Forstliches Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015 gemäß Artikel 32 Absatz 1 des Bayerischen Jagdgesetzes (BayJG)

Transkript

1 Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Krumbach/Schwaben Forstliches Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015 gemäß Artikel 32 Absatz 1 des Bayerischen Jagdgesetzes (BayJG) Hegegemeinschaft IV Neu-Ulm-Mitte-Nord Nummer Allgemeine Angaben 1. Gesamtfläche in Hektar Waldfläche in Hektar Bewaldungsprozent Weiderechtsbelastung der Waldfläche in Prozent Waldverteilung überwiegend größere und geschlossene Waldkomplexe (mindestens 500 Hektar)... überwiegend Gemengelage... x 6. Regionale natürliche Waldzusammensetzung Buchenwälder und Buchenmischwälder... x Eichenmischwälder... x Bergmischwälder... Wälder in Flussauen und z. T. vermoorten Niederungen... x Hochgebirgswälder Tatsächliche Waldzusammensetzung Bestandsbildende Baumarten... Fi Ta Kie SNdh Bu Ei Elbh SLbh x x x x Weitere Mischbaumarten... x x x x 8. Bemerkungen/Besonderheiten: Die Hegegemeinschaft Nr. 717 Neu-Ulm-Mitte-Nord ist vom Waldtypus zu einem großen Teil von Auwäldern geprägt. Die Auwälder erstrecken sich entlang der Iller und der Donau. In den weitläufigeren Talbereichen mit aluvialen Böden haben die vorhandenen Restbestände z.t. auch noch auwaldähnliche Bestockung. Der typische Landwald ist in seiner Flächenpräsenz nur von untergeordneter Bedeutung Die Stadt Neu-Ulm, wie aber auch die Stadt Senden, und die angrenzenden Gemeinden mit ihrer prosperierenden Entwicklungsdynamik bedingen eine sehr hohe Erschließungsdichte mit Straßen und den daraus resultierenden ausgeprägten Zerschneidungseffekten. Vielfach dienen hier die verbliebenen kleineren Waldkomplexe als einzige Rückzugsmöglichkeit in der vegetationsarmen Zeit. Der Freizeitdruck und die Intensität der Erholungsnutzung sind angesichts der Bevölkerungsdichte entsprechend hoch. Das Bewaldungsprozent ist mit 27 % das Geringste unter allen Hegegemeinschaften Seite 1 von 5

2 des Landkreises Neu-Ulm. Trotz oder gerade deswegen sind die Waldflächen um Neu-Ulm mit vielfältigen Waldfunktionen belegt. Der Donau-Auwald genießt den Schutzstatus eines Bannwaldes nach Art. 11 BayWaldG. Der Iller-Auwald ist im Regionalplan zwar als Bannwald ausgewiesen, jedoch noch nicht per Rechtsverordnung zum Bannwald erklärt. Unabhängig davon hat Iller- und Donau- Auwald besondere Bedeutung für Biotopschutz, Landschaftsschutz. Die Nähe zur Großstadt Neu-Ulm bedingt auch, dass dem Auwald (Donau und Iller) als Erholungswald die Intensivitätsstufe I zuerkannt wurde. Auch der verhältnismäßig kleine Landwaldbereich hat regelmäßig besondere Bedeutung für das Landschaftsbild, als Biotopschutz und für die Erholungsfunktion (Wiedemannwald). Durch den städtisch geprägten Raum (Neu-Ulm, Senden) muss der Wald vielfältigsten Ansprüchen genügen. Die intensive Nutzung des Waldes durch Erholungssuchende ist für die praktische Jagdausübung eine besondere Herausforderung. 9. Vorkommende Schalenwildarten Rehwild... x Rotwild... Gamswild... Schwarzwild... x Sonstige... Beschreibung der Verjüngungssituation Die Auswertung der Verjüngungsinventur befindet sich in der Anlage 1 Verjüngungspflanzen kleiner als 20 Zentimeter Die Aufnahmen der Verjüngungsinventur 2015 haben bei den Pflanzen bis 20 Zentimeter Höhe für die wichtigsten Baumarten in der Hegegemeinschaft folgende Anteile (gerundet) ergeben: Fichte 23 %, Edellaubholz 70 %, Buche 4 % und Sonstiges Laubholz 3 %. Aussagefähige Zahlen liefern allerdings nur die Aufnahmen für die Baumarten Fichte und Edellaubholz. Der Anteil des Laubholzes ist mit 77,4 % gegenüber 2012 etwas geringer, repräsentiert aber trotzdem die Dominanz des Laubholzes bei den vorherrschenden Waldtypen. Die Verbissbelastung in dieser Höhenstufe ist erfreulich zurückgegangen. Bei den aufgenommenen Fichten wurde mit 3,1nur geringer Verbiss festgestellt; und auch beim Edellaubholz ging der Verbiss von 17,2 % auf nunmehr 10,2 Prozent zurück. 2. Verjüngungspflanzen ab 20 Zentimeter bis zur maximalen Verbisshöhe Bei den Pflanzen ab 20 Zentimeter Höhe bis zur maximalen Verbisshöhe durch Schalenwild betragen die bei der Verjüngungsinventur 2015 festgestellten Anteile der häufigsten Baumarten: Fichte 25 %, Edellaubholz 67 %, Buche 5 % und Sonstiges Laubholz 3 %. Durch die naturräumlichen Gegebenheiten überwiegt in dieser Hegegemeinschaft das Laubholz mit 75,0 %. Ein Vergleich der Baumartenanteile in den verschiedenen Höhenstufen (bis 20 Zentimeter, 20 bis 49,9 Zentimeter, 50 bis 79,9 Zentimeter, 80 Zentimeter bis zur maximalen Verbisshöhe) ist für die Hegegemeinschaft Neu-Ulm-Mitte-Nord nicht zielführend, da die aufgenommenen Edellaubholz- und Fichtenanteile nicht auf denselben Flächen aufgenommen wurden. Der Leittriebverbiss bei Fichte ist wieder leicht angestiegen und liegt bei 7,7 %. Ebenso hat die Verbissbelastung im oberen Drittel leicht zugenommen und liegt jetzt bei 19,5 %. Beide Werte sind für das Aufkommen der Baumart Fichte als solches nicht Seite 2 von 5

