Frauen im Projektmanagement. Überblick zur aktuellen Situation von Frauen im Berufsfeld Projektmanagement in Deutschland



Ähnliche Dokumente
Frauen im Projektmanagement. Überblick zur aktuellen Situation von Frauen im Berufsfeld Projektmanagement in Deutschland

Frauen in MINT-Berufen

Management Summary. Was macht Führung zukunftsfähig? Stuttgart, den 21. April 2016

Deutschland-Check Nr. 35

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Gehaltsstudie Leseprobe. BME-Service Personal & Karriere

Charta zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Methode Online Befragung 16 geschlossene Fragen Durchgeführt im März 2015 im Rahmen des Future of Work HR Kongresses.

Arbeitsplatz Schule. Ergebnisse der Onlinebefragung. Wien, 31. März 2008

Gesprächsleitfaden Mitarbeitergespräch (MAG) für Mitarbeiter/innen

Das große ElterngeldPlus 1x1. Alles über das ElterngeldPlus. Wer kann ElterngeldPlus beantragen? ElterngeldPlus verstehen ein paar einleitende Fakten

Studie Windkraft und Tourismus 2003 bis 2009

Fragebogen zur Evaluation von NLP im Coaching

Multicheck Schülerumfrage 2013

Einflussfaktoren auf die Teamkompetenz in Projekten. Empirische Studie zur Master Thesis Mai 2010

Väter in Familienunternehmen Die Ursachenstiftung Oktober 2012

ARBEITNEHMERÜBERLASSUNG. Zeitarbeit? Leiharbeit?

I. Allgemeine Angaben zur Person und zum Unternehmen

Integrierte Dienstleistungen regionaler Netzwerke für Lebenslanges Lernen zur Vertiefung des Programms. Lernende Regionen Förderung von Netzwerken

Personalentwicklung. Umfrage zur Personalentwicklung. Februar Cisar - consulting and solutions GmbH. In Zusammenarbeit mit

BMV Visionen Ergebnisbericht der Mitglieder Befragung

Life Sciences. Bei den befragten Neuabsolvent/innen Life Sciences handelt es sich ausschliesslich um Bachelorabsolvent/innen FH.

Management Report. Hernstein. Befragung von Führungskräften in Österreich, Deutschland und der Schweiz

Ergebnisse der Befragung auf dem 11. Karrieretag Familienunternehmen

Test: Sind Sie ein Unternehmertyp?

Umfrage Mitarbeiterkapazitäten für das BCM 2010 der bcm news Mai 2010 Ergebnisse der bcm news Umfrage Mitarbeiterkapazitäten für das BCM 2010

Ärzte befürchten Engpässe bei der Patientenversorgung

Aus der Praxis in die Praxis? Die berufliche Situation der Absolventen Bachelor of Nursing vor und nach dem Studium

Mitarbeiterbefragung als PE- und OE-Instrument

Unternehmenskultur und Führung von Veränderungsprozessen. Great Place to Work. September 2015

Private Altersvorsorge

Die Zukunft der Zukunftsforschung im Deutschen Management: eine Delphi Studie

Ergebnisse aus der Online Befragung

Elternumfrage 2013 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Arbeitsmarkteffekte von Umschulungen im Bereich der Altenpflege

Jugend und Beruf. Ergebnisse der Online-Befragung. im Auftrag der. in Kooperation mit. durchgeführt von

tekom- Gehaltsspiegel 2009 studie tekom-gehaltsstudie

Technische Ingenieurwissenschaften

Ergebnisse der NOVIBEL-Kundenzufriedenheitsanalyse 2002

Umfrage Bedeutung von Innovationen und gesellschaftliche Relevanz

Mitarbeitergespräch. Gesprächsleitfaden. Mitarbeiter/Mitarbeiterin. Führungskraft: Datum: Name: Vorname: Abteilung, Bereich, Organisationseinheit:

Flexibilität und Erreichbarkeit

Fremdsprachen. 1. Untersuchungsziel

Mobile Intranet in Unternehmen

Bevölkerung mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung 2012

Studierenden war unter den Befragungsteilnehmenden mit rd. 10 % vertreten. Die übrigen Nenbachtete

Umfrage zum Thema Fremdsprachen (Spanisch)

Dr. Heiko Lorson. Talent Management und Risiko Eine Befragung von PwC. *connectedthinking

Österreichischer Führungskräfte Monitor Mehrheit wünscht kürzere Arbeitszeit

Auszug aus der Auswertung der Befragung zur Ermittlung der IT-Basiskompetenz

Fragebogen für eine qualitative/quantitative Befragung zur Mediencommunity 2.0 aus Sicht der Lernenden

Aussage: Das Seminar ist hilfreich für meine berufliche Entwicklung

Pädagogik. Melanie Schewtschenko. Eingewöhnung und Übergang in die Kinderkrippe. Warum ist die Beteiligung der Eltern so wichtig?

Persönliches Kompetenz-Portfolio

oose. Was (noch) klassische Projekte von Scrum & Co lernen können eine empirische Studie

Verpasst der Mittelstand den Zug?

Schnelle Antwort, gute klare Beratung. Ich bin wirklich sehr zufrieden. Auswertung der Mandantenbefragung 2007

Fragebogen zur Mitarbeiterzufriedenheit in Rehabilitationskliniken

Ergebnis und Auswertung der BSV-Online-Umfrage zur dienstlichen Beurteilung

Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Entwicklung der BWB in Hamburg an staatlichen Fachschulen

Kundenbefragung als Vehikel zur Optimierung des Customer Service Feedback des Kunden nutzen zur Verbesserung der eigenen Prozesse

MOTIVBEFRAGUNG 11/2008 "ARBEITGEBERWECHSEL"

Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitsplätze im Wirtschaftsbereich Logistik

IAPM ZERTIFIKANTENBEFRAGUNG 2015

Auswertung des Fragebogens zum CO2-Fußabdruck

Das Persönliche Budget in verständlicher Sprache

I N S T I T U T F Ü R D E M O S K O P I E A L L E N S B A C H

ÜBERGABE DER OPERATIVEN GESCHÄFTSFÜHRUNG VON MARC BRUNNER AN DOMINIK NYFFENEGGER

Leitbild. für Jedermensch in leicht verständlicher Sprache

Starten Sie jetzt erfolgreich an verschiedenen Kursorten in NRW durch mit Ihrem Spezialisten für:

Die Post hat eine Umfrage gemacht

Fragebogen: Abschlussbefragung

Studie über Umfassendes Qualitätsmanagement ( TQM ) und Verbindung zum EFQM Excellence Modell

Neues aus der NEPS-Studie. Ergebnisse für Befragte

Mitarbeiterbefragung zur Führungsqualität und Mitarbeitermotivation in Ihrem Betrieb

Welche Staatsangehörigkeit(en) haben Sie?... Mutter geboren?...

Umfrage: Kreditzugang weiter schwierig BDS-Präsident Hieber: Kreditnot nicht verharmlosen

Talent Management wirkt

Volksbank BraWo Führungsgrundsätze

Fachtag Gesundheit und Pflege 2011 an der Evangelischen Hochschule Nürnberg

Staatssekretär Dr. Günther Horzetzky

Personal der Frankfurter Pflegeeinrichtungen 2005

Online-Marketing in deutschen KMU

Führungsqualität und Mitarbeiterbindung in Krankenhäusern

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

mehrmals mehrmals mehrmals alle seltener nie mindestens **) in der im Monat im Jahr 1 bis 2 alle 1 bis 2 Woche Jahre Jahre % % % % % % %

GESCHÄFTSREISEUMFRAGE 2014

Verband der TÜV e. V. STUDIE ZUM IMAGE DER MPU

Ehrenamtliche weiterbilden, beraten, informieren

Erhalt und Weiterentwicklung beruflicher Kompetenzen der Lehrerinnen und Lehrer

Themenbereich "Trauer"

Geld verdienen als Affiliate

Bitte beantworten Sie die nachfolgenden Verständnisfragen. Was bedeutet Mediation für Sie?

