Ein völlig neues Element in unserem Kollektivvertrag: Die Freizeitoption
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- Matilde Blau
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1 An alle Betriebsratsvorsitzenden der Elektro- und Elektronikindustrie Unser Zeichen: HIB/NEZ DW: 21363/21513 Fax-DW: Datum: Erläuterungen zur Freizeitoption Ein völlig neues Element in unserem Kollektivvertrag: Die Freizeitoption Bereits seit einigen Jahren haben wir in unserem Kollektivvertrag neben den üblichen IST-Gehaltserhöhungen zwei alternative Möglichkeiten vorgesehen: Einmalzahlungsoption Verteilungsoption Bei der heurigen Kollektivvertragsrunde wurde eine weitere innovative Variante vereinbart: Die Freizeitoption. Der Kollektivvertrag sieht vor, dass anstelle der IST-Gehaltserhöhung durch Betriebsvereinbarung den einzelnen ArbeitnehmerInnen die Möglichkeit eröffnet wird, statt der Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit zu vereinbaren Wien, Alfred-Dallinger-Platz 1, Telefon DW, Fax DW Die GPA-djp im Internet: http//
2 Seite 2 Grundsätze Voraussetzung dafür, dass in einem Betrieb die Freizeitoption angewandt werden kann, ist der Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung. Daher kann weder der Betriebsrat noch die Geschäftsleitung das Zustandekommen dieser Vereinbarung mit rechtlichen Mitteln erzwingen. Wird eine entsprechende Betriebsvereinbarung abgeschlossen, können die einzelnen ArbeitnehmerInnen ihrerseits mit dem Arbeitgeber vereinbaren, dass Sie anstelle der Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit erhalten. Welche Varianten gibt es? 1. Es kommt keine Betriebsvereinbarung zustande a. In diesem Fall erhalten alle ArbeitnehmerInnen die vorgesehene IST- Gehaltserhöhung. Ohne Betriebsvereinbarung ist es nicht möglich die kollektivvertragliche Freizeitoption zu nützen. Es kann daher auch über Einzelvereinbarung diese Option nicht genützt werden. 2. Es kommt eine Betriebsvereinbarung zustande a. In diesem Fall haben die ArbeitnehmerInnen die Möglichkeit, anstelle der vorgesehenen Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit zu vereinbaren. 3. Betriebe ohne Betriebsrat a. In diesem Fall können die ArbeitnehmerInnen nur dann anstelle der vorgesehenen Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit vereinbaren, wenn dies der Arbeitgeber mit den Gewerkschaften vereinbart. Welche ArbeitnehmerInnen können die Freizeitoption vereinbaren? - Grundvoraussetzung dafür, dass die ArbeitnehmerInnen die Freizeitoption nutzen können, ist der Abschluss einer Betriebsvereinbarung. - Gibt es eine solche, hat grundsätzlich jede/jeder ArbeitnehmerIn die Möglichkeit, durch Einzelvereinbarung anstelle der IST-Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit zu erhalten. - Daher können auch Teilzeitbeschäftigte die Freizeitoption mit ihren Arbeitgeber vereinbaren. - Es ist nicht möglich, dass die Betriebsvereinbarung selbst statt der Gehaltserhöhung für einzelne oder alle ArbeitnehmerInnen Freizeit vorsieht. - Jene ArbeitnehmerInnen, die der Freizeit den Vorzug geben, brauchen dazu die Zustimmung Ihres Arbeitgebers. - Weder ist es möglich, dass dies der Arbeitgeber anordnet noch ist ein Anspruch auf Zustimmung des Arbeitgebers vorgesehen.
