Recherchebericht. Geschäftsmodelle für Open Source Lehr- und Lernsoftware

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Transkript:

Recherchebericht zum Thema Geschäftsmodelle für Open Source Lehr- und Lernsoftware erstellt für Technische Universität Berlin, vertreten durch den Präsidenten Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach Dipl.-Math. Lars Oeverdieck im folgenden Auftrageber erstellt von MHSG Multimedia Hochschulservice Berlin GmbH c/o Technische Universität Berlin Einsteinufer 17d Raum EN 053 Verfasserin: Dorit Lange D - 10587 Berlin zu dem bmb+f Projektantrag Mobile Services for Students - MOSES Berlin, den 24. November 2003

Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung Wir beziehen uns auf unser Angebot vom 23.5.2003 sowie das eingereichte Konzeptpapier vom 27.8.2003. Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis...2 Einleitung...4 1 Zusammenhänge...5 Politik Hochschulen - Wirtschaft...5 1.1 Politik und OSS...5 1.2 Hochschulen und OSS...9 1.3 Wirtschaft und OSS...13 2 Theoretische Betrachtungen...17 2.1 Wirtschaftlicher Wert freier Software...18 2.2 Geschäftsmodelle...20 2.3 OSS als Geschäftsfeld eines Unternehmens...25 3 Konkrete Beispiele für Geschäftsmodelle aus der Praxis...31 3.1 Entwicklung...31 3.2 Verkauf von Software...32 3.3 Distribution...33 3.4 Verkauf von Hardware...35 3.5 Support...37 3.6 Consulting...38 3.7 Seminare / Schulungen / Konferenzen...41 3.8 Printmedien...43 3.9 Sonstige Dienstleistungen...45 3.10 Online Magazine...46 3.11 Accessoires...48 2

Inhaltsverzeichnis 3.12 Mischformen...49 4 Geschäftsmodelle vertiefend für Lern- und Lehrsoftware...51 4.1 OSS aus Universitäten...51 4.2 OSS aus Firmenentwicklung...58 4.3 OSS aus universitärem Umfeld...64 5 Struktur und Organisation der Projekte...68 5.1 Motivation...68 5.2 Organisationsform...69 5.3 Nutzen / Nutzer der Software...70 5.4 Gefahren / Probleme...71 5.5 Projektbeispiele aus freier Entwicklung...72 5.6 Nachträgliche Freigabe als OSS...76 5.7 Open Source Projekte aus Forschung und Entwicklung...80 6 Open Source Software entwickeln ein Leitfaden...85 6.1 Projektvorbereitung...85 6.2 Projektabwicklung...86 6.3 Technische Infrastruktur...87 6.4 Organisatorische Vorkehrungen...88 6.5 Koordination in einer OS-Community...88 6.6 Aufwand und Effizienz einer OSS-Entwicklung...89 6.7 Ankündigung des Projekts...90 6.8 Lizenzen...90 Literaturverzeichnis...97 Online-Puplikationen...97 Internetsuchmaschinen...104 Zeitschriften...104 Abkürzungsverzeichnis...105 3

Einleitung Einleitung Der vorliegende Bericht stellt die Ergebnisse der vorwiegend online durchgeführten Recherche zu Geschäftsmodellen im Umfeld oder unter Verwendung von Open Source Software (OSS) dar. Die einleitenden allgemeinen Betrachtungen entstammen verschiedenen verfügbaren Untersuchungsberichten und wurden stellenweise nur dort verändert, wo die Veränderung aus Sicht der Verfasserin zu einem besseren Verständnis führt. Dem Leser werden historische Hintergründe, theoretische Grundlagen und Motivationen im Zusammenhang mit OSS bewusst gemacht. Zudem wird die Bedeutung von OSS insbesondere für Hochschulen und die Industrie sowie für Deutschland und die EU im Allgemeinen angedeutet. Im ersten Hauptkapitel werden konkrete Geschäftsfelder beschrieben, welche sich erfolgreich in der Praxis bzw. am Markt entwickelt haben. Vertiefend werden anschließend drei Beispiele vorgestellt, die im Bereich Open Source Lehr- und Lernsoftware liegen. Besondere Aufmerksamkeit wird bei diesen Beispielen der Finanzierung und der Profitorientierung des Geschäftsmodells gewidmet. Das nachfolgende Kapitel handelt von der Struktur und Organisation von Open Source Projekten. Es werden die Motive der Programmierer beleuchtet, das Organisationsmodell eines OSS-Projektes dargestellt, der Nutzen und die Nutzer der OSS in Zusammenhang gebracht und Probleme der "offenen" Struktur benannt. Auch hier werden konkrete Projekte beleuchtet, wobei der Schwerpunkt eher bei Aspekten der Organisation als der Finanzierung liegt. Um dem Leser aus den gewonnen Erkenntnissen einen unmittelbaren praktischen Nutzen zu bieten, beschäftigt sich der abschießende Leitfaden Open Source Software entwickeln mit der Vorbereitung und Abwicklung solcher Projekte, sowie auf alle für die Umsetzung eines Open Source Projektes relevanten Informationen. 4

