49. Internationaler Hörgeräteakustiker-Kongress vom 20. bis 22. Oktober in Frankfurt am Main

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1 Eckhard Hoffmann Jens Ulrich Veranstalter des Kongresses mit der angeschlossenen Messe war die Europäische Union der Hörgeräteakustiker e. V. (EUHA) Die EUHA richtet seit über 40 Jahren den Internationalen Hörgeräteakustiker-Kongress aus. Er ist inzwischen international bekannt und gilt in Europa als der bedeutendste Fachkongress der Branche. Die EUHA Mit fast 800 Mitgliedern ist die EUHA die älteste und größte Standesorganisation der Hörgeräteakustiker in Europa. Sie wurde als Union der Hörgeräteakustiker (UHA)1960 in Würzburg gegründet und stand 25 Jahre lang unter der Leitung des Physikers, Augenoptikermeister und Hörakustiker Dr. phil. nat. Werner Pistor. Die Umbenennung in EUHA erfolgte in diesem Jahr, um auch im Namen den über Deutschland hinausreichenden europäischen Aspekt zu betonen. Derzeitiger Vorsitzender ist Dr. Bernd Hähle. Ziele Die EUHA führt fachwissenschaftlich interessierte Hörgeräteakustiker, Wissenschaftler und interessierte Laien zusammen, die sich im Interesse einer bestmöglichen Versorgung der Schwerhörigen fachlich fortbilden wollen. Auf diese Weise möchte die EUHA eine hohe Versorgungsqualität und einen aktuellen Ausbildungstand der Hörgeräteakustiker sicherstellen. 49. Internationaler Hörgeräteakustiker-Kongress vom 20. bis 22. Oktober in Frankfurt am Main Regionaltreffen, Seminare und Landestagungen dienen der praxisbezogenen Information und der Vertiefung der Fachkenntnisse. Auch betriebswirtschaftliche Fragen und Probleme aus dem Bereich Hörgeräteakustik werden hier diskutiert und gelöst. Kongress und Industrieausstellung Dr. Bernd Hähle (Foto EUHA) Der Kongress bietet gleich zwei Highlights: Zum einen das umfangreiche, vielseitige und anspruchsvolle Vortragsprogramm mit namhaften Experten, zum anderen die angeschlossene Messe und Industrieausstellung, die den aktuellen Stand und zukunftsweisende Neuheiten der Hörgeräteversorgung und -technologie repräsentiert. 92 HÖRAKUSTIK DOZ

2 Einstein und Mozart auf dem Hörakustikerkongress in Frankfurt Begegnungen und Beobachtungen auf einem Rundgang in der Messehalle Die diesjährige Akustikmesse in Frankfurt war von richtungsweisenden Produktvorstellungen der Hörgerätehersteller, hörenswerten Fachvorträgen und vielen Gesprächsrunden geprägt. Bei den neu vorgestellten Hörsystemen wird die enorme Leistungsfähigkeit der digitalen Signalverarbeitung erlebbar. Die Firma Siemens Audiologische Technik präsentierte Acuris, das erste Hörsystem mit binauraler Kopplung. Bei Acuris kommunizieren rechtes und linkes Hörsystem über eine Funkstrecke und ermöglichen damit einen synchronen Betrieb beider Hörsysteme. Das neue Hörgeräte Mess- und Anpasssystem verfügt über einen modularen Aufbau mit Audiometer, Messbox und InSitu / RECD-Modulen. Die Messsignale sind frei wählbar, Messabläufe können durch zahlreiche Programmiermöglichkeiten optimiert werden. Bei der Firma Interton wurde man von Albert Einstein persönlich begrüßt. Auf dem Stand konnte man unter anderem Bionic begutachten, ein Hörsystem das auf der intelligent-digitalen Fuzzy-Logik basiert. Auf dem Messestand der Firma Widex micro-technik erklärte Frau Baumann die Funktionen des neuen Hörsystems Senso Widex elan, das eine offene Versorgung ermöglicht. Generell ließ sich bei vielen Herstellern ein Trend in Richtung offener Versorgung beobachten. Die Messe ist ein wichtiger Treffpunkt für Hörakustiker aus vielen Ländern Eine neue Messtechnik wurde auf dem Stand der Firma Maico vorgestellt. Affinity kann leicht im speziellen Tragekoffer mitgeführt werden. Besucher im Gespräch mit Albert Einstein Einige Schritte davon entfernt konnte man die Hörbrillen der Firma Bruckhoff ansehen. Nicht nur für CROS Versorgungen sind Hörbrillen eine interessante Alternative. Die Firma micro-technik wurde 1953 in Stuttgart gegründet und gehört heute zu den führenden Lieferanten von Hörsystemen. Spielen und Gewinnen konnte man bei Oticon. Als Geräteneuheit hatte Oticon Syncro mit auf die Messe gebracht. Wolfgang Huep Vice President Sales & Marketing der Firma Bruckhoff hat gut Lachen: Die LaBelle Hörbrille ist ein Meisterstück der Technik und Gestaltung und in vielen Varianten und Preiskategorien erhältlich. DOZ HÖRAKUSTIK 93

