No restrictions Sind Verhaltensregeln post-op nötig?

Transkript

1 No restrictions Sind Verhaltensregeln post-op nötig? Erfahrungen, Daten und Fakten Dr. med. Manfred Krieger

2 Agenda 1. Einführung 2. Status Quo Verhaltensregeln nach Gelenkersatz 3. Erfahrungen aus dem Rapid Recovery Programm 4. Lessons learned Was nehmen wir mit?

3 Seit 2010 werden Gelenkersatzpatienten am GPR Rüsselsheim erfolgreich mit Rapid Recovery versorgt Orthopädische Klinik mit 26 Belegbetten Betrieb durch mehrere Belegärzte Chirurgie Orthopädie Rhein-Main Gelenkzentrum Rhein-Main Orthopädenpraxis in Hochheim >300 Knie-TEP und >300 Hüft-TEP pro Jahr. Durchschnittliche Verweildauer ca. 5 Tage.

4 In der Orthopädischen Klinik werden Gelenkersatzoperationen von 3 Ärzten vorgenommen Leitender Arzt Dr. med. Manfred Krieger Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Leitender Arzt Dr. med. Christoph Meister Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Holger Falk Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie

5 Rapid Recovery ist im GPR Rüsselsheim vollständig implementiert Highlights Behandlungspfad vollständig etabliert und umgesetzt Patientenschule in den Versorgungsprozess eingebunden Rapid Recovery Raum eingerichtet und ständig als Aufenthaltsraumgenutzt Frühmobilisierung wenige Stunden nach der Operation, Einzel- und Gruppenphysiotherapie Regelmäßige Evaluation der Patientenzufriedenheit

6 Status Quo Verhaltensregeln nach Gelenkersatz

7 Verhaltensregeln nach Gelenkersatzoperationen sollen post-operative Komplikationen vermeiden Wundheilungsstörungen Frakturen Blutergüsse / Schwellungen Luxationen Offene Hautstellen Starke Narbenbildung

8 Beispiel Hüft-TEP: Verhaltensregeln im RR Programm werden für die post-operative Phase im Krankenhaus angegeben Achten Sie darauf, dass der Winkel im Hüftgelenk nicht größer als 90 ist. Drehen Sie Ihr Bein nicht extrem nach innen oder außen. Schlagen Sie Ihre Beine nicht extrem übereinander Bücken Sie sich nicht nach unten. Wenn Sie etwas aufheben, strecken Sie ihr operiertes Bein nach hinten weg. Seien Sie vorsichtig beim Anziehen von Socken und Schuhen am operierten Bein! Benutzen Sie einen langen Schuhlöffel.

9 In anderen Quellen werden deutlich umfangreichere Verhaltensregeln auch für die post-stationäre Phase definiert Liegen während des Krankenhausaufenthaltes nur mit Schaumstoffschiene nach ärztlicher Empfehlung. [ ] Liegen auf der operierten Seite frühestens nach 3 Wochen möglich Verhaltensregeln in der Klinik eines großen privaten Krankenhausträgers Sport ist frühestens nach 6 Monaten möglich. [ ] Ein BMI > 30 ist eine relative Kontraindikation Verhaltensregeln eines Patientenportals im Internet Achten Sie darauf, aufrecht und symmetrisch zu stehen, und die Krücken je nach Anordnung des Arztes zu verwenden. Kontrollieren Sie Ihre Haltung vor einem Spiegel. Verhaltensregeln eines großen Krankenhauses aus Österreich

10 Sind diese Verhaltensregeln notwendig und sinnvoll? Die Mitteilung von Verhaltensregeln soll keine Angst machen oder Unsicherheiten hervorrufen. Verbote auszusprechen schränkt Patienten in ihrer Aktivität ein! Sobald der Patient Angst hat, verunsichert ist, wird er nicht/nur ungern aufstehen. Verhaltensregeln, wenn überhaupt, dann nur bei Hüft-TEP

