3. Liegen ihr Informationen über konkrete Straftaten mit extremistischem Hintergrund im Jahr 2013 im Landkreis Waldshut vor?

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1 Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / Kleine Anfrage des Abg. Felix Schreiner CDU und Antwort des Innenministeriums Verfassungsschutzbericht 2013 Verfassungsfeinde im Landkreis Waldshut Kleine Anfrage Ich frage die Landesregierung: 1. Welche extremistischen und verfassungsfeindlichen Aktivitäten hat sie im Rahmen des Verfassungsschutzberichts 2013 im Landkreis Waldshut festgestellt? 2. Wie untergliedern sich diese extremistischen und verfassungsfeindlichen Aktivitäten im Landkreis Waldshut hinsichtlich des politischen oder religiösen Extremismus? 3. Liegen ihr Informationen über konkrete Straftaten mit extremistischem Hintergrund im Jahr 2013 im Landkreis Waldshut vor? 4. Welche Arten des politischen Extremismus stellen sich im Landkreis Waldshut dar und stellt sie ein vermehrtes Aufkommen von Rechts- oder Linksextremismus fest? 5. Welche Arten des religiösen Extremismus stellen sich im Landkreis Waldshut dar, speziell beim Thema Islamismus und Aktivitäten von Scientology? 6. Gab es öffentliche Kundgebungen oder Veranstaltungen von extremistischen und verfassungsfeindlichen Gruppierungen im Jahr 2013 im Landkreis Waldshut? 7. Stellt sie eine vermehrte Zunahme von Aktivitäten extremistischer und islamis - tischer Ausländerorganisationen im Landkreis Waldshut fest und wie stellen sich diese dar? Eingegangen: / Ausgegeben: Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen Der Blaue Engel. 1

2 8. Was tut sie vor Ort und in Absprache mit dem Landkreis hinsichtlich der Extremismusprävention? Schreiner CDU Begründung Nach Vorlage des Verfassungsschutzberichts 2013 sind weiterhin landesweite starke Aktivitäten des politischen und eine starke Zunahme des linksextremen und islamistischen Extremismus festzustellen. Daher ist eine Auskunft des Ministe - riums hinsichtlich der extremistischen Aktivitäten im Landkreis Waldshut von Interesse. Antwort Mit Schreiben vom 4. August 2014 Nr /163 beantwortet das Innenministerium die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche extremistischen und verfassungsfeindlichen Aktivitäten hat sie im Rahmen des Verfassungsschutzberichts 2013 im Landkreis Waldshut festgestellt? 2. Wie untergliedern sich diese extremistischen und verfassungsfeindlichen Aktivitäten im Landkreis Waldshut hinsichtlich des politischen oder religiösen Extremismus? 6. Gab es öffentliche Kundgebungen oder Veranstaltungen von extremistischen und verfassungsfeindlichen Gruppierungen im Jahr 2013 im Landkreis Waldshut? Zu 1., 2. und 6.: Der Landkreis Waldshut ist weder ein Schwerpunkt innerhalb der rechtsextre - mistischen Skinheadszene noch innerhalb der rechtsextremistischen Neonaziszene in Baden-Württemberg. Aktiv zeigte sich die rechtsextremistische Szene im gesamten Land Baden-Württemberg im Jahr 2013 mit der Durchführung von acht rechtsextremistischen Musikveranstaltungen und 30 rechtsextremistischen Demonstrationen. Im Bereich des Landkreises Waldshut konnten im Jahr 2013 jedoch keine derartigen rechtsextremistischen Aktivitäten festgestellt werden. Das letzte rechtsextremistische Konzert im Landkreis Waldshut fand im März 2005 in Görwihl-Tiefenstein statt. Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) im Landkreis Waldshut ist organisatorisch mit dem Kreisverband Lörrach-Waldshut vertreten. Im sozialen Netzwerk Facebook ist diese Untergliederung mit einem eigenen Profil präsent. Das Stattfinden parteiinterner Veranstaltungen im Landkreis Waldshut kann indes nicht bestätigt werden. Die NPD trat im maßgeblichen Zeitraum mit der Beteiligung an Wahlen auf kommunaler Ebene und anlässlich der Bundestagswahl 2013 in Erscheinung. Zu - nächst erklärte die NPD öffentlich, sich mit einem NPD-Angehörigen an der Bürgermeisterwahl in Rickenbach zu beteiligen. Ende Februar 2013 zog dieser, einem Bericht der Badischen Zeitung zufolge, seine Kandidatur zurück. Im 2

