Vertrieb im Reisegewerbe und Marktverkehr
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- Erich Simen
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1 Vertrieb im Reisegewerbe und Marktverkehr Ein Gewerbe kann a) stationär, also i. d. R. von einer gewerblichen Niederlassung aus, b) im Reisegewerbe oder c) im Marktverkehr ausgeübt werden. Ob und wann eine gewerbliche Tätigkeit insgesamt oder nur im Einzelfall einem dieser Bereiche zuzuordnen ist, hängt davon ab, in welcher Form der Gewerbetreibende Geschäftskontakt mit seinen Kunden aufnimmt oder aufnehmen will. Für den Gewerbetreibenden selbst ist es allein deshalb wichtig zu wissen, in welchem Bereich er sich bewegt, weil dann unterschiedliche und im Einzelfall gegebenenfalls auch zusätzliche Vorschriften zu beachten sind. Denn die Gewerbeordnung (GewO) regelt die einzelnen Bereiche in verschiedenen Titeln (Titel I = stationäres Gewerbe; Titel III = Reisegewerbe; Titel IV = Marktverkehr), die auch kumulativ zur Anwendung kommen können. Auch stationäre Gewerbetreibende haben daher zusätzlich immer die Vorschriften über das Reisegewerbe oder den Marktverkehr zu beachten, wenn sie (im Einzelfall) in diesen Vertriebsformen tätig werden wollen. Und wer als Selbständiger ausschließlich im Reisegewerbe oder im Marktverkehr Waren oder Leistungen vertreibt oder ankauft, unterliegt zusätzlich den Erlaubnispflichten, die auch der stationäre Handel zu beachten hat. Reisegewerbe Eine Reisegewerbetätigkeit übt aus, wer als selbständiger Gewerbetreibender, ohne dass er dazu von dem bzw. den Kunden aufgefordert (bestellt) wurde, außerhalb seiner eigenen Niederlassung oder ohne eine solche zu haben Waren feilbietet, ankauft oder Warenbestellungen aufnimmt; Leistungen anbietet oder Bestellungen auf Leistungen aufsucht oder unterhaltende Tätigkeiten als Schausteller oder nach Schaustellerart ausübt (Tatbestandsvoraussetzungen). Eine solche Tätigkeit ist in Person des Reisegewerbetreibenden dann grundsätzlich erlaubnispflichtig (= reisegewerbekartenpflichtig). Die Reisegewerbekarte ist bei dem Ordnungsamt der Stadt- bzw. Gemeinde zu beantragen, in deren Bezirk der Reisegewerbetreibende seinen Wohnsitz oder bei juristischen Personen die juristische Person ihren Sitz hat. Sie darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller die erforderliche persönliche Zuverlässigkeit besitzt. Seite 1 von 8
2 Änderung der Rechtslage ab 14. September 2007 Seit dem Inkrafttreten der Neuregelung am 14. September 2007 benötigt nur noch der sog. Prinzipal, d. h. der oder die Inhaber des Unternehmens, das im Reisegewerbe tätig wird, die Reisegewerbekarte. Die bisherige Reisegewerbekartenpflicht für angestellte Mitarbeiter des Unternehmens ist entfallen, da es jetzt nicht mehr darauf ankommt, wer vor Ort in eigener Person das Reisegewerbe ausübt. Maßgebend ist vielmehr, wer die Tätigkeit gewerbsmäßig, d. h. als selbständiger Gewerbetreibender unter den vorgenannten Tatbestandsvoraussetzungen ausübt. Das kann auch eine juristische Person sein (z. B. GmbH, AG), die dann als solche reisegewerbekartenpflichtig ist. Ob die Tätigkeit im Reisegewerbe im eigenen oder fremden Namen und / oder auf eigene oder fremde Rechnung ausgeübt wird, ist für die Frage der Reisegewerbekartenpflicht nicht ausschlaggebend. Deshalb ist z. B. auch ein selbständiger Handelsvertreter, der den Verkauf im Reisegewerbe auf Rechnung eines Vertriebsunternehmens abwickelt, zusätzlich zu diesem Vertriebsunternehmen bzw. dessen Inhabern oder Gesellschaftern reisegewerbekartenpflichtig. Mitführen und Vorzeigen der Reisegewerbekarte oder einer Zweitschrift Der Inhaber einer Reisegewerbekarte