Mein Körper gehört mir!
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- Ralf Braun
- vor 7 Jahren
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1 Begleitmaterial Mein Körper gehört mir! Interaktive Szenencollage in drei Teilen von Anna Pallas und Reinhard Gesse Thema: Sexueller Mißbrauch bei Kindern Theaterpädagogisches Präventionsprogramm der theaterpädagogischen werkstatt Lagerhalle ggmbh Lange Straße 15/ Osnabrück Telefon: 0541 / Telefax: 0541 / tpw@osnanet.de Website: 1
2 DAS ZITAT Er: Meine Mutter und ich lebten eine Zeitlang allein. Das war schwer. Mama hatte viele Probleme - Geld und so was. Aber dann z og der Bruder von meiner Mutter bei uns ein. Uns ging es echt gleich viel besser. Wir gingen ins Kino, auf den Fußballplatz und so. Mutter ist richtig glücklich, und ich war es erst auch. Aber dann... er kommt in mein Zimmer und faßt mich überall an, wo ich d as nicht mag. Ich sage: Nein! Ich will das nicht! Er sagt, wenn ich das nicht mitmache, dann hilft er uns nicht mehr. Eine Collage in Monolog, Dialog und, für zwei Darsteller. DIE FORM Leichtverständliche Alltagsszenen, die den Schüler nicht auf reine Konsumierung beschränken, sondern, indem die Darsteller zur Interaktion aus ihren Figuren heraustreten, zu Rollenspielen, Fragen und Gesprächen anregen - zu Mitgestaltung, Analyse und Kommentar. Kontinuierliche Steigerung der Problemhärte in drei aufeinander aufbauenden, einander vertiefenden Teilen, die je eine Nachbereitung im Normalunterricht erfordern. Schlüsselszenen werden in mehreren Varianten gezeigt, mit negativem wie positivem Ausgang. Die Atmosphäre ist vertrauenweckend - und so ernst wie humorvoll. Das Lernen ist spielerisch - und dennoch tiefgründig. DER INHALT Ein Mädchen bürstet einem Jungen das Haar. Anfangs findet der Junge das angenehm. Doch dann wird das Bürsten schmerzhaft hart, und schließlich sagt der Junge: Nein! Szenenwechsel: Ein Mädchen sitzt in einem Schulbus. Ein fremder Mann setzt sich zu ihm und legt ihm den Arm um die Schulter. Das Mädchen wagt zunächst nicht, sich zu wehren. Doch als sie es tut, fühlt sie sich rasch wieder gut. Es geht um Kraft, Energie, Mut und Zivilcourage, um Liebe, um Macht und um Vertrauen. Es geht um einen Exhibitionisten. Es geht um einen Gewalttäter, der ein Mädchen in eine entlegene Ecke des Stadtparks lockt. Es geht um einen Zwangsinzest zwischen Onkel und Neffe. Illustrationen einer bitteren Erkenntnis: Jedes dritte Mädchen und jeder neunte Junge wird vor seinem 16. Lebensjahr Opfer sexu eller Übergriffe. Und durchschnittlich neun Mal muß jedes Opfer um Hilfe bitten, bis es einen Menschen findet, der ihm glaubt. DAS LERNZIEL Mahnungen wie Geh nicht mit Fremden! richten das Schuldempfinden des Kindes auf sich selbst. Das Programm zeigt, wie falsch diese Strategie ist: Bei sexuellem Mißbrauch trägt die Schuld nie auch das Opfer, sondern immer nur der Täter. Der Schüler lernt, daß sein Körper sein persönliches Eigentum ist, für das er Mitverantwortung trägt. Das Programm stärkt sein Ich, sein Selbstvertrauen, seine Bereitschaft zur Abwehr von Übergriffen und zur Suche nach der Hilfe Dritter. Es hilft dem Kind, Ja - und Nein-Gefühle zu unterscheiden und die Regeln zu lernen, Gefahrensituationen vorzubeugen. Das Programm hilft, das Schweigen zu brechen, daß den Täter schützt und das Opfer isoliert. 2