Zusammenhänge 1 Zusammenhänge Politik Hochschulen - Wirtschaft 1.1 Politik und OSS Die Informations- und Wissensgesellschaft beschleunigt und intensiviert den wirtschaftlichen, sozialen und politischen kurz: gesellschaftlichen Übergang zu einer globalen Weltgesellschaft. Es ist eine der zentralen Herausforderungen für die Politik, diesen Übergang und die Rahmenbedingungen der sich entfaltenden Gesellschaftsformation angemessen zu gestalten. (Quelle: Schlussbericht der Enquete-Kommission. Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode / 12.06.2002) 1.1. 1 Bedeutung der Wissensgesellschaft für die wirtschaftliche Entwicklung Momentan befinden wir uns in einem Strukturwandel von der eher technisch orientierten Informationsgesellschaft hin zur Wissensgesellschaft. Die Phase des Übergangs verändert die Gewichtung der einzelnen Produktionsfaktoren. Wissen und Information nehmen gegenüber anderen Produktionsfaktoren wie Kapital, Rohstoffe, etc. an Bedeutung zu. Im Zuge dieser Entwicklung werden mehr und mehr Güter entmaterialisiert und über elektronische Netze handelbar. Es kommt zum Anstieg von Dienstleistungsarbeit auf Kosten der klassischen industriellen Güterproduktion und im Industrie- wie im Dienstleistungssektor verschieben sich die Gewichte jeweils zugunsten der wissensintensiven Branchen. Diese Trends durchdringen die Prozesse der Produktion von Waren und Dienstleistungen ebenso wie den Handel, den Bildungssektor, die Medienund Unterhaltungsbranche als auch die öffentliche Verwaltung. In den meisten Industrieländern hat dieser Wandel bereits zu einem sektoralen Strukturwandel geführt, der wiederum zu einem Wachstum der wissensintensiven Wirtschaftszweige im Industrie- und Dienstleistungssektor durch Anstieg 5

Zusammenhänge forschungs- und wissensintensiver Güter und Dienstleistungen geführt hat. 1.1.2 Wissensverwertung Die Informations- und Wissensgesellschaft basiert auf immateriellen Gütern und Leistungen und daraus abgeleiteten Produkten. Dies ist der Grund dafür, dass der modernen und angemessenen Ausgestaltung des gewerblichen Rechtsschutzes für immaterielle Güter, wie Urheberrecht und Patentrecht, eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft zukommt. Die Frage der Patentierbarkeit von Software wird schon seit Jahrzehnten national sowie international kontrovers diskutiert. Unbestritten ist, dass computer- und damit softwarebasierte Informations- und Kommunikationstechniken einen erheblichen und auch weiter zunehmenden Anteil an der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Wirtschaft haben. Dass diese jedoch durch Patentierung gefördert wird, ist zu bezweifeln. Die deutsche Wirtschaft begründet sich hauptsächlich auf kleine und mittelständische Unternehmen, welche in der Patentierung von Software eher negative ökonomische Effekte sehen. Zum einen kann ein Patentmissbrauch kaum weltweit unterbunden werden, da dies für KMU finanziell unmöglich ist. Patente privilegieren also tendenziell Großunternehmen. Zum anderen steigern Patente auf Software die Rechtsunsicherheit in Forschung und Entwicklung und gefährdet dadurch die technologische Entwicklung. Die besonderen Rahmenbedingungen der Softwareentwicklung im Sinne eines sequenziellen, dynamischen und rekursiven Prozesses, erschwert es zunehmend, sich einen Überblick über den Stand der technischen Entwicklung verschaffen zu können. Zudem ist sowohl die Wiederverwendung bestehender Lösungsfragmente ein unumgängliches Rationalisierungsprinzip als auch das Programmieren ein logikbasierter Prozess ähnliche Problemlagen führen zu ähnlichen Lösungsstrategien, auch ohne bewusst Ansprüche Dritter verletzen zu wollen. Ein weiterer wichtiger technologischer Aspekt ist die Auswirkung von Softwarepatenten auf das Open Source Prinzip. OSS besitzt gegenüber proprietärer Software Vorteile hinsichtlich der entscheidenden Kriterien wie IT- Sicherheit, Programmstabilität und nicht zuletzt der Entwicklungs- und Implementierungskosten. Eine regelmäßige Gewährung von Softwarepatenten 6