Vorsorgetrends 2012 Österreich

CITIES AGAINST RACISM RESPONSIBILITIES OF CITIES IN COUNTERACTING RACISM SUSTAINABILITY. Evaluation der Plakatkampagne der Stadt Graz gegen Rassismus

Einführung und Motivation

Meinungen der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Berlin zu einer Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele

Das Leitbild vom Verein WIR

IT-Governance und Social, Mobile und Cloud Computing: Ein Management Framework... Bachelorarbeit

Transkript:

Frauen im Projektmanagement Überblick zur aktuellen Situation von Frauen im Berufsfeld Projektmanagement in Deutschland

ÜBER DIE AUTORIN Yvonne Schoper ist Professorin für Internationales Management, Projektmanagement und Innovations- und Technologiemanagement, zunächst an der Hochschule Mannheim und seit 2014 an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Nach ihrem Abschluss zur Diplom-Wirtschaftsingenieurin und einem Master in International Management arbeitete sie zwölf Jahre lang als Projektmanagerin für Fahrzeugentwicklungsprojekte bei einem süddeutschen Automobilhersteller. Als Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule ist es ihr ein persönliches Anliegen, den Anteil von Frauen in Ingenieurberufen zu erhöhen. Dazu hat sie ein erfolgreiches Mentoringprogramm für MINT-Studentinnen mit Hilfe von ESF-Mitteln in Zusammenarbeit mit Führungskräften aus der Industrie an der Hochschule Mannheim aufgebaut. Im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Vorständin für Forschung bei der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.v. ist sie zuständig für die Weiterentwicklung des Projektmanagements und engagiert sich dafür, die strukturellen Rahmenbedingungen für Frauen im Projektmanagement zu verbessern. Berlin/Nürnberg, Oktober 2014 Die Aufbereitung und Analyse der Daten wurde im Auftrag der GPM von der EBS Business School durchgeführt.

INHALTSVERZEICHNIS Abbildungs- und Tabellenverzeichnis................................ 4 Vorwort...................................................... 5 Management Summary.......................................... 6 1 Einleitung.................................................... 8 1.1 Methodische Vorgehensweise....................................... 8 1.2 Soziographische Struktur der Befragten................................ 8 2 Funktion und Position in Projekten................................. 12 2.1 Projektmanagementprofil......................................... 12 2.2 Frauen in Führungspositionen...................................... 12 3 Arbeit in Projekten und Projektkomplexität........................... 16 4 Zufriedenheit und Motivation mit der Arbeit im Projektmanagement......... 20 4.1 Anforderungen an und Zufriedenheit mit der Arbeitstätigkeit.................. 20 4.2 Vereinbarkeit und Gleichbehandlung................................. 22 4.3 Qualifizierung und Zertifizierung.................................... 24 4.4 Mitgliedschaft in Verbänden....................................... 27 5 Geschlechtsspezifische Gehaltsstrukturen im Projektmanagement......... 28 6 Exkurs: Freiberufler............................................ 32 7 Interpretation der Ergebnisse..................................... 34 7.1 Nach oben schaffen es die Teamplayerinnen............................ 34 7.2 Gläserne Decke für Frauen ab 35 Jahren.............................. 34 7.3 Frauen verkaufen sich in Gehaltsverhandlungen nicht gut genug.............. 35 7.4 Frauen netzwerken, aber zu wenig mit berufsfördernden Zielsetzungen......... 35. 8 Empfehlungen und Ausblick..................................... 36 8.1 Gleiches Gehalt für gleiche Arbeit.................................. 36 8.2 Genderspezifische Beurteilungskriterien für Frauen und Männer.............. 36 8.3 Nachhaltige Förderung von qualifizierten Frauen......................... 37 8.4 Schaffen von familienfreundlichen Arbeitsplätzen......................... 37 8.5 Gewährleistung von Arbeitszeitsouveränität............................. 38 8.6 Weiterer Forschungsbedarf........................................ 38 Literaturverzeichnis............................................ 40 GPM Frauen im Projektmanagement

ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS Abbildung 1 Alter- und Geschlechterverteilung der Stichprobe......................... 8 Abbildung 2 Höchster Bildungsabschluss der Befragten............................. 9 Abbildung 3 Branche des Arbeitgebers der ProjektmanagerInnen....................... 11 Abbildung 4 Unternehmensgröße nach Anzahl Mitarbeiter........................... 11 Abbildung 5 Position der Befragten im Unternehmen............................... 12 Abbildung 6 Die fünf Projektmanagement-Ebenen differenziert nach Geschlecht............... 13 Abbildung 7 Ausgeübte Verantwortlichkeiten in Projekten............................ 14 Abbildung 8 Auslandserfahrung in Studium, Beruf und Projekten........................ 18 Abbildung 9 Projektcharakteristika des letzten abgeschlossenen Projektes der Studienteilnehmer.... 19 Abbildung 10 Anforderungen an und Zufriedenheit mit der eigenen Projektmanagement-Tätigkeit..... 20 Abbildung 11 Vereinbarkeit von Familie und Beruf von ProjektmanagerInnen................. 22 Abbildung 12 Gleichbehandlung von Männern und Frauen............................ 23 Abbildung 13 Zufriedenheit, Perspektiven und Wechselbereitschaft von ProjektmanagerInnen....... 23 Abbildung 14 Weiterbildung von ProjektmanagerInnen in Dauer und Budget.................. 24 Abbildung 15 Weiterbildung nach PM-Ebene.................................... 25 Abbildung 16 Erworbene Zertifikate......................................... 26 Abbildung 17 Gewünschter Nutzen einer PM-Verbandsmitgliedschaft...................... 27 Abbildung 18 Gehaltsstrukturen nach Projektmanagement-Level........................ 29 Abbildung 19 Gehaltsstruktur nach Berufserfahrung................................ 30 Abbildung 20 Gehaltsstruktur nach Verantwortung................................. 31 Abbildung 21 Anteil, Tagessätze und Jahresgehalt von freiberuflichen ProjektmanagerInnen........ 32 Abbildung 22 Entwicklung von Tagessätzen und Kapazitätsauslastung bei Freiberuflern........... 33 in den vergangenen zwei Jahren Tabelle 1 Projektumfang nach Budget und Anzahl der Mitarbeiter...................... 16 Tabelle 2 Beteiligte Fachdisziplinen und Kulturkreise in Projekten...................... 17 Tabelle 3 Gehaltsstruktur im Projektmanagement nach Geschlecht..................... 28 4

VORWORT Als Professor Yvonne Schoper zur Ergebnispräsentation der Gehalts- und Karrierestudie beim PM Forum 2013 eine erfolgreiche Projektmanagerin einlud, da die Ergebnisse gerade für Frauen sehr interessant seien, antwortete diese: Ich will gar nicht wissen, wie viel meine männlichen Kollegen verdienen, das frustriert mich nur. Ich denke, dass diese häufig bei Frauen anzutreffende Einstellung bereits ein Teil der Antwort ist auf die Frage, wieso im Jahr 2013 noch immer so große Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern selbst in hochqualifizierten Berufen wie im Projektmanagement bestehen. Um dieses Missverhältnis nachhaltig zu ändern, müssen wir die Ursachen zunächst besser verstehen. Diese Überlegungen stellten die Ausgangssituation für die vorliegende Studie Frauen im Projektmanagement dar. Das Datenmaterial, das durch die hohe Beteiligung von Projektmanagerinnen an der Befragung und damit in statistisch relevanter Zahl vorlag, barg weitaus mehr Informationen als das, was in der Gehalts- und Karrierestudie 2013 veröffentlicht werden konnte. So entstand die Idee, diese wertvollen Daten nochmals gesondert mit Blick auf Genderunterschiede auszuwerten. Die Ihnen nun vorliegende Studie hat das Ziel, die Situation der Projektmanagerinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen näher zu beleuchten. Welche geschlechtsspezifischen Unterschiede gibt es im Arbeitsfeld Projektmanagement in einer Zeit, in der die Projektwirtschaft zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit neuer Beschäftigungsstrukturen fällt, was sollte sich ändern? Die GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.v. trägt mit dieser Studie zu dieser Diskussion bei. Bereits 2009 haben wir eine Studie zur beruflichen Situation von Projektmanagerinnen durchgeführt. Hier nun wird erstmals die Berufsgruppe der Projektmanager unter geschlechtsspezifischen Aspekten analysiert im Hinblick auf Ausbildung, Alter, Karriere und Entwicklung, Zufriedenheit, Motivation und Gehalt. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass auch in der globalisierten Projektwirtschaft die geschlechtsspezifischen Strukturen hinsichtlich Karriere und Gehalt in den untersuchten Unternehmen in Deutschland unverändert übernommen werden. Die Situation der in der Projektwirtschaft beschäftigten Frauen ist weiterhin verbesserungswürdig. Dazu trägt wesentlich die Vernetzung von Projektmanagerinnen im Fachverband GPM bei, ebenso wie die Special Interest Group PM-Expertinnen. Dieses Netzwerk bietet eine Community für Frauen im Projektmanagement und unterstützt Studien und Maßnahmen zur Verbesserung der Situation. Bochum, Juli 2014 Prof. Dr. Dorothee Feldmüller Leiterin der SpeciaI Interest Group PM-Expertinnen bei der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.v. GPM Frauen im Projektmanagement 5

