Université Paris 8 Vincennes-Saint-Denis, Französisch, Wintersemester 10/11

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1 Université Paris 8 Vincennes-Saint-Denis, Französisch, Wintersemester 10/11 Einleitung Ich habe das Wintersemester 2010/2011 an der Université Paris 8 Vincennes Saint Denis im Norden von Paris verbracht und möchte nun mit diesem Erfahrungsbericht nützliche Informationen an künftige Erasmusstudenten weitergeben. Das Erasmus-Semester war eine der spannendsten und erlebnisreichsten Zeit in meinem Leben. Ich kann nur jedem raten an diesem Abenteuer teilzunehmen. Bewerbung und Vorbereitung Ich fühlte mich durch die Universität Bremen eigentlich gut vorbereitet auf das Auslandssemester. Bewerbungsschluss für das kommende Winter- sowie das darauffolgende Sommersemester ist jeweils im Februar, sodass man sich frühzeitig im Klaren sein sollte für welche Universitäten man sich bewirbt, da nicht immer der erste Wunsch erfüllt wird. Obwohl Paris sonst ein beliebter Erasmus-Standort ist, gab es letztendlich genügend Plätze an den Universitäten in Paris. Aus diesem Grund konnte dann auch mein Erstwunsch erfüllt werden. Als gute Vorbereitung dient auch das Handbuch für Erasmus-Outgoings, wo alle wichtigen Informationen zusammengefasst sind und für Paris 8 der Guide Etudiant, der vor allem darauf hinweist, an welche Dokumente man denken sollte. Was sich für mich persönlich im Vorfeld des Auslandssemester als schwierig herausstellte, war die Anfertigung des Learning Agreements. Auf der Homepage der Pariser Universität fand ich nur die Lehrpläne des vorangegangenen Semesters, sodass es fast unmöglich war vor Antritt der Reise eine vorläufige Kurswahl zu treffen. Meinen Stundenplan habe ich dann wie erwartet in Paris komplett ändern müssen. Zudem kamen in den ersten Uniwochen noch Streiks und Unterrichtsausfälle dazu, was die endgültige Kurswahl noch einmal verzögerte. Université Paris 8 Allgemeine Infos zur Partneruniversität Die Paris 8 ist wie Bremen eine Reformuniversität, die in den 70er Jahren gegründet wurde. Sie liegt im Norden von Paris und ist entweder mit der RER und der Tram erreichbar oder mit der Metrolinie 13, die direkt An der Uni hält und die ich jeden Morgen genutzt habe. Die 13 ist neben der 4 die überfüllteste und unangenehmste Linie in ganz Paris, besonders zu den Stoßzeiten morgens um 8.30 Uhr und abends gegen 19Uhr. Ihr solltet euch frühzeitig auf

2 wenig Sauerstoff, unangenehme Gerüche, schlechtgelaunte Menschen und vor allem Enge vorbereiten. Informationsveranstaltungen für ERASMUS-Studierende Zwei Wochen vor Vorlesungsbeginn gibt es in der Regel für alle ERASMUS-Studenten eine Willkommensveranstaltung, in der alle wichtigen Fragen geklärt werden. In den folgenden zwei Wochen wird dann ein stage linguistique angeboten. Dies ist jedoch kein reiner Sprachkurs, vielmehr finden morgens unterschiedliche Literatur -und Landeskunde-Kurse statt, nachmittags bietet die Uni für die Austauschstudenten dann Führungen in und um Paris an. Am letzten Tag des stage linguistique gibt es dann den sogenannten pot, ein kleiner Umtrunk mit Schnittchen, um alle Erasmus-Studenten willkommen zu heißen. Kurswahl Jeder Erasmus-Student darf an der Paris 8 seine Kurse frei wählen und hat Zugang zu allen Departements. Im Vorfeld wurde mir gesagt, dass es schwierig werden würde, Kurse in Kunst und Theater zu belegen, was sich jedoch als völlig falsch herausstellte. Ich habe zwei Veranstaltungen im Departement Arts Plastiques