ERSTE LESUNG 2 Sam 12,

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1 ERSTE LESUNG 2 Sam 12, Der Herr hat dir deine Sünde vergeben; du wirst nicht sterben Lesung aus dem zweiten Buch Samuel In jenen Tagen sagte der Prophet Natan zu David: So spricht der Herr, der Gott Israels: Ich habe dich zum König von Israel gesalbt, und ich habe dich aus der Hand Sauls gerettet. Ich habe dir das Haus deines Herrn und die Frauen deines Herrn in den Schoß gegeben, und ich habe dir das Haus Israel und Juda gegeben, und wenn das zu wenig ist, gebe ich dir noch manches andere dazu. Aber warum hast du das Wort des Herrn verachtet und etwas getan, was ihm missfällt? Du hast den Hetiter Urija mit dem Schwert erschlagen und hast dir seine Frau zur Frau genommen; durch das Schwert der Ammoniter hast du ihn umgebracht. Darum soll jetzt das Schwert auf ewig nicht mehr von deinem Haus weichen; denn du hast mich verachtet und dir die Frau des Hetiters genommen, damit sie deine Frau werde. Darauf sagte David zu Natan: Ich habe gegen den Herrn gesündigt. Natan antwortete David: Der Herr hat dir deine Sünde vergeben; du wirst nicht sterben. ZWEITE LESUNG Gal 2, Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Galater Brüder! Wir haben erkannt, dass der Mensch nicht durch Werke des Gesetzes gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, sind auch wir dazu gekommen, an Christus Jesus zu glauben, damit wir gerecht werden durch den Glauben an Christus,

2 und nicht durch Werke des Gesetzes; denn durch Werke des Gesetzes wird niemand gerecht. Ich aber bin durch das Gesetz dem Gesetz gestorben, damit ich für Gott lebe. Ich bin mit Christus gekreuzigt worden; nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. So weit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat. Ich missachte die Gnade Gottes in keiner Weise; denn käme die Gerechtigkeit durch das Gesetz, so wäre Christus vergeblich gestorben. EVANGELIUM Lk 7, 36-8, 3 Ihr sind ihre vielen Sünden vergeben, weil sie mir so viel Liebe gezeigt hat + Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas In jener Zeit ging Jesus in das Haus eines Pharisäers, der ihn zum Essen eingeladen hatte, und legte sich zu Tisch. Als nun eine Sünderin, die in der Stadt lebte, erfuhr, dass er im Haus des Pharisäers bei Tisch war, kam sie mit einem Alabastergefäß voll wohlriechendem Öl und trat von hinten an ihn heran. Dabei weinte sie, und ihre Tränen fielen auf seine Füße. Sie trocknete seine Füße mit ihrem Haar, küsste sie und salbte sie mit dem Öl. Als der Pharisäer, der ihn eingeladen hatte, das sah, dachte er: Wenn er wirklich ein Prophet wäre, müsste er wissen, was das für eine Frau ist, von der er sich berühren lässt; er wüsste, dass sie eine Sünderin ist. Da wandte sich Jesus an ihn und sagte: Simon, ich möchte dir etwas sagen. Er erwiderte: Sprich, Meister! Jesus sagte: Ein Geldverleiher hatte zwei Schuldner; der eine war ihm fünfhundert Denare schuldig, der andere fünfzig. Als sie ihre Schulden nicht bezahlen konnten, erließ er sie beiden. Wer von ihnen wird ihn nun mehr lieben? Simon antwortete: Ich nehme an, der, dem er mehr erlassen hat. Jesus sagte zu ihm: Du hast Recht.

3 Dann wandte er sich der Frau zu und sagte zu Simon: Siehst du diese Frau? Als ich in dein Haus kam, hast du mir kein Wasser zum Waschen der Füße gegeben; sie aber hat ihre Tränen über meinen Füßen vergossen und sie mit ihrem Haar abgetrocknet. Du hast mir zur Begrüßung keinen Kuss gegeben; sie aber hat mir, seit ich hier bin, unaufhörlich die Füße geküsst. Du hast mir nicht das Haar mit Öl gesalbt; sie aber hat mir mit ihrem wohlriechenden Öl die Füße gesalbt. Deshalb sage ich dir: Ihr sind ihre vielen Sünden vergeben, weil sie mir so viel Liebe gezeigt hat. Wem aber nur wenig vergeben wird, der zeigt auch nur wenig Liebe. Dann sagte er zu ihr: Deine Sünden sind dir vergeben. Da dachten die anderen Gäste: Wer ist das, dass er sogar Sünden vergibt? Er aber sagte zu der Frau: Dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden! In der folgenden Zeit wanderte er von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und verkündete das Evangelium vom Reich Gottes. Die Zwölf begleiteten ihn, außerdem einige Frauen, die er von bösen Geistern und von Krankheiten geheilt hatte: Maria Magdalene, aus der sieben Dämonen ausgefahren waren, Johanna, die Frau des Chuzas, eines Beamten des Herodes, Susanna und viele andere. Sie alle unterstützten Jesus und die Jünger mit dem, was sie besaßen. Predigt: Die Tränen der Magdalena Mama, kann die Frau denn so viel weinen, dass dem Jesus die Füße nass werden? - Gute Frage denkt die Mama. Weiß ich auch nicht, Schatz. - Komm, wir hören einfach mal weiter zu!... das ist ja schon merkwürdig: Die Frau aus dem Halbweltgewerbe platzt ziemlich hysterisch in die Männerrunde und macht sich weinend und Haare raufend an den Füßen eines Gastes zu schaffen. Sie weint dem Herrn die Füße nass, vor Aller Augen! Dann trocknet sie das Ganze mit den Haaren wieder ab und gibt Parfüm dazu. - Da fragt man sich doch: Was ist das denn für ein Auftritt? Damit wird sie bestenfalls zum Thema