Zusammenhänge erhöht die Rechtsunsicherheit von Open Source Entwicklungs- und Vertriebskonzepten und verhindert die Realisierung dieser Potenziale. Die komplexen Entwicklungsbedingungen moderner Software machen eine volle Transparenz hinsichtlich der eventuell tangierten Patentansprüche Dritter unmöglich, wodurch allein der Akt der Quellcode-Offenlegung bereits aufgrund zu erwartender Patentandsprüche Dritter ein erhebliches Rechts- und Finanzrisiko darstellt. Die umfangreiche Studie des Max-Planck Instituts für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht sowie des Fraunhofer Instituts Systemtechnik und Innovationsforschung kommt zum Ergebnis, dass mit einer freien Patentierbarkeit von Software in erster Linie eine deutliche Verringerung der Innovationsdynamik und eine eklatante Verschlechterung der Situation für Open Source Konzepte verbunden wird. Das Potenzial von Open Source würde durch eine signifikante Ausweitung der Patentierbarkeit von Software nicht nur nicht realisierbar, das Konzept als solches wäre gefährdet. 1.1.3 Stellung Deutschland / EU zu OSS Aus makroökonomischer Perspektive überwiegen die Nachteile einer freizügigen Softwarepatentierung die mikroökonomischen Vorteile, die für KMU darüber hinaus bezweifelt werden müssen. Auch Wettbewerbspolitisch sollte nicht aus den Augen verloren werden, dass Softwarepatente aufgrund der bestehenden Monopolstrukturen beispielsweise bei Betriebssystemen, Browsern und Büroanwendungen überproportional vor allem amerikanischen Marktführern zu Gute kommen. Neben all den allgemeinen negativen Auswirkungen der Monopolkultur im Softwarebereich (z.b. IT-Sicherheit, hohe Kosten und Abhängigkeiten von wenigen Anbietern), hat Europa eine gute Chance, gerade über Open Source Projekte entscheidende Elemente der künftigen IT-Infrastruktur mitzubestimmen und den Wettbewerb im Softwarebereich wieder zu ermöglichen. (Quelle: Schlussbericht der Enquete-Kommission. Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode / 12.06.2002) 7