und eine im Departement Théâtre besucht. Ich würde allerdings raten zu Beginn der ersten Lehrveranstaltung zum Dozenten zu gehen, um sein Einverständnis zu bekommen und um sich vorzustellen. Bei mir waren alle Dozenten sehr offen und freundlich und hießen mich in den Kursen willkommen. Am Besten haben mir die Kurse in littérature francaise gefallen. Dort ist das Angebot sehr groß und interessant. Im Unterschied zu Bremen gibt es keinen Studiengang Französisch, der Linguistik, Literatur, Übersetzung und Landeskunde integriert, sondern jedes dieser Gebiete sind autonome Studiengänge, sodass das Angebot in den einzelnen Departements viel umfangreicher ist. Neben den üblichen Studiengängen gibt es für Erasmus-Studenten und alle nichtfrankophone Studenten, die ihre französischen Sprachkenntnisse weiterentwickeln wollen, das Departement FLE (francais comme langue étrangère). Hier könnt Ihr Kurse in Grammatik, mündlicher und schriftlicher Kommunikation sowie Literatur-Kurse belegen, um Euer Französisch auszubauen. Ich kann auf jeden Fall Frau Dos Santos empfehlen, deren Unterricht nie langweilig ist und vor allem sehr lehrreich in Bezug auf die französische Gesellschaft. Sport an der Uni

3 Die Sportkurse an der Paris 8 sind alle gratis. Allerdings darf man sich zuerst einmal nur zwei Kurse aussuchen, damit alle Studenten eine Möglichkeit haben Sport zu machen. Letztendlich sind aber genug Plätze frei. Für die Sportkurse auf Wettkampf-Niveau braucht man ein Gesundheitszeugnis eines Arztes, den man aber direkt an der Uni für ein derartiges Attest aufsuchen kann. Mensa Das Essen in der Mensa ist im Großen und Ganzen essbar. Es kostet 3 Euro und beinhaltet Vor- und Hauptspeise sowie ein Dessert, dazu kann man sich natürlich kostenlos, wie überall in Frankreich Baguette und Wasser nehmen. Für Vegetarier gibt es bis auf eine zusätzliche Vorspeise oder ein zusätzliche Dessert allerdings nicht viel Auswahl Unterkunft. Bibliothek Die Bibliothek hat mir besonders gut gefallen. Zwar ist der Bücher-Bestand nicht übermäßig und das ein oder andere Werk nicht aufzufinden, dennoch erfüllt sie die Wünsche in Punkto Gemütlichkeit und angenehmes Arbeitsklima. Es gibt leider nur ein Duzend Plätze mit Internetzugang und auch sonst kann man in der Uni mit seinem eigenen Laptop nicht online gehen. Campus/Kulturelles Der Campus lädt im Sommer zum in der Sonne liegen ein. Er ist zwar nicht sehr groß, aber man trifft so immer Kommilitonen, mit denen man in den drei Cafeterias einen Kaffee trinken gehen kann. Zudem befindet sich im Eingangsbereich der Uni ein kleiner Ausstellungsraum, wo regelmäßig interessante Ausstellungen oder Events stattfinden. Näheres dazu findet man sicher auf der Homepage der Universität Unterkunft Das Thema Wohnen stellte sich erst in Paris als Problem für mich da. Circa zwei Monate vor Antritt der Reise bin ich zufällig durch eine Internet-Plattform auf eine Anzeige einer Familie gestoßen, die eine deutsche Studentin für die Betreuung ihrer Tochter suchte. Auf diese Anzeige habe ich mich sofort gemeldet und die Familie war auch einverstanden. Sie boten mir ein chambre de bonne an, im Gegenzug sollte ich mich circa drei-bis viermal die Woche