3 Nachbarlandkreis Lörrach errang er daraufhin bei der Gemeinderatswahl in Weil am Rhein im Jahr 2014 ein Mandat, da die Partei dort 3,1 % der Stimmen erhielt. Bei der Bundestagswahl 2013 trat die NPD im Wahlkreis 288 (Waldshut) mit einem Direktkandidaten an, der 1,3 % der Stimmen erhielt. Das Zweitstimmen - ergebnis betrug 0,7 % (Bundesergebnis 1,3 %; Landesergebnis Baden-Württemberg 1,0 %). Die Jugendorganisation der NPD, die Jungen Nationaldemokraten (JN), verfügt weder über Strukturen noch gehen von ihr im Landkreis Waldshut Aktivitäten aus. Über öffentliche Veranstaltungen der NPD liegen dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) keine Erkenntnisse vor. Selbst im Bundestagswahlkampf 2013 war die NPD im Landkreis Waldshut kaum öffentlich präsent. In der linksextremistischen Szene kam es im Oktober 2013 als Reaktion auf eine bislang unaufgeklärte Brandstiftung in der Wehrer Asylbewerberunterkunft zu einer unangemeldeten antifaschistischen Spontandemonstration in Wehr. Die Aktion wurde von der linksextremistischen Gruppe Antifaschistische Initiative Freiburg (AIF) durchgeführt. Rund 30 Teilnehmer marschierten mit Transparenten durch die Innenstadt von Wehr. Die Transparente waren mit den Aussagen REFUGEES WELCOME und GEGEN DEUTSCHLAND UND SEINE NAZIS beschriftet. Weiter wurden Aufkleber im Stadtgebiet angebracht. Im gleichen Zeitraum fand in Wehr eine Plakatier- und Transpiaktion statt. Dabei wurden Transparente mit den Aufschriften RASSISMUS RAUS AUS DEN KÖPFEN und NIE WIEDER FASCHISMUS an Brücken aufgehängt. Teil der Aktion war auch die Plakatierung ( GEGEN NAZIUMTRIEBE IN WEHR ) der Wehrer Innenstadt und Wohnviertel. Ziel der Aktion war, die Arbeit der vermeintlich auf dem rechten Auge blinden Polizeiermittler und Presse im Zusammenhang mit dem Brand zu kritisieren. Im Bereich des islamistischen Extremismus sind dem LfV Aktivitäten der türkischen Islamistischen Gemeinschaft Milli Görüs e. V. (IGMG) in Lauchringen bekannt. In der türkischen Tageszeitung Milli Gazete, dem Sprachrohr der IGMG, gibt es immer wieder Veröffentlichungen zu Aktivitäten des in Lauchringen ansässigen Ortsvereins Muslim-Gemeinde, der der IGMG zuzurechnen ist. Danach finden regelmäßig vereinsinterne Treffen statt. Öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen sind nicht bekannt. 3. Liegen ihr Informationen über konkrete Straftaten mit extremistischem Hintergrund im Jahr 2013 im Landkreis Waldshut vor? Zu 3.: Im polizeilichen Sinne werden der extremistischen Kriminalität Straftaten zugeordnet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, also darauf, Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Demnach wurden im Jahr 2013 im gesamten Landkreis Waldshut neun extre - mistische Straftaten, davon ein Gewaltdelikt, begangen. Sämtliche Fälle sind ausschließlich der Politisch motivierten Kriminalität Rechts (PMK Rechts) zuzurechnen. In fünf Fällen handelte es sich um das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach 86 a des Strafgesetzbuchs (StGB), in einem Fall um das Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen nach 86 StGB und in zwei Fällen um Volksverhetzung nach 130 StGB. Bei dem Gewaltdelikt handelt es sich um eine Körperverletzung nach 223 StGB. 3