Zusammenhänge 1.1.4 Entwicklungstrends Datenaustausch zwischen Verwaltungen Den Europäischen Behörden wird empfohlen OSS gemeinsam zu nutzen um so die schnell steigenden Kosten für Informationstechnologien unter Kontrolle zu bekommen. Diese Kosten fielen vor allem beim Aufbau des E-Government an und sollen alleine 2003 um 28% auf 6,6 Milliarden Euro anwachsen. Dies gehe aus der Studie "Pooling Open Source Software" hervor, die von der Europäischen Kommission finanziert wurde. Darüber hinaus wird die Errichtung eines Clearing-Haus" empfohlen, in dem Behörden ihre selbst entwickelte Software als OSS auch für andere Behörden zur Verfügung stellt. Diese Einrichtung, die sich vor allem mit speziell auf die Bedürfnisse des öffentlichen Sektors ausgerichteten Anwendungen befassen würde, könnte die Verbreitung vorbildlicher Verfahren fürs E-Government fördern. München goes Linux Der Münchener Stadtrat hat sich am 28.05.2003 für die Umstellung seiner 14.000 Computer von Windows auf Linux entschieden. Die Migration war notwendig, da Microsoft Vertrieb und Support für Windows NT 4.0 eingestellt hat. Gründe für die Entscheidung waren eine größere Herstellerunabhängigkeit der IT-Infrastruktur sowie mehr Wettbewerb im Software-Markt, durch die sich langfristig Kosteneinsparungen ergebe. Bis zum Frühjahr 2004 sollen die konkreten Umsetzungsmöglichkeiten in einem Feinkonzept ermittelt werden. Dann soll der Stadtrat beschließen, wie auf Linux umgestellt werden soll. Oberbürgermeister Ude zu dem Beschluss: "Mit diesem richtungweisenden Grundsatzbeschluss sichert sich München nicht nur als erste deutsche Großstadt eine größere Herstellerunabhängigkeit ihrer IT-Infrastruktur, sondern setzt auch ein klares Zeichen für mehr Wettbewerb im Software- Markt. Die Vorgeschichte dieser Entscheidung hat ja bereits gezeigt, dass eine Konkurrenzsituation bei der Preisbildung offensichtlich gut tut." Zum Verfahren stellte Ude klar, dass damit keine Vergabeentscheidung getroffen worden sei, sondern eine strategische Weichenstellung, der eine rechtlich unverbindliche Marktsondierung vorausgegangen war. 8

Zusammenhänge EU-Leitfaden für den Umstieg auf Open Source Die Europäische Kommission hat im Oktober 2003 den von Experten aus neun europäischen Ländern entwickelten Leitfaden IDA Open Source Migration Guidelines für den Umstieg von Behörden oder anderen Institutionen auf OSS vorgestellt. Unter anderem soll er den Entscheidungsträgern helfen einzuschätzen, ob ein Umstieg auf Open Source im konkreten Anwendungsfall sinnvoll ist und wie er am besten durchgeführt werden kann. Getestet wurde er von Behörden im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. 1.2 Hochschulen und OSS 1.2.1 Wissenschaftliche Publikationen Das von Universitäten erzeugte und weitergegebene Wissen musste seit den Athenern ohne Schutz von Patenten oder Copyrights zirkulieren können. Um dies möglichst effizient zu erreichen bildeten im Hochmittelalter europäische Universitäten einen Medienverbund, der die Verbreitung des gesprochenen Wortes durch handschriftliche Bücher und Bibliotheken ermöglichte. Erst durch Gutenbergs Erfindung konnten die Bücher dann auch von Verlagen publiziert und auf dem Markt vertrieben werden. Ein weiterer Wendepunkt im Publikationsprozess wissenschaftlicher Arbeiten war die Erfindung des Computers und die bald darauf folgende Entwicklung des Internets. Hier konnten die wissenschaftlichen Arbeiten nicht nur Veröffentlicht werden, vielmehr konnte seitdem der Prozess der Publikation direkt im Netz stattfinden. So gab es in den ersten Jahren keine Trennung zwischen Erfindern, Entwicklern und Anwendern im akademischen Datennetz. Der Zugang zu Rechenressourcen, der Austausch innerhalb einer Community von Fachkollege, das zur-diskussion-stellen von Pre-Prints, die Veröffentlichung von Konferenzreferaten und Datenbanken im Internet all dies gehört seit den achtziger Jahren zu den täglichen Praktiken in der Physik, Astronomie und der Informatik selbst. Zudem ist das Weiterreichen der Grundwerkzeuge an die Studenten Teil der wissenschaftlichen Lehre. 9