hat diese bei der Ausübung seiner Tätigkeit ständig mitzuführen und auf Verlangen den zuständigen Behörden oder Beamten vorzuzeigen. Sofern der Inhaber der Reisegewerbekarte die (Reisegewerbe-)Tätigkeit nicht in eigener Person ausübt, ist er verpflichtet, seinen im Betrieb beschäftigten Mitarbeitern eine Zweitschrift oder eine beglaubigte Kopie der Reisegewerbekarte auszuhändigen, wenn diese unmittelbar mit Kunden in Kontakt treten sollen. Das gilt auch dann, wenn die Beschäftigten an einem anderen Ort als der Inhaber tätig sind. Sofern eine juristische Person Inhaber der Reisegewerbekarte ist, benötigen sowohl die Vertretungsberechtigten Personen (z. B. GmbH-Geschäftsführer), als auch die übrigen Beschäftigten der GmbH, die mit Kunden in Kontakt treten sollen, eine Zweitschrift oder beglaubigte Kopie der Reisegewerbekarte. Auch die Inhaber einer Zweitschrift oder beglaubigten Kopie haben diese während der Tätigkeit ständig mitzuführen und den zuständigen Behörden oder Beamten auf Verlangen vorzuzeigen. Die zuständigen Behörden oder Beamten können eine Einstellung der Tätigkeit bis zur Herbeischaffung der Reisegewerbekarte, der Zweitschrift oder der beglaubigten Kopie verlangen und auch die mitgeführten Waren vorzuzeigen. Der Inhaber einer Reisegewerbekarte hat weiter zu beachten, dass im Reisegewerbe nur Mitarbeiter beschäftigt oder eingesetzt werden, die die dafür erforderliche Zuverlässigkeit besitzen. Anderenfalls kann ihm die Beschäftigung einer Person im Reisegewerbe von der zuständigen Behörde untersagt werden. Befreiungen von der Reisegewerbekarte Nicht erforderlich ist eine Reisegewerbekarte allerdings, wenn lediglich andere Gewerbetreibende oder auch Freiberufler bzw. vergleichbare Berufsgruppen im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes aufgesucht werden. Seite 2 von 8
3 Darüber hinaus sind folgende Tätigkeiten reisgewerbekartenfrei: das Feilbieten von Waren anlässlich von Messen, Ausstellungen, öffentlichen Festen oder aus besonderem Anlass mit Erlaubnis der zuständigen Behörde; der Vertrieb selbst gewonnener Erzeugnisse der Land- und Forstwirtschaft, des Gemüse-, Obst- und Gartenbaus, der Geflügelzucht und Imkerei sowie der Jagd und Fischerei; der Vertrieb von Milch und Milcherzeugnissen, sofern eine Erlaubnis nach 4 Milchund Margarinegesetz vorliegt; die Vermittlung und der Abschluss von Bausparkassenverträgen sowie von Versicherungsverträgen als sog. gebundener Versicherungsvermittler nach 34d Abs. 3 oder als produktakzessorischer Versicherungsvermittler nach 34d Abs. 4 GewO. Das gleiche gilt für Versicherungsvermittler und Versicherungsberater, die in einem anderen EU/EWR-Staat niedergelassen und dort registriert sind; alle nach Bundes- oder Landesrecht erlaubnispflichtigen Gewerbe, für deren Ausübung die Zuverlässigkeit erforderlich ist, sofern die erforderliche Erlaubnis vorliegt; *) der An- und Verkauf, das Anbieten und die Aufnahme von Bestellungen (Waren oder Leistungen) in der Gemeinde des Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung des Reisegewerbetreibenden, sofern diese nicht mehr als Einwohner zählt; *) der regelmäßige Vertrieb von Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfs in kürzeren Zeitabständen an derselben Stelle; *) das Feilbieten von Druckwerken auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten. Das gilt aber nicht für Zeitschriftenwerber, die von Haus zu Haus gehen um Zeitschriftenbestellungen aufzunehmen. *) Sofern die drei letztgenannten Tätigkeiten nur im Reisegewerbe ausgeübt werden, ist aber analog dem stationären Gewerbe eine Gewerbeanmeldung beim Ordnungsamt zu erstatten. Vertriebsverbote