Goethe, Zauberlehrlinge, Atomkraft, Heidenröslein, Fukushima, Ich ging im Walde so für mich hin...

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1 2 von :54 Goethe, Zauberlehrlinge, Atomkraft, Heidenröslein, Fukushima, Ich ging im Walde so für mich hin... "Die Geister, die ich rief, werd ich nun nicht los" Richard Pestemer 26. April 2011 Ansprache des Verantwortlichen Redakteurs von TachelesRegional an die Ostermarschdemonstranten vor dem Atomwaffenlager in Büchel/Eifel. Liebe Freundinnen und Freunde! Wir sind in den letzten Wochen überflutet worden mit Informationen zum Supergau in Fukushima. Mit Informationen über den Atomausstieg, mit den Möglichkeiten der Ausbreitung der sanften dezentralen Energien. Doch haben wir wirklich begriffen, was da alles schief gelaufen ist und warum? Habe aber auf meiner kürzlichen kurzen Fahrt nach Berlin, zusammen mit meiner japanischen Frau, einen Zwischenstopp in Weimar gemacht. Dabei das Goethe-Haus besucht. Und mich nach langer, langer Zeit wieder Gedichte von Goethe gelesen. Und erinnerte ich mich daran, wie sehr Japaner Goethe schätzen. Aber was hat Goethe, was haben seine Gedichte mit Fukushima, mit Atomkraft, mit Atomwaffen zu tun? Zum Beispiel der Zauberlehrling Walle! walle Manche Strecke, Daß, zum Zwecke, Wasser fließe Und mit reichem, vollem Schwalle Zu dem Bade sich ergieße. Seht, er läuft zum Ufer nieder; Wahrlich! ist schon an dem Flusse, Und mit Blitzesschnelle wieder Ist er hier mit raschem Gusse. Schon zum zweiten Male! Wie das Becken schwillt! Wie sich jede Schale Voll mit Wasser füllt! Stehe! stehe! Denn wir haben Deiner Gabe Vollgemessen! - Ach, ich merk es! Wehe! wehe! Hab ich doch das Wort vergessen! Ach, das Wort, worauf am Ende Er das wird, was er gewesen. Ach, er läuft und bringt behende! Wärst du doch der alte Besen! Immer neue Güsse Bringt er schnell herein, Ach! und hundert Flüsse Stürzen auf mich ein. Nein, nicht länger

2 3 von :54 Kann ich s lassen; Will ihn fassen. Das ist Tücke! Ach! nun wird mir immer bänger! Welche Miene! welche Blicke! O du Ausgeburt der Hölle! Soll das ganze Haus ersaufen? Seh ich über jede Schwelle Doch schon Wasserströme laufen. Ein verruchter Besen, Der nicht hören will! Stock, der du gewesen, Steh doch wieder still! Willst s am Ende Gar nicht lassen? Will dich fassen, Will dich halten Und das alte Holz behende Mit dem scharfen Beile spalten. Seht, da kommt er schleppend wieder! Wie ich mich nur auf dich werfe, Gleich, o Kobold, liegst du nieder; Krachend trifft die glatte Schärfe. Wahrlich! brav getroffen! Seht, er ist entzwei! Und nun kann ich hoffen, Und ich atme frei! Wehe! wehe! Beide Teile Stehn in Eile Schon als Knechte Völlig fertig in die Höhe! Helft mir, ach! ihr hohen Mächte! Und sie laufen! Naß und nässer wird s im Saal und auf den Stufen. Welch entsetzliches Gewässer! Herr und Meister! hör mich rufen! - Ach, da kommt der Meister! Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister, Werd ich nun nicht los. In die Ecke, Besen, Besen! Seids gewesen. Denn als Geister Ruft Euch nur zu diesem Zwecke, Erst hervor der alte Meister. Ein prophetisches Gedicht: Dargestellt wird die hemmungslose Entfesselung der Produktivkräfte Forciert über die Kernspaltung. Bildlich ausgedrückt mit dem gespaltenen Besen. Ja mit Goethe können wir sagen: In Hiroshima,Nagasaki, Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima und heute hier in Büchel: Die