Management Summary Die vorliegende Studie basiert auf dem Datenmaterial der Karriere- und Gehaltsstudie 2013 der GPM und hat das Ziel, die Berufsgruppe der Projektmanager erstmals unter geschlechtsspezifischen Aspekten im Hinblick auf Ausbildung, Alter, Funktion, Position, Zufriedenheit, Motivation und Gehalt zu analysieren. Die Ergebnisse zeigen, dass in der globalisierten Projektwirtschaft die tradierten geschlechtsspezifischen Strukturen hinsichtlich Karriere und Gehalt in den untersuchten Unternehmen in Deutschland unverändert übernommen werden. Doch die Studie weist auch zwei neue Trends auf: I Der Anteil der Frauen in der Projektwirtschaft und insbesondere im Projektmanagement ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen und wird voraussichtlich weiter zunehmen, worauf der hohe Anteil der unter 30-jährigen Projektmanagerinnen hinweist. I Des Weiteren zeigt sich, dass es Frauen durch die Zusatzqualifikation als Projektmanagerin gelingen kann, sich in MINT-Bereichen zu etablieren, obwohl sie keine klassische MINT- Ausbildung vorweisen. Damit kommt dem Projektmanagement eine neue Bedeutung als Brückenqualifikation zu, die es Akademikerinnen z. B. aus den Sozial-, Geistes- oder Wirtschaftswissenschaften ermöglicht, sich mit einer Qualifikation als Projektmanagerin und einigen Jahren Berufserfahrung als Quereinsteigerinnen in MINT-Unternehmen zu etablieren. Bedingt durch den demographischen Wandel und den Fachkräftemangel scheinen die Organisationen zunehmend offener für den Einsatz von Projektmanagerinnen mit Mischqualifikationen zu sein. Die Studie zeigt, dass in den folgenden Bereichen die Arbeitsbedingungen von Frauen und Männern in Projektwirtschaft und Projektmanagement bereits gleich sind: I Die befragten Frauen und Männer investieren mit durchschnittlich 81 % ihrer Arbeitszeit gleich viel Zeit in die Projektarbeit. I Der Anteil der Frauen auf der Geschäftsleitungsebene ist vergleichbar groß wie der der Männer. Entsprechend ist der Anteil von Frauen und Männern auch auf der ersten Projektmanagement-Hierarchieebene (z. B. Projekt-Direktor) ausgewogen. I Die Bedeutung von beruflichen Netzwerken ist Frauen und Männern gleich bewusst, gleichwohl ist die Nutzung different. 6

Genderunterschiede zeigen sich auffällig in den folgenden Bereichen: I Die befragten Frauen weisen höhere Bildungsabschlüsse auf. I Die Position des Abteilungsleiters ist männlich dominiert, die Position des Spezialisten/ Sachbearbeiters hingehen wird eher von Frauen eingenommen. I Frauen übernehmen zwar anteilsmäßig häufig Führungspositionen in Projekten, weisen dabei aber seltener disziplinarische bzw. Budget-Verantwortung auf. I Männer werden eher mit der Leitung großer Projekte betraut. I Projektmanagerinnen werden insbesondere in denjenigen Projekten eingesetzt, die eine hohe Bedeutung für den Auftraggeber oder das eigene Unternehmen in Bezug auf den Erfolg des Projektes haben. I Frauen verfügen über höhere Fremdsprachenkompetenzen, bringen aus ihrem Studium Auslandserfahrung mit und sind verstärkt in internationalen Projekten tätig, männliche Projektmanager dagegen sind in Projekten im Ausland anzutreffen. I Frauen bewerten die Angebote der Arbeitgeber zu Vereinbarkeit von Familie und Beruf einschließlich der Möglichkeit zu Tele- oder Teilzeitarbeit deutlich schlechter als Männer. I Frauen investieren deutlich mehr Zeit in ihre Weiterbildung. I Frauen stehen merklich geringere Budgets für ihre Weiterbildung zur Verfügung. I Frauen absolvieren häufiger Zusatzqualifikationen und haben häufiger Projektmanagement- Zertifikate als Männer. I Gleichwohl verfügen Männer signifikant häufiger über die höherwertigen Projektmanagement-Zertifikate. I Männer sind häufiger Mitglied in Verbänden. I Frauen verdienen im Durchschnitt 16 % weniger als Männer; die größten Gehaltsunterschiede zeigen sich auf der obersten Hierarchieebene und dort insbesondere im variablen Gehaltsanteil. I Projektmanagerinnen mit 3- bis 5-jähriger Berufserfahrung weisen eine höhere Gehaltsstruktur als ihre männlichen Kollegen auf, die jedoch bei zunehmender Berufserfahrung nicht steigt, sondern sich umkehrt. I Nur ein Drittel der Projektmanagerinnen ist der Ansicht, hinsichtlich ihrer Karrierechancen und Gehalt gleichbehandelt zu werden wie ihre männlichen Kollegen. I Gleichwohl sind Frauen ihrem Arbeitgeber gegenüber loyaler und insgesamt zufriedener, auch mit ihrem Gehalt, wenngleich sie weniger als Männer verdienen. GPM Frauen im Projektmanagement 7

1 EINLEITUNG 1.1 Methodische Vorgehensweise Die Daten der vorliegenden Studie stammen aus der Umfrage zur GPM Gehaltsstudie 2013, die über eine Online-Erhebung realisiert wurde. 1 An der Befragung beteiligten sich im Zeitraum von Mai bis Juli 2013 insgesamt 913 Personen. Diese Stichprobe wurde um nicht vollständig ausgefüllte Fragebögen und nicht plausible Datensätze bereinigt, sodass sich eine Netto-Stichprobe von N = 737 Fällen ergab, die den nachfolgenden Analysen zugrunde gelegt wurde. Der Anteil weiblicher Teilnehmerinnen (N = 142) beträgt 20,5 %. Für alle genderspezifischen Auswertungen gilt, dass die Prozentwerte der Frauen bezogen auf N = 142 und für Männer auf N = 595 ermittelt wurden. In Summe arbeiteten N = 5 Studienteilnehmer (4 Frauen, 1 Mann) in Teilzeit. Der Anteil ist somit vernachlässigbar. Der in den vergangenen Jahren gestiegene Anteil der Projektmanagerinnen ist Anlass, die Unterschiede zwischen Frauen und Männern im Projektmanagement näher zu untersuchen. 1.2 Soziographische Struktur der Befragten Der Anteil der Frauen im Projektmanagement ist deutlich gestiegen und wird voraussichtlich weiter zunehmen. In den letzten zwei Jahrzenten ist die Erwerbsbeteiligung der Frauen in der Bundesrepublik stark gestiegen. 2 Dieser Trend ist auch im Projektmanagement zu beobachten: An der Gehaltsstudie 2013 beteiligten sich 20,5 % Frauen, in 2011 waren es zum Vergleich noch 15,8 %, in 2008/09 waren es 16,1 %. Dies spiegelt auch die Situation bei den Mitgliedern der GPM wider: 21,2 % der persönlichen Mitglieder sind 2014 Frauen, 2009 waren es noch 13 %. Dies zeigt, dass die Arbeitstätigkeit der ProjektmanagerInnen auch im Jahr 2014 mit vier Fünfteln noch immer stark männlich dominiert ist. Die Altersverteilung unter den an der Studie teilnehmenden ProjektmanagerInnen ist hoch divers: der überwiegende Anteil besteht aus unter 30-Jährigen, bei denen die Frauen sogar mit 7 % stärker vertreten sind. Zwischen dem 31. und 35. Lebensjahr sind beide Geschlechter insgesamt mit einem Fünftel vertreten. Dieser Trend setzt sich mit zunehmendem Alter fort (vgl. Abbildung 1). 76 % 69 % Befragte nach Alterskohorte und Geschlecht Durchschnitt Frauen: 38 Jahre Männer: 41 Jahre 19 % 18 % 9% 4% 4% 1% 0% 1% bis 30 31-35 36-40 41-45 > 45 Abbildung 1 Alter- und Geschlechterverteilung der Stichprobe (Altersangabe in Jahren) 1 GPM Gehaltsstudie 2013. 2 Von 1991 bis 2011 ist die Erwerbsquote von Frauen von 57 % auf 68 % gestiegen. Vgl. IAB 2013b: S. 15 ff. und BAA 2013: S. 7 f. 8