4 4. Welche Arten des politischen Extremismus stellen sich im Landkreis Waldshut dar und stellt sie ein vermehrtes Aufkommen von Rechts- oder Linksextremismus fest? Zu 4.: Der Landkreis Waldshut ist kein Schwerpunkt des politischen Extremismus in Baden-Württemberg. Es konnte vom LfV kein vermehrtes Aufkommen im gewaltbereiten Linksextremismus festgestellt werden. Auch Erkenntnisse über Aktivitäten linksextremistischer Gruppierungen aus dem dogmatischen Bereich liegen dem LfV nicht vor. Weiterhin bewegt sich die Zahl der im Landkreis Waldshut ansässigen gewalt - orientierten Rechtsextremisten (Skinheads und Neonazis) im unteren zweitstelligen Bereich. Darüber hinaus liegen für den Landkreis Waldshut aktuell keine Erkenntnisse bezüglich einer Gruppierung vor, die der Skinhead- oder Neonaziszene zuzurechnen ist. Auch rechtsextremistische Musikgruppen sind in der Region keine bekannt. Ferner wohnen im Landkreis Waldshut einzelne Anhänger von Organisationen aus dem Bereich des politischen Ausländerextremismus, die vom LfV beobachtet werden. Die Personenanzahl entspricht dabei dem statistischen Mittel der Verteilung in Baden-Württemberg. Es handelt sich insbesondere um Anhänger der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e. V. (ADÜTDF). Besondere extremistische Aktivitäten sind dort aber nicht festzustellen. Aus polizeilicher Sicht spiegeln sich die Arten des politischen Extremismus insbesondere in den polizeilich registrierten extremistischen Straftaten wider. Für den Landkreis Waldshut ergeben sich in der Fünf-Jahres-Betrachtung folgende Feststellungen: Landkreis Waldshut Gesamtstraftaten PMK davon Gewaltdelikte davon extremistisch PMK Ausländer davon Gewaltdelikte davon extremistisch PMK Rechts davon Gewaltdelikte davon extremistisch PMK Links davon Gewaltdelikte davon extremistisch Nicht zuzuordnen davon Gewaltdelikte davon extremistisch Ein Großteil der in den letzten fünf Jahren im Landkreis Waldshut bekannt gewordenen extremistischen Straftaten ist demnach der PMK-Rechts zuzuordnen. So ist im Jahr 2009 ein relativer Höchststand im Fünfjahresvergleich festzustellen, der insbesondere auf sogenannte Kontextstraftaten wie Propagandadelikte und Farbschmierereien im Vorfeld der Bundestagswahl 2009 zurückzuführen sein dürfte. 4

5 5. Welche Arten des religiösen Extremismus stellen sich im Landkreis Waldshut dar, speziell beim Thema Islamismus und Aktivitäten von Scientology? Zu 5.: Im Jahr 2013 wurden keine Aktivitäten der Scientology-Organisation (SO) im Landkreis Waldshut bekannt. Die wenigen dort ansässigen SO-Angehörigen orientieren sich hin zu SO-Niederlassungen im Ausland oder zu Niederlassungen in anderen Regionen in Baden-Württemberg. Weiterhin gibt es den in Lauchringen ansässigen Ortsverein Muslim-Gemeinde, der der IGMG zuzurechnen ist. Dort finden regelmäßig vereinsinterne Veranstaltungen statt (vgl. die Ausführungen zu den Ziffern 1., 2. und 6.). 7. Stellt sie eine vermehrte Zunahme von Aktivitäten extremistischer und islamis - tischer Ausländerorganisationen im Landkreis Waldshut fest und wie stellen sich diese dar? Zu 7.: Der Landkreis Waldshut ist kein Schwerpunkt extremistischer und islamistischer Ausländerorganisationen in Baden-Württemberg. Es konnte vom LfV und der Polizei Baden-Württemberg insoweit kein vermehrtes Aufkommen festgestellt werden. Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu den Ziffern 4. und 5. ver - wiesen. 8. Was tut sie vor Ort und in Absprache mit dem Landkreis hinsichtlich der Extremismusprävention? Zu 8.: Die Aufklärungsarbeit des LfV im Bereich Rechtsextremismus wurde nach der Aufdeckung der Taten der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) intensiviert. Sie richtet sich an staatliche Einrichtungen, zivilgesellschaftliche Akteure sowie an Bürgerinnen und Bürger. Für Informationsveranstaltungen in den verschiedenen Extremismusbereichen stehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LfV zur Verfügung. Das LfV ist seit dem Jahr 2006 Kooperationspartner des Projekts Team mex Mit Zivilcourage gegen Extremismus, das von der Landeszentrale für politische Bildung geleitet wird. Ziel des Projekts ist der verbesserte Schutz junger Menschen vor extremistischen Gefahren durch frühzeitige Aufklärung über die Bedeutung der Grund- und Menschenrechte in unserer Verfassung. Des Weiteren wirken das LfV und das