im Reisegewerbe Unabhängig davon ob eine Reisegewerbekarte erforderlich ist oder nicht, ist zu beachten, dass verschiedene Tätigkeiten im Reisegewerbe ausdrücklich verboten sind. Das gilt für den Vertrieb von Giften und gifthaltigen Waren (ausgenommen die Aufnahme von Bestellungen auf Pflanzenschutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel und Holzschutzmittel, für die nach baurechtlichen Vorschriften ein Prüfbescheid mit Prüfzeichen erstellt worden ist); den Vertrieb von Bruchbändern, medizinischen Leibbinden, Stützapparaten und Bandagen, orthopädischen Fußstützen, Brillen und Augengläsern (ausgenommen Schutzbrillen und Fertiglesebrillen); den Vertrieb von elektromedizinischen Geräten einschließlich elektronischer Hörgeräte (ausgenommen Geräte mit unmittelbarer Wärmeeinwirkung); den Vertrieb von Wertpapieren, Lotterielosen, Bezugs- und Anteilscheinen auf Wertpapiere und Lotterielose (ausgenommen der Verkauf von Lotterielosen im Rahmen genehmigter Lotterien zu gemeinnützigen Zwecken auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder anderen öffentlichen Orten). Das Vertriebsverbot gilt nicht, wenn die Tätigkeit in einem nicht ortsfesten Geschäftsraum eines Kreditinstituts oder eines Unternehmens nach 53b Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 7 des Kreditwesengesetzes ausgeübt wird, sofern in diesem Geschäftsraum ausschließlich bankübliche Geschäfte betrieben werden, zu denen dieses Unternehmen nach dem Kreditwesengesetz befugt ist; den Vertrieb von Schriften Seite 3 von 8
4 unter der Zusicherung von Prämien oder Gewinnen; das Feilbieten und den Ankauf von Edelmetallen - Gold, Silber, Platin, Platinbleimetalle - und edelmetallhaltigen Legierungen in jeder Form sowie Waren mit Edelmetallauflagen (ausgenommen Silberschmuck bis zu einem Verkaufspreis von 40 und Waren mit Silberauflagen). Das Verbot gilt nicht, wenn diese Tätigkeit in einem nicht ortsfesten Geschäftsraum eines Kreditinstituts oder eines Unternehmens nach 53b Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 7 des Kreditwesengesetzes ausgeübt wird, wenn in diesem Geschäftsraum ausschließlich bankübliche Geschäfte betrieben werden, zu denen dieses Unternehmen nach dem Kreditwesengesetz befugt ist; das Feilbieten und den Ankauf von Edelsteinen, Schmucksteinen, synthetischen Steinen, Perlen; das Feilbieten von geistigen Getränken; ausgenommen sind Bier und Wein in fest verschlossenen Behältnissen sowie alkoholische Getränke, a) soweit sie aus selbst- gewonnenen Erzeugnissen des Weinbaus, der Landwirtschaft oder des Obst- und Gartenbaus hergestellt wurden und b) nur durch den Urproduzenten selbst: auch das Feilbieten von nicht selbst vergorenen zugekauften Likören und Geisten aus Obst, Pflanzen und anderen landwirtschaftlichen Ausgangserzeugnissen; den Abschluss sowie die Vermittlung von Rückkaufgeschäften ( 34 Abs. 4 GewO) und die für den Darlehensnehmer entgeltliche Vermittlung von Darlehensgeschäften. Das gilt nicht, wenn diese Tätigkeit in einem nicht ortsfesten Geschäftsraum eines Kreditinstituts oder eines Unternehmens nach 53b Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 7 des Kreditwesengesetzes ausgeübt wird, sofern in diesem Geschäftsraum ausschließlich bankübliche Geschäfte betrieben werden, zu denen dieses Unternehmen nach dem Kreditwesengesetz befugt ist; das Feilbieten von Bäumen, Sträuchern und Rebpflanzengut bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben sowie Betrieben des Obst-, Garten- und Weinanbaues. Diese Vertriebsverbote gelten nicht, wenn ausschließlich andere Personen im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes aufgesucht