4 zwei-bis drei Stunden um ihre Tochter kümmern und mit ihr Deutsch sprechen. Das Angebot klang super lukrativ, zumal ich damit die sehr hohen Mieten umgehen würde. Bereits in den ersten Tagen des Aufenthalts stellte sich jedoch heraus, dass die Familie am Telefon nicht ganz ehrlich war und viel mehr verlangte als zehn Stunden die Woche. In der ersten Woche wurden es mehr als 20 Stunden und zudem verbrachte ich mein erstes Wochenende komplett bei dem Kind, da die Eltern ein verlängertes Wochenende in Venedig verbrachten. Da das nicht der einzig geplante Urlaub war und ich sehr viel mehr deutsch redete als es mir lieb war, zog ich frühzeitig die Notbremse. Ich habe bereits ein Jahr als Au-Pair gearbeitet und das Verhalten dieser Familie war definitiv nicht angemessen. Ich kann nur jedem raten, entweder die Familie schon im Vorfeld zu besuchen oder doch die hohen Mietpreise in Kauf zu nehmen, Paris bietet so viel, dass ihr die Zeit nicht in einer Designer-Wohnung im 16. Arrondissement verschwenden solltet, wo man den Eiffelturm zwar aus dem Fenster sieht, aber trotzdem gefangen ist. Da ich einen Monat vor Semester-Beginn nach Paris gekommen war, hatte ich genug Zeit mir eine neue Unterkunft zu suchen. Es war aber dennoch ein Kampf. Ich habe mich auf Internetplattformen wie oder informiert, bin zur Anzeigen-Tafel in der Eglise Americaine oder zum Goethe-Institut und habe mich auf viele Anzeigen gemeldet. Jedoch waren die Zimmer entweder schon vergriffen, die Vermieter wollten keine Ausländer oder die Angebote lagen nicht in meinem finanziellen Rahmen. Doch dann lernte ich während des stage linguistique ein Mädchen kennen, das mir eine Adresse einer Frau vermitteln konnte, die ein freies Zimmer hatte. Außerdem fand ich über das Internet dann ein Zimmer in einer WG, sodass ich den ersten Monat bei der Frau, ab November dann in der WG wohnte. Mit der Familie einigte ich mich gütlich und suchte ihr sogar noch ein neues Mädchen. Für mich persönlich war es die beste Entscheidung eine Miete von 450Euro zu bezahlen und die Zeit in Paris so sinnvoll wie möglich zu nutzen. Über das Studentenwohnheim direkt an der Universität Paris 8 habe ich nur Positives gehört, da es noch sehr neu, der Weg zur Uni sehr kurz ist und viele Studenten aus aller Welt dort leben, über die Cité Universitaire im Süden von Paris fallen die Meinungen eher negativ aus. Zudem gibt es private Studentenwohnheime (Etudines), die allerdings, wie ich erfahren habe, recht teuer sind und eher in den Vorstädten liegen. Bankkonto, Versicherungen Ich habe kein Bankkonto eröffnet, da ich mit meiner deutschen Bankkarte ohne Gebühren in Frankreich Geld abheben konnte. In Bezug auf die Krankenversicherung kann ich nur raten, eine Zusatz-Versicherung abzuschließen, sonst kann zum Beispiel eine Krankenhausrechnung unangenehme

5 Überraschungen mit sich tragen, wie ich es schon früher einmal erlebt hatte. Zudem solltet ihr prüfen, ob Eure Haftpflichtversicherung auch im Ausland greift, zum Beispiel, wenn bei einem abgebrochenen Schlüssel der Schlüsseldienst gerufen werden muss (wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann). Öffentliche Verkehrsmittel Zuerst solltet ihr euch für eine Fahrkarte entscheiden. Da ich kein französisches Bankkonto hatte, konnte ich nicht die Imagine R beantragen, die im Jahr ca. 300 Euro kostet, aber für sechs Monate immer noch günstiger ist als die Carte Navigo. Diese kostet für die ersten beiden Zonen 60Euro monatlich. Mit der Fahrkarte in der Tasche könnt ihr Metro und Busse nutzen, um weiter in die Vororte oder zum Flughafen zu fahren muss man die RER nehmen. Außerdem gibt es einige Tramlinien um Paris, die ich allerdings nie genutzt habe. Die Metros fahren in der Woche bis 1 Uhr, Wochenende bis 2 Uhr nachts. Um auch in der Nacht nach