3 4 von :54 Geister, die wir riefen, wir werden sie nicht los! Aber auch: Ein alter Meister weiß sehr wohl die Zauberkräfte der Energien sanft zu nutzen. Dazu aber komme ich noch im weiteren. Goethe indessen zeigt aber in dem volkstümlich angelegten Gedicht vom Heidenröslein auf, was die dämonische Trieb-kraft dafür ist, die hemmungslose und zerstörerische Entfesslung der Produktivkräfte ist: Heidenröslein Sah ein Knab' ein Röslein stehn, Röslein auf der Heiden, war so jung und morgenschön, lief er schnell, es nah zu sehn, sah's mit vielen Freuden. Knabe sprach: Ich breche dich, Röslein auf der Heiden! Röslein sprach: Ich steche dich, dass du ewig denkst an mich, und ich will's nicht leiden. Und der wilde Knabe brach 's Röslein auf der Heiden; Röslein wehrte sich und stach, half ihm doch kein Weh und Ach, musst' es eben leiden. Auf japanisch heißt dieses Goethegedicht NOBARA. Viele JapanerInnen und Japaner sind verwundert, wenn man ihnen sagt, NOBARA, das ist von Goethe, so sehr hat es sich in Japan eingebürgert. Das Goethe-Gedicht vom Heidenröslein, das Nobara ist in fast alle Sprachen der Welt übersetzt worden. Und mit dem Siegeszug des männlich dynamischen Industriekapitalismus, des wilden Knaben,ist es rund um die Welt berühmt geworden. In den letzten Jahrzehnten des nunmehr niedergehenden wachstumserschöpften Industriekapitalismus verstehen wir immer besser die Verszeilen: Knabe sprach: Ich breche dich, Röslein auf der Heiden! Röslein sprach: Ich steche dich, dass du ewig denkst an mich, und ich will's nicht leiden. Und überall sticht das gebrochene Heidenröslein, Sinnbild der zerstörten Natur, zurück:sei es mit den zunehmenden Sturmereignissen ausgelöst durch den Klimawandel, und dennochh Menschen Tag für Tag weiterhin Regenwälder abholzen, sei es bei der Gentechnik, wo der faustische Drang die Natur zu manipulieren uns als derbio-technischee Ausweg für die globale Ernährungsversorgung angepriesen wird, und sei ewiglich mit Atommüll, der uns als Fluch die nächsten Jahrtausende begleiten wird!

4 5 von :54 Ich steche Dich, dass Du ewig denkst an mich, denn ich will s nicht leiden! Der gereifte Goethe, nicht der junge wilde der Sturm-und Drangzeit, er hat aber auch den Ausweg aus diesem Dilemma gefunden. Goethe, so habe ich bei meinem kurzen Besuch in Weimar erfahren, ging abends gerne absichtslos im Wald spazieren. Inspiriert durch seine Waldsparziergänge verfasste das Gedicht GEFUNDEN. GEFUNDEN und nicht z.b Abendlicher Waldspaziergang nannte er nachfolgendes Gedicht: Ich ging im Walde So vor mich hin, Und nichts zu suchen, Das war mein Sinn. Im Schatten sah ich Ein Blümlein stehn, Wie Sterne blinkend, Wie Äuglein schön. Ich wollt es brechen, Da sagt' es fein: Soll ich zum Welken Gebrochen sein? Mit allen Wurzeln Hob ich es aus, Und trugs zum Garten Am hübschen Haus. Ich pflanzt es wieder Am kühlen Ort; Nun zweigt und blüht es Mir immer fort. Dieses wunderschöne Gedicht berührt einen zutiefst: Ja, er.goethe, hatte ihn gefunden, den Ausweg, die rettende andere Lebensweise: Auf unsere heutige Zeit übertragen, denken wir da nicht an die dezentralen an die dezentralen sanften erneuerbaren Energien, an die Öko-Landwirtschaft? Wo klug und weise die Schönheit der Natur bewahrt und nicht gebrochen wird! Wo wir uns zurücknehmen und uns zu bescheiden wissen,jenseits vom Wachstums-und Konkurrenzwahnsinn. Dies im Sinne von Mahatma Ghandi, der sagte: Es ist genug für die Erfüllung der Bedürfnisse aller Menschen da, aber nicht für die Erfüllung der Gier! Die Ausbreitung der endlich gefundenen sanften dezentralen Energien indessen,die muss jeder in seine bewahrenden Hände nehmen, in seinem Garten anlegen. Dies im Sinne des GLOBAL DENKEN, LOKAL HANDELN! Umweltminister Röttgen hat jedoch in seinem kürzlich veröffentlichten SPIEGEL ESSAY ausgeführt: Ich bin überzeugt davon: Innerhalb einer Generation ist es gerade für ein Hochindustrieland wie Deutschland möglich, die Stromversorgung weitestgehend aus regenerativen Energien zu betreiben und dabei führendes Industrieland zu bleiben. Röttgen spricht hierbei nicht von sanften, dezentralen Energien, die ein jeder in seinem Garten naturschonend einsetzen kann, nein technisch-bürokratisch spricht er von regenerativen Energien. Und die will er zusammen mit den Großkonzernen, mit den Zauberlehrlingenn aus den Chefetagen von RWE und