Die Altersverteilung der Frauen und Männer im Projektmanagement ist altersspezifisch versetzt: die befragten Frauen sind im Durchschnitt um 3 Jahre jünger als ihre männlichen Kollegen. Zwei Drittel der befragten Frauen ist unter 30 Jahre alt. Der Anteil der männlichen Projektmanager ist ab den 36-Jährigen höher. Der Blick in die persönliche Mitgliedschaft bei der GPM zeigt das folgende Bild: die zweitgrößte Kohorte (26 %) unter den Frauen stellen die unter 30-Jährigen dar. Die 31- bis 35-Jährigen sind mit 14 % vertreten. Der Anteil der 36- bis 40-Jährigen beträgt 11 %, der der 41- bis 45-Jährigen beträgt 12 %. Den größten Anteil bei den weiblichen Mitgliedern macht die Gruppe der über 45-Jährigen aus (36 %). Hierbei scheint sich ein neuer Trend abzuzeichnen: immer mehr junge Frauen arbeiten im Berufsfeld Projektmanagement. Das spiegelt sich auch bei den Neueintritten in die GPM wider: im Jahr 2013 stellten die unter 30-jährigen Frauen 33 % aller Neueintritte (im Vergleich zu 25 % in den fünf Jahren zuvor). An den Austritten aus der GPM ist abzulesen, dass Projektmanagerinnen in den Alterskohorten 31-35 Jahre und 41-50 Jahre vermehrt aus der GPM ausscheiden. Ursachen könnten der Schritt in die Linienkarriere, die Nichtvereinbarkeit der Arbeitstätigkeit, oder das Setzen anderer Prioritäten sein. In den kommenden Studien ist zu untersuchen, ob die gegenwärtige Generation der unter 30-jährigen Frauen weiterhin im Berufsfeld Projektmanagement kontinuierlich verbleibt. Für die nächste Gehaltsstudie 2015 ist zu empfehlen, die Kohorte der über 45-Jährigen gezielt für die Teilnahme an der Studie zu gewinnen, da diese in der gegenwärtigen Studie mit einem Anteil von unter 5 % wenig aussagekräftig ist. Die befragten Frauen weisen im Durchschnitt höhere Bildungsabschlüsse als die Männer auf (vgl. Abbildung 2). Höchster Bildungsabschluss 2% Promotion/Habilitation 5% Universitätsabschluss Fachhochschulabschluss 11 % Abitur 7% 4% Fachhochschulreife 9% 5% Mittlere Reife 6% 0% Hauptschulabschluss 1% 0% Kein Abschluss 0% Abbildung 2 Höchster Bildungsabschluss der Befragten 27 % 34 % Frauen Männer 51 % 38 % GPM Frauen im Projektmanagement 9

Frauen im Projektmanagement weisen höhere Bildungsabschlüsse auf. Während die Projektmanagerinnen zu 51 % einen Universitätsabschluss absolviert haben, sind es bei den Projektmanagern 38 %. In Summe haben 80 % der an der Studie teilnehmenden Frauen und 77 % der Männer eine akademische Ausbildung. Dies deckt sich mit dem Ergebnis der ersten Genderstudie der GPM von 2010, in der 85 % der Projektmanagerinnen und 76 % der Projektmanager eine akademische Ausbildung hatten. 3 Dies verweist auf Beobachtungen, dass Frauen in Deutschland heute besser ausgebildet sind als Männer. 4 In Kapitel 2 und 4 wird zu sehen sein, dass Frauen dennoch trotz der höheren Qualifikation niedrigere Positionen bekleiden und geringere Gehälter erzielen. Männer sind im Projektmanagement stärker in technischen Disziplinen vertreten, Frauen eher in gesellschafts- und wirtschaftswissenschaftlichen Bereichen. Auch im Projektmanagement gelten die Muster, wie sie in Ausbildung und Studium in Deutschland noch immer anzutreffen sind: Männer sind stärker in technischen Disziplinen wie den Ingenieurwissenschaften, der Informatik und den Naturwissenschaften (MINT) vertreten, Frauen bevorzugen eher ein Studium in den Sozial-, Geistes- und Wirtschaftswissenschaften. Dementsprechend fällt die geschlechtsspezifisch geordnete Branchenzugehörigkeit aus: Männer finden sich verstärkt in technischen Branchen wie Maschinenbau, Elektrotechnik, Telekommunikation, Ingenieurwesen und dem Bau wider. Frauen sind eher in Bereichen mit hohen Kommunikationsanteilen wie Finanzdienstleistungen oder Consulting anzutreffen. Drei Ausnahmen gibt es jedoch: die MINT-Branchen Software- und Automobilindustrie und die Bau-Projektsteuerung. Hier sind in der Stichprobe anteilsmäßig mehr Frauen als Männer vertreten (vgl. Abbildung 3). Eine Erklärung hierfür kann sein, dass es Frauen durch die Zusatzqualifikation als Projektmanagerin gelingen kann, sich in den MINT-Bereichen als Projektmanagerinnen zu etablieren, obwohl sie keine klassische MINT- Ausbildung vorweisen. Damit würde dem Projektmanagement eine neue Bedeutung als Brückenqualifikation zukommen, die es Akademikerinnen z. B. aus den Sozial- oder Wirtschaftswissenschaften ermöglicht, sich mit einer Qualifikation als Projektmanagerin und einigen Jahren Berufserfahrung als Quereinsteigerinnen in MINT-Bereichen zu etablieren. Bedingt durch den demographischen Wandel und den Fachkräftemangel sind MINT-Unternehmen zunehmend offener für Mischqualifikationen, wie sie gerade viele Projektmanagerinnen aufweisen. Diese Tendenz ist durch weitere Studien zu untersuchen, um nachweisen zu können, dass es sich hier um einen neuen Trend handelt, der für die berufspolitische Rolle des Projektmanagements eine große Bedeutung hat. Unternehmensgröße. In der Stichprobe liegt, gemessen an der Mitarbeiteranzahl, ein deutlicher Schwerpunkt auf mittelgroßen und großen Unternehmen (vgl. Abbildung 4). Interessant ist, dass 19 % der Frauen in kleinen oder mittleren Unternehmen bis 100 Mitarbeiter und 35 % in sehr großen Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern arbeiten. Dies könnte einerseits darauf hinweisen, dass sie die Entfaltung und persönlichen Beziehungen in kleineren Unternehmen schätzen, aber auch dass sie gezielt eine Anstellung in einem Großunternehmen suchen, in der Annahme, hier einen sicheren Arbeitsplatz zu haben sowie bessere Rahmenbedingungen wie Teilzeit- und Supportangebote für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu finden. Details dazu siehe Kapitel 4.2. 3 Vgl. GPM Studie Expertinnen im Projektmanagement (2010), S. 28 4 Vgl. OECD Bericht Closing the Gender Gap (2012) 10

Branche des Arbeitgebers Software 16 15 Consulting/Training/Coaching 15 13 Finanzdienstleistungen 12 7 Automotive 10 6 Elektrotechnik Maschinenbau 7 9 7 12 Projektsteuerung 7 4 Telekommunikation 6 9 Pharma/Chemie Logistik/Transport 5 5 5 4 Computer/Büromaschinen 3 4 Forschung Bau 3 2 1 3 Luftfahrt 1 2 Ingenieurbüro 1 3 Frauen Männer Abbildung 3 Branche des Arbeitgebers der ProjektmanagerInnen (Angaben in absoluten Zahlen) Unternehmensgröße nach Anzahl der Mitarbeiter 35 % 33 % 22 % 19 % 4% 5% 6% 4% 11 % 9% 9% 9% 10 % 8% 9% 8% 1-20 21-50 51-100 101-250 251-500 501-1.000 1.001-5.000 > 5.000 Frauen Männer Abbildung 4 Unternehmensgröße nach Anzahl Mitarbeiter GPM Frauen im Projektmanagement 11