4 der anderen, mehr nicht; die interessieren sich dadurch nicht wirklich für sie. Aber solche überdrehte Gestalten tauchen immer wieder bei Jesus auf: die Frau mit den Blutungen, die denkt: Wenn ich nur seinen Mantel berühre, werd ich gesund!; der Blinde, der schreit und bettelt; die Besessenen: Was haben wir mit dir zu tun, Jesus? Du willst uns bloß ins Verderben stürzen!; und der Kleinwüchsige auf dem Baum: Zachäus! Was soll das?! - Im Ernst: Möchte man das nicht dauernd den Außenseitern und Spinnern sagen: Was soll das?! Nehmt euch mal zusammen! Und wie verhält sich Jesus? Macht er das Spiel nicht irgendwie mit? Er redet ja auch nur über die Frau (mit dem Gastgeber) und nicht wirklich mit ihr. Erst ganz am Schluss sagt er zu ihr: Deine Sünden sind dir vergeben, und: Dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden! Diese Geschichte wirft echte Fragen auf: Wie gehen wir mit Menschen um, die irgendwie auffallen? Machen wir einen Witz - über sie? Halten wir große Reden - über sie? Oder geben wir ihnen eine Chance und sprechen - mit ihnen? - Schauen wir, was Jesus macht. Er fragt diese Frau nicht: Was willst du, das ich dir tun soll? - wie er den Blinden fragt. Er stellt sie auch nicht in die Mitte, um ihr Achtung und Selbststand zu geben - wie er es mit der Ehebrecherin gemacht hat. Er redet hauptsächlich über sie. - Die Frage ist aber doch: Darf man jemanden, der so auffällig gestört wirkt, als Stichwortgeber für das eigene Thema benutzen? Sieht das nicht sehr danach aus, dass Jesus diese Frau nur als Ideenlieferantin für die eigenen Darlegungen braucht? Vielleicht kommen wir damit an die Hauptfragen heran, die der Text aufwirft: Was hat es mit den merkwürdigen Gestalten im Umkreis Jesu auf sich? Wie geht Jesus mit ihnen um? Und: Wie ist das zu verstehen, was Jesus hier mit der Prostituierten tut? Wenn wir das Tun und Reden Jesu als reales Verhalten betrachten (nicht als metaphorische Aussagen wie: Im Anfang war das Wort ), dann sehen wir immer wieder einen hoch engagierten Juden vor uns: einen Geschichtenerzähler; einen charismatischen Anführer mit seinem Gefolge; einen politisch nie Korrekten, der sich mit allen anlegt. In diesem Sinne stimmt alles, was uns von Jesus überliefert wird, nachdenklich und ist auch fragwürdig. Das heißt, wir dürfen in diesem Fall durchaus fragen: Was für ein Frauenbild vertritt Jesus hier? Widerspricht das, was er hier tut, nicht dem, wofür er sich sonst einsetzt? und: Ist das Ganze nicht arg zeitbedingt? So fragen und so denken wir heute, als Menschen der Aufklärung. Und wir können hinter die Erkenntnisse von Naturwissenschaft, Medizin und Psychologie nicht mehr zurück. Wir können so manche Gestalt im Umkreis

5 Jesu nicht mehr nur als arme Geplagte sehen, ohne auch zu fragen: Was hat er denn nun eigentlich? Wir sagen nicht mehr nur: wie schlimm!, wir fragen auch: Was ist das denn für eine Krankheit?, oder: Wo liegt denn sein eigener Anteil an der Misere? Unter diesem Blickwinkel ist so Mancher und so Manche im Umfeld Jesu nicht nur eine arme Kreatur, sondern auch krank oder schuldverstrickt oder irgendwie gestört - nicht selten auch von allem etwas... Womöglich ist, was die Frau unter den Gästen des Pharisäers da inszeniert, in moderner Hinsicht ein ziemlich hysterischer Auftritt. Vielleicht ist sie tatsächlich krank, vielleicht auch von heftigem Schuldbewusstsein geplagt - wahrscheinlich von allem etwas. Wenn das aber so ist, dann tut Jesus gut daran, dass er sie gerade nicht vor allen Leuten zum Thema macht! Das gäbe eine Debatte, in der die Frau keine Chance hätte; die anderen reden ja schon genug über sie. Jesus tut, was der Orientale seiner Zeit tut: Er erzählt eine Beispielgeschichte, ein Gleichnis. Jesus lenkt das Gespräch von der Frau weg und hin zu den Männern, - genauer: zum Gastgeber: Simon, ich möchte dir etwas sagen! Und er deutet das auffällige Verhalten der Frau nur als eine soziale Höflichkeitsgeste - ohne moralischen Vorwurf. Indem er sie mit dem Pharisäer vergleicht, stellt er eine Verbindung zwischen ihr und Simon her. Das nimmt sie aus dem Fokus und löst die Spannung auf, die auf die Gäste drückte. Jetzt klingt der Schlusssatz nicht mehr herablassend, sondern wie ein Türöffner. Geh in Frieden! erlaubt es der Frau, ohne Gesichtsverlust die Runde wieder zu verlassen. So achtsam sollten wir miteinander umgehen: besonders wenn jemand dabei ist, der irgendwie auffällig wirkt. So liebevoll sollten wir zu einander sein: besonders, wenn wir vielleicht jemandem etwas vorzuwerfen haben. Und so bescheiden sollten wir jedem anderen gegenüber sein: besonders, wenn wir nicht sicher sein können, dass wir immer alles richtig und moralisch gut gemacht haben. Amen.