3 Ins Spiel vertieft beobachtet bei Oticon Auf dem Stand von GN ReSound stand das formschöne ReSound AIR im Mittelpunkt des Interesses. Die bunten Vögel der Branche bringen frischen Wind hinein. Original offen ein Motto, das Mozart (Hans-Rainer Kurz) gut charakterisiert. Offen für neue Forschungsergebnisse aus dem Bereich der Neurobiologie und ihre Umsetzung in der Versorgung von schwerhörigen Kindern. Offen für anregende Diskussionen, die zum Nachdenken anregen. Ein Messerundgang gewinnt durch die vielfältigen Begegnungen und Kontakte Die für ihre innovative Messtechnik bekannte Firma ACOUSTICON führte neue Messroutinen vor, die die Messung digitaler Hörsysteme erleichtern und neue Ansätze für die Hörsystemanpassung ermöglichen. Matthias Parr erklärt die Funktionen der ACAM 5 Die Aktion Gutes Hören war wie immer mit einem eigenen Informationsstand vertreten Mozart auf der Ausstellung in Frankfurt 94 HÖRAKUSTIK DOZ

4 Die Schweizer Firma Phonak, die einen bionischen Ansatz für die Entwicklung und Präsentation ihres neuen Hörsystems Savia gewählt hatte, stand ganz im Zeichen der Schneeeule. Kongressprogramm Das Kongressprogramm zeichnete sich durch ein breites Themenspektrum aus und bot zahlreiche hochkarätige Fachvorträge. Herr Dipl.-Ing. Reimer Rohweder berichtete über den Einfluss der Regelzeiten auf die Sprachverständlichkeit. Der Einfluss der AGC-Regelzeiten auf die Sprachverständlichkeit war erstaunlich gering, so das Ergebnis seiner in Zusammenarbeit mit niedergelassenen Akustikern durchgeführten Studie. Kurze Regelzeiten verschlechterten jedoch deutlich die Klangqualität. Herr Rohweder forderte daher, dem für den Hörgeräteträger wichtigen Sounddesign mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Dipl.-Ing. Reimer Rohweder bei seinem Vortrag 2005 findet der 50. Hörakustiker Kongress in Nürnberg statt. CompuFit ein sehr leistungsstarkes Fittingmodul der Firma Interton Ein Interview mit Dipl.-Ing. Albrecht Hörning Prof. Hoffmann: Herr Hörning, Sie sind der Vater des Fitting Moduls CompuFit der Firma Interton. Wo lagen die Schwerpunkte bei der Entwicklung dieser Schnittstelle zwischen Hörgeräteakustiker, audiolgischen Daten des Kunden und Hörgerät? A. Hörning: Bei der Vielzahl der Länder, die unsere Produkte einsetzen, haben nur Programme Sinn die international einsatzfähig sind. Deshalb muss ein modernes Fittingmodul für alle Länder praktikabel sein. Als mittelständiges Unternehmen können wir uns keine aufwändigen Roadshows leisten, wir legen daher großen Wert auf selbsterklärende Produkte. Dabei ist es eine besondere Herausforderung für die Entwickler, dass der Ausbildungsstand und die jeweiligen Ansprüche in einzelnen Ländern ganz unterschiedlich ausfallen. Daneben gibt es aber natürlich noch eine ganze Reihe weiterer Forderungen an das Programm. J. Ulrich: Könnten Sie diese bitte unseren Lesern näher erläutern? A. Hörning: Wir verfügen über eine langjährige Erfahrung in der Hörakustik. Unser Lieferprogramm ist sehr groß. Ein Fittingmodul muss für die ganze breite Palette unserer Hörprodukte eingesetzt werden können. Die Bedienung muss einfach und einleuchtend sein und darf sich bei den einzelnen Geräten nicht allzu sehr voneinander unterscheiden. Das gilt nicht nur für unser heutiges Lieferprogramm, auch zukünftige Gerätegenerationen müssen sich gut in das Modul eingliedern lassen. Prof. Hoffmann: Herr Hörning, wie kann