Zusammenhänge 1.2.2 Bedeutung der Wissensgesellschaft für die Entwicklung der Hochschulen Eine der bedeutsamsten Konsequenzen der Globalisierung ist, dass sowohl Dienstleistungen als auch Produkten immer modernere, zugleich kurzlebigere Technik, neuere Kombinationen von Technik und damit verbunden mehr und besseres Wissen erfordern. Die Konsequenz daraus ist, dass Nationen und Regionen, die in die Wissensbasis ihrer Bevölkerung investieren diejenigen sind, die im globalen Wettbewerb die besseren Chancen haben. Hochschulen spielen in diesem Prozess eine wesentliche Rolle und sind zum anderen dem globalen Wettbewerb in besonderer Weise ausgesetzt. Sie sollen mit immer knapper werdenden finanziellen Mitteln immer mehr Menschen auf einem qualitativ hohen Standart Aus- und Weiterbilden, wobei sie ihre eigentlichen Aufgabenfelder zentrale Einrichtung für Forschung zur Lösung globaler ökonomischer, gesellschaftlicher, sozialer und ökonomischer Fragen; Gewährleistung akademischer Aus- und Weiterbildung; Forumsplattform für geistige Auseinandersetzungen über Grundfragen der gesellschaftlichen Entwicklung nicht vernachlässigen dürfen. 1.2.3 Umgang mit OSS Das Gesetz der Hochschulen verlangt die Möglichkeit der uneingeschränkten Zirkulation von wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Die Veröffentlichung von Software und deren Dokumentationen gehört in einigen Fakultäten zur wissenschaftlichen Arbeit und so ist es nicht unüblich das OSS an Hochschulen entwickelt und genutzt wird. Die Kommerzialisierung von Software, die in diesem Umfeld entwickelt wurde und somit unter dem Schutz einer öffentlichen Einrichtung steht ist verboten. Ein Beispiel hierfür ist Bill Gates Versuch öffentlich finanzierten Ressourcen der Harvard Universität zu missbrauchen, um kommerzielle Software zu schreiben. Nachdem er gezwungen worden war seine Software in die Public Domain zu stellen, verließ er Harvard und gründete Microsoft. Grundsätzlich gibt es beim Umgang mit OSS auch in den Hochschulen 10

Zusammenhänge Unterschiede, was auf die unterschiedlichen Gesetzgebungen und Bildungssysteme im jeweiligen Land zurückzuführen ist. In Deutschland bzw. Europa werden OSS-Projekte an den Universitäten von den Regierungen gefördert um Kosteneinsparungen in der Aus- und Weiterbildung, der Hochschulverwaltung, der Forschung- und Entwicklung kurz allem was die Hochschulen betrifft - zu realisieren. Ferner werden sie als Innovationspotential verstanden und es soll gerade kleinen bis mittelständischen Unternehmen der Einstig in den Markt erleichtert werden. 1.2.4 Entwicklungstrends Die Open Source Summerschool Das Interesse an der Open Source Summerschool ist erfreulich groß. Neben Studierenden der Universität Hamburg, der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, der Nordakademie und der TU Hamburg-Harburg haben sich u.a. auch Mitarbeiter der Europcar Autovermietung GmbH, der data experts GmbH, der Euler Hermes Kreditversicherungs AG, der PPI Financial Systems GmbH und von EDS Deutschland zur Summerschool angemeldet. In der Open Source Summerschool wird in den Umgang und die Programmierung der Softwaresysteme (Struts, SAPDB, Junit, etc.) eingeführt. Erläutert wird deren Zusammenspiel in einer Service-Architektur anhand einer einheitlichen Aufgabenstellung. Geleitet wird die Open Source Summerschool von einem erfahrenen Team. Dazu zählen Dozenten der Universität Hamburg, Arbeitsbereich Softwaretechnik und qualifizierte Mitarbeiter der it-wps GmbH. Die Durchführung der Open Source Summerschool wird vom Fachbereich Informatik der Universität Hamburg und vom Hamburger Informatik Technologie Center e.v. (HITeC e.v.) freundlich unterstützt. OpenUSS university support system Die offene Plattform OpenUSS ist ein von der Universität Münster organisiertes Open Source Projekt mit dem Ziel die Internetpräsenz 11

Zusammenhänge universitärer Einrichtungen nachhaltig zu verbessern. Es stellt auf der Grundlage des Internets die Anwendungsdienste personalisierte Lernmittelverwaltung, veranstaltungsbezogene E-Mail-Verteiler, themenspezifische Diskussionsforen, moderierte Chat-Rooms und Vorlesungsarchivierung auf CD-ROM zur Offline-Unterstützung. Studienstart in Düsseldorf Von der Universität Düsseldorf wird mit dem Projekt Studienstart in Düsseldorf" ein E-Learning Angebot frei zur Verfügung gestellt, welches den zukünftigen Studenten die Wahl ihres Studienfaches erleichtern soll. Zusätzlich können sich die Schüler schon vor Beginn ihres Studiums Grundkenntnisse in dem Fach ihrer Wahl aneignen. Ziel des Projekts ist es, den Übergang von der Schule zur Universität zu erleichtern und das Studium in der Studieneingangsphase effektiver zu gestalten. Zielgruppe sind Studienanfängerinnen und Studienanfänger aller Fächer, aber auch Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II. Träger des Projekts ist die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Es wurde ein Kooperationsmodell entwickelt, das außer Lehrenden und Studierenden auch Vertreter aller zentralen Einrichtungen der Universität und Vertreter der Öffentlichkeit, der weiterführenden Schulen und der Wirtschaft einbezieht. Förderer des Projekts ist das Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung. Es billigte dem Projektplan "besonders hohe Qualität" zu und fördert das Unternehmen im Rahmen des Programms "Uni-Kompass". 12