2 funktion und position in projekten 2.1 Projektmanagementprofil Anteil Projektarbeit. Drei Viertel der Teilnehmer der Studie (74 %) verbringen mehr als 70 % ihrer Arbeitszeit mit Projektmanagementtätigkeiten. Auffällig ist der große Anteil derjenigen (36 %), die sich zu 91-100 % ihrer Arbeitszeit mit Projektmanagementtätigkeiten befassen. Der Anteil der Projektarbeit an der gesamten Arbeitszeit ist bei den Frauen und Männern mit durchschnittlich 81 % gleich hoch. Nur 5 % der Befragten befassen sich mit Projektmanagementtätigkeiten zu 30 % oder weniger. Frauen sind jenseits der Projektarbeit seltener als Männer in Stabsfunktionen tätig, dafür häufiger in Qualifizierungsmaßnahmen eingesetzt. Arbeit jenseits von Projekten. Sind die Projektmanagerinnen und Projektmanager nicht in Projekten aktiv, gehen beide in über der Hälfte der Fälle Aufgaben in der Linie bzw. ihrer originären Fachabteilung nach. Männer sind häufiger in Stabsfunktionen tätig, Frauen führen eher Weiterbildungstätigkeiten durch. 2.2 Frauen in Führungspositionen Hierarchie-Ebene. Frauen erschließen sich zunehmend das Berufsfeld Projektmanagement und einigen gelingt es, hierin Schlüsselpositionen zu besetzen: In der vorliegenden Stichprobe haben mit 18 % genauso viele Frauen die höchste Führungsposition inne wie Männer (vgl. Abbildung 5). Position im Unternehmen Geschäftsleitung/Vorstand 18,3 % 18,0 % Führung mehrerer Hierarchieebenen 6,3 % 8,0 % Abteilungsleiter 16,2 % 23,1 % Spezialist/Sachbearbeiter 59,2 % 49,6 % Frauen Männer Sonstiges 0,0 % 1,3 % Abbildung 5 Position der Befragten im Unternehmen 12

Auf der höchsten Projektmanagement-Ebene sind Frauen anteilsmäßig gleich vertreten. Der Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bestätigt einen Anstieg des Frauenanteils auf der ersten Führungsebene von 2008 bis 2012. Dieser ist besonders in Unternehmen mit 500 und mehr Mitarbeitern ausgeprägt. Hier hat sich der Anteil der Frauen in vier Jahren von 9 % auf 19 % mehr als verdoppelt. 5 Bei der zweithöchsten Hierarchieposition, der Führung mehrerer Hierarchieebenen, sind die männlichen Projektmanager leicht in der Überzahl (8,0 % zu 6,3 %). Auf der Ebene der Abteilungsleitung ist die Differenz zwischen Frauen und Männern hingegen mit 16 % zu 23 % am stärksten ausgeprägt. Hier wird offenkundig, dass Männer noch immer stärker in der Leitung vertreten sind. Genau gegenteilig ist die Situation auf der Ebene Spezialist/ Sachbearbeiter: dort beträgt das Verhältnis 59 % bei den Frauen zu 49 % bei den Männern. Das zeigt, dass der Sprung von der Spezialistin/Sachbearbeiterin zur Führungskraft für Frauen noch immer schwierig ist. Die meisten Projektmanagerinnen arbeiten als Spezialistin. Da es in den meisten Unternehmen noch keine langfristigen Karrierepfade und Entwicklungsmöglichkeiten im Projektmanagement gibt und die hierarchische Position im Unternehmen im Gegensatz zur Position in der Linienorganisation nicht gleichbedeutend ist mit der Projektmanagement-Ebene, haben wir die Studienteilnehmer auch danach befragt. Projektmanagement-Ebene. Hierfür wurden den Befragten fünf Projektmanagement-Ebenen vorgegeben. Die erste Projektmanagement-Ebene (z. B. Projekt-Direktor, PMO-Leiter) bekleiden mit 9 % anteilsmäßig genauso viele Frauen wie Männer (siehe Abbildung 6). Auf der zweiten Ebene (z. B. Senior-Projektleiter) sind die Männer mit 39 % zu 8 % stärker vertreten als die Frauen, auf der dritten Ebene (z. B. Projektleiter) finden sich wiederum mit je 39 % genauso viele Frauen wie Männer. Auf der vierten Ebene (z. B. Teilprojektleiter) und vor allem auf der untersten Ebene herrscht ein deutlicher Überhang an Frauen vor. In Zusammenhang mit Abbildung 5 wird deutlich, dass die Karrierepfade im Projektmanagement in den Organisationen noch immer unzureichend transparent sind. Dies deutet darauf hin, dass die klassischen Aufstiegspfade noch immer an die Linienfunktionen in den Organisationen gebunden sind. Die Karrierepfade im PM orientieren sich noch immer an den hierarchischen Linienfunktionen bzw. werden von dort aus gesteuert. Projektmanagement-Ebene 1. Ebene (z. B. Projekt-Direktor) 2. Ebene (z. B. Senior-Projektleiter) 3. Ebene (z. B. Projektleiter) 4. Ebene (z. B. Teilprojektleiter) 5. Ebene (z. B. Assistent im Projektmanagement) Projekt-Coach Sonstiges 2,8 % 1,5 % 0,0 % 0,2 % 9,2 % 9,5 % 10,6 % 7,1 % 7,7 % 3,5 % Abbildung 6 Die fünf Projektmanagement-Ebenen differenziert nach Geschlecht 31,0 % 39,3 % 38,7 % 39,1 % Frauen Männer 5 Vgl. IAB (2013a und 2013b). GPM Frauen im Projektmanagement 13

Frauen haben in vergleichbaren Führungspositionen weniger Verantwortung inne. Verantwortung. Im Hinblick auf die Verant- wortungsbereiche gibt es deutliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern: Projektmanager haben im Durchschnitt mehr und vor allem größere Verantwortungsbereiche inne als Projektmanagerinnen (vgl. Abbildung 7). Im Detail haben wir die verschiedenen Arten von Verantwortung im Projektmanagement untersucht: Verantwortlichkeitsbereiche/Funktionen Disziplinarische Personalverantwortung Frauen Männer Fachliche Führung Budgetverantwortung Keine der genannten 12,7 % 6,4 % 18,3 % 27,3 % 62,7 % 70,0 % 82,4 % 85,6 % Fachliche Führung im Projekt haben mit 82 % etwa 4 % mehr Männer als Frauen in dieser Studie. 6 Die fachliche Weisungsbefugnis ist die Basis für die Arbeit von ProjektmanagerInnen. Schwierig wird es, wenn die Projektmanagerin oder der Projektmanager fachliche Verantwortung ohne disziplinarische Macht und Budgetverantwortung hat. Dies stellt eine der größten Herausforderungen für ProjektmanagerInnen dar, da sie keine disziplinarischen Möglichkeit haben, die Aufgaben von den Kollegen einzufordern oder gar Sanktionen zu verhängen. Diese Herausforderung müssen offensichtlich mehr Frauen als Männer bewältigen. Budget-Verantwortung haben 70 % der befragten Projektmanager und 63 % der Projektmanagerinnen. Disziplinarische Personalverantwortung haben hingegen 27 % der männlichen Projektmanager im Vergleich zu 18 % der Projektmanagerinnen inne. 7 Das heißt, dass die meisten Projektmanagerinnen ihr Projekt fachlich führen ohne mit der entsprechenden Macht ausgestattet zu sein. Dies zeigt, dass Frauen zwar in höhere Führungspositionen vordringen, aber dabei noch nicht im gleichen Maße mit der erforderlichen Verantwortung und Macht ausgestattet werden wie ihre männlichen Kollegen. Abbildung 7 Ausgeübte Verantwortlichkeiten in Projekten 14 6 Eine fachliche Verantwortlichkeit beschränkt sich auf das Erteilen von Anweisungen, die zur Erreichung der Arbeitsergebnisse notwendig sind. 7 Disziplinarische Verantwortung beinhaltet z. B. die Anweisung von Arbeitseinsätzen, die Genehmigung von Dienstreisen, Urlaub oder die Möglichkeit zur Ausübung von Sanktionsmaßnahmen wie Bestrafung. In rein liniengeführten Organisationen fallen fachliche und disziplinarische Befugnisse meistens zusammen. Aufgrund der zunehmenden Veränderung der Arbeitsorganisation in Matrix- oder Projektorganisationen fallen beide Verantwortungsbereiche aber zunehmend auseinander.