3 Seite 3 - Daher kann nur zusätzliche Freizeit statt der IST-Gehaltserhöhung vereinbart werden, wenn sich der (die) ArbeitnehmerIn mit dem Arbeitgeber darauf einigt. - Innerhalb eines Betriebes wird es daher unterschiedliche Gruppen von ArbeitnehmerInnen geben: Jene ArbeitnehmerInnen, die ihre IST-Gehaltserhöhung in Form von zusätzlicher Freizeit erhalten und jene ArbeitnehmerInnen, die die IST-Gehaltserhöhung in geldwerter Form bekommen. - Keine Möglichkeit, die kollektivvertragliche Freizeitoption anzuwenden, besteht für jene ArbeitnehmerInnen, deren Gehalt nicht über dem Mindestgehalt liegt oder deren IST-Gehalt nach der Wandlung unter dem Mindestgehalt liegen würde. Was ist mit Dienstzeiten ohne Entgeltansprüche (z.b. Karenz)? Grundsätzlich gilt, dass für Dienstzeiten ohne Entgeltanspruch keine Freizeitansprüche anfallen. Daher entstehen z.b. während des Präsenzdienstes, Elternkarenz, Zivildienstes, Wochengeldbezuges oder Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes keine Freizeitansprüche. Wie viel Freizeit gebührt? Der Freizeitanspruch entsteht pro Monat. Laut Kollektivvertrag, können so pro Jahr vollzeitbeschäftigte ArbeitnehmerInnen - der BG A bis I 60 Stunden, - der BG J und K 56 Stunden anstelle der IST-Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit vereinbaren. Bei Teilzeitbeschäftigung gebührt der jeweilige aliquote Anteil zur Vollzeitbeschäftigung. (z.b.: Ein(e) Teilzeitbeschäftigte der BG G arbeitet 19,25 Std. pro Woche. Diese(r) ArbeitnehmerIn kann 30 Stunden zusätzliche Freizeit pro Jahr vereinbaren) Wo wird die zusätzliche Freizeit erfasst? Die zusätzliche Freizeit ist auf einem eigenen Zeitkonto zu erfassen. Der Freizeitanspruch wird monatlich auf diesem Zeitkonto gutgeschrieben. Wie lange gebührt die zusätzliche Freizeit? Die zusätzliche Freizeit gebührt nachhaltig und damit nicht nur für ein Jahr, sondern für jedes Jahr. Wofür kann die zusätzliche Freizeit verwendet werden? Die ArbeitnehmerInnen können vereinbaren, dass sich durch die zusätzliche Freizeit die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit verringert
4 Seite 4 Es kann vereinbart werden, dass die zusätzliche Freizeit stundenweise variabel verbraucht wird Es kann vereinbart werden, dass das Zeitguthaben in ganzen Tagen verbraucht wird oder in ganzwöchigen Zeitausgleich erfolgt Wofür kann die zusätzliche Freizeit nicht verwendet werden? Für Zeiträume, in denen auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht. (z.b. Eheschließung siehe dazu Abschnitt 5 EEI-KV) Kann die zusätzliche Freizeit angespart werden? Es ist möglich, die jährlich gebührende zusätzliche Freizeit nicht in jenem Jahr zu verbrauchen, in dem der Anspruch entstanden ist, sondern die Ansprüche mehrerer Jahr e zu sammeln. Damit entsteht die Möglichkeit längerer Freizeitphasen. Welche Ansprüche bestehen während der Konsumation der zusätzlichen Freizeit? Zur Ermittlung der Ansprüche, die während der Konsumation der zusätzlichen Freizeit entstehen, ist folgende Berechnung durchzuführen: Zuerst wird der Monatswert auf Basis zur Berechnung der Sonderzahlung en gemäß Abschnitt 9 Punkt 2 des EEI-KV ermittelt und durch 167 geteilt. Anschließend wird der so ermittelte Wert mit der Anzahl der konsumierten Freizeitstunden multipliziert. Was passiert mit dem Freizeitanspruch bei Wechsel in Teilzeitbeschäftigung? Ab dem Zeitpunkt in dem Teilzeitbeschäftigung entsteht, wird der Freizeitanspruch aliquot zur Reduzierung der Normalarbeitszeit gesenkt. Die in dem davor liegenden Zeitraum angesparten Freizeitstunden bleiben unverändert erhalten. Beispiel: Ein(e) ArbeitnehmerIn der BG F arbeitet 2 Jahre Vollzeit und wechselt nun in Teilzeitbeschäftigung mit 19,25 Stunden. Für die ersten 2 Jahre hat Sie/Er Freizeitansprüche von 120 Std. angespart. Diese 120 Std. bleiben erhalten. Im dritten Jahr hat Sie/Er aber nur mehr einen Freizeitanspruch von 30 Std pro Jahr. Also die Hälfte von 60 Std. bei Vollzeitbeschäftigung. Das gleiche gilt, halt nur umgekehrt, wenn man von Teilzeitbeschäftig ung in Vollzeitbeschäftigung wechselt. Wie lange gilt eine einmal getroffene Vereinbarung? Wurde anstelle der Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit vereinbart, gilt diese Vereinbarung auf Dauer. Eine spätere Änderung dieser Vereinbarung ist nur einvernehmlich möglich.