Hause zu kommen, bietet die RATP Nachtbusse, die sogenannten Noctiliens an. Das System ist ganz einfach, zwei Circulaires kreisen die ganze Nacht in Paris, passieren den Gare Montparnasse, Gare de Lyon, Gare de l Est und von dort aus nutzt man dann die jeweiligen Busse, die in die jeweiligen Stadtviertel fahren. Kultur und Freizeit Zu erst einmal sind alle Dauerausstellungen der staatlichen Museen kostenlos. Es lohnt sich die vielen Museen zu besuchen, da man ein derart großes Angebot in Bremen nicht vorfinden wird. Neben den großen Museen wie das Louvre, das Musée d Orsay oder das Musée d Art Moderne sind vor allem die vielen kleinen Museen und die temporären Ausstellungen sehenswert. Zudem kann ich empfehlen sich auf der Homepage von Paris zu informieren oder in die kostenlose Zeitschrift Lylo zu schauen, in der viele Gratis-Konzerte aufgelistet sind. Ich bin gern in die Internationale gegangen eine Kneipe, in der täglich mehrere Gratiskonzerte gegeben werden. Ansonsten kann ich die Rue Oberkampf im 20. Arrondissement empfehlen, die viele Bars bietet, wo man auch mal tanzen kann, denn Discotheken sind in Paris ziemlich teuer, wenn man nicht gerade auf die Erasmuspartys gehen möchte. Diese finden jeden Donnerstag im Mix und im Globo statt, haben mir persönlich aber nicht gefallen. Weiter zu empfehlen ist die Comédie Francaise. Dieses Theater bietet für fünf Euro Karten an der Abendkasse und jeden ersten Montag im Monat gibt es 60 Gratis-Plätze, für die man sich jedoch früh genug anstellen muss. Ebenso verhält es sich an der Opéra de Bastille.

6 Nach der Rückkehr Anerkennung der Studienleistungen Bis zum jetzigen Zeitpunkt (Ende März 2011) habe ich leider noch kein Transcript of Records der Gastuniversität erhalten. Bei meinem letzten Besuch im Erasmus-Büro der Paris 8 wurde mir gesagt, dass sich dieses durchaus bis August hinziehen kann. Die Ergebnisse sind zwar alle veröffentlicht worden, jedoch ist es viel Arbeit für die Erasmus-Beauftragten die Resultate aller Erasmus-Studenten zu sammeln, da es an der Paris 8 noch kein funktionierendes Online-System gibt. Ich hoffe auf eine baldige Antwort aus Paris. Zusammenfassung Mein Auslandssemester war trotz anfänglicher Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche und Kurswahl aufgrund der Streiks ein voller Erfolg. Ich habe in den Monaten sehr viel gelernt und vor allem sehr viel gesehen. Paris ist eine wunderbare Stadt in der es nie langweilig wird, besonders für Leute, die das üppige Kulturangebot auch wirklich nutzen. Ich kann nur jedem raten ein Auslandssemester zu machen, es hat mich persönlich sehr bereichert, ich habe neue Leute kennen gelernt, aus Paris und aller Welt, einen noch tieferen Einblick in die französische Kultur und Gesellschaft bekommen und die Zeit einfach genossen mit allem, was dazu gehört. Obwohl ich erst nie nach Paris wollte, habe ich mich im letzten Moment anders entschieden und bereue es nicht. Auch die Entscheidung nicht an die Sorbonne zu gehen habe ich nie bereut. Die Paris 8 ist einerseits nicht gerade eine der anerkannten Universitäten in Paris, andererseits aber für Austauschstudenten gut geeignet. Es gibt ein umfangreiches Programm für die Erasmusiens, das Departement FLE und viele weitere internationale Studenten. Außerdem ist der Theater-Fachbereich sehr interessant. Also füllt die Anträge aus, schreibt Euren lettre de motivation und ab geht s nach Paris oder wo es Euch sonst noch hinzieht. Das Abenteuer kann beginnen!!!!!! Bonne chance!