Über die Ursachen für diese Situation können aktuell nur Hypothesen aufgestellt werden. Ein Grund könnte sein, dass Frauen die komplette Projektverantwortung nicht aktiv von ihren Vorgesetzten einfordern und eher bereit sind, mit Kompromissen zu leben, da wie die Alterskohorte der Befragung zeigt, sie unter Umständen zu jung sind für die Ausstattung mit Verantwortung. Ein anderer Grund könnte sein, dass für die teilweise in Teilzeit arbeitenden Frauen die Übernahme von disziplinarischer Verantwortung schwieriger zu realisieren ist. Auch alternative Arbeitszeitmodelle wie Telearbeit oder Home Office sind für disziplinarische Führungskräften oft nicht realisierbar. 8 Auch hier besteht weiterer Forschungsbedarf über die Ausdifferenzierung der Projektmanagementfunktionen von Seiten eines sich verändernden Bedarfs in den Organisationen. Die Unterschiede hinsichtlich der übertragenen Verantwortlichkeiten könnten eine weitere Ursache sein für die ermittelten Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern im Projektmanagement (Details siehe Kapitel 5).»Als Projektmanagerin bedarf es viel Talent, um mit allen Bereichen und Levels einer Organisation umgehen und kooperieren zu können vom Management bis zu den einzelnen Teammitgliedern, von der Belegschaft bis zu den relevanten Stakeholdern.«> Darum bin ich Projektmangerin Spaß am Organisieren, Optimieren, die tägliche Arbeit mit unterschiedlichen Menschen sowie deren Teambildung reizen mich seit jeher. Projekte realisiere ich seit meiner Schulzeit, z. B. als ich mit der Schülervertretung bei der Sonnenfinsternis 1999 sämtliche 1.100 Schüler auf ein Schiff verfrachtete, um ein gemeinsames Erlebnis zu generieren. > Spezielle Herausforderungen als Projektmanagerin in meinem Umfeld Strategische Projekte und technische Neuentwicklungen im regulierten Umfeld der Medizintechnik und IT, paralleles Arbeiten mit mehreren Projekt-Teams bestehend aus Mitarbeitern verschiedener Abteilungen, Agieren auf allen Hierarchie-Ebenen vom Geschäftsführer bis zum Service-Mitarbeiter, dabei das Ziel nicht aus den Augen verlieren und alle an Board behalten das macht die Sache spannend! Lenalinn Hausen 33 Jahre > Die Hauptmerkmale meiner Arbeitsweise Als praktisch veranlagte Initiatorin und Innovatorin baue ich schnell eine Vertrauensbasis zu Projektteams auf und arbeite engagiert mit Menschen. Ich ermutige auf Teamarbeit zu setzen und die Erfahrungen aus anderen Abteilungen zu nutzen. Mein Ziel ist es, Ergebnisorientierung und Teamarbeit, Lösungsdenken und kooperatives Konfliktmanagement zu vermitteln und vorzuleben. Studium zur Diplom-Betriebswirtin (FH) an der Fachhochschule Koblenz Executive Management Assistant, ab 2010 Executive Project Manager bei der Nürburgring Automotive GmbH/Nürburgring GmbH Seit 2012: Senior Program Manager bei CareFusion 234 GmbH, CareFusion Corporation 8 Tornau, V. (2009): Warum Mitarbeiter das Unternehmen wechseln. GPM Frauen im Projektmanagement 15

3 Arbeit in Projekten und Projektkomplexität Männer werden eher mit großen Projekten betraut als Frauen. Mit welchen Anforderungen werden die Projektbeteiligten konfrontiert? Unterscheidet sich die Arbeit von Frauen und Männern in Projekten? Diese Fragen wurden beispielhaft am letzten erfolgreich abgeschlossenen Projekt der Befragten thematisiert. Konkret ergeben sich dazu weitere Teilfragen im Hinblick auf die Projektkomplexität wie: I Steht Frauen in leitender Projektfunktion ein höheres oder geringeres Projektbudget zur Verfügung? I Wie viele Mitarbeiter führen sie? I Ist der Projektdruck bei ihnen höher oder geringer? I Sind sie mehr oder weniger mit Internationalität und Interdisziplinarität konfrontiert? Projektgröße. Die Projekte aller befragten ProjektmanagerInnen haben ein durchschnittliches Projektbudget von 11 Mio. Euro mit 32 Mitarbeitern. Auffallend ist hierbei der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Projektmanagern hinsichtlich Budgetgröße und Mitarbeiteranzahl (vgl. Tabelle 1). Die größten Unterschiede sowohl in Bezug auf das Projektbudget als auch auf die Mitarbeiteranzahl zeigen sich auf der Ebene der Projekt-Direktoren (Ebene 1): Hier verfügen Direktoren über ein 25 % höheres Budget und über fast 50 % mehr Mitarbeiter als Direktorinnen. Diesen Ergebnissen zufolge werden Männer eher mit großen Projekten betraut als Frauen. Dies korreliert mit dem Ergebnis aus Kapitel 2.4, nach dem Frauen bei gleicher Position weniger Verantwortung innehaben. Auch dies könnte eine Ursache für die Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern sein (Details siehe Kapitel 5). PM-Ebene PROJEKTBUDGET MITARBEITER Männer Frauen Männer Frauen 1. Ebene (z. B. Projekt-Direktor) 2. Ebene (z. B. Senior-Projektleiter) 3. Ebene (z. B. Projektleiter) 4. Ebene (z. B. Teilprojektleiter) 5. Ebene (z. B. Assistent im PM) 16.248 12.104 52 27 11.871 9.604 36 30 10.200 11.750 32 17 3.854 1.896 11 13 20.335 20.640 39 41 Gesamt 11.226 10.375 34 23 in Tausend Euro absolute Anzahl Tabelle 1 Projektumfang nach Budget und Anzahl der Mitarbeiter 16

Internationalität und Interdisziplinarität. Teilaspekte von Komplexität in Projekten betreffen die am Projekt beteiligten Fachdisziplinen und die am Projekt beteiligten Mitarbeiter aus unterschiedlichen Kulturkreisen, die bezüglich Wertschätzung, Effizienz und Effektivität adäquat auszutarieren sind. Dies sind Herausforderungen, für die spezifische soziale und interkulturelle Kompetenzen erforderlich sind, für die Frauen werden verstärkt in internationalen Projekten eingesetzt. Frauen u. a. aufgrund ihrer Sprachenkenntnisse und Auslandserfahrungen prädestiniert sind. Tabelle 2 zeigt die beteiligten Fachdisziplinen und Kulturkreise aufgeschlüsselt nach den fünf Projektmanagement-Hierarchieebenen für Frauen und Männer: PM-Ebene FACHDISZIPLINEN KULTURKREISE Männer Frauen Männer Frauen 1. Ebene (z. B. Projekt-Direktor) 2. Ebene (z. B. Senior-Projektleiter) 3. Ebene (z. B. Projektleiter) 4. Ebene (z. B. Teilprojektleiter) 5. Ebene (z. B. Assistent im PM) 8,3 6,9 3,1 2,7 6,2 7,2 3,9 9,4 5,4 4,7 3,3 3,2 3,9 4,0 4,7 3,0 6,6 5,9 3,8 4,8 Gesamt 5,9 5,7 3,7 5,2 Absolute Anzahl Absolute Anzahl Tabelle 2 Beteiligte Fachdisziplinen und Kulturkreise in Projekten Im Durchschnitt waren am letzten Projekt der befragten ProjektmanagerInnen sechs Fachdiszi-plinen und vier Kulturkreise beteiligt. Bzgl. der Anzahl der beteiligten Fachdisziplinen sind keine geschlechtsspezifische Unterschiede auszumachen. Anders ist die Situation bei den im Projekt involvierten Kulturkreisen: Frauen werden offensichtlich vermehrt in internationalen Projekten eingesetzt, in denen neben den klassischen Qualifikationen zusätzlich interkulturelle und soziale Kompetenzen von Bedeutung sind. In unserer Studie haben wir nach der Auslandserfahrung der ProjektmanagerInnen in Studium, Beruf und Projekten gefragt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Projektmanagerinnen aus ihrem Studium längere Auslandserfahrungen mitbringen. Die männlichen Projektmanager sind hingegen häufiger in den Projekten im Ausland tätig (vgl. Abbildung 8). GPM Frauen im Projektmanagement 17

Auslandaufenthalt im Studium 0-6 Monate 46 % 58 % 6-12 Monate 13 % 10 % 1-3 Jahre 8% 3% mehr als 3 Jahre 5% 1% Auslandaufenthalt Beruflich (gesamt) 0-6 Monate 45 % 51 % 6-12 Monate 11 % 13 % 1-3 Jahre 6% 10 % mehr als 3 Jahre 6% 8% Auslandaufenthalt in Projekten 0-6 Monate 51 % 56 % 6-12 Monate 11 % 13 % 1-3 Jahre 6% 9% mehr als 3 Jahre 3% 7% Frauen Männer Abbildung 8 Auslandserfahrung in Studium, Beruf und Projekten 18