3 Ablauf: Teil 1 (Tag 1) 1. Begrüßung Die Darsteller stellen sich, die theaterpädagogische werkstatt und Mein Körper gehört mir! vor. 2. Strophe 1 3. Einleitung Thema: Ja- und Nein-Gefühle, allgemein. 4. Szene Szene 1 Version 1 Ein Mädchen bürstet einem Jungen das Haar. Anfangs findet der Junge das angenehm. Er hat ein gutes Gefühl, ein Ja-Gefühl. Doch dann wird das Bürsten schmerzhaft hart, und aus dem Ja-Gefühl wird ein Nein-Gefühl, das der Junge indes nicht direkt verbalisiert. Abbruch der Szene Thema: Ja- und Nein-Gefühle, szenenbezogen. Wiederholung der Szene Szene 1 Version 2 Ein Mädchen bürstet einem Jungen das Haar. Anfangs findet der Junge das angenehm. Er hat ein gutes Gefühl, ein Ja-Gefühl. Doch dann wird das Bürsten schmerzhaft hart, und aus dem Ja-Gefühl wird ein Nein-Gefühl. Der Junge sagt: Nein! Resultat: das Mädchen bürstet wieder sanft. Am Ende haben beide Kinder ein Ja-Gefühl. Wenn du etwas nicht magst, sag Nein!, damit es aufhört Thema: Ja- und Nein-Gefühle, allgemein und szenenbezogen
4 Strophe 1 (gemeinsames Singen) 5. Szene Szene 2 Version 1 Ein Mädchen sitzt in einem Schulbus. Ein fremder Mann setzt sich zu ihm und legt ihm den Arm um die Schulter. Das Mädchen wagt zunächst nicht, sich zu wehren. Abbruch der Szene Thema: Ja- und Nein-Gefühle, szenenbezogen. Wiederholung der Szene Szene 2 Version 2 Ein Mädchen sitzt in einem Schulbus. Ein fremder Mann setzt sich zu ihm und legt ihm den Arm um die Schulter. Das Mädchen wagt zunächst nicht, sich zu wehren. Doch als sie den Fremden fest ansieht und laut Nein! schreit, fühlt sie sich wieder gut, denn der Fremde erschreckt sich und verschwindet, so schnell er kann Thema: Ja- und Nein-Gefühle, szenenbezogen. Auch wenn ich in der Öffentlichkeit ein Nein-Gefühl habe, versuche ich, es zu zeigen. 6. Szene Szene 3 Ein Junge bekommt von einem Bekannten Tennistips. Während des Trainings faßt der Mann dem Jungen, indem er ihm zunächst rein sportliche Hilfestellung gibt, unbeabsichtigt an den Po. Der Junge wendet sich ab und sagt Nein!, doch er wird wieder an den Po gefaßt. Daraufhin gibt er den Tennisschläger zurück - der Bekannte ist darüber erbost und geht. Der Junge erzählt seiner Mutter den Vorfall. Sie tröstet den Jungen und verspricht, mit dem Bekannten über dessen Fehlverhalten zu sprechen. Sie ist stolz auf ihren Sohn, weil er zu dem Mann Nein! gesagt und ihr erzählt hat, was passiert ist. Was kann ich tun, wenn ich zwar Nein! sage, aber trotzdem ein schlechtes Gefühl behalte? Ich suche mir jemanden, dem ich mich anvertrauen kann und erzähle ihm alles Thema: Ja- und Nein-Gefühle, szenenbezogen Strophe 1 (gemeinsames Singen) 4
5 Teil 2 (Tag 2) 1. Begrüßung Die Darsteller stellen sich vor. Kurzes persönliches Gespräch mit den Kindern. 2. Thema: Rekapitulierung des Inhalts und der Lernziele der drei Szenen des ersten Teils. Ja- und Nein-Gefühle, allgemein und szenenbezogen. 3. Strophe 1 (gemeinsames Singen); Strophe 2 4. Szene Szene 4 Ein fremder Mann zeigt einem Mädchen seinen Penis. Sie ruft Nein!, läuft weg und erzählt es dem Hausmeister ihrer Schule, der in der Nähe ist. Dieser erklärt, was ein Exhibitionist ist und daß das Mädchen keine Schuld an dem hat, was passiert ist. Gemeinsam beschließen sie, zu den Eltern des Mädchens und dann zur Polizei zu gehen. Wie kann ich mich verhalten, wenn ich auf einen Exhibitionisten treffe? 4.2. Thema: Definition und Erklärung des Begriffs Sexueller Mißbrauch. 5. Szene Szene 5 Ein Mädchen spielt in einem Park. Der Vater des Mädchens ist ebenfalls dort, aber in ein Gespräch vertieft. Ein Fremder kommt und sucht angeblich seinen Hund. Das Mädchen und der Fremde kommen ins Gespräch, und sie hilft ihm bei der Suche. Der Fremde lockt das Mädchen in eine entlegene Ecke des Parks, wo er sie von hinten greift und ihr den Mund zuhält Thema: Aufarbeitung der Schuldfrage. Die drei Fragen, einem Mißbrauch vorzubeugen, wenn ich auf eine fremde Person treffe, die mich bittet, mit ihr zu kommen oder allein mit ihr zu sein: Habe ich ein Ja- oder ein Nein-Gefühl?, Weiß eine vertraute Person, wo ich bin?, Bekomme ich Hilfe, wenn ich welche brauche? Nur der Täter ist schuld, nie das Opfer. Auch wenn ich mich dem Täter gegenüber falsch verhalte, habe ich keine Schuld. 6. 5