der Programmierer diese Forderungen erfüllen? A. Hörning: Das Fittingmodul wurde modular gestaltet, der technische Teil muss vom Anwenderteil gut entkoppelt sein um eine effektive Softwareentwicklung zu gewährleisten. J. Ulrich: Bei der Hörsystemanpassung stellen Sie zahlreiche unterschiedliche Hilfsmittel zur Verfügung. Stehen diese Programmteile miteinander in Verbindung? A. Hörning: Alle vorgenommenen Änderungen in einer Anpasssektion werden in alle anderen Sektionen übernommen, sie sind für den Benutzer transparent, der Anpasser kann also mit unserem System die wechselseitigen Auswirkungen gut verstehen. Unser Fittingmodul und Hilfesystem wurde deshalb schon häufig zu Ausbildungszwecken genutzt. In den Dr. Fit fließen alle praktischen Erfahrungen mit unseren Produkten ein. Dadurch ergibt sich ein mächtiges Werkzeug das praktisch ein großes, gesammeltes Fachwissen beinhaltet. Prof. Hoffmann: Geben Sie dem Anpasser die Möglichkeit, alle Parameter eines Hörsystems mit dem CompuFit individuell zu programmieren? A. Hörning: Alle wichtigen Parameter eines Hörsystems können vom Anpasser verändert werden. Insbesondere haben die Hörakustiker mit unserem Modul Zugriff auf die Parameter der AGC Regelschaltungen. Die große Zahl engagierter und besonders gut ausgebildeter Akustikmeister weiß dies sehr zu schätzen. Alle Parameter freizugeben ist bei der großen Leistungsfähigkeit unserer modernen digitalen Systeme jedoch nicht mehr möglich und sinnvoll. J. Ulrich: Wie wird sich die weitere Entwicklung des Anpassmoduls gestalten? DOZ HÖRAKUSTIK 95

5 A. Hörning: Die Firma Interton ist am Markt sehr erfolgreich und befindet sich in einem enormen Wachstumsprozess. Wir haben unsere eigenen Chips entwickelt und möchten unseren Akustikpartnern solide Hörsysteme und Programme anbieten. Die Weiterentwicklung unseres Fittingmoduls ist einerseits die enorme Leistungsfähigkeit der neuen Hörsytemgenerationen zu berücksichtigen. Andererseits soll die Bedienbarkeit für den Akustiker trotz der großen Funktionsvielfalt einfach, logisch und überschaubar bleiben. Ein gutes Fittingmodul begleitet den Akustiker bei der Anpassung und liefert zur richtigen Zeit die passenden Informationen und Einstellmöglichkeiten. Prof. Hoffmann, A. Hörning und J. Ulrich im Gespräch (v.r.n.l) Prof. Hoffmann, J. Ulrich: Herr Hörning vielen Dank für das Gespräch. Oticon Syncro Mit dem neuen Hörsystem Syncro präsentierte sich der dänische Hersteller Oticon auf der Messe. Oticon setzt auf künstliche Intelligenz, um das Sprach/Lärm-Management dieses neuen digitalen Hörsystems zu steuern. Syncro analysiert die Hörsituation und trifft selbständig Entscheidungen. Veränderungen der akustischen Umgebung werden dadurch schnell erfasst und das Hören in den vielfältigen Situationen des Alltags erleichtert. con ein auf mehreren Ebenen arbeitendes Sprach/Lärm-Management ein. Es setzt sich aus dem 4x360 -Focus, einer 3stufigen Lärmunterdrückung und einer sprachstabilisierenden Multikompression zusammen. Der 4x360 Fokus ermöglicht eine Unterdrückung von vier verschiedenen Lärmquellen aus unterschiedlichen Richtungen zur gleichen Zeit, während bisherige Systeme nur eine Lärmquelle unterdrücken konnten. Die drei Modi des Mikrofonsystems mittellauten Störgeräuschen von den Vorteilen der Direktionalität. In Verbindung mit dem Voll-Fokus bei dem in allen Frequenzbereichen eine Direktionalität eingestellt ist, wird der Störlärm effektiver unterdrückt. Durch ein dreistufiges Lärmmanagement wird eine gute Balance zwischen Spracherkennung und Hörkomfort gewährleistet. Neue Kompressionsstrategie Syncros neue Kompressionsstrategie sichert einen glatten Frequenzgang und eine Das Sprach/Lärm- Das Mikrofonsystem arbeitet in drei verschiedenen gute Klangqualität bei allen Lautstärkepe- Modi. Im Surround Modus wird geln. Bis zu sieben Kniepunkte pro Kanal er- Management ein