Die geringere Auslandstätigkeit von Frauen in Projekten ist wahrscheinlich durch die schwierige Vereinbarkeit des Berufs mit gleichzeitiger Integration von Partner und Kindern im Ausland zu erklären. Diese geschlechtsspezifische Situation könnte ebenfalls ein Grund für die Nachteile von Frauen bei Karriere und Gehalt sein, da Auslandserfahrung in vielen Unternehmen ein karrierequalifizierendes Kriterium darstellt. Die Komplexität von Projekten wird geprägt durch Aspekte wie hoher Termindruck seitens des Auftraggebers, hohe Bedeutung des Projektes für Auftraggeber und Unternehmen, hoher Innovationsgrad oder Kostendruck. In Projekten, die für den Auftraggeber oder das eigene Unternehmen eine hohe existentielle Bedeutung haben, überwiegen die Projektmanagerinnen (vgl. Abbildung 9). Eigenschaften des letzten abgeschlossenen Projektes (Mittelwerte) Das Projekt hatte eine existenzielle Bedeutung für den Auftraggeber 3,6 3,3 Der Budgetdruck des Projektes war sehr hoch 3,2 3,4 Der Innovationsgrad des Projektes war sehr hoch 3,3 3,3 Das Projekt hatte eine existenzielle Bedeutung für das eigene Unternehmen 3,3 3,0 Frauen Männer Skala 1 (trifft überhaupt nicht zu) bis 5 (trifft sehr zu) Abbildung 9 Projektcharakteristika des letzten abgeschlossenen Projektes der Studienteilnehmer Frauen arbeiten insbesondere in Projekten, die für das Unternehmen strategische Bedeutung haben. Dies passt zu den Ergebnissen der Studie von Reich, Gemino, Sauer (2007), die bei der Analyse von Projektstatusberichten von männlichen und weiblichen Projektleitern zu dem Ergebnis kamen, dass Frauen eher in Projekten mit hoher strategischer Bedeutung eingesetzt werden. Auf der anderen Seite zeigten die Berichte männlicher Projektleiter, dass diese häufiger die technischen Ziele des Projektes übererfüllen, während Projektleiterinnen die erwarteten Gesamtprojektziele realisieren. 9 Scheinbar tragen Entscheidungsträger dieser Tatsache bereits bei der personellen Besetzung der Projektleitung Rechnung und setzen Frauen in den Projekten ein, die eine hohe strategische Bedeutung für die Organisation haben. Männer werden demzufolge eher mit Projekten mit hohem Innovationsdruck betraut, bei denen die Kosten- und Termineinhaltung nicht die hohe Priorität haben, oder bei Projekten mit hohem Budgetdruck. Auch in diesem neuen Forschungsfeld sind weitere Studien erforderlich. 9 Vgl. http://pmperspectives.org/. GPM Frauen im Projektmanagement 19

4 Zufriedenheit und motivation mit der arbeit im Projektmanagement Ein weiterer Aspekt der Karrierestudie liegt in der subjektiven Einschätzung der eigenen Tätigkeit. Haben Frauen andere Anforderungen an ihre Arbeitstätigkeit im Projektmanagement als Männer? Wie zufrieden sind sie mit ihrem Beruf? Wie beurteilen sie ihre aktuelle Tätigkeit hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Karriereperspektiven im Hinblick auf die Bedeutung von Qualifizierung und Zertifizierung? 4.1 Anforderungen an und Zufriedenheit mit der Arbeitstätigkeit Die wichtigste Anforderung an die eigene Tätigkeit im Projektmanagement ist für nahezu alle Befragten die Arbeit an einer interessanten Aufgabe. Auch die Übernahme eigener Verantwortung hat für fast alle ProjektmanagerInnen eine sehr hohe Bedeutung. Für drei Viertel der Befragten hat das Gehalt und für 60 % die Karriereperspektive eine hohe Wichtigkeit. Alle Aspekte inklusive Gehalt und Aufstiegsaussicht haben für die Befragten eine höhere Bedeutung als für die Männer (vgl. Abbildung 10). Dies passt zu den Ergebnissen einer aktuellen McKinsey Studie, in der 79 % der befragten Frauen angaben, dass sie eine Top-Führungsposition anstrebten. 10 Kontrastiert man die Wichtigkeit dieser Anforderungen mit der tatsächlichen Zufriedenheit der Befragten, ergeben sich naturgemäß geringere Werte, die vor allem dort interessant sind, wo die Differenz zwischen Wichtigkeit und Zufriedenheit am stärksten ausgeprägt ist. Für den wichtigsten Aspekt, den interessanten Aufgaben, korreliert die Wichtigkeit und Zufriedenheit am höchsten. Dies ist für die generelle Arbeitszufriedenheit der ProjektmanagerInnen ein zentraler Aspekt. Interessante Aufgabe 75,5 % 81,0 % 99,3 % 97,1 % Eigene Verantwortung 66,5 % 75,2 % 93,4 % 93,0 % Karriere/Perspektive 33,8 % 30,0 % 62,4 % 58,6 % Gehalt 33,5 % 46,8 % 79,5 % 75,2 % Frauen Männer Zufriedenheit Wichtigkeit Abbildung 10 Anforderungen an und Zufriedenheit mit der eigenen Projektmanagement-Tätigkeit 10 Vgl. McKinsey & Company Women matter 2013 (2013), S. 10 20

»Ich versuche bei dem, was ich tue und wie ich es tue, authentisch zu sein. Ich möchte, dass meine Kollegen verstehen, warum manche Dinge so gemacht werden müssen. Idealerweise steht jeder hinter dem Projekt und gibt sein Bestes, damit es ein Erfolg wird.«> Darum bin ich Projektmangerin Als Projektmanagerin bin ich weder auf Auftraggeber- noch Auftragnehmerseite, sondern agiere als Bindeglied zwischen beiden Parteien. Die Aufgaben sind je nach Branche und Vorkenntnissen der anderen Beteiligten sehr unterschiedlich und abwechslungsreich. > Spezielle Herausforderungen als Projektmanagerin in meinem Umfeld Gerade im Bauumfeld ist man als Frau immer noch in der Minderzahl. Man muss immer noch gegen die alten Muster und vorurteilbehafteten Meinungen ankämpfen und sich immer wieder aufs Neue durchsetzen. Dafür bekommt man mit der Zeit ein Gespür und lernt, speziell mit weiblichen Herangehensweisen schwierige Situationen auf ungewohnte Art zu entspannen. Kirstin Lehmann 43 Jahre > Die Hauptmerkmale meiner Arbeitsweise Ich setze eher auf Verständnis und Transparenz als auf autoritäres Auftreten. Und versuche so ein Wir-Gefühl zu schaffen, um gemeinsam die Aufgaben bestmöglich zu lösen. Die Bereitschaft, bei Bedarf mehr zu leisten, ist da, wenn man versteht, weshalb dies notwendig ist und nicht nur auf Befehl seine Aufgaben abarbeitet. Studium Bauingenieurswesen an der FH Holzminden und FH München zur Dipl.-Ing. Ingenieurin bei der imbau GmbH im Bereich Bauleitung, Ausschreibung +Vergabe Projektsteuerung bei Hans Lechner ZT GmbH in Wien für div. Bauprojekte sowie Wettbewerbsbetreuung für Planungsleistungen Projektsteuerung bei der Hamburg Projektmanagement GmbH für mehrere Bauvorhaben der Deutschen Bahn Seit 2008: Projektmanagerin für Bauprojekte als externer Dienstleister, Akquisition für neue Planungsaufträge sowie interne Projektsteuerung in Generalplanungsteams bei Obermeyer Planen+Beraten GmbH Auch mit dem nächstwichtigen Punkt, der eigenen Verantwortung, sind die Befragten überwiegend zufrieden, wobei hier ein interessanter geschlechtsspezifischer Aspekt zutage tritt: 11 Männer sind mit ihrer eigenen Verantwortungszuständigkeit zu fast 10 % weniger zufrieden als Frauen, obwohl sie durchschnittlich mehr Projektverantwortung übertragen bekommen als Frauen (siehe Kapitel 2.2). 12 Eine signifikante Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist bei Frauen und Männern gleichermaßen hinsichtlich der Karriereperspektiven als ProjektmanagerIn beim aktuellen Arbeitgeber zu verzeichnen: Nur ein knappes Drittel aller ProjektmanagerInnen ist zufrieden mit den aktuellen Karriereperspektiven. Dies ist ein alarmierendes Signal für alle PersonalmanagerInnen, das auf die hohe Veränderungsbereitschaft der ProjektmanagerInnen hinweist (siehe Abbildung 13). Die stärkste Diskrepanz zwischen Wichtigkeit und Zufriedenheit offenbart sich beim Gehalt der ProjektmanagerInnen. Hier liegen auch signifikante Unterschiede zwischen Männern und Frauen vor. Männer sind trotz ihres höheren Gehalts damit weitaus weniger zufrieden als Frauen. Nicht einmal die Hälfte derjenigen Männer, denen das Gehalt wichtig ist, ist damit auch tatsächlich zufrieden. Absolut betrachtet sind nur ein Drittel der Männer (33 %) mit ihrem Gehalt zufrieden, bei den Frauen sind es hingegen fast die Hälfte (47 %), obwohl sie im Vergleich wie in Kapitel 5 zu sehen sein wird deutlich weniger verdienen. Diese verhältnismäßig große Unzufriedenheit der Männer mit ihrem Einkommen könnte ein weiterer Grund für die großen Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern sein. 11 Unter allen Aspekten ist hier hochsignifikant die höchste generelle Arbeitszufriedenheit zu verzeichnen (r = 0,63; p < 0,001). 12 Vgl. hierzu auch Abbildung 7, Seite 16. GPM Frauen im Projektmanagement 21

