhalten somit einen schnellen und frühzeitigen berufsbezogenen Praxiseinstieg ohne auf den Erwerb ihrer Fachhochschulreife zu verzichten beziehungsweise für ein Jahr im Anschluss ihrer beruflichen Erstausbildung zum Besuch der Fachoberschule aus dem Berufsleben ausscheiden zu müssen. Das Kombimodell wird an der örtlichen Berufsschule angeboten und von regionalen Betrieben unterstützt. B. Braun setzt dieses Modell als Marketinginstrument zur Anwerbung von geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern ein. Weiterhin haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, ihre Kernkompetenzen in den allgemein bildenden Fächern wie zum Beispiel Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen zu vervollständigen beziehungsweise zu erweitern. III. Ehrenamtliches Mentoring eine notwendige Unterstützung Jugendliche brauchen Unterstützung in der biografischen Umbruchphase des Überganges von der Schule in den Beruf. B. Braun hat ein Mentorenteam entwickelt, welches aus freiwilligen engagierten berufs- und lebenserfahrenen Werksrentnerinnen und -rentnern besteht. Sie unterstützen die Jugendlichen indem sie ihnen beim Einstieg in das Berufsleben ein Mentor, Lotse oder Begleiter sind. Hier entstand ein interdisziplinär arbeitendes Netzwerk, in dem Ruheständler ihr Erfahrungswissen aus dem Berufsleben jungen Menschen zur Verfügung stellen. Die Herausforderung für alle Beteiligten besteht darin, Zugang zu den Jugendlichen zu finden und ein Vertrauen aufzubauen, so dass diese die Ratschläge, Hilfestellungen und Herausforderungen (sich anzustrengen, einen Abschluss zu erreichen, einen Ausbildungsplatz aktiv zu suchen, durchzuhalten, usw.) auch akzeptieren. Die ehrenamtlichen Mentoren sind eingebunden in ein Team aus Ausbilderinnen oder Ausbildern, Lehrkräften, Sozialpädagoginnen oder Sozialpädagogen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Betriebe, zusammen mit den jeweiligen Projekt- und Netzwerkverantwortlichen, haben neben ihrer Funktion als Coach eine besondere Vertrauensund Beratungsfunktion im Sinne einer Lern- und Lebensbegleitung, 234
Stationen lebenslangen Lernens Berufsausbildung hören zu, zeigen Interesse und Verständnis und wirken motivierend auf den Jugendlichen ein, verstehen sich als Partnerinnen und Partner der Jugendlichen und unterstützen ihn durch ihre eigene Lebens- und Berufserfahrung, reflektieren das Verhalten und die persönliche Lebenssituation der Jugendlichen machen Mut und zeigen neue Wege auf. In Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer hat B. Braun erfolgreich Mentorentrainings durchgeführt. Mentorinnen und Mentoren entwickelten ihr Rollen- und Aufgabenverständnis. Erfolgreiches Mentoring lebt von der Bereitschaft des Mentee wie der erfahrenen Mentorin / des erfahrenen Mentors, aufeinander zuzugehen und eine individuelle Betreuung als Chance zu verstehen. Der Umfang des Mentorings bemisst sich danach, was beide Partner miteinander vereinbaren. D. Fazit Die demografischen Entwicklungszahlen sind eindeutig. Schon in wenigen Jahren wird es in Deutschland einen Mangel an qualifizierten und ausbildungsreifen Jugendlichen geben, der sich bereits jetzt in einigen Branchen und Berufsfeldern verstärkt hat. Alle Ressourcen und Fähigkeiten junger Menschen müssen daher zukünftig ausgeschöpft werden. So muss für jedes Unternehmen eine wichtige Aufgabe darin bestehen, sich frühzeitig und intensiv in regionalen Netzwerken zur Verbesserung des Übergangs von der Schule in den Beruf zu engagieren. Jugendliche, die eine individuelle, den Entwicklungsprozess begleitende Berufsorientierung erfahren, erhalten Motive und Ansporn zur Steigerung ihres Leistungs- und Berufsorientierungsverhaltens sowie Perspektiven für ihre weitere berufliche und persönliche Lebensplanung. Die Quote der Schulund Ausbildungsabbrecher/-innen sinkt. B. Braun ist überzeugt, dass die Vernetzung der Wirtschaft mit regionalen Bildungspartnern und -verantwortlichen im Rahmen eines Übergangsmanagementsystems ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein wird. In sich aufeinander abgestimmte Netzwerke zum Übergang Schule-Beruf verhindern die Abwanderung potenzieller Bewerberinnen und Bewerber in attraktivere Regionen, integrieren leistungsschwächere Jugendliche in den Ausbildungsprozess und 235
sichern das notwendige Bewerberpotenzial sowie den zukünftigen Fachkräftebedarf in der Region. B. Braun ist sich seiner Rolle als Bürger der Gesellschaft sowie seiner Verantwortung als Ausbildungsbetrieb bewusst und lebt seine Leitziele. Jugendliche nimmt B. Braun als Abbild der Gesellschaft wahr und erkennt ihren Bildungs- und Entwicklungsprozess als Kapital der Zukunft. 236