Etappenweiser Verformungsbruch durch Abfolge kurzzeitiger Belastungen (Explosionen), Teil 1

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1 Etappenweiser Verformungsbruch durch Abfolge kurzzeitiger Belastungen (Explosionen), Teil 1 Martin Möser, Beim Transport von Erdgas in Leitungen fällt der Druck ab. Ursachen sind Reibung und Entnahme. Das Gas muss in seinem Fluss über mehrere Tausend Kilometer mehrmals nachverdichtet werden. Eine solche Station besteht aus einer Gasturbine (Axialturbine), die einen Radialverdichter antreibt. Die Erdgasleitung, welche die DDR versorgte, führte von der Sowjetunion über die Tschechoslowakei nach Leipzig. Der erste Strang ging 1973 in Betrieb. Beim Anstieg in das Erzgebirge folgt die Leitung der Alten Salzstraße, welche im Sattel von Deutscheinsiedel (750 m) den Gebirgskamm quert. In der Nähe dieses Überganges, bei Sayda, wurde ab dem Jahre 1973 eine Verdichterstation errichtet. Am 4. Juli 1978 explodierte diese Verdichterstation; sie befand sich noch im Probebetrieb. Für eine Nacht stand eine Fackel über dem Erzgebirge. In diesem Zusammenhang war ein Rohr quer durchgebrochen. Schon vorher war es durch starke Vibrationen aufgefallen. Die Stärke der Rohrwand betrug 16 mm. Der Riss war an einer Rundnaht eingelaufen und folgte dieser auch über fast den halben Rohrumfang (von der 12- bis zur 5-Uhr-Position). Die Bruchfläche war relativ gut erhalten. Übergeben wurde ein schmaler Abschnitt, welcher aus der 1-Uhr-Position stammte. Aus der lichtoptischen Makroaufnahme Bild 1a fällt unterhalb der Wurzel ein Bereich in der Breite von 5 mm auf, welcher weitgehend strukturlos erscheint. Die Wurzel hatte nicht abgebunden. Darauf folgt ein Bereich in der Stärke von etwa 7 mm, der quer gerippt ist. Die restlichen 4 mm der Bruchfläche sind unter 45o geneigt. Dieser Bereich wurde abgeschert als Restgewaltbruch. Die Rippenstruktur wurde in Bild 1b heraus gehoben.

2 Bild 1: a) Bruchstelle mit Bindefehler B, Rippenfeld R und Scherzone S b) Bereich des Rippenfeldes 2

3 Aufnahmen mit dem Rasterelektronenmikroskop: Für das Rippenfeld findet sich eine ausgesprochene Berg- und Talstruktur. Der Bruch hat auf einer 45o-Ebene gependelt, siehe Bild 2. Es lassen sich dort etwa 40 Rippen erkennen. Ihre Breite beginnt mit ca. 150 µm (Detail 1) und endet bei ca. 500 µm (Detail 2). Bild 2: links: Bildkombination als Übersichtsaufnahme der Rippenzone; etwa 40 Rippen erkennbar, Detail 1: Streifenbreite ca. 150 µm Detail 2: Streifenbreite ca. 500 µm 3

4 Bei höherer Vergrößerung wird sichtbar, dass die Rippenwände mit Waben bedeckt sind. Infolge Oxidation durch Brandeinwirkung sind die Strukturen verflacht (Bild 3). Bild 3 a-d: Rippenwände mit Waben bedeckt, Strukturen leicht eingeebnet (Ausschnitt aus Bild 2, Detail 2) Diskussion Das Rohr wurde zyklisch belastet, und es hatte ein Wurzelfehler vorgelegen. Auf der Bruchfläche waren jedoch nur etwa 40 Etappen zur erkennen, wobei mit Wabenstruktur das Kennzeichen des Verformungsbruches zu Tage trat. Die Belastung (Schwingungen) während des Betriebes kann man aber als hochzyklisch betrachten. Im günstigsten Fall kann sind dann Streifenbreiten von etwa 1-3 µm zu sehen, während sie im vorliegenden Fall zwischen 150 und 500 µm lagen. Der Bruch ergab sich aus einer Serie von Stößen, welche äußerst kurzzeitig gewirkt haben und wofür nur einzelne Explosionen in Frage kamen. Vom Schadensgeschehen her ergab sich kein Widerspruch zu dieser Annahme. Somit stellte der Bruch des Rohres nicht die Ursache, sondern eine Folge der Havarie dar. 4

5 Nachtrag ( ) Über die eigentliche Ursache erfuhr ich auf mündlichem Wege Folgendes: Das Gas kam aus einem Ventil, das in jedem Rohr vor der Halle angeordnet war. Wenn die Leitung fertig gelegt ist, enthält sie zunächst Luft. Kommt der erste Verdichter in Gang, schiebt das Gas eine Luftsäule vor sich her. Diese Luft möchte man vom nächsten Verdichter fernhalten, weswegen das genannte Ventil geöffnet wird. Wenn die Luft dann zunehmend gashaltig wird, schließt man das Ventil. Ein solches Ventil ist erneut geöffnet worden. Der Grund dafür wurde nicht mitgeteilt. Die Gasmenge, welche aus dem Ventil kam, war begrenzt, so dass zunächst nur einzelne Wolken gezündet wurden. Diese Druckstöße setzten sich im Rohr fort und trieben an der nächsten Schweißnaht etappenweise den Riss voran. Der Verdichter selbst hatte wenig gelitten, so dass man die Anlage schnell reparieren konnte. Im Sommer 1981 löste der Gaswarner Alarm aus. Ein Leck hatte sich in der Rohrwandung an der Stelle gebildet, wo der Steg einer Tragpratze auf der Längsnaht endete und ungenügend umschweißt worden war. Siehe hierzu: Maaß, H.; Bonitz, W.; Möser, M.: Optimale Havariebeseitigung durch Sondertechnologie. ZIS-Mitteilungen 24 [1982] H. 8, S f In Teil 2 dieser Arbeit sind einige Gesamtaufnahmen vom schadhaften Rohrstück zu sehen. 5