4.2 Vereinbarkeit und Gleichbehandlung Möglichkeit zur Teilzeitarbeit Vereinbarkeit von Familie und Beruf Möglichkeit zur Telearbeit Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewinnt für Unternehmen insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels in Deutschland zunehmend an Bedeutung. 13 Eine Studie von Gerlach et al. zeigt, dass sich familienbewusste Personalpolitik für Unternehmen lohnt. 14 In der gleichen Studie wurde aufgezeigt, dass sich das Familienbewusstsein in den Unternehmen in den letzten Jahren verbessert hat. Frauen Männer 43 % 48 % 40 % 49 % 60 % 49 % Abbildung 11 Vereinbarkeit von Familie und Beruf von ProjektmanagerInnen Diese gesellschaftliche Entwicklung ist Anlass, die Situation von ProjektmanagerInnen zu untersuchen und das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf näher zu beleuchten. Dafür wurden zwei Indikatoren eingearbeitet, anhand derer die räumliche Flexibilität (Telearbeit) und die zeitliche Flexibilität (Teilzeitarbeit) gemessen wurden. Außerdem wurde eine generelle Frage zu dem Themenkomplex gestellt (vgl. Abbildung 11). Nur 43 % der Projektmanagerinnen halten eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf in ihrem Unternehmen für gegeben. Die Mehrheit der Projektmanagerinnen (57 %) bewertet die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als nicht gegeben den Erkenntnissen der bereits zitierten Studie von Gerlach et al. zum Trotz. Auch die Projektmanager (52 %) sehen diesen Aspekt kritisch. Diese Beurteilung kann darauf zurückzuführen sein, dass nur 40 % der Frauen die Möglichkeit zur Telearbeit haben. Hier haben Männer (49 %) eine positivere Einschätzung auf die Thematik. 60 % der Frauen haben bei ihrem aktuellen Arbeitgeber die Möglichkeit der Teilzeitarbeit. Männer sehen in dieser Arbeitsform 49 % Realisierungschance, ohne zu beantworten, ob sie diese nutzen. Diese Diskrepanz kann daran liegen, dass Männer in Deutschland von Teilzeitarbeit noch seltener Gebrauch machen, da sie nach wie vor weniger persönlichen und familiären Verpflichtungen nachkommen als Frauen. 15 Weniger als ein Drittel der befragten Frauen ist der Meinung, dass sie in ihrem Unternehmen gleich behandelt werden wie Männer. Gleichbehandlung. Nur die Hälfte der Projektmanagerinnen ist der Auffassung, dass sie unabhängig vom Geschlecht die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten in ihrem Unternehmen (54 %) und bei gleicher Qualifikation genauso viel Verantwortung wie Männer haben (51 %). Nicht einmal ein Drittel (32 %) der Projektmanagerinnen glaubt, dass sie bei gleicher Qualifikation genauso viel wie 22 13 Vgl. Fuchs et al. (2011). 14 Vgl. Gerlach et al. (2013): Es konnte nachgewiesen werden, dass in familienbewussten Unternehmen Kennziffern wie die Fehlzeitenquote (-41 %) oder Krankheitsquote (-39 %) deutlich gesunken sind, sowie die Motivation (+32 %) und die Produktivität (+23 %) der Beschäftigten und die Bewerberqualität deutlich zugenommen haben. 15 Laut den Angaben des statistischen Bundesamtes arbeiteten 2011 in Deutschland 45 % der erwerbstätigen Frauen zwischen 15 und 64 Jahren weniger als 32 Wochenstunden. Bei Männern lag dieser Anteil unter 10 %. Hauptgründe für die Teilzeittätigkeit der Frauen sind vor allem die Betreuung von Kindern oder Pflegebedürftigen bzw. andere familiäre oder persönliche Verpflichtungen. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Verknüpfung von Arbeit und Karriere auf der einen, Familienleben und Kinderbetreuung auf der anderen Seite nach wie vor mit hohen Herauforderungen verbunden ist (vgl. Destatis 2012: S. 42; vgl. hierzu auch BAA 2012: S. 24 ff.).

Gleiche Entwicklungsmöglichkeiten unabhängig vom Geschlecht 54 % 70 % Frauen haben mit der gleichen Qualifikation genauso viel Verantwortung wie Männer 51 % 64 % Frauen verdienen mit der gleichen Qualifikation genauso viel wie Männer 32 % 52 % Frauen Männer Abbildung 12 Gleichbehandlung von Männern und Frauen Männer verdienen. Dieselben Fragen werden von Männern im Durchschnitt deutlich positiver eingeschätzt, wie Abbildung 12 zeigt. Es wurde nach der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich der gleichen Entwicklungsmöglichkeiten, der gleichen Qualifikation mit Verantwortungsübernahme und der gleichen Qualifikation mit Verdienst gefragt. Die vergleichsweise große Diskrepanz in der Einschätzung zwischen Männern und Frauen zeigt deutlich die unterschiedliche Bewertung der Männer für diese Thematik. Aus den Antworten zeigt sich, dass Männer weitaus weniger Ungleichbehandlung ihrer Kolleginnen in allen drei Punkten sehen. Ihre Sichtweisen orientieren sich eher an der Gleichbehandlung (70 %, 64 % und 52 %). Dass ihre Kolleginnen bei gleicher Qualifikation deutlich weniger als sie selbst verdienen, nimmt weniger als die Hälfte der Männer (48 %) wahr. Hier sind Maßnahmen zur Gendersensibilisierung von Frauen und Männern hilfreich, um Ungleichheitsmomenten mehr Achtsamkeit entgegenzubringen. Zufriedenheit und Wechselabsicht. Obwohl in vielen Unternehmen eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht gegeben ist und der größte Teil der Teilnehmerinnen an der Studie eine Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei ihrem Arbeitgeber für nicht gegeben hält, stehen Frauen loyaler zu ihrem Arbeitgeber und sind zufriedener mit ihrer aktuellen Tätigkeit als Männer. Dennoch sind Projektmanagerinnen loyaler und zufriedener. Überdies schätzen sie ihre Karrierechancen zuversichtlicher ein. Das könnte damit zusammenhängen, dass der Großteil der befragten Projektmanagerinnen (ein Fünftel aller Studienteilnehmer) unter 30 Jahre alt ist und somit über einen hohen Optimismus hinsichtlich der eigenen Karriere verfügt (siehe Abbildung 13). Derzeit verfolge ich die Absicht, meinen Arbeitgeber zu wechseln Meine Entwicklungsperspektiven im Projektmanagement sind sehr gut Alles in allem bin ich mit meiner derzeitigen Tätigkeit sehr zufrieden Frauen Männer 23 % 28 % 30 % 26 % Abbildung 13 Zufriedenheit, Perspektiven und Wechselbereitschaft von ProjektmanagerInnen 62 % 59 % GPM Frauen im Projektmanagement 23