werden. Davon unberührt bleibt aber das letztgenannte Vertriebsverbot gegenüber Betrieben des Obst-, Garten- und Weinanbaues. Besonderheiten bei Wanderlagern beachten Auch Verkaufsveranstaltungen zum Vertrieb von Waren, die ein Gewerbetreibender außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung oder ohne eine solche zu haben in einer für die Dauer der Veranstaltung ortsfesten Verkaufsstätte durchführt, z. B. in einem Gaststättennebenraum, sind Tätigkeiten im Reisegewerbe. Solche Verkaufsveranstaltungen werden als Wanderlager bezeichnet. Die Reisegewerbekartenpflicht trifft dann nicht nur den Gewerbetreibenden, der die Waren im eigenen Namen auf eigene Rechnung vertreibt, sondern auch den bzw. die Gewerbetreibenden, die den Verkauf an Ort und Stelle (im eigenen oder fremden Namen) auf fremde Rechnung, z. B. für eine Vertriebsfirma, abwickeln. Aber auch die dahinter stehende Vertriebsfirma, bzw. deren Inhaber oder Gesellschafter, die Vertragspartner des Kunden werden soll, benötigt dann aufgrund der neuen Rechtslage eine Reisegewerbekarte. Da Wanderlagerveranstaltungen nur eine besondere (Unter-)Form des Reisegewerbes sind, finden jedoch die genannten Befreiungstatbestände, aber auch die aufgeführten Vertriebsverbote im Reisegewerbe Anwendung. Ebenso sind die Hinweise zum Mitführen und Vorzeigen der Reisegewerbekarte oder einer Zweitschrift zu beachten. Seite 4 von 8
5 Gesonderte Anzeigepflicht für Wanderlager Wenn was die Regel ist auf Wanderlagerveranstaltungen öffentlich hingewiesen werden soll, z. B. durch Postwurfsendungen oder Zeitungsanzeige, ist die Verkaufsaktion darüber hinaus spätestens zwei Wochen vor Veranstaltungsbeginn bei der für den Veranstaltungsort zuständigen Stadt- oder Gemeinde anzuzeigen. Die Anzeige hat folgende Angaben zu enthalten: Ort (mit genauer Anschrift) und Zeit (auch Öffnungszeiten) der Veranstaltung, den Namen und die Wohn- bzw. Betriebssitzanschrift des vor Ort zuständigen Veranstaltungsleiters und den Namen und die Wohn- bzw. Betriebssitzanschrift desjenigen, für dessen Rechnung die Waren vertrieben werden sowie den Wortlaut und die Art der beabsichtigten Werbung. Dabei ist weiter zu beachten, dass in der Werbung, d. h. in sämtlichen öffentlichen Ankündigungen für die Veranstaltung, auch der Vor- und Familienname oder die im Handelsregister eingetragene Firmenbezeichnung des Gewerbetreibenden angegeben wird, in dessen Namen die Geschäfte abgeschlossen werden sollen. Auch sind in den öffentlichen Ankündigungen immer die Art der vertriebenen Ware und der Ort der Veranstaltung anzugeben. Sowohl die Anzeige als auch die Werbung sind in zweifacher Ausfertigung einzureichen, damit eine gewerbe- und wettbewerbsrechtliche Überprüfung durch die zuständige Industrieund Handelskammer möglich ist. Denn diese erhält von den Ordnungsbehörden die Zweitausfertigung der Anzeige mit der beabsichtigten Werbung zur Prüfung. Neben den allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Kriterien wird die IHK insbesondere prüfen, ob aus der Werbung deutlich wird, in wessen Namen welche Waren zum Verkauf kommen sollen und ob unentgeltliche Zuwendungen (Waren oder Leistungen), einschließlich Preisausschreiben, Verlosungen und Ausspielungen angekündigt werden. Denn dies ist im Zusammenhang mit Wanderlagern immer unzulässig - unabhängig von der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit - und führt in der Regel auch zur Untersagung der Veranstaltung, wenn die Werbung nicht abgeändert wird. In Zweifelsfällen sollten deshalb Unternehmen, die Wanderlagerveranstaltungen durchführen wollen, mit der für den Veranstaltungsort zuständigen Industrie- und Handelskammer