6 Szene Szene 6 Ein Mädchen trifft auf einen Fremden. Dieser stellt sich als der neue Nachbar vor und lädt das Mädchen ein, mit seinen Kindern Musik zu hören. Das Mädchen freut sich über die Einladung, stellt sich aber die drei Fragen und muß zweimal mit Nein! antworten. Sie lehnt die Einladung des Nachbarn also ab, um erst ihren Vater zu fragen. Darauf lädt der Nachbar ihren Vater gleich mit ein. Dieser hat den neuen Nachbarn schon kennengelernt, und gemeinsam gehen sie ihn besuchen. Natürlich will nicht jeder Fremde etwas Böses. Aber das Risiko, sexuell missbraucht zu werden, lässt sich minimieren. Indem man sich bewusst macht, welcher Person man vertrauen, Kummer und Sorgen anvertrauen kann. Und indem eine Checkliste zwischen Kind und Eltern erstellt wird, in der festgelegt wird, mit welcher Person das Kind mitgehen kann - und wo die Eltern es als erstes suchen Thema: Die drei Fragen, einem Mißbrauch vorzubeugen, wenn ich auf eine fremde Person treffe, die mich bittet, mit ihr zu kommen oder allein mit ihr zu sein: Habe ich ein Ja- oder ein Nein-Gefühl?, Weiß eine vertraute Person, wo ich bin?, Bekomme ich Hilfe, wenn ich welche brauche? 6.3. Strophe 1 und 2 (gemeinsames Singen) Teil 3 (Tag 3) 1. Begrüßung. Kurzes persönliches Gespräch mit den Kindern. 2. Thema: Rekapitulierung des Inhalts und der Lernziele der drei Szenen des zweiten Teils. 3. Strophen 1, 2 (gemeinsames Singen); Strophe 3 4. Szene Szene 7 Ein Junge wird von seinem Onkel sexuell mißbraucht. Er will, daß der Onkel damit aufhört, doch der setzt ihn unter Druck. Der Junge erzählt seiner Mutter von dem Mißbrauch. Die Mutter kann sich nicht vorstellen, daß der Junge recht hat und schickt ihn ins Bett. Daraufhin spricht der Junge seinen Trainer an, aber auch hier erhält er keine Hilfe. Wieder allein, erzählt der Junge von einem Gespräch mit der Mutter eines Freundes - diese gibt ihm selbst die Schuld an dem Mißbrauch. Der Leidensdruck wird im Laufe der Zeit immer größer, so daß der Junge einen vierten Anlauf nimmt und zu seiner Lehrerin geht. Diese hört ihm zu und bietet ihre Unterstützung an. 6
7 Es kann schwer sein, Hilfe zu bekommen. Doch die Suche lohnt sich, denn es gibt immer Menschen, die mir helfen. Man muß nur so lange suchen, bis man sie gefunden hat! 4.2. Thema: Was wäre passiert, wenn der Junge nicht versucht hätte, Hilfe zu bekommen? 4.3. Strophe 1, 2, 3 (gemeinsames Singen) Nummer gegen Kummer (Deutscher Kinderschutzbund, Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendtelefon) Erklärung; Verteilung von Visitenkarten der theaterpädagogischen werkstatt, die diese Nummer enthalten. Formulierungshilfen: 1. Sexueller Mißbrauch - kindgerechte Erklärung Sexueller Mißbrauch: Was ist das eigentlich? Weißt du noch, wie wir es euch erklärt haben? Wenn du ein Mädchen bist und jemand faßt dir an deine Brust oder an deine Scheide oder an deinen Po, und du hast dabei ein komisches Gefühl, also ein Nein-Gefühl, dann ist das sexueller Mißbrauch. Und wenn du ein Junge bist und jemand faßt dir an deinen Penis oder an deinen Po, und du fühlst, es stimmt etwas nicht, und du hast dabei ein Nein-Gefühl, dann ist das auch sexueller Mißbrauch. Und es ist auch sexueller Mißbrauch, wenn dich jemand überredet oder zwingt, Teile seines Körpers anzufassen oder anzuschauen. Mißbraucht ein Erwachsener oder Jugendlicher ein Mädchen oder einen Jungen sexuell, mißbraucht er sein Vertrauen. Er übt Gewalt aus. Er verletzt einen Körper und eine Seele. Sexueller Mißbrauch beginnt, wo der Erwachsene oder Jugendliche nur zur persönlichen Befriedigung seiner Sexualität zärtlich ist, wo das Kind