omnidirektionales Verhalten eingestellt. möglichen eine differenzierte Steuerung der Um ein möglichst optimales Verhältnis Im Splitmodus erfolgt eine Aufteilung auf Kompressionsparameter. Leise bis mäßige von Sprache zu Lärm zu erreichen setzt Oti- Kanäle, der Tieftonkanal hat einen Omnimodus Klänge werden nur moderat komprimiert. der Mitten- und der Hochtonkanal Mit zunehmender Lautstärke wird die Sig- im direktionalen Modus. Durch diesen Split- nalverarbeitung linearer, um die Sprachverständlichkeit Focus profitiert der Benutzer schon bei in schwierigen Situationen zu erhalten. Die charakteristische Dynamik der Sprache bleibt dadurch erhalten. Sehr laute Klänge werden dagegen voll komprimiert um das Gehör vor zu hohen Pegeln zu schützen. Wichtige Gerätedaten: 8 Kanäle, Frequenzgang bis über 7 khz, neue Mikrofontechnologie mit automatischer Mikrofonjustierung, 3stufige Lärmunterdrückung, Sprachstabilisierende Multikompression sowie offene Anpassung Die Kompressionsstrategie Die drei Focusarten des 96 des Syncros (Bild Oticon) HÖRAKUSTIK DOZ Mikrofonsystems. (Bild Oticon)

6 Siemens Acuris: Ein Meilenstein in der Hörsystem-Technik Siemens Acuris ist das erste Hörsystem mit binauraler synchroner Arbeitsweise. Auf dem Frankfurt Kongress wurde von der Firma Siemens Audiologische Technik eine neue Hörsystemgeneration dem Fachpublikum vorgestellt. Bei einer beidseitigen Versorgung arbeiten die neuen Acuris Hörsysteme nicht unabhängig voneinander, sondern kommunizieren über eine Funkstrecke. Schnelle und komfortable Geräteeinstellungen Das System ist zudem einfacher zu bedienen als herkömmliche Hörgeräte. Lautstärke und Programme lassen sich für beide Geräte gleichzeitig ändern, da nur ein Lautstärkesteller betätigt werden muss, um die Lautstärke auf beiden Geräten synchron zu regeln. Bei Im-Ohr-Geräten können Lautstärkeregler und Programmwahlknopf getrennt voneinander auf jeweils einem Gerät angebracht werden. Dadurch wird nicht nur viel Platz gespart, auch die Bedienung wird erleichtert. Alternativ kann die Geräteeinstellung auch über eine neuartige Fernbedienung erfolgen, die über eine Anzeige der aktuellen Lautstärkeeinstellung, der Programmstellung sowie des Batteriestatus verfügt. Mikrofonanlage Für Menschen mit mittlerem bis hochgradigem Hörverlust wurde Acuris mit einem automatischen adaptiven TriMic-Richtmikrofon der zweiten Generation ausgestattet. Es wählt je nach Situation und Lärmpegel den omnidirektionalen, TwinMic- oder Tri- Mic Modus aus. Ausstattung Alle Bauformen von Acuris verfügen über ein 16-Kanal-Kompressionssystem, ein Sprachanhebungssystem sowie eine Störgeräuschunterdrückung. Die Situationserkennung erstreckt sich beim Acuris nunmehr auch auf Musik. Die Windgeräuschunterdrückung wurde weiter verbessert. Intensive Fachgespräche über das neue Acuris von Siemens Beide Geräte tauschen über die kabellose e2e (ear-to-ear) Verbindung Informationen über die aktuellen Hörsystemeinstellungen aus und stellen sich zeitgleich und automatisch auf neue Hörsituationen ein. Acuris zeichnet sich durch ein mehrkanaliges und adaptives Richtmikrofonsystem mit bis zu drei Mikrofonen aus. Zur Unterdrückung von Störgeräuschen wird der optimale Mikrofonmodus automatisch vom Hörsystem gewählt und die Programmeinstellung auch auf das Gegenohr übertragen. Die synchrone Arbeitsweise bietet dem Hörgeräteträger mehr Klangqualität und Hörkomfort. Ausschnitt aus der Siemens Gerätepalette Binaurale Anpassung mit Connexx 5 Die Anpasssoftware Connexx 5 ist ablauforientiert und führt durch die einzelnen Stationen der Hörsystemanpassung. Bilder gestatten es, dem Kunden einzelne Schritte besser zu veranschaulichen. Siemens Medical Solutions ist ein weltweit operierendes Unternehmen. Innovationen aus dem Hause Siemens optimieren Kliniken und Praxen. Weltweit beschäftigt Siemens Medical Solutions rund Mitarbeiter. DOZ HÖRAKUSTIK 97