5 Seite 5 Kann in einem Betrieb sowohl die Freizeit- als auch Verteilungsoption vereinbart werden? Ja, wobei aber bestimmte Grundsätze zu beachten sind: - Alle ArbeitnehmerInnen die bis 24. Mai 2013 ihre Teilnahme an der Freizeitoption bekunden, sind zur Ermittlung der Gehaltssumme des Monats April 2013 nicht heranzuziehen. - Diese ArbeitnehmerInnen haben auch keinen Anspruch auf eine individuelle Erhöhung ihres Gehaltes aufgrund der Verteilungsoption. - Können sich ArbeitnehmerIn und Arbeitgeber bis 19. Juli 2013 nicht auf die Anwendung der Freizeitoption einigen, so erhält der/die ArbeitnehmerIn die ursprünglich vorgesehene 3% bzw. 2,8% IST-Gehaltserhöhung, rückwirkend mit 1. Mai Was passiert mit dem Freizeitanspruch am Ende des Arbeitsverhältnisses? Nicht konsumierte Freizeit ist vor Ende des Arbeitsverhältnisses nach Möglichkeit zu konsumieren. Verbleibende Ansprüche sind in voller Höhe zuschlagsfrei abzugelten. Es ist dabei unerheblich, ob das Arbeitsverhältnis durch Kündigung, Entlassung oder Pensionierung endet. Was passiert, wenn ArbeitnehmerInnen zu einem anderen Arbeitgeber wechseln? Eine getroffene Vereinbarung gilt nur für jenen Betrieb mit dem sie abgeschlossen wurde. Getroffene Vereinbarungen werden daher nicht automatisch wie ein Rucksack mitgenommen. Es gelten die gleichen Grundsätze, wie im vorherigen Absatz geschildert wurden. Wie oft wird die Möglichkeit bestehen zusätzliche Freizeit zu vereinbaren? Diese Möglichkeit ist Teil des Kollektivvertragsabschlusses für das Jahr Die Kollektivvertragsparteien haben vereinbart, zu prüfen, wie sich diese neue Variante bewährt. Es ist weder vereinbart worden, dass diese Möglichkeit nur heuer besteht, noch wurde fixiert, dass wir regelmäßig eine solche Variante vorsehen. Sicher ist daher nur, dass 2013 gewandelt werden kann. Es ist völlig offen, ob dies in den nächsten Jahren nochmals möglich sein wird. Welchen ArbeitnehmerInnen ist zu empfehlen, statt der IST-Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit zu vereinbaren? Generelle Empfehlungen lehnen wir ab. Ob ArbeitnehmerInnen wandeln sollen hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Am wichtigsten ist die Frage ob dem oder der Einzelnen die zusätzliche Freizeit die ausfallende Gehaltserhöhung wert ist. Dies wird vor allen Dingen von der jeweiligen Lebenssituation und persönlichen Werthaltungen abhängig sein. Wenig sinnvoll wird eine Wandlung dann sein, wenn das Ende des Arbeitsverhältnisses (z. B. Pensionsantritt) unmittelbar bevorsteht, weil Beendigungsansprüche (z. B. Abfertigung alt) davon betroffen wären. Weitere wichtige
