Es war keinesfalls das Ende der Verluste. Die Einnahme von Schlüsselburg fiel mit heftigen Luftangriffen auf Leningrad selbst zusammen, bei welchen
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- Michael Mann
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2 Es war keinesfalls das Ende der Verluste. Die Einnahme von Schlüsselburg fiel mit heftigen Luftangriffen auf Leningrad selbst zusammen, bei welchen unter anderem auch das größte Lebensmittellager der Stadt in Flammen aufging. Die Sowjetstreitkräfte, die die Stadt verteidigten, waren, wie überall in der Sowjetunion, in Auflösung begriffen. Das Unternehmen Barbarossa, die am 22. Juni 1941 begonnene Invasion der Nazis, hatte die sowjetischen Verteidigungslinien entlang einer fast 1600 Kilometer langen Grenze von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer durchbrochen. Selbst Moskau schien in Gefahr. Für Stalin kam eine Aufgabe Leningrads nie infage. Er betraute den Chef des Generalstabs, Georgi Schukow, damit, die Verteidigung der Stadt zu organisieren, was dieser mit großer Brutalität tat. Am Abend
3 des 19. September unternahmen sowjetische Streitkräfte auf Schukows Befehl einen ersten, 600 Meter weiten Vorstoß über die Newa, um die Blockade zu brechen, wurden jedoch durch die überwältigende deutsche Feuerkraft zurückgeschlagen. Im Oktober versuchte man es noch einmal und entsandte die 86. Division, zu der auch Putins Einheit, das 330. Schützenregiment, gehörte. Der Brückenkopf, den diese Truppen am Ostufer der Newa errichten konnten, wurde aufgrund seiner Größe Newski Pjatatschok genannt, nach dem Wort für ein Fünf-Kopeken-Stück oder ein sehr kleines Fleckchen Land. An der Stelle seiner größten Ausdehnung war das Schlachtfeld gerade einmal anderthalb Kilometer lang und weniger als 800 Meter breit. Für die Soldaten, die dazu verdammt waren, dort zu kämpfen, war es eine brutale, sinnlose Todesfalle.
4 Putin war ein ungebildeter Arbeiter, einer von vier Söhnen von Spiridon Putin, eines Küchenmeisters, der vor der Revolution einst in dem berühmten Hotel Astoria in der Stadt gearbeitet hatte. Spiridon war zwar ein Anhänger der Bolschewiki, verließ die Reichshauptstadt jedoch während der auf die Oktoberrevolution 1917 folgenden Unruhen und Nahrungsmittelengpässe. Er ließ sich im Dorf Pominowo in der sanften Hügellandschaft westlich von Moskau nieder, woher seine Familie stammte. Dort kochte er für Wladimir Lenins Witwe Nadeschda Krupskaja in deren offizieller sowjetischer Datscha im Gorki-Distrikt am Stadtrand vom Moskau.[6] Nach ihrem Tod im Jahre 1939 arbeitete er am Rückzugsort des Komitees der Kommunistischen Partei Moskaus. Im Astoria soll er einmal für Grigori Rasputin
5 gekocht haben und einmal auch für Josef Stalin, als dieser Lenins Witwe besuchte. Damit begründete er eine Familientradition im Dienste der politischen Elite. Die Nähe zur Macht konnte seine Söhne jedoch nicht vor den Nazis schützen; die ganze Nation kämpfte ums Überleben. Als die Nazis im Juni 1941 die Sowjetunion überfielen, war Wladimir Putin bereits ein Veteran. In den dreißiger Jahren hatte er auf U-Booten gedient, bevor er sich unweit von Leningrad in dem Dörfchen Petrodworez (Petersdorf) niedergelassen hatte, wo Peter der Große seinen Palast am Finnischen Meerbusen errichtet hatte. In den chaotischen Tagen, die der Invasion folgten, hatte er sich, wie viele seiner Mitbürger, sofort als Freiwilliger zur Verteidigung der Nation gemeldet und war anfangs einer Störabteilung des Volkskommissariats für
6 innere Angelegenheiten der UdSSR (NKWD) zugeteilt der gefürchteten Geheimdienstbehörde, aus der später der KGB hervorgehen sollte. Das NKWD schuf 2222 solcher Abteilungen, um die Nazis hinter der Front zu schikanieren, welche damals rasch näher kam.[7] Eine der ersten Missionen Putins im Krieg war eine Katastrophe. Er und 27 andere Partisanen sprangen nahe der Stadt Kingissepp (Jamburg) mit dem Fallschirm hinter den deutschen Truppen ab, die auf Leningrad vorrückten. Die Stadt lag nahe der Grenze zu Estland, welches die Sowjetunion zusammen mit Lettland und Litauen im Jahr zuvor besetzt hatte, als Teil des berüchtigten Nichtangriffspakts mit Hitler. Putins Abteilung gelang es angeblich, ein Waffendepot in die Luft zu sprengen, doch bald wurden Verpflegung und Munition knapp.
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