3 besorgniserregend. Aber im Vergleich zu allen anderen Hegegemeinschaften ist v.a. das Leittriebverbissprozent signifikant höher. Hier kommt zum Tragen, dass der Anteil der Fichte an der Gesamtaufnahme im Vergleich zu den übrigen Hegegemeinschaften des Landkreises mit Abstand der Geringste und der prozentuale Anteil aufgenommener Fichtenkulturen im Verhältnis zu Fichtennaturverjüngung der Höchste war. Beim Edellaubholz ist der Anteil der Pflanzen mit Leittriebverbiss ebenfalls leicht angestiegen und liegt jetzt bei 30,4 %. Ein Leittriebverbissprozent von einem Drittel der Pflanzen ist der absolute Grenzbereich dessen, was noch als tragbar akzeptiert werden kann. Dem grenzwertigen Leittriebverbiss steht aber andererseits eine rückläufige Gesamtverbissbelastung auf 35 % gegenüber. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass zwei Drittel aller aufgenommenen Pflanzen keine Verbissspuren aufweisen. Die Besonderheit dieser Hegegemeinschaft ist aber, dass die Durchschnittszahlen die tatsächliche Verbissbelastung vor Ort unzureichend wiederspiegeln. Bei der Betrachtung der einzelnen Aufnahmepunkte, ihrer Verbissbelastung und ihrer Lage ergeben sich gravierende Unterschiede. Während im Illerauwald, also im Westen der Hegegemeinschaft so gut wie kein Verbiss an Edellaubholz festgestellt werden konnte, die Verhältnis als günstig bezeichnet werden müssen, ist die Verbissbelastung im Nord-Osten der Hegegemeinschaft an den meisten Aufnahmepunkten ausgesprochen hoch. Für die in Ziff. 1 angesprochene Inselsituation einzelner Waldstücke innerhalb einer durch Infrastruktureinrichtungen stark belasteten Landschaft gibt es eine nachvollziehbare Erklärung für eine höhere Verbissbelastung. Für den Donauauwald, insbesondere den östlichen Teil, kann dies als Begründung allerdings nicht gelten. Die jagdlichen Verhältnisse unterscheiden sich in diesem Fall nicht von denen im Illerauwald wurde erstmals wieder eine ausreichende Anzahl an Buchenpflanzen aufgenommen, so dass eine statistisch abgesicherte Aussage für die Hegegemeinschaft getroffen werden kann. Die Aufnahmen beschränken sich allerdings auf vier Aufnahmepunkte, die allesamt im Landwald lagen. Ähnlich wie beim Edellaubholz setzt sich der Durchschnittswert beim Leittriebverbissprozent aus zwei Punkten mit hoher und zwei Punkten mit geringer Verbissbelastung zusammen. Ein Leittriebverbiss von 23,1 Prozent an Buche liegt ebenfalls im Grenzbereich einer tolerierbaren Verbissbelastung. Die Buche hat ein wesentlich langsameres Jugendwachstum, so dass schon geringere Verbissprozente ausreichen, um in Konkurrenz zur weitestgehend unverbissenen Fichte zurückzufallen. Die Buche ist aber einer der wesentlichen Baumarten, um in Mischung mit anderen klimatolerante Wälder aufzubauen. 3. Verjüngungspflanzen über maximaler Verbisshöhe 2015 wurde bei der Inventur keine Pflanze mit Fegeschäden erfasst. 4. Schutzmaßnahmen gegen Schalenwildeinfluss Gesamtanzahl der Verjüngungsflächen, die in der Verjüngungsinventur erfasst wurden: Anzahl der teilweise gegen Schalenwildeinfluss geschützten Verjüngungsflächen:... 2 Anzahl der vollständig gegen Schalenwildeinfluss geschützten Verjüngungsflächen:... 8 Seite 3 von 5

4 Bewertung des Schalenwildeinflusses auf die Waldverjüngung (unter Berücksichtigung regionaler Unterschiede) Rechtliche Rahmenbedingungen: Art.1 Abs. 2 Nr. 2 des Waldgesetzes für Bayern: Bewahrung oder Herstellung eines standortgemäßen und möglichst naturnahen Zustand des Waldes unter Berücksichtigung des Grundsatzes Wald vor Wild. Waldverjüngungsziel des Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bayerischen Jagdgesetzes: Die Bejagung soll insbesondere die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglichen. Die Verbissbelastung in der Hegegemeinschaft stellt sich als ausgesprochen heterogen dar. Sehr günstigen Verhältnissen stehen anderen Orts sehr unbefriedigende Verbisssituationen, insbesondere beim Edellaubholz gegenüber. Hinzu kommt, dass durch die besonderen Rahmenbedingungen (Stadtnähe, Inselsituationen) im Einzelfall der Maßstab an die zumutbare Verbissbelastung relativiert werden muss. Die bei aller Unterschiedlichkeit erzielten Durchschnittswerte sind beim Edellaubholz im Grenzbereich. Ähnliches muss auch für die Buche attestiert werden. Ein weiterer Weiser für eine örtlich hohe Wilddichte sind die die zwei teilweise und acht total geschützten Aufnahmeflächen. Es gibt allerdings in dieser Hegegemeinschaft spezielle Situationen (Insellagen), bei denen der Waldbesitzer um einen entsprechenden Schutz verbissempfindlicher Kulturen nicht herumkommt. Somit stehen bei allen Betrachtungen den Argumenten für günstige Ausgangssituationen immer auch Argumente für eine zu hohe Verbissbelastung gegenüber. Mit einer Aussage ist daher die Situation in der Hegegemeinschaft IV nicht zutreffend zu beschreiben. Angesichts der teilweise sehr schwierigen jagdpraktischen Verhältnisse wird bei diesem Gutachten mit den vorliegenden Durchschnittswerten nochmals die Wertung, der Verbiss ist insgesamt noch tragbar, abgegeben. Allen Verantwortlichen muss aber jetzt schon bewusst sein, dass auch bei einem nur noch geringfügigen Anstieg der Verbissbelastung im nächsten Gutachten diese Wertung nicht mehr aufrecht gehalten werden kann. Empfehlung für die Abschussplanung (unter Berücksichtigung des bisherigen Ist-Abschusses) Der in der vergangenen Abschussperiode getätigte Abschuss hat zu dem Ergebnis geführt, dass die Verbissbelastung insgesamt noch tragbar ist. Wie vorstehend schon ausgeführt, sind die Verhältnisse innerhalb der Hegegemeinschaft so heterogen, dass mit einer allgemeinen Empfehlung man der Sache nicht gerecht wird. Insofern kann die Empfehlung, der Abschuss soll beibehalten werden, nur dann als zielführend angesehen werden, wenn für den künftigen Abschuss mindestens das ursprüngliche Abschusssoll zum Ansatz gebracht wird, und intern der Abschuss so umgesteuert wird, dass in den derzeitigen Verbissschwerpunkten eine Verbesserung eintritt. Sollte örtlich eine Abschusserhöhung dazu notwendig sein, so darf die Empfehlung beibehalten einer notwendigen Anpassung nicht im Wege stehen. Seite 4 von 5

5 Zusammenfassung Bewertung der Verbissbelastung: günstig... Abschussempfehlung: deutlich senken... tragbar... x senken... zu hoch... beibehalten... x deutlich zu hoch... erhöhen... deutlich erhöhen... Ort, Datum Krumbach, Unterschrift Peter Birkholz Forstdirektor Seite 5 von 5