5 6 von :54 CO,voran pushenen mit riesigen Offshore Windparks, mit der wahnwitzigenen Desertec-Programm in Wüstenzonen Nordafrikas, kurzum man will die dezentralen, sanften Energien pervertieren in gigantische zentralistische Versorgungsstrukturen. Man will uns das Blümlein, welches wir in unseren Garten tragen wollen wieder entwenden! Indem Röttgen im Auftrage der Konzernetagen behauptet: Die Wohlstandfrage des 21. Jahrtausend besteht darin, die Energiewende nicht als Bedrohung von Wirtschaft zu verstehen, sondern als Chance einen Wandel zu vollziehen,der neues ressourcenschonendes Wachstum möglich macht Wachstum und Wohlstand dürfen nicht auf Kosten der Sicherheit kommender Generationen, sie müssen ihre vielmehr dienen.dazu gehört auch, die Fehlbarkeit des Menschen neu zu bewerten und anzuerkennen, dass wir die Natur nie völlig beherrschen können! Nein, diesem Mann ist nicht zu helfen, ich werde ihm die heute vorgetragenen Goethe-Gedichte wohl zur eingehenden Lektüre zuschicken müssen. Von wegen,dass wir die Natur nie völlig beherrschen können. Fürwahr, Sprache ist verräterisch. Nein wir stehen am Scheideweg: Für müssen uns uns entscheiden, für die völlige Abkehr von der Logik des Wachsen, Wachsen, Wachsen...bis alles ausgeplündert und zerstört ist, wir müssen uns vielmehr zurücknehmen in unseren dezentralen Gärten. Und wir ahnen es, dass weltweit die Erkenntnisse von Goethe sich dezentral-global verbreiten. Kürzlich erhielt ich nämlich eine von meiner Freundin Susanne, die verheiratet mit einem Chinesen, schon lange auf Taiwan lebt. Dort ist nach den Ereignissen in Fukushima blitzartig eine wunderbare dezentrale Erneuerbare Energie-Volksbewegung entstanden. Und weltweit, beobachten wir dieses Phänomen. Wir ahnen und hören davon überall, ganz so wie es der berühmte japanische Dichter Matsuo Basho, der ein Jahrhundert vor lebte es in seinem Kurzgedicht, einem 17silbigen Haiku ausdrückte: 古池や蛙飛び込む水の音 FURU IKE YA KAWAZU TOBIKOMU MIZU NO OTO DER ALTE WEIHER EIN FROSCH SPRINGT HINEIN DAS GERÄUSCH DES WASSERS Hört Ihr es DAS GERÄUSCH DES WASSERS, weil überall die Frösche glücklich quaken GEFUNDEN, GEFUNDEN! In die alten Weiher, wo sie heimisch sind, hinein gesprungen sind. Und ist es nicht wunderbar, wie viele Frösche wir hier sind, in Büchel, in Cattenon, und, und,und... Danke für Eure Aufmerksamkeit!