frühzeitig Kontakt aufnehmen, damit die beabsichtigte Werbung vor Beginn der zweiwöchigen Anzeigefrist auf ihre Zulässigkeit überprüft und ggf. auch noch korrigiert werden kann. Antrag auf Sondernutzung Wenn die Ausübung des Reisegewerbes auf öffentlichen Wegen oder Plätzen vorgesehen ist, bedarf eine solche Sondernutzung des öffentlichen Raums der Zustimmung der örtlich zuständigen Stadt bzw. Gemeinde. In größeren Gemeinden und in Städten ist die gewerbliche Nutzung öffentlicher Plätze in der Regel durch eine Sondernutzungssatzung geregelt. Für entsprechende Tätigkeiten auf Privatgelände ist selbstverständlich das Einverständnis des Eigentümers erforderlich. Seite 5 von 8
6 Schaustellertätigkeiten Auch unterhaltende Tätigkeiten als Schausteller oder nach Schaustellerart sind reisegewerbekartenpflichtig. Die Reisegewerbekarte wird ebenfalls nur von selbständigen Schaustellern benötigt. Die Hinweise zum Mitführen und Vorzeigen der Reisegewerbekarte oder einer Zweitschrift sind analog zu beachten. Für bestimmte Schaustellerleistungen im Reisegewerbe ist eine Haftpflichtversicherung mit Mindestversicherungssummen vorgeschrieben. Dies gilt für Schaustellergeschäfte, mit denen Personen befördert oder bewegt werden; Schießgeschäfte; Schaufahren mit Kraftfahrzeugen und Steilwandbahnen; Zirkusse; Schaustellungen von gefährlichen Tieren; Reitbetriebe. Diese Versicherungsunterlagen sind bei der Tätigkeit von dem Inhaber einer Reisegewerbekarte oder einer Zweitschrift ebenfalls mitzuführen und auf Verlangen den Beauftragten der zuständigen Behörde vorzuzeigen. Beachtung der Ladenöffnungsgesetze und der Sonn- und Feiertagsgesetze Auch bei Tätigkeiten im Reisegewerbe sind die in den Ladenöffnungsgesetzen der einzelnen Bundesländer zugelassenen Öffnungszeiten sowie das jeweilige Landesgesetz zum Schutz der Sonn- und Feiertage zu beachten. Im Gegensatz zu den Ladenöffnungsgesetzen, die nur die Öffnungszeiten für den Vertrieb von Waren regeln, werden durch die Sonn- und Feiertagsgesetze der Länder grundsätzlich alle öffentlich bemerkbaren Tätigkeiten verboten, die werktäglichen Charakter haben. Ausnahmen müssen ausdrücklich zugelassen sein, wie z. B. für das Gastgewerbe, Verkehrsbetriebe u. a. Nähere Informationen sind bei den zuständigen Ordnungsämtern oder IHKs zu erhalten. Behördlich festgesetzte Messen, Ausstellungen, Märkte Den Vertrieb über Messen, Ausstellungen, Großmärkte, Wochenmärkte, sowie Jahr- und Spezialmärkte fasst man unter dem Begriff Marktverkehr zusammen. Der Gesetzgeber hat die einzelnen Veranstaltungstypen in Titel IV der Gewerbeordnung sowohl begrifflich definiert, als auch weitgehend festgelegt, welche Tätigkeiten dort jeweils in welcher Form ausgeübt werden dürfen. Das gilt auch für behördlich festgesetzte Volksfeste, die zwar nicht direkt unter Titel IV der Gewerbeordnung fallen, aber den dort geregelten Veranstaltungen teilweise gleichgestellt sind. In der Regel wird der Vertrieb im Marktverkehr nur in Ergänzung des stationären Gewerbes und/oder des Reisegewerbe ausgeübt. Marktbeschicker, d. h. Anbieter / Aussteller bei derartigen Veranstaltungen können aber auch andere Berufsgruppen sein, z. B. Landwirte, Freiberufler oder sogar Privatpersonen, die einmalig oder nur ganz selten Waren aus ihrem Privatbesitz anbieten. Die Marktbeschicker müssen die Teilnahme an der Veranstaltung bei dem Veranstalter beantragen, der für die Organisation und Durchführung, einschließlich der Seite 6 von 8