6 Seite 6 Aspekte wären unter anderem die Arbeitsbelastung, Gesundheit, familiäre Verpflichtungen, die finanzielle Situation usw. Welcher Ablauf ist im Kollektivvertrag vorgesehen und welche Fristen sind zu beachten? Schritt 1: Der Betriebsrat und das Unternehmen sprechen darüber, ob sie die erforderliche Betriebsvereinbarung abschließen wollen. Ist dies nicht beabsichtigt, ist die vorgesehene IST-Gehaltserhöhung vorzunehmen. Wenn hingegen beabsichtigt wird, eine BV abzuschließen, folgt Schritt 2. Für diese Entscheidung ist bis zum 10. Mai 2013 Zeit. Schritt 2: Schritt 3: Schritt 4: Schritt 5: Ebenfalls bis zum 10. Mai 2013 haben der Betriebsrat und das Unternehmen Zeit, die Beschäftigten darüber zu informieren, dass eine BV abgeschlossen werden soll. Diese Information kann z. B. durch einen Aushang, ein Rundschreiben oder noch besser im Rahmen einer Betriebsversammlung erfolgen. Jene ArbeitnehmerInnen, die Interesse daran haben, statt der IST- Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit zu erhalten, haben bis zum 24. Mai 2013 Zeit, dies bekannt zu geben. Diese Interessensbekundung ist die Voraussetzung dafür, in weiterer Folge einzelvertragliche Vereinbarungen treffen zu können. Betriebsrat und Unternehmen haben ebenfalls bis 24. Mai 2013 Zeit, die beabsichtigte BV abzuschließen. Nach dieser Frist ist der Abschluss einer BV nicht mehr möglich und es können daher auch keine Einzelvereinbarungen getroffen werden. Kommt keine BV zustande, sind die Gehälter rückwirkend mit 1. Mai 2013 um den IST-Prozentsatz zu erhöhen. Wurde die BV rechtzeitig abgeschlossen, haben jene ArbeitnehmerInnen, die ihr Interesse rechtzeitig bekundet haben, bis zum 19. Juli 2013 Zeit, sich mit ihrem Arbeitgeber auf eine Vereinbarung zu einigen. Können sich Betrieb und ArbeitnehmerIn nicht einigen, ist der IST-Gehalt rückwirkend mit 1. Mai 2013 zu erhöhen und die entstandene Differenz bis zum 31. Juli 2013 nach zu zahlen. Kommt wie vom Arbeitnehmer bzw. der Arbeitnehmerin angestrebt eine Vereinbarung zustande, gilt diese dadurch erworbene zusätzliche Freizeit ab dem 1. Mai Information für die Beschäftigten Wir werden so rasch wie möglich einen Infofolder produzieren, mit dem wir die Beschäftigten auf diese neue Möglichkeit aufmerksam machen und die wichtigsten Fragen beantworten. Selbstverständlich werden wir diesen Infofolder übermitteln!
7 Seite 7 Musterbetriebsvereinbarung Zwischen dem Fachverband und den Gewerkschaften wurde eine gemeinsame Musterbetriebsvereinbarung entwickelt. Arbeitsvertragsmuster Die Gewerkschaften werden bis nächste Woche auch ein Muster für die einzelvertragliche Umwandlung der IST-Erhöhung in zusätzliche Freizeit zur Verfügung stellen.. Diese neue innovative Lösung wird hoffentlich sowohl für Dich als auch für die ArbeitnehmerInnen deines Betriebes interessant sein. Wir hoffen daher, dass du von dieser Möglichkeit Gebrauch machst und dein Unternehmen ebenfalls dafür gewinnen kannst.
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