Zusammenhänge 1.3 Wirtschaft und OSS 1.3.1 Geschichte der Software In den sechziger Jahren gab es noch keine Unterscheidung zwischen Hardware- und Softwareproduzenten. Die kommerzielle Vermarktung von Computern war das Geschäft der Hardwareanbieter, die Software sozusagen als Bedienungsanleitung zu ihren Produkten mit auslieferten. Ihre Nutzer waren in der Lage die Software selbst anzupassen und weiterzuentwickeln. Die Gründung von Usergroups und die Veröffentlichung von Zeitschriften, in denen uneingeschränkt Quellcode zirkulierte, wurde von der Hardwareindustrie aktiv gefördert. Dies führte schnell dazu, dass der Markführer IBM, welcher seine Produkte nur in einem Paket aus Hardware, Software, Schulung, Wartung und Peripheriegeräte anbot, kleineren Unternehmen den Marktzugang verwehrte oder zumindest extrem erschwerte. 1996 gab IBM dann dieses Bundling auf, was offiziell von IBM als innovations in marketing bezeichnet wurde, tatsächlich aber eher unter dem Druck des gerade vom US- Justizministerium eingeleiteten Kartellverfahrens geschehen ist. Diese Entkopplung schuf die Voraussetzung für eine eigenständige Softwareindustrie, auch wenn diese vorerst nur Anhängsel der immer noch dominierenden Hardwareindustrie waren. Der überwiegende Teil der Nutzer stellte seine Software wie gewohnt selbst her und es entstanden zeitgleich Unmengen sich ähnelnder Buchhaltungs-, Abrechnungs- und Datenbanksysteme. Erst als IBM Anfang der achtziger Jahre den IBM-PC herausgab und auch die Spezifikation der Hardware-Architektur veröffentlichte konnte ein Durchbruch in der Softwarevermarktung stattfinden. IBM hatte sich dafür entschieden, seine PCs mit dem Betriebssystem DOS der damals 32-köpfigen Firma Microsoft und dem CPU der Firma Intel auszustatten, anstatt wie bisher alle Komponenten im eigenen Haus zu erstelle. Die Folgen sind bekannt, Microsoft konnte seine Software durch die immense Verbreitung der PCs und durch die Versicherung IBMs, dass alle Programme die anfänglich für den IBM-PC ausgeliefert wurden nur mit MS-DOS kompatibel waren, als quasi Standart durchsetzen. IBM verlor sein Monopol an Microsoft, da es nicht rechtzeitig begriffen hatte, dass im Zeitalter des Desktop-Computers die 13