7 Festsetzungsvoraussetzungen, verantwortlich ist. Veranstalter einer Messe, einer Ausstellung, eines Marktes oder auch eines Volksfestes kann jede natürliche oder juristische Person sein, auch eine Kommune, Stadt oder Gemeinde. Messen und Ausstellungen sowie Jahr- und Spezialmärkte werden meist von gewerblichen Veranstaltern organisiert und durchgeführt; Wochenmärkte und Volksfeste in der Regel von der jeweiligen Stadt bzw. Gemeinde. Veranstalter, die gewerbsmäßig Veranstaltungen nach Titel IV Gewerbeordnung organisieren und durchführen, üben ein stationäres Gewerbe aus. Die Tätigkeit ist dann nach 14 Gewerbeordnung bei der für den Betriebssitz des Veranstalters zuständigen Behörde (Stadt oder Gemeinde) anzuzeigen Unabhängig davon muss der Veranstalter die erforderliche Genehmigung und Festsetzung jeder einzelnen Veranstaltung bei der für den Veranstaltungsort zuständigen Behörde beantragen. In Rheinland-Pfalz sind dies die Kreisverwaltungen und kreisfreien Städte, ausgenommen für Wochenmärkte und Volksfeste, die von den verbandsfreien Gemeinden und den Verbandsgemeinden genehmigt und festgesetzt werden. Abgesehen von der erforderlichen Sondernutzungsgenehmigung für den Veranstaltungsplatz bzw. dem Einverständnis der Grundstückseigentümer bei privatem Gelände, ist Genehmigungs- und Festsetzungsvoraussetzung, dass - die für den jeweils beantragten Veranstaltungstyp aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind (z. B. die je nach Veranstaltungstyp erforderliche Vielzahl gewerblicher Aussteller); - der Veranstalter oder die mit der Leitung der Veranstaltung beauftragten Personen zuverlässig sind; - die Durchführung der Veranstaltung nicht dem öffentlichen Interesse widerspricht und - Jahr- und Spezialmärkte (auch teilweise) nicht in Ladengeschäften durchgeführt werden. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat die zuständige Behörde die Veranstaltung entsprechend dem Antrag des Veranstalters nach Gegenstand, Zeit, Öffnungszeiten und Platz festzusetzen. Diese Festsetzung die der Veranstalter in Form eines gebührenpflichtigen Genehmigungs- und Festsetzungsbescheides erhält ist Voraussetzung dafür, dass die Marktbeschicker im Rahmen der Veranstaltung die sog. Marktprivilegien für sich in Anspruch nehmen können. Denn nur durch die Festsetzung finden bestimmte Vorschriften, die für das stationäre Gewerbe oder auch das Reisegewerbe gelten, keine Anwendung; z. B. mit bestimmten Ausnahmen das Ladenöffnungs- und das Sonn- und Feiertagsgesetz (Nähere Informationen sind über das zuständige Ordnungsamt bzw. IHKs zu erhalten) die Reisegewerbekartenpflicht (ausgenommen für Schausteller); die Höchstarbeitszeit und die Nachtarbeit für Frauen; das Verbot, Jugendliche an Samstagen zu beschäftigen; das Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern im Handelsgewerbe an Sonn- und Feiertagen. Seite 7 von 8
8 Diese Marktprivilegien und damit die Befreiung von den genannten Vorschriften können die Teilnehmer (Anbieter / Aussteller) von so genannten Privatmärkten nicht in Anspruch nehmen. Privatmärkte sind marktähnliche Veranstaltungen, für die entweder eine Festsetzung nach Titel IV Gewerbeordnung nicht beantragt wurde, oder die aufgrund fehlender Voraussetzungen nicht festgesetzt werden konnten. Damit unterliegen derartige Veranstaltungen den Vorschriften des Reisegewerbes. Auch finden auf diese marktähnlichen Veranstaltungen in allen Bundesländern die Ladenöffnungs- und die Sonnund Feiertagsgesetze entsprechend Anwendung. Wer sich als Aussteller an einer Marktveranstaltung beteiligen will, sollte sich deshalb bei dem Veranstalter vergewissern, ob die Veranstaltung nach Titel IV Gewerbeordnung behördlich festgesetzt ist, denn nur dann kommen die Marktprivilegien zum Tragen. Stand: März Seite 8 von 8
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