zu Zärtlichkeiten gedrängt wird, wo es darüber schweigen soll, also wo das Kind sich benutzt fühlt. Und noch etwas: kein Mädchen oder Junge trägt jemals die Verantwortung für einen sexuellen Übergriff. Schuld ist nur der Täter oder die Täterin. Immer. Ohne Ausnahme. Wir wünschen uns, daß du immer stark genug bist und Mut hast, über deine Probleme zu reden, denn Schweigen macht einsam und schützt den Täter. Wenn du mal Hilfe brauchst, gib nicht auf, einen Erwachsenen zu finden, dem du vertraust und der sagt, daß er dir helfen will. 2. Die drei Fragen - kindgerechte Erklärung Stell dir mal vor, jemand, den du nicht gut kennst, fragt dich, ob du mitkommen willst, um dir seine drei frisch geborenen Hundewelpen anzusehen. Schwierig, sich da richtig zu verhalten. Diese drei Fragen können dir helfen, eine gute Wahl zu treffen: Erste Frage: Habe ich ein Ja- oder ein Nein-Gefühl? 7
8 Zweite Frage: Weiß eine vertraute Person, wo ich bin? Dritte Frage: Bekomme ich Hilfe, wenn ich welche brauche? Und wenn du auch nur einmal mit Nein! antworten mußt? Dann sag auch Nein! und geh zu einem Menschen deines Vertrauens und erzähl es dem. 3. Nummer gegen Kummer - kindgerechte Erklärung Du bist einsam oder traurig? Du hast Fragen, die du sonst niemandem stellen magst? Du hast Sorgen, du hast Probleme, du bist in Not, und niemand ist da, dem du davon erzählen kannst? Niemand ist da, der dir glaubt? Dann hilft dir die Nummer gegen Kummer. Sie ist überall in Deutschland gleich. Und sie ist kostenlos, auch von öffentlichen Telefonzellen. Es ist die 0800/ Ganz schön lang, diese Nummer. Aber es lohnt sich, sie sich zu merken. Da sitzen nämlich nette Leute, die warten auf Anrufe von Kindern, denen es nicht gut geht, um mit ihnen zu reden oder Ratschläge zu geben. Eine ziemlich gute Sache also. Montags bis Freitags von 15 bis 19 Uhr erreichst du da immer jemanden. Und wenn du das nicht willst, mußt du nicht mal deinen Namen sagen. Probier es doch ruhig einmal aus. Sag einfach Hallo! - und erzähl ein bißchen über das, was du hier gelernt hast. Du wirst sehen: Mit den Leuten von der Nummer gegen Kummer kann man wirklich gut reden. Hinweise: Zeigt ein Kind Auffälligkeiten, ist es unumgänglich, sich vor Beginn des Projekts über örtliche Beratungsstellen zu informieren bzw. des Rats und der Hilfe von Fachpersonal zu versichern. Die Aufführung kann nicht gewährleisten, daß Mädchen und Jungen nun vor sexuellem Mißbrauch geschützt sind. Sie kann allenfalls eine Stärkung und Sensibilisierung der Kinder bewirken. Kindern, denen dennoch sexuelle Gewalt geschieht, darf deshalb keinesfalls eine Schuld oder Mitschuld zugeschrieben werden. Kinder haben niemals die Verantwortung dafür, wenn ihnen sexuelle Gewalt angetan wird. Einige Szenen können verunsichernd und beängstigend wirken. Das heißt: die Kinder brauchen Gesprächspartner, denen sie sich hinterher anvertrauen können. Überlegen Sie bitte, wer dies sein könnte. Es muß davon ausgegangen werden, daß auch Kinder die Aufführung sehen, die bereits sexuelle Gewalt erleben mußten. Sie können sich durch die Aufführung ermutigt fühlen, von ihren Erfahrungen zu berichten - und Hilfe erwarten. Für diese Kinder müssen Gesprächspartner zur Verfügung stehen. Bitte bedenken Sie, daß die Aufführung insbesondere eine Lehrerin als mögliche Vertrauensperson zeigt. Die Aufführung differenziert nicht zwischen sexuellem Mißbrauch an Mädchen und sexuellem Mißbrauch an Jungen - in ihrem Erleben und in ihren Folgen. Prävention kann sich nicht in einer Theateraufführung erschöpfen. Sinnvolle und wirksame Prävention muß immer auch eine veränderte Erziehungshaltung und einen veränderten Umgang mit Kindern bedeuten. 8
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