Landeskriminalamt (LKA) im Landesnetzwerk für Menschenrechte und Demokratieentwicklung gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit (LAGO) mit, das sich präventiv und intervenierend gegen Rechtsextremismus und andere demokratiefeindliche Bestrebungen wendet. Es findet ein regelmäßiger Austausch zwischen den Netzwerkpartnern statt, die sich zum Großteil aus lokalen Bündnissen und Organisationen zusammensetzen. Die Zentralstelle Prävention des LKA trägt grundsätzlich umfassend zu lokalen und landesweiten Präventionstätigkeiten bei. In den Landkreisen Konstanz, Waldshut-Tiengen und Lörrach beteiligte sich das LKA im vergangenen Jahr mit Vorträgen und Workshops an einer Veranstaltung des Bodensee-Hochrheinbündnis für Menschenrechte, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Bei der Erstellung von themenspezifischen Medien zur Unterstützung lokaler Präventionsaktivitäten engagiert sich das LKA im Kontext des bundesweiten Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK). Die Zentralstelle Prävention ist beratendes Mitglied der Bund-Länder Projektgruppe Politisch motivierte Gewaltkriminalität Links, die aktuell an einer umfassenden Internetseite unter arbeitet. Sie beteiligt sich zudem an der Bund-Länder Projektgruppe PMK-Rechts und setzt das 5

6 ProPK-Medienpaket Mitreden! Kompetent gegen Islamfeindlichkeit, Islamismus und dschihadistische Internetpropaganda landesweit um. Zur Begegnung eines religiös motivierten Extremismus pflegt der Ansprechpartner für Moscheevereine der örtlichen Dienststelle regelmäßig Kontakte in Form von persönlichen Gesprächen mit den Vorsitzenden der vor Ort befindlichen Moscheen. Das gegenseitige Kennenlernen ist die Grundvoraussetzung für beiderseitiges Verständnis, Toleranz und ein friedliches Miteinander. Ziel ist auch, das Bild einer bürgernahen Polizei zu vermitteln und die Zusammenarbeit mit Migranten in Feldern der polizeilichen Prävention zu fördern. So tragen auch die Handlungsempfehlungen des Innenministeriums landesweit zur Fortentwicklung der Zusammenarbeit der Polizei mit Muslimen im Rahmen der polizeilichen Prävention zur Förderung der Integration und Verhinderung von Parallelgesellschaften bei. Im März 2010 und im Mai 2012 führte die Beratungs- und Interventionsgruppe gegen Rechtsextremismus (BIG Rex) des LKA Konzeptionseinsätze im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Freiburg (ehemals Polizeidirektionen Lörrach und Waldshut-Tiengen) durch, bei denen insgesamt 34 Personen aus der rechtsextremistischen Szene angesprochen und über die Gefahren des Rechts - extremismus sowie die Möglichkeiten der Inanspruchnahme des Hilfsangebots der BIG Rex informiert wurden. Darüber hinaus wurde das Präventionskonzept Ausstiegshilfen Rechtsextremismus vorgestellt. Von den angesprochenen Personen wurde keiner als Aussteiger in das Programm der BIG Rex aufgenommen. Darüber hinaus nimmt das LKA auf Anfrage an Präventionsveranstaltungen von Bürgerbewegungen, Kommunen und Institutionen zum Thema Extremismus teil, um durch Information und Aufklärung sensibilisierend und vorbeugend zu wirken. Aktuell wird beim Landeskriminalamt eine Erweiterung des landesweit eingesetzten polizeilichen Gewaltpräventionsprogramms Herausforderung Gewalt im Bereich politisch motivierte Kriminalität entwickelt. Hierbei werden Faktoren, wie die gruppenbezogene Abwertung und die Legitimierung von Gewalt, im Vordergrund stehen. Zudem unterstützt das Landeskriminalamt im Beratungsnetzwerk kompetent vor Ort. für Demokratie gegen Rechtsextremismus Betroffene auf lokaler Ebene. Weiter entwickelte das LKA gemeinsam mit der Landeskooperation des bundesweiten Schülernetzwerkes Schule ohne Rassismus Schule mit Courage (SoR- SmC) im Jahr 2014 das Serious Game Change City ( zur Aufklärung über gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit für mobile Endgeräte. Gall Innenminister 6