11 Erfahrungen aus dem Rapid Recovery Programm

12 Der moderne Umgang mit Verhaltensregeln passt sich den zunehmenden Erfahrungen an Früher Heute Appell an die Patienten zum vorsichtigen Umgang mit der Prothese Kein Überschlagen der Beine Keine Adduktion Keine Rotation Lagerung des operierten Beines mit Lagerungsschiene Generell nicht auf der Seite im Bett liegen Wandel von Verhaltensregeln Kein Fokus auf der Mitteilung von Verhaltensregeln Rasche Mobilisierung, weniger Schonung - die Patienten sind nicht krank! Verhalten an Schmerzen und Schwellungen anpassen Hohe Bedeutung der Analgesie Lagerung mit stützendem Kissen auch auf der Seite möglich

13 Die Mitteilung von Verhaltensregeln und deren Ausmaß bzw. Einhaltung ist von mehreren Faktoren abhängig Muskuläre Ausgangssituation des Patienten OP-Technik und operativer Zugang Wahl des verwendeten Implantates Alter, Größe und Gewicht des Patienten Erfahrung und Sichtweise des Operateurs

14 Am GPR Rüsselsheim werden restriktive Verhaltensregeln vermieden und Patienten zur Mobilisierung ermuntert (1/2) Verhaltensregeln Hüfte Schmerzabhängiges Verhalten Hören Sie auf Ihren Schmerz und unterlassen Sie bspw. das Übereinanderschlagen der Beine Schwellungsabhängiges Verhalten Keine Extrembewegungen in den ersten 6 Wochen Der Gebrauch von Hilfsmitteln wie Toilettensitz, Keilkissen und Greifzange wird empfohlen Die Verschreibung der Hilfsmittel erfolgt prä-operativ, die Hilfsmittel liegen nach der Operation bereits im Zimmer bereit 3 Monate post-op kann in der Regel jede Bewegung wieder normal ausgeführt werden

15 Am GPR Rüsselsheim werden restriktive Verhaltensregeln vermieden und Patienten zur Mobilisierung ermuntert (2/2) Verhaltensregeln Knie Schmerzabhängiges Verhalten Schwellungsabhängiges Verhalten Sonst keine Verhaltensregeln! Der Gebrauch von Hilfsmitteln wie Keilkissen und Greifzange wird empfohlen Die Verschreibung der Hilfsmittel erfolgt prä-operativ, die Hilfsmittel liegen nach der Operation bereits im Zimmer bereit 3 Monate post-op kann in der Regel jede Bewegung wieder normal ausgeführt werden

16 Die sehr geringe Zahl an Komplikationen im GPR Rüsselsheim bestätigt die Vorgabe von wenig restriktiven Verhaltensregeln Im internationalen Vergleich treten Luxationen nach Hüft-TEP bei ca. 0,1% der Fälle auf GRP Rüsselsheim 2010: Eine Luxation Grund dafür war ein unterdimensionierter Kurzschaft der bei Belastung in den Femur gerutscht ist. 2011: Keine Luxation 2012: Keine Luxation 2013: Keine Luxation Seit März 2012 werden nur noch die dargestellten Verhaltensregeln angewendet, ohne eine Zunahme an Komplikationen, speziell Luxationen zu sehen.

17 Lessons learned Was nehmen wir mit?

18 Zusammenfassung! Verhaltensregeln sollten keine Angst bei Patienten erzeugen sondern als Unterstützung einer wirksamen und raschen Genesung vermittelt werden.!!! Verhaltensregeln sollten Schmerz- und Schwellungs-adaptiert ausgelegt werden. Verhaltensregeln sind gut im Rahmen der Patienten- und Gangschule zu erläutern: Während der Erklärung der Hilfsmittel (aber nicht als Fokus!) Während der Gangschule zum Gebrauch von Unterarmgehstützen Während der allgemeinen Aufklärung zum schmerzorientierten Verhalten Die muskuläre Vorbereitung des Patienten und eine patientenorientierte Operation (Zugang und Implantat) geben dem Patienten viel Spielraum