Zusammenhänge Kontrolle über das Betriebssystem der Schlüssel zur Etablierung eines Imperiums war. Die weiter folgenden provokativen Marktstrategien Microsofts sicherten ihm ein langes Monopol als Desktop-Betriebssystem. 1.3.2 Auswirkung der Globalisierung auf die Softwareindustrie Wie im historischen Exkurs bereits aufgezeigt, war Software nicht immer proprietär. Solange wie sie keinen eigenen Wert hatte, wurde sie als Zugabe zur wesentlich wertvolleren Hardware verschenkt. Während Hardware immer Leistungsfähiger wurde und an Wert verlor, stieg die Bedeutung von Software. Sie wurde für die Vermarktung interessant. Um sie jedoch tatsächlich vermarkten zu können, muss sie den folgenden Gesetzen gehorchen: Der Quellcode darf nicht öffentlich sein Patentierungen und Lizenzierungen müssen möglich sein Oder anders ausgedrückt: Die Software muss knapp sein! Um dies zu erhalten haben sich Interessengemeinschaften gebildet wie z.b. die BSA, die vorrangig aus marktführenden Softwareunternehmen besteht, um die Patentierung von Software in einer globalen Umgebung weiter durchzusetzen. In den USA und Japan ist es ihnen gelungen und man wird noch sehen ob sich dies zum Voroder Nachteil auswirken wird. In Europa, Asien und Afrika wird die allgemeine Patentierung von Software bisher nicht unterstützt, im Gegenteil, Open Source Projekte werden gefördert und finanziell unterstützt. Inwieweit sich die Lobby der Softwarebranche hier noch durchzusetzen vermag, ist offen. Tatsache ist jedoch, dass sie ohne Patentschutz ihre Markführungsposition verlieren werden da Software als solches ihrer Eigenschaft als handelbares Gut verliert. Dieser Umstand unterstützt indirekt die Hardwarebranche. Sie erhofft sich, dass Kunden ihr durch den kostenlosen Erhalt der Software gespartes Geld für mehr und neuere Hardware ausgeben. Weiterhin profitieren die Dienstleistungsunternehmen, die sich auf Anpassung, Support etc. von OSS spezialisiert haben. Auch sie erhoffen an das eingesparte Geld der Kunden zu kommen, zumal Dienstleistungen meist keine einmalige Ausgabe, sondern laufende Kosten verursachen und somit auch von kleineren, nicht so 14

Zusammenhänge finanzstarken Firmen bezogen werden können. Aus diesem Grund investieren Firmen wie z.b. Intel, IBM, Hewlett-Packard und NEC in OSS. Zum Teil geschieht dies in Werbeaktionen (siehe u.a. IBM Werbeaktion Peace, Love & Linux ), in der Organisation und Ausgestaltung von Messen, oder es werden direkt Gelder in die Forschung und Entwicklung von OSS investiert. Generell kann gesagt werden, dass es keine einvernehmliche Entscheidung für oder gegen die Patentierung von Software in der Wirtschaft gibt. Das Problem wird in jeder Branche unterschiedlich bewertet und die Größe des Unternehmens für die Entscheidung für oder gegen Softwarepatente spielt eine ausschlaggebende Rolle. 1.3.3 Entwicklungstrends SCO Klage gegen Linux Spektakulärstes Ereignis in den letzten Tagen war sicherlich die Klage von SCO gegen Linux. Tatbestand der Klage ist Quellcode von SCO, der nach Angaben SCOs von Linux geklaut und verwendet wurde. Somit wäre Linux mit proprietärer Software ausgestattet. Durchsetzten will SCO mit dieser Klage, dass alle Firmen, die Linux benutzten eine Entschädigung bzw. Lizenzen an sie bezahlen sollen. Dies verursachte eine ganze Klagewelle. Alle Firmen, die OSS vertreiben, entwickeln, unterstützen etc. sind direkt betroffen, denn solange sie ihren Kunden nicht garantieren können, dass keine Folgekosten auf sie zukommen, sind diese verunsichert und entscheiden sich möglicherweise doch für proprietäre Software. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass SCO 1995 von Microsoft verklagt wurde, weil sie Quellcode aus Xenix (das MS-Unix) benutzt haben um ein Unix für die Intel-Plattform zu entwickeln. Die Klage wurde damals von der Europäischen Kommission abgelehnt und 1997 verzichtete Microsoft auf Lizenzzahlungen und die Forderung, das veralteter MS-Code in allen zukünftigen Versionen von Unix enthalten sein muss. Heute jedoch wird Microsoft vorgeworfen Drahtzieher der Klage gegen Linux zu sein und SCO für ihre Interessen zu benutzen. 15

Zusammenhänge Novell kauft SUSE Mit der Übernahme des deutschen Linux-Distributors SUSE für 210 Millionen US-Dollar durch den Netzwerkspezialisten Novell ist der Linux-Markt um einen starken Mitspieler reicher. Mit dem Desktop und der Softwareverteilungstechnik Red Carpet von Ximian, den eigenen Netzwerkdiensten für Linux, Druck-, Mail- und Verzeichnisdienste aus Netware und nun der SUSE- Distribution hat Novell eine Komplettlösung im Angebot, die vom Server bis zum Desktop alle Linux-Einsatzbereiche im Unternehmen abdeckt. SUSEs Chef Richard Seibt sieht die Unterzeichnung des Vertrags mit Novell als großen Schritt nach vorne. Mit der globalen Präsenz und Marketingexpertise von Novell kombiniert mit dem hervorragenden Ruf dieses Unternehmens hinsichtlich Sicherheit, Verlässlichkeit und dem erstklassigen Kunden-Support erreiche man die nächste Stufe für SUSE Linux. SUSE erhofft sich vor allem einen besseren Zugang zum weltweit wichtigsten Softwaremarkt USA, der ohne eine starke Präsenz vor Ort nicht erreicht werden kann. SUSE-Konkurrent Red Hat reagiert verhalten. Sie denken, dass Novell angesichts ihrer Linux-Strategie in der SUSE Linux AG einen guten Partner gefunden hat. Massive Unterstützung für den Schachzug scheint Novell dagegen von IBM zu bekommen. Big Blue will 50 Millionen US-Dollar für einen Aktienanteil an Novell ausgeben, teilte die Firma mit. Motorolla bringt erstes Linux-Handy auf den Markt Der amerikanische Mobilfunkhersteller Motorola hat in Kooperation mit Trolltech das erste auf Linux-basierte Smartphone serienreif gemacht. Die ersten Geräte werden derzeit im asiatischen Markt verkauft. Das Motorola A760 bietet eine eingebaute Kamera, Bluetooth, USB-Anschluß sowie einen Touchscreen mit einer Auflösung von 240x320 Pixeln. Zusätzlich wurden 2 Prozessoren integriert. Das Gerät kann zum Telefonieren, Fotografieren, MP3-Abspielen, als PDA sowie als mobiles Office genutzt werden. Durch Einsatz der Qt-Bibliotheken steht eine enorme Auswahl an bereits existierenden Qt/Embedded- Applikationen zur Verfügung. 16

Theoretische Betrachtungen 2 Theoretische Betrachtungen Die hier vorgestellten theoretischen Betrachtungen orientieren sich an der Arbeit Bravehack von Jens Siekmann, welche wiederum stark an dem Klassiker Der verzauberte Kessel von Eric S. Reymond anlehnt ist. In der Finanz- und Börsenbranche stellt Wissen und reine Information bereits eine Handelsware mit Verkaufswert dar. In der Softwareindustrie muss dies erst zu einem nutzbaren Produkt aggregiert werden. Das Herstellen von Software ist jedoch nur ein Teil des Gewerbes, denn sie wird umgeben von einer außerordentlichen Dienstleistungsvielfalt, um sie zu vertreiben, zu verkaufen, individuell anzupassen, in eine bestehende Umgebung zu integrieren und seine Anwender bei der Benutzung zu unterstützen. Für den Laien scheint der Verkauf von Software auf den ersten Blick die einfachste und größte Einkommensquelle der Hersteller zu sein. Es scheint zunächst sehr dumm, diese Quelle versiegen zu lassen, indem die Unternehmen nun auf freie Software setzen und zudem noch ihre Ideen, die dem Quellcode innewohnen, preisgäben. Tatsächlich machen aber nicht der Verkauf, sondern die dazugehörigen Dienstleistungen wie Wartung, Pflege, Schulung etc. den Hauptanteil des Umsatzes aus. Freie Software wird bereits seit mehreren Jahren in der Industrie eingesetzt. Sehr häufig wurde es von den Technikern in den Unternehmen inoffiziell eingeführt und die Manager und einflussreichen Entscheidungsträger wussten davon zumeist nichts. Und wenn doch, dann gaben sie es wegen des damaligen schlechten Images des Anti-Kommerzialismuses von freier Software nur widerwillig zu. Mit einer Marketingkampagne der Open Source Initiative, die auf die Führungsriege der Firmen, die CEOs und CTOs gerichtet ist, hat sich das Bild drastisch geändert. Man bekennt sich zu Linux und Co.: Oracle korrigierte seine Haltung zur Linux-Unterstützung in kurzer Zeit von "auf keinen Fall" zu "in ein paar Monaten gibt es unsere Datenbank für Linux". Apple öffnete Teile seines Server-Betriebssystems MacOS X, IBM beteiligt sich momentan an der Entwicklung des Apache usw. Im Folgenden werden die wirtschaftliche Werte freier Software erläutert, 17