Rabattvertrag vs. Quote wirtschaftliche Steuerung in den AMVen
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- Pamela Morgenstern
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1 Rabattvertrag vs. Quote wirtschaftliche Steuerung in den AMVen von Rechtsanwältin Claudia Reich, Boemke und Partner Rechtsanwälte mbb, Leipzig Die wirtschaftliche Steuerung der Arzneimittelversorgung in Sachsen setzt im Rahmen der neuen Zielwertprüfung an mehreren Stellen an. Neben der Förderung klassischer Rabattverträge wird auch versucht, die Verordnungen von Generika und Biosimilars zu privilegieren. Insofern muss die Frage danach, wie sich die Verordnung von Rabattvertragspräparaten im Einzelnen auf die Erfüllung der Quoten auswirkt, differenziert betrachtet werden. Für Allgemeinmediziner dürfte die besondere Zählweise von rabattierten Arzneimitteln in den Ziel- und Nichtzielsubstanzen wesentliche Bedeutung haben. Arzneimittelziele für Allgemeinmediziner/praktische Ärzte Im Februar-Beitrag hatten wir bereits darauf hingewiesen, dass Allgemeinmediziner/praktische Ärzte unter die neue Zielwertprüfung fallen. Für diese gelten nach der Arzneimittelvereinbarung 2018 folgende Ziele: PG-Nr./PG- Bezeichnung 190 Innere Medizinhausärztlich tätig Ziel- Ziel/Beschreibung Nr. 190/a Medikationskatalog Anteil Standard- und Reservesubstanzen 190/j Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) Anteil NSAR ohne Coxibe 190/n NOAK Anteil Apixaban und Edoxaban Quote 82,5 % 83,0 % 37,0 % Die Standard- und Reservesubstanzen laut Medikationskatalog sind im Handout Medikationskatalog unter folgendem Link zu finden: Medikationskatalog_2018.pdf Bei den nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) werden in der Anlage zur Arzneimittelvereinbarung für das Jahr 2018 folgende Ziel- und Nichtzielsubstanzen vorgegeben:
2 Zielsubstanzen Substanzen, die nur eingeschränkt verordnet werden sollen M01AA01 Phenylbutazon M01AH01 Celecoxib M01AB01 Indometacin M01AH05 Etoricoxib M01AB05 Diclofenac M01AB11 Acemetacin M01AB14 Proglumetacin M01AB16 Aceclofenac M01AC01 Piroxicam M01AC06 Meloxicam M01AE01 Ibuprofen M01AE02 Naproxen M01AE03 Ketoprofen M01AE11 Tiaprofensäure M01AE14 Dexibuprofen M01AE17 Dexketoprofen M01AX01 Nabumeton Bei den NOAK s verweist die Anlage zur Arzneimittelvereinbarung auf folgende Ziel- und Nichtzielsubstanzen: Zielsubstanzen Substanzen, die nur eingeschränkt verordnet werden sollen B01AF02 Apixaban B01AE07 Dabigatran etexilat B01AF03 Edoxaban B01AF01 Rivaroxaban Bei den Nichtzielsubstanzen wird allerdings vermerkt, dass die Verordnungen rabattierter Präparate den Verordnungen von Zielsubstanzen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung gleichgestellt werden. Berücksichtigung von rabattierten Arzneimitteln bei Ziel- und Nichtzielsubstanzen Allerdings wirkt sich die Verordnung rabattierte Arzneimittel nicht nur im Bereich der NOAKs, sondern auch bei den NSAR und den Arzneimitteln laut Medikationskatalog aus. Dort wird die Verordnung von rabattierten Arzneimitteln sowohl bei den Ziel- als auch den Nichtzielsubstanzen honoriert. Wir hatten bereits im Februar-Beitrag auf die grundsätzliche Problematik verwiesen, dass bei der Ermittlung des Kostengewichts des jeweiligen Arzneimittelziels die durchschnittlichen Brutto-DDD-Kosten herangezogen werden. Im
3 Ergebnis kommt dem Kostengewicht dahingehend eine erhebliche Relevanz zu, als die Zielwertverfehlung im Bereich eines kostenintensiveren Ziels für den Vertragsarzt problematischer ist als die Einhaltung der Ziele im Bereich niedrigerer DDD-Brutto-Kosten. Hier kommt die Verordnung von Arzneimitteln, für welche die Krankenkasse einen Rabattvertrag nach 130a Abs. 8 bzw. 130c SGB V geschlossen hat, ins Spiel. Handelt es sich bei den rabattierten Arzneimitteln um solche, die zu den Zielsubstanzen zählen, wird jede DDD statt mit 1 mit 1,1 gewertet. Gehört das rabattierte Arzneimittel zu den Nichtzielsubstanzen, werden diese bei der Feststellung der Quotenerreichung statt mit 1 nur mit 0,9 DDD in den betreffenden Nichtzielsubstanzen gewertet. D. h. insbesondere bei den kostenintensiveren Zielen lohnt sich die Verordnung rabattierter Arzneimittel sowohl bei den Ziel- als auch den Nichtzielsubstanzen. Auswirkung von Rabattverträgen bei der Ermittlung des Regressbetrages Selbst wenn ein Arzt im Ergebnis einer Prüfung auffällig geworden sein sollte, wirken sich rabattierte Arzneimittel auch bei der Berechnung des Regressbetrages aus. Wie oben bereits erwähnt, wird im Rahmen der Zielerreichung mit Brutto-DDD-Kosten gerechnet. Im Rahmen der Berechnung des Regresses gegenüber dem einzelnen Arzt wird zunächst für jedes Ziel die Differenz zwischen den Bruttokosten je DDD bei den Nichtzielsubstanzen und den Bruttokosten je DDD bei den Zielsubstanzen ermittelt. Damit ein Arzt allerdings nicht die in die Bruttokosten eingerechneten gesetzlichen Abzüge, Zuzahlungen und vertraglichen Rabatte mitbezahlen muss, wird seine DDD-Kosten-Differenz um diese Abzüge bereinigt. Hierbei ist zum einen das Brutto-Netto-Verhältnis der jeweiligen Prüfgruppe des Arztes relevant. Zum anderen wird ein sog. Rabattquotenabschlag (RQA) in Höhe von 14,5 % für vertragliche Rabatte nach 130a Abs. 8 SGB V für Arznei- und Verbandmittel gewährt. Dieser RQA erhöht sich jedoch, soweit der Anteil der rabattierten Arzneimittel des geprüften Arztes an allen verordneten, rabattfähigen Arzneimitteln (Gesamtmarkt) 80 % (RQA dann 19,5 %) oder 90 % (RQA dann 24,5) beträgt. Ergibt sich in der Summe ein negativer Regressbetrag, erfolgt anstatt einer Regressfestsetzung eine Beratung ( 5 Abs. 8, Unterpunkt II. b) der Anlage 1a Teil A zur Prüfungsvereinbarung der KVS). Berücksichtigung von Rabattarzneimitteln bei anderen Prüfgruppen In anderen Prüfgruppen, die entweder der neuen Zielwertprüfung oder weiterhin der Richtgrößenprüfung unterliegen werden außerdem Mindestquoten für die Verordnung von Rabattarzneimitteln, Generika oder Biosimilars aufgestellt. Exemplarisch seien hier folgende genannt:
4 Bsp. Mindestquoten für die Verordnung von Rabattarzneimitteln: PG-Nr./PG- Bezeichnung Ziel- Nr. Ziel/Beschreibung /f IVOM: VEGF-Hemmer Augenheilkunde Anteil Rabattarzneimittel mind. Quote 95,0 % Bsp.: Mindestquoten für die Verordnung von Generika: 560 Urologie 560/c Gn-Rh-Analoga Anteil Leuprorelin 560/d Urologika Anteil generikafähiger Wirkstoffe 69,5 % 57,5 % Bsp.: Mindestquoten für die Verordnung von Biosimilars: 208 Rheumatologie 208/h Biolimilare TNFα-Inhibitoren Applikationsweg subkutan Anteil Biosimilars mind. 10,0 % Dass Generika und Biosimilars als eigenständige Ziele neben den Rabattarzneimitteln in die Arzneimittelvereinbarung aufgenommen wurden, deutet darauf hin, dass diese auch ohne Abschluss von Rabattverträgen positiv in den jeweiligen Quoten zählen sollen. Biosimilars (auch Biopharmazeutika, Biopharmaka oder bei Biologics) sind in ihrer chemischen Struktur hochkomplexe Wirkstoffe, die in aufwändigen Prozessen biotechnologisch hergestellt werden. Sie werden im Rahmen eines anspruchsvollen Zulassungsverfahrens der EMA auf ihre Äquivalenz zum Originalprodukt hin überprüft. Soweit dieser Nachweis positiv ausfällt, sind sie aus Sicht der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) bezüglich der therapeutischen Wirksamkeit, der Verträglichkeit und der Sicherheit in allen zugelassenen Indikationen dem jeweiligen Referenzarzneimittel gleichwertig. Im Unterschied zu Generika erfolgt bei biologischen Arzneimitteln in der Regel kein automatischer Austausch in der Apotheke. Es ist daher für die Zielerreichung eine namentliche Verordnung der Biosimilars notwendig. Hinsichtlich der weiteren Aufschlüsselung der jeweiligen Zielsubstanzen bei Mindestquoten für Generika und Biosimilars sei auf die Anlage zur Arzneimittelvereinbarung für das Jahr 2018 (ogy.de/ktzu) und die Broschüre der KV Sachsen zu den Arzneimittel-Zielen 2018 (ogy.de/2b2x) verwiesen.
5 Zusammenfassung Die Frage nach der Verordnung von Rabattvertragspräparaten und der Einhaltung von Quoten ist für den Bereich der KV Sachsen im Ergebnis differenziert zu betrachten. Für Allgemeinmediziner wirkt sich die Verordnung von Rabattvertragspräparaten in der Zielwertprüfung insbesondere dadurch aus, dass den verordneten DDD in den Zielsubstanzen eine höhere Gewichtung (1,1 statt 1,0) als bei Verordnung von Nicht- Rabattvertragspräparaten zukommt. Umgekehrt wird die Verordnung von Rabattvertragspräparaten in den Nicht-Zielsubstanzen geringer gewichtet (0,9 statt 1,0) als die Verordnung von Nicht-Rabattvertragspräparaten. Zum anderen spielt der Anteil der verordneten Rabattvertragspräparate bei der Berechnung des Regressbetrages eine wesentliche Rolle. In sonstigen Prüfgruppen werden außerdem bestimmte Mindestquoten der Verordnung von Rabattarzneimitteln, Generika oder Biosimilars aufgestellt. Im Fall der Einbeziehung von Generika und Biosimilars in die Zielvereinbarungen kommt es hingegen nicht darauf an, ob diese ausdrücklich in Rabattverträgen vereinbart wurden. Insbesondere bei den Biosimilars zählen bestimmte Substanzen ab Markteintritt zu den Zielsubstanzen. Die vorrangige Verordnung von Generika und Biosimilars in den jeweiligen Fachgruppen kann damit auch ohne Vereinbarung eines Rabattvertrages helfen, einen Regress zu vermeiden. Offen bleibt, ob durch die fortgesetzte Privilegierung von Rabattvertragspräparaten in der Wirtschaftlichkeitsprüfung die bereits jetzt vereinzelt auftretenden Engpässe in der Arzneimittelversorgung mit diesen Präparaten weiter verschärft werden. Ursächlich dafür ist auch der weiterhin beobachtenden Trend der Krankenkassen, Rabattverträge infolge aggressiver Rabattgewährung meist mit nur einem Unternehmen zu schließen. Hier stellt sich die Frage, ob es aus rechtlicher Sicht dann nicht gestattet sein muss, bei fortdauernden Lieferengpässen auf Nichtzielsubstanzen